Zukunftsweisende GHF-Tagung in Dresden

Das Konjunkturhoch beflügelt den Großhandel

Der deutsche Großhandel gibt sich zukunftssicher. Immerhin stiegen seine Umsätze im ersten Halbjahr über alle Sparten, mit einem Plus von 17,5 % am kräftigsten im Bereich der elastischen Bodenbeläge. Nach Auffassung von Eberhard Liebherr, Vorsitzender des Bundesverbands Großhandel Heim & Farbe (GHF), nimmt die Branche derzeit eine beeindruckende Entwicklung, deren Ende nicht abzusehen sei. Das sagte er bei der GHF-Jahrestagung in Dresden vor rund 240 Mitgliedern aus Großhandel und Industrie sowie Gästen. Die genossen die gute Stimmung in attraktiver Umgebung, nutzten die Gelegenheit zum Gedankenaustausch und ließen sich von dem thematisch weit gespannten Vortragsprogramm inspirieren.


Nach einer Zunahme der Bautätigkeit in Deutschland und einem sehr guten Geschäftsjahr 2010 ist die Stimmung im Großhandel blendend. "Der Start in das Jahr 2011 war fulminant. Diese Entwicklung hat noch genug Kraft bis zum Jahresende. Einbrüche sind nicht zu sehen", versicherte der Vorsitzende des Bundesverbands Großhandel Heim & Farbe (GHF), Eberhard Liebherr, bei der GHF-Jahrestagung im Dresdner Hotel Hilton. Dabei stand die sächsische Landeshauptstadt symbolisch für die Aufwärtsentwicklung im Bausektor. Schließlich gelang es ihr seit der Wiedervereinigung, ihren historischen Kern mit dem Wahrzeichen Frauenkirche weitgehend zu rekonstruieren und sich damit zum wirtschaftlich starken Touristenmagneten zu verwandeln. Die Tagungsteilnehmer konnten sich am Rande der rundum gelungenen Veranstaltung bei einem geführten Spaziergang durch die Altstadt ein Bild davon machen, bevor sie den ersten Tag mit einem Diner in den Kasematten ausklingen ließen.

"Hier in Dresden werden Weichen gestellt", betonte Liebherr mit Blick auf das Vortragsprogramm und die Gespräche zwischen Großhandel und Industrie, wobei die Hersteller-Präsenz bei der Tagung von Jahr zu Jahr zunimmt. Die starke Anwesenheit der Vertreter aus der Industrie nutzte der GHF-Vorsitzende, um deutliche Worte der Kritik an der Preisgestaltung der vergangenen Monate loszuwerden. "Die meisten Hersteller haben inzwischen ihre Preise erhöht. Angefangen hat die Farbe im April, danach kam jeden Monat eine weitere Sparte und jetzt läutet die Farbe die nächste Preisrunde ein", meinte Liebherr. "Dies umzusetzen, bedeutet für die Fachhändler einen Kraftakt." Für sie sei es kaum möglich, die verschiedenen Preisanhebungen aktuell weiterzugeben. "Aber das sind beherrschbare Tagesprobleme, die in einem guten konjunkturellen Umfeld gelöst werden", gab sich der Vorsitzende wieder versöhnlich, nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte und plädierte für mehr Miteinander. Insgesamt hält er die Branche für gut aufgestellt, es gebe keinen Grund, über Worst-case-Szenarien zu lamentieren.

Diese Einschätzung untermauerte GHF-Geschäftsführer Jürgen Wagner mit beeindruckenden betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Demnach nahm der Umsatz mit elastischen Belägen im ersten Halbjahr 2011 gegenüber den ersten sechs Monaten 2010 um satte 17,5 % zu. Bei Dispersionen und Putzen lag das Plus bei 14,7 %, gefolgt von Werkzeugen (9,8 %), Wärmedämmverbundsystemen (8,6 %), Lackfarben (8,5 %), Heimtextilien (7,4 %), textilen Belägen (2,4 %), Parkett/Laminat (1,7 %) und Tapeten (1,5 %). Wagner führte dies auf den anziehenden Wohnungsbau zurück und prognostizierte auch für das kommende Jahr einen weiteren Anstieg - zur Freude der gesamten Branche.

Allerdings mahnte der Geschäftsführer auch Veränderungen an. "Der Großhandel hat sicherlich Zukunft", ist er überzeugt. "Er muss sich aber an die sich schnell wandelnden Marktgegebenheiten anpassen." Eine wichtige Rolle hätten dabei gut ausgebildete Mitarbeiter. "Differenzierung über Personalqualifikation ist das A und O. Denn das Personal ist immer wieder individuell. Damit kann man sich abheben", sagte Wagner und verwies auf das durch ein Verkaufstraining für Auszubildende erweiterte Seminarangebot des Verbands. "Die Investition in Wissen zahlt die besten Zinsen", zitierte Wagner den US-Staatsmann, Ökonomen und Naturforscher Benjamin Franklin.

