Kiskan Teppichveredelung GmbH & Co. KG

Wie wäscht man einen antiken 128 m Quadratmeter großen Teppich?


Über einen außergewöhnlichen Auftrag durfte sich der Hamburger Teppichwäscher Kiskan freuen: Der über 100 Jahre alte, handgefertigte Teppich aus dem Kaisersaal des Hamburger Rathauses hatte eine gründliche Reinigung nötig. Seit seinem Auslegen im Jahr 1906 hatte der repräsentative Teppich keine Wäsche gesehen. Das stattliche Format von 16 mx8 m und der angestammte, fast permanent genutzte Platz des Teppichs, verhinderten bis jetzt eine Tiefenreinigung. Zudem machten die antiken Ledertapeten des Kaisersaals eine intensive Nassreinigung vor Ort unmöglich.

Die jahrzehntelange Erfahrung als Teppichwäscher sowie die Räumlichkeiten im Norden Hamburgs, die auch als Filmstudios dienen, verhalfen Kiskan zum einmaligen Auftrag, diesen antiken 128 m großen Teppich reinigen zu dürfen.

Vor der Reinigung musste das wertvolle Stück jedoch erst einmal unbeschädigt an seinen Waschplatz gelangen. Der Hamburger Teppichspediteur Köster rückte mit 16 Mann an, um die gut 500kg Wolle plus einer nicht unerheblichen Menge Schmutz aus 100 Jahren per reiner Muskelkraft zu bewegen.

Die Wäsche selbst wurde auch von Hand vorgenommen, schließlich gibt es keine Maschinen, die einen so großen und schweren Teppich waschen könnten. Selbst in der großen Wäscherei von Digran Kiskan musste die Antiquität in zwei Schritten bearbeitet werden. Eine Hälfte wurde ausgebreitet, mit viel Wasser und viel Seife eingeweicht. Mit Schrubbern und noch mehr Wasser ging es dann dem Schmutz an den Kragen. Bevor die zweite Hälfte durch das gleiche Prozedere lief, wurde das überschüssige Wasser mit speziellen Saugern aus den Fasern gesaugt.

Das Trocknen erwies sich als weitere Herausforderung, schließlich lies das im Gewebe verbliebene Wasser das Gewicht um das Dreifache ansteigen. Der Umzug in die Trockenkammer, die mit dem Überformat fast vollständig ausgefüllt war, lies sich nur mit sehr vielen Händen und Geschick bewerkstelligen. Dort verblieb der Teppich auch ganze fünf Tage, bis er trocken genug war, um gespannt werden zu können. Fünf weitere Tage verbrachte der Rathausteppich im riesigen Studio, das in einen Spannraum umgebaut wurde.

Vor der Rücklieferung ins Rathaus wartete noch eine Sisyphusarbeit auf den Restaurator. Vier Wochen verbrachte er damit, den Teppich wieder wie neu aussehen zu lassen, bevor er wieder an seinen angestammten Platz ins Rathaus zurücktransportiert wurde. Hier können sich nun weitere Staats- und Ehrengäste an dem über 100 Jahre alten, strahlend sauberen Teppich erfreuen.
aus Carpet Magazin 03/11 (Wirtschaft)