Branchen Stimmung: Was wird das Jahr 2012 wirtschaftlich gesehen und auf die Haustextilien- und Betten-Sparte bezogen wohl bringen?
Unsicherheit ist Gift für den Handel
Christian Dierig, Dierig Holding AG:
Das Jahr 2011 war für alle Baumwolle verarbeitenden Heimtextiler und auch Modehersteller ganz sicher ein extrem schwieriges Jahr, da der Baumwollpreis einmal im April und einmal im Juli um insgesamt 50 Prozent gefallen ist und vorhandene Bestände ebenso neu bewertet werden müssen wie offene Kontrakte. Dies galt insbesondere für das Rohgewebe, wo versucht wird nachzuverhandeln bzw. Ware nicht abzunehmen. Diese Tendenz wurde natürlich verstärkt durch die im zweiten Halbjahr deutlich schlechter gewordenen Nachrichten und Prognosen für unsere Wirtschaft, aber auch für den Export. Der Einzelhandelsabsatz im zweiten Halbjahr hat im textilen Bereich nachgelassen, sei es aus Preis- oder auch aus Stimmungsgründen. Ganz schwierig wird es sein, diese Stimmungsschwankungen und vor allen Dingen die politischen Einflüsse ins Jahr 2012 zu prolongieren, da Unsicherheit immer Gift für den Handel ist. Wenigstens kann man davon ausgehen, dass die Baumwollpreise im Jahr 2012 keine solchen Amplituden mehr aufweisen werden wie 2009 und 2010, so dass von dieser Seite Stabilität zu erwarten ist. Um so mehr wäre eine Stabilität im Euro-Raum wünschenswert, die allerdings nicht kommen dürfte. Erfahrungsgemäß sind unsichere Zeiten immer positiv für den Heim- und Haustextilbereich, da sich die Leute eine gewisse Ruhe und Schönheit im eigenen Heim erzeugen wollen - dafür sprechen auch die stark anziehenden Immobilienpreise. Dennoch gehen wir nicht davon aus, dass in 2012 großes Wachstum in unserer Branche erwartet werden kann. Eine Verbesserung des Konsumklimas in Deutschland ist singulär wohl nicht erreichbar - im Gegenteil. Durch das Anheben von Versorgungsbeiträgen und ganz sicher auch erneut von Steuern wird der Konsum sicher leiden. Doch es muss uns allen klar sein, dass die Konsummusik nicht mehr aus Deutschland, sondern insgesamt aus Europa kommt. Dies ist eben der Preis für die Globalisierung, von der Deutschland ja im Export nun auch sehr lange profitiert hat. Die Frage, ob es eine realistisch profunde Einschätzung für das Jahr 2012 gibt, muss ehrlicherweise mit Nein beantwortet werden, da es so viele übergeordnete Unwägbarkeiten aus Wirtschaft und Politik gibt. Betrachtet man allerdings die bestehenden Probleme in Europa, so ist die Lösungswahrscheinlichkeit im vor uns liegenden Jahr doch ausgesprochen gering. Insofern sehe ich wenig positive Einflüsse für den Konsum. Das Haus Dierig und vor allem Fleuresse und Kaeppel werden sich also auf ihre eigenen Stärken stützen und mit gedämpftem Optimismus den Schwung aus 2011 mit ins Jahr 2012 zu nehmen.
aus
Haustex 01/12
(Wirtschaft)