Bei einer Differenzierung über Preise, Geschäftsräume und das Sortiment räumt der Geschäftsführer dem Großhandel dagegen wenig Chancen ein. Und auch über den Service sei eine Abhebung vom Markt in großem Stil immer schwieriger. Denkbar seien aber in diesem Bereich neue Ansätze. Wie die aussehen könnten, welche Impulse möglich sind und welche Einsparpotenziale bestehen, darüber berichteten hochkarätige Fachleute in ihren fachlich fundierten Vorträgen. Sie reichten thematisch über Onlinehandel, Warenwirtschaftssysteme, Nachhaltigkeitsmanagement und Farbtrends bis hin zu sozialer Kompetenz.

Im Mittelpunkt des Programms stand der humorige und anschauliche Beitrag von Prof. Dr. Claudius A. Schmitz, der von zahlreichen Lachern aus dem Publikum begleitet wurde. Der Krefelder Unternehmensberater widmete sich der Frage "Was kann man vom Flirten lernen?". Seiner Meinung nach ist beraten und verkaufen wie flirten. In beiden Fällen gehe es darum, den Marken-4-Klang einzuhalten. Der beginne mit der Bekanntheit und gehe dann über Sympathie und Vertrauen bis zur Verführung. Über den ganzen Prozess hinweg seien eine positive Ausstrahlung und Lächeln wichtig. Wer das beherzige, werde im Verkauf erfolgreich sein.

Alles in allem war die Jahrestagung in Dresden eine herausragende Veranstaltung, die dem informellen Gadankenaustausch diente, Impulse gab und die Zukunft in rosigem Licht erschienen ließ - auch wenn der Konzentrationsprozess in der Branche anhält. Fakt ist, der Großhandel ist und bleibt eine bedeutende Marktmacht in Deutschland. Das wurde einmal mehr deutlich bei der alljährlich stattfindenden Tagung, die nach Auffassung vieler Teilnehmer eine der bisher besten war.

Einen kleinen Stimmungsdämpfer gab es aber doch. Der GHF-Vorsitzende Liebherr machte darauf aufmerksam, dass die Finanzkrise noch längst nicht überwunden sei und die Wirtschaft vor zahlreichen Unwägbarkeiten stehe. Hinzu komme in Deutschland die Spreizung der verfügbaren Einkommen. Das sei eines der wichtigsten Themen, um die sich die Gesellschaft kümmern müsse. Es berge reichlich Sprengstoff.

Im Anschluss an seine mahnenden Worte gab Liebherr Personalien bekannt. Nachdem Carsten Weerts aus dem Vorstand ausgeschieden war, hat der GHF das Gremium personell wieder aufgestockt. Neues Vorstandsmitglied ist Christina Engelhard. Sie leitet zusammen mit ihrem Vater Rolf Engelhard und ihrem Bruder Till die Rolf Engelhard GmbH in München. Zum Vorstand gehören weiter der Vorsitzende Eberhard Liebherr, sein Stellvertreter Horst Randecker, Schatzmeister Norbert Sonnen sowie Martin Geiger und Bernhard Brand. Damit sind jeweils drei Großhändler mit Schwerpunkt Farbe und Boden in dem Gremium aktiv. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied wurde geehrt: Uwe Heinemann nahm Glückwünsche zu seinem 70. Geburtstag entgegen.

Die GHF-Großhandelstagung 2012 findet am 20. und 21. September in der Yachthafenresidenz Hohe Düne in Rostock-Warnemünde statt.


Bundesverband Großhandel Heim & Farbe Daten und Fakten 2011


Bundesverband Großhandel Heim & Farbe
Memeler Straße 30
42781 Haan
Tel.: 02129 / 55 70 90
Fax: 02129 / 5 570 99
info@ghf-online.de
www.ghf-online.de

Mitglieder:
-105 Großhändler mit 573 Niederlassungen
-5 kooperative Mitglieder
-74 Hersteller
-1 Mitglied "andere Personen"

Pro-Kopf-Umsatz Mitarbeiter
- Farben/Lacke:
Januar bis Februar 2010: 119.640 EUR
Januar bis Februar 2011: 132.147 EUR

- Bodenbeläge/Heimtextilien:
Januar bis Februar 2010: 144.602 EUR
Januar bis Februar 2011: 150.380 EUR

Der Vorstand
- Vorsitzender: Eberhard Liebherr, Lotter + Liebherr
- Stellvertretender Vorsitzender: Horst Randecker, Farbtex Kaltenbach + Maier
- Schatzmeister: Norbert Sonnen, Sonnen-Herzog
- Mitglieder: Martin Geiger, Alois Geiger, Bernhard Brand, Malereinkauf West, Christina Engelhard, Rolf Engelhard

Die Geschäftsstelle
- Geschäftsführer: Jürgen Wagner
- Sekretariat: Anja Westhoff, Michaela Zecchini
aus BTH Heimtex 10/11 (Wirtschaft)