Nachgehakt

"Ist der Holzeinzelhandel ein Auslaufmodell?"

Auch wenn die Aktualität unser "Interview des Monats" in PM Ausgabe 4/11 überholt hat, indem sich Klöpferholz von Geschäftsführer Karl Becker trennte, sorgten dessen Anmerkungen über die Entwicklungen im Holzhandel branchenweit für Diskussionsstoff. Die Spannweite der Kommentare reichte von "Kann ich voll unterschreiben" bis "Verunglimpfung". Ludger Schindler, Geschäftsführer der Meisterwerke, plädiert für eine differenziertere Betrachtungsweise.

ParkettMagazin: Karl Becker gibt dem Holzeinzelhandel - von Ausnahmen abgesehen - keine Chance. Wie sehen Sie das, Herr Schindler?

Ludger Schindler: Deutlich differenzierter, denn nicht alle Holzeinzelhändler sind gleich. Viele setzen auf fundierte Beratung, qualifizierten Verkauf und umfassenden Service. Die werden immer ihren Markt finden. Sie sprechen einen Kunden an, der nicht in den Regalschluchten des Baumarktes alleingelassen werden möchte. Sie stehen für den Mehrwert, den nur der kompetente Fachvertrieb bietet. Auf die Partnerschaft mit diesen Holzeinzelhändlern setzen die Meisterwerke. Und das bleibt auch so.

PM: Aber auch die Baumärkte orientieren sich Richtung Fachkompetenz.

Schindler: Baumarkt bleibt Baumarkt. Da hilft es auch nicht, wenn sie in dem einen oder anderen Bereich einen Fachberater als Feigenblatt einstellen. Das Geschäftsmodell des Baumarktes ist auf Masse, niedrige Kosten und aggressive Preiswerbung ausgerichtet. Und das ist das direkte Gegenteil dessen, wofür der qualifizierte Holzeinzelhandel steht. Kein Baumarkt wird erfolgreich sein, der den Facheinzelhandel nachzuahmen versucht. Und umgekehrt wird auch kein Holzeinzelhandel erfolgreich sein, der den Baumarkt imitieren will.

Deshalb gibt es für die guten Holzeinzelhändler auch keine Alternative dazu, ihre Kompetenz immer weiter auszubauen, wertige Produktausstellungen vorzuhalten, ihre Service-Leistungen konsequent zu verbessern und aktiv mit diesen Stärken zu werben. Die MeisterWerke unterstützen sie dabei.

PM: Hilft das, wenn der Kunde letztlich ohnehin nur auf den Preis schielt?

Schindler: So einfach funktioniert die Welt nicht. Es gibt zwei Kundensegmente, die seit Jahren deutlich wachsen: Das eine ist der Discount-Bereich, die Sache der Baumärkte.

Parallel wächst aber auch das Premium-Segment. Kunden, die beraten werden wollen, die hochwertige Produkte wollen, die nicht selbst verlegen wollen und die sich im Baumarkt schlicht nicht wohlfühlen. Das ist unser Bereich - und der des Holzeinzelhandels. Und natürlich auch der des versierten Fachhandwerks. Für diese Zielgruppe machen wir unsere Produkte. Denn Premium-Kunden wollen nachhaltige Produkte, innovative Materialien und Optiken. Sie wollen Qualität "made in Germany" und intelligente Systeme, bei denen alles zusammen passt. Wir haben genau analysiert, wo diese Kunden sitzen und helfen unseren Partnern im Holzeinzelhandel, sie wirksam anzusprechen.

PM: Kann denn der Holzeinzelhandel von ein paar Premium-Kunden leben?

Schindler: Schauen Sie sich den demographischen Wandel in Deutschland an. Die kaufkräftigen Zielgruppen ab 50 investieren in ihre Wohnungen und Häuser. Das sind in erster Linie Qualitätskäufer, die auf kompetente Beratung und unkomplizierten Service setzen. Für diese Zielgruppen muss der Holzeinzelhandel attraktiv sein, dann mache ich mir über den Rest keine Sorgen. Wie gesagt: Premium wächst. Und Kompetenz setzt sich durch. Klar ist aber auch, dass Holzhändler verlieren werden, die diesen Trend nicht erkennen und nicht in Beratung und Service investieren. Bei denen hat Karl
Becker Recht.
aus Parkett Magazin 05/11 (Wirtschaft)