Bernd Kout, Vorsitzender Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie e.V.
"Der Verband wird gelebt!"
Wer in den vergangenen Monaten aufmerksam das Straßenbild in Städten und Gemeinden beobachtet hat, konnte sie nicht übersehen, denn sie wurden gen Jahresende immer zahlreicher: Bauschutt-Container - als Symbol für Investitionen, die die Deutschen in den unsicheren Zeiten der Euro-Krise in "feste" und beständige Werte wie Immobilien tätigen. Das eigene Hab & Gut als Geldanlage scheint für viele zu einer sinnvollen Alternative geworden zu sein, anstatt es in die Hände von Banken zu geben. Auch für unsere Branche kann der Bauschutt-Container zu einem Symbol für Investitionen werden. Denn wo Böden, Wände und Fenster herausgerissen werden, entsteht Platz für neue Heim- und Heimtextilien. Laut aktueller Konsumklimastudie des Marktforschungsunternehmens GfK stützt jedenfalls die gegenwärtige Schuldenkrise die Konsumneigung. Bei der Frage nach der Verwendung ihrer finanziellen Mittel tendieren die Deutschen weiterhin dazu, ihr Geld in werthaltige Anschaffungen wie Immobilien oder langlebige Gebrauchsgüter zu investieren.
Aber hat die deutsche Heim- und Haustextilien-Industrie bereits in 2011 von dieser Entwicklung profitiert? Allgemein ist die deutsche Wirtschaft - insbesondere getragen durch wichtige, wieder florierende Exportmärkte - gut ins Jahr gestartet. Günstige Finanzierungsbedingungen, steigende Beschäftigungszahlen und Lohnabschlüsse flankierten diese positive Entwicklung, an der auch die Hersteller von Heim- und Haustextilien teilnahmen. Per Ende September zeigte sich ein jahresdurchschnittliches Umsatzplus von 3,5 Prozent. Das 4. Quartal lief ebenfalls gut an, so dass ich davon ausgehe, dass unsere Industrie 2011 letztlich auch mit einem positiven Vorzeichen beenden wird.
Unabhängig von der Weltkonjunktur haben wir als VDHI unsere Entwicklung selbst in die Hand genommen und unsere Kompetenz als Service-Organisation für unsere Mitglieder weiter ausgebaut - und das mit Erfolg. Getreu dem zugegebenermaßen etwas abgegriffenen Sprichwort "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht", wurde beispielsweise das Seminar "Arbeitssicherheit - Haftung und Verantwortung" initiiert und hat, nicht nur bei den Arbeitgeberverbänden, ein breites Publikum erreicht. Es wurde deutlich, wie groß die Unwissenheit und im Zuge dessen der Bedarf an Information und Aufