Jörg L. Jordan über Unternehmensstrategien, Markenpolitik und "hausinterne Konkurrenz"

"Wachstum ist kein Selbstzweck"


Mit einem rasanten Expansionstempo ist die Firmengruppe W. & L. Jordan an die Spitze des deutschen Bodenbelagsgroßhandels gestürmt. Weniger spektakulär entwickelte sich das Holzgeschäft als "Keimzelle" und zweite Säule des Familienunternehmens. "Hier sind wir ebenfalls auf einem sehr guten Weg", berichtet Jörg L. Jordan. Um nicht vom Kurs abzukommen, sei auch im Holzhandel ein "gewisses Wachstum" unumgänglich, allerdings nicht bundesweit, sondern mit regionalem Schwerpunkt, wie der Geschäftsführer in einem Gespräch mit dem Parkettmagazin klarstellt.

Parkettmagazin: Herr Jordan, wenn man in früheren Zeiten ein Gespräch mit der Geschäftsleitung Ihres Hauses führte, dann übernahm Ihr Vater meist den Holzpart, während Sie für den Bereich "Heimtex", also den Bodenbelagsgroßhandel, zuständig waren. Hatte die Arbeitsteilung eigentlich etwas mit persönlichen Neigungen zu tun?

Jörg L. Jordan: Nein, dafür waren andere Gründe ausschlaggebend. Nachdem mein Vater in den 50er Jahren die Fachabteilung Heimtex (firmeninterne Bezeichnung für Bodenbeläge mit dem damaligen Schwerpunkt Teppichboden, d. Red.) gestartet und aufgebaut hatte, wurde dieses Geschäftsfeld von einigen Mitarbeitern sehr engagiert bearbeitet. Mein Vater konnte sich somit auf strategische Entscheidungen beschränken und verstärkt dem Holzgeschäft zuwenden. Als ich am 1. Januar 1986 in die Firma einstieg, war die Führungsposition im Bereich Heimtex gerade vakant, weshalb ich mich als Junior dieser Aufgabe annehmen konnte. Für meine berufliche Entwicklung erwies es sich als ideal, von Anfang an Verantwortung zu tragen. Aber von Neigung konnte keine Rede sein. Hätte ich als Jugendlicher meinen Berufswunsch umsetzen wollen, wäre ich wohl Förster geworden, denn ich habe eine starke Affinität zur Natur, zum Wald und zum Holz. Durch das Unternehmen ergab sich eine andere großartige Chance ...

PM: Die Weitsicht Ihres Vaters, schon zu einem frühen Zeitpunkt das ganze Spektrum der Bodenbeläge anzubieten, war quasi der Grundstein für den heutigen Unternehmenserfolg?

Jordan: Aus dem Holzbereich kommend, hat er sehr schnell erkannt, welche hervorragenden Möglichkeiten sich beispielsweise für elastische Beläge im Objekt eröffneten. Etwas später kam dann der Teppichboden hinzu. Mein Großvater hätte diese Produkte noch kategorisch abgelehnt.

PM: Die Unternehmensstruktur sollten Sie noch kurz erläutern.

Jordan: Wir haben die W. & L. Jordan in zwei große Geschäfts- und Verantwortungsbereiche geteilt, die zwar unter derselben Gesellschaftsform geführt werden, aber eigenständige Profitcenter sind: den Bodenbelagsgroßhandel und den Holzhandel. Eine rechtliche Trennung in separate Firmen hätte weit reichende Konsequenzen im administrativen Bereich zur Folge, was wir vermeiden möchten.

PM: Eine Gemeinsamkeit stellt jedoch das Logo mit der Jordan-Tanne dar.

Jordan: Seit der Gründungsphase begleitet die Tanne die Entwicklung unseres Unternehmens. Symbolisch funktioniert das auch für solche Bereiche sehr gut, die nichts mit Holz zu tun haben. Gerade heute steht die Tanne für Ökologie, Nachhaltigkeit, aber auch für Wachstum - ein echtes Sinnbild also für unsere Firmenkultur.

PM: Durch das hohe Expansionstempo im Bereich Bodenbelagsgroßhandel standen die Holzhandelsaktivitäten Ihres Hauses immer ein wenig im Schatten.

Jordan: Auch mit dem Holzhandel befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Erst vor vier Jahren haben wir eine Niederlassung in Würzburg eröffnet, die sich prima entwickelt. Vorausgegangen war die Übernahme des Bereichs Holzwerkstoffe/Platten der Firma Glas Keil. Nach Umbaumaßnahmen stehen uns dort Lagerflächen von 6.000 m zur Verfügung. Ebenfalls eine hervorragende Entwicklung verzeichnen unsere Niederlassungen in Kassel und Erfurt sowie das Verkaufsbüro in Nürnberg. Mit dem Geschäftsbereich Holzhandel erzielen wir inzwischen über 40Mio.EUR Umsatz und zählen uns damit zu den Top 15 in Deutschland.

PM: Dass Sie auf dem Sektor Holzhandel wachsen wollen, versteht sich von selbst. Wo geht die Reise hin?

Jordan: Wachstum ist kein Selbstzweck, sondern muss Mittel zum Zweck sein. Statt möglichst viele Fähnchen auf die Karte zu heften, geht es darum, den Bestand des Unternehmens zu sichern. Dabei kann es notwendig sein, in mehreren Expansionsschritten eine Region oder ein Land abdecken zu müssen. Was den Holzhandel betrifft, ist ein gewisses Wachstum unumgänglich, denn auch hier findet - ähnlich wie es im Bodenbelagsgroßhandel der Fall war - ein Konzentrationsprozess statt und wir müssen darauf achten, unsere Position im Dreieck Kassel, Würzburg, Erfurt durch geeignete Maßnahmen zu behaupten. Das Verkaufsbüro in Nürnberg betrachten wir als sinnvolle Abrundung im Süden.

PM: Bei der Vielzahl Ihrer Standorte im Bodenbelagsgroßhandel müssten einige für die Vermarktung von weiteren Holzprodukten kompatibel sein. Was hindert Sie daran, in strategisch interessanten Niederlassungen auch Terrassendecks, Türen oder Holzwerkstoffe anzubieten?

Jordan: Es ist kein Geheimnis: In München konnten wir durch eine bauliche Erweiterung eine Türenausstellung im Bodenbelagsgroßhandel platzieren; aber das ist ein Sonderfall, da einige Vertriebsmitarbeiter mit entsprechendem Hintergrund zur Verfügung standen und die Kundenstruktur den Bedarf vorgab. Standardmäßig sind derartige Maßnahmen keinesfalls vorgesehen. Dazu weisen Lagerhaltung und Logistik zu große Unterschiede auf. Die Kompetenzen haben wir zwar im Haus, aber sie müssen vor Ort sichergestellt sein.

Schnittmengen gibt es dagegen sortimentsseitig ganz klar beim Holzboden. Da kommt es schon mal vor, dass wir uns im eigenen Unternehmen Wettbewerb liefern, nämlich dort, wo wir - völlig getrennt von einander - Holzhandel und Bodenbelagsgroßhandel an einem Ort treiben. In Würzburg und Erfurt findet das sogar im selben Gebäude statt.

PM: Heißt das, dass der Bodenbelagsgroßhandel und der Holzhandel zwei völlig unterschiedliche Welten sind?

Jordan: Von unterschiedlichen Welten zu sprechen, wäre übertrieben, aber es sind zwei Branchen, die ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten haben. Der klassische Holzhandel ist eher Produktionsverbindungshandel. Dort hat man es vorwiegend mit Halbfertigprodukten zu tun, die in einem weiteren Prozess verarbeitet werden müssen, um ihren Zweck zu erfüllen. Das bedeutet: In Lagerhaltung und Logistik werden völlig andere Akzente gesetzt als im Bodenbelagsgroßhandel, der mehr Konsumnähe aufweist und daher spezifische Marketingkonzepte benötigt. Da die Produkte erst noch installiert werden müssen, sind an den Vertrieb hohe technische Anforderungen zu stellen. Aufgrund der Tatsache, dass Bodenbeläge in verschiedensten Handwerksbranchen eine Rolle spielen, ist der Wettbewerb erheblich vielschichtiger und intensiver.

PM: In welchen Sortimentsbereichen setzen Sie im Holzhandel Schwerpunkte?

Jordan: Ganz klar im Platten- und Türenbereich. Auch der Holzbau bildet einen regionalen Schwerpunkt. Hierzu gehören Materialien, die benötigt werden, um ein Haus in Holzbauweise zu erstellen mit den drei großen Segmenten KVH (Konstruktionsvollholz), BSH (Brettschichtholz), OSB (Oriented Strand Board). Zielgruppen sind Zimmerer, Holz- und Fertigbauer, die wir von Kassel und Erfurt aus bedienen. Dies ist ein Geschäft mit leider nur sehr schlanken Margen und entsprechend effizient muss die Kostenstruktur angelegt sein.

PM: Betreiben Sie - wie im Holzhandel vielfach üblich - einen Mix aus Groß- und Einzelhandel?

Jordan: Dieser Mix ist nur in Kassel gegeben, alle anderen Standorte betreiben ausschließlich Großhandel. Der Holzeinzelhandel als Stand-allone-Player ist nach unserer Einschätzung nicht mehr zeitgemäß. Weitaus erfolgreicher ist dagegen die Verbindung des Großhandels mit dem Handwerk. Beide sitzen in einem Boot, bilden quasi eine Erwerbsgemeinschaft und werden im Idealfall vom Konsumenten als Einheit wahrgenommen. Während der Handwerker die fachliche Verarbeitung der Produkte und die individuelle Betreuung des Endkunden gewährleistet, sorgt der Großhandel als Zulieferant für die logistische Versorgung just in time sowie in vielen Fällen für das erforderliche Ausstellungskonzept. Holz- und Bodenbelagsgroßhandel müssen gleichermaßen darauf bedacht sein, sich mit dem Handwerk deutlich nach außen zu positionieren in Abgrenzung zu den Großflächenanbietern, damit der Endkunde diese Option wahrnimmt und nutzt.

PM: Welche anderen Branchen setzen den Holzhandel unter Konkurrenzdruck?

Jordan: Ganz klar der Baustoffhandel, weil er durch sein angestammtes Sortiment sehr früh am Kunden ist. Viele Händler verfügen inzwischen im Innenausstattungsbereich über Ausstellungskompetenz und haben sich für den Holzhandel zu spürbaren Wettbewerbern entwickelt. Das trifft vor allem für Kombinationsfälle zu, also Firmen, die in beiden Bereichen aktiv sind, wofür es eine ganze Reihe an Beispielen gibt. Nicht zu vergessen die Baumärkte, die mit ihrem DIY-Angebot ein besonders breites Marktspektrum abdecken und darüber hinaus sehr präsent in der Fläche sind. Die gewerbliche Kundschaft nimmt dort zwar zu, jedoch ohne große Konsequenzen für das typische Holzsortiment. Die richtigen Profis erwarten eine kompetente Beratung und speziellen Auslieferungsservice, auf den der Baumarkt nicht eingestellt ist.

PM: Zum Sortiment: Um die Marke Joka auf Erfolgskurs zu halten, nehmen Sie viel Geld in die Hand. Warum ist das Label für Ihr Unternehmen so wichtig?

Jordan: Mit unserer Eigenmarke verbinden wir weitaus mehr als lediglich einen Namen auf die Verpackung zu drucken. Joka ist ein Konzept, ein Leistungsversprechen für unsere Profikunden. Dahinter steht unser komplettes Unternehmen. Die Systemmarke bietet einen ganzen Strauß an Dienstleistungen, beispielsweise Werbe- und Marketinginstrumente, um den Bekanntheitsgrad unserer Partner zu erhöhen. Die Verbindung zum Handwerk findet auf breiter Ebene statt. Das macht den Unterschied zu einer reinen Industriemarke aus, die sich im Wesentlichen darauf beschränkt, ein Produkt zu liefern.

PM: Ein ähnliches Konzept verfolgen Sie in Österreich mit der Übernahme der Inku und dem Aufbau der gleichnamigen Leistungsgemeinschaft. Wie weit ist der Integrationsprozess inzwischen vorangeschritten?

Jordan: Wir befinden uns im dritten Jahr nach der Übernahme und können jetzt sagen: Inku ist Jordan. Die Unternehmensprinzipien werden dort genauso gelebt wie an unseren anderen Standorten. Der Auftritt unter Inku war deshalb gegeben, weil es sich in Österreich um eine einzigartig bekannte Marke handelt, die in der Altergruppe 35 Plus fast jeder Verbraucher kennt. Zudem gilt Inku als Synonym für österreichisches Unternehmertum und hat eine Historie, deren positive Elemente zu bewahren sind - ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, wie allgemein bekannt ist. So sind auch alle 90 Mitarbeiter einschließlich der Führung natürlich Österreicher, die sich mittlerweile hervorragend in unser Gesamtunternehmen integriert haben.

PM: Ihre administrativen Aufgaben dürften Sie weitgehend ausfüllen. Wann hatten Sie den letzten Kundenkontakt?

Jordan: Erst vor wenigen Tagen war eine 20-köpfige Kundengruppe aus Österreich bei uns in Kassel zu Gast. Fast wöchentlich tausche ich mich auf unterschiedlichen Ebenen und Veranstaltungen oder beim direkten Besuch mit Marktpartnern aus. Dieser direkte Draht ist mir sehr wichtig, um 1:1 ein Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten.

PM: Was erwarten Sie von Ihren Lieferanten?

Jordan: Eine klare strategische Ausrichtung und dass der Markt abgestimmt bearbeitet wird. Ebenso setzen wir voraus, just in time beliefert zu werden, denn bei der Breite unseres Sortiments können wir nicht jedes Produkt auf Monate bevorraten. Wegen der sehr hohen Umschlagsgeschwindigkeit unseres Lagers müssen die Lieferungen zeitnah funktionieren. Nicht zuletzt ist es uns wichtig, dass unsere Industriepartner erfolgreich sind und gutes Geld verdienen - auch durch die Geschäfte mit uns. Denn nur so können sie innovativ sein und die Leistung erbringen, die wir von ihnen erwarten.

PM: Ist mittelfristig mit einem Nachfrageschub im Holz- und Bodenbelagsgroßhandel zu rechnen?

Jordan: Die Immobilie hat lange Zeit als Investitionsobjekt keine herausragende Bedeutung gehabt, was sich jetzt radikal ändert. Nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise sind wieder solide Werte gefragt, sodass vermehrt in Haus und Heim investiert wird. Von daher ist in den nächsten drei Jahren mit leichtem Rückenwind für die Branche zu rechnen - die Finanzkrise fördert das sogar.

PM: Wird die W. & L. Jordan trotz des rasanten Wachstums als Familienunternehmen fortbestehen können?

Jordan: Wir wollen selbständig bleiben und den Weg als Familienunternehmen fortsetzen, dafür stehe ich ein. Mein Wunsch ist, die Firma auf die vierte Generation zu übertragen. Da ich drei Kinder habe, müsste sich eigentlich eine Interessentin oder ein Interessent finden lassen ...


W. & L. Jordan Facts


W. & L. Jordan GmbH
Töpfenhofweg 41-44
D-34134 Kassel
Telefon: 0561 / 9 41 77-0
Telefax: 0561 / 9 41 77-111
E-Mail: info@joka.de
Internet: www.joka.de

Geschäftszweck: Großhandel für Bodenbeläge, Heimtextilien, Tapeten und Wandbeläge, Sonnenschutz, Holz und Holzwerkstoffe, Baustoffe

Gründungsjahr: 1919

Mitarbeiterzahl Firmengruppe: 922

Mitarbeiterzahl (Außendienst): 140

Jahresumsatz:
(2010) 247 Mio. EUR
(2009) 225 Mio. EUR
(2008) 200 Mio. EUR
(2007) 179 Mio. EUR
(2006) 153 Mio. EUR
(2005) 132 Mio. EUR

Markennamen: Joka, Inku

Tochtergesellschaften/ Beteiligungen:
- Inku Jordan GmbH & Co. KG
- Jordan France Sarl

Deutschland-Vertretung für: Heuga Home Flooring BV

Verbandsmitglied bei:
- Copa eG
- GHF Bundesverband Großhandel Heim & Farbe e.V.
- Gütegemeinschaft Holzhandel e.V.
- Heimgro GmbH
- Der Holzring Handelsgesellschaft mbH für Holz, Platten und Baustoffe
- VFG Verbund Farbe und Gestaltung GmbH

Geschäftsführende Gesellschafter: Jörg Ludwig Jordan, Horst-Dieter Jordan

Leiter Geschäftsbereich Bodenbeläge/Heimtextilien: Robert Horst

Leiter Geschäftsbereich Holzhandel: Fred Himmelmann

Produktmanagement Holzfußböden/Marketing: Matthias Mau

Produktmanagement elastische Bodenbeläge/Bauchemie: Thomas Blum

Produktmanagement textile Bodenbeläge/CV: Thomas Fett

Produktmanagement Zubehör: Andre Heuer

Niederlassungen/Verkaufsbüros insgesamt: 52

Niederlassungen/Verkaufsbüros in Deutschland: 45
aus Parkett Magazin 06/11 (Wirtschaft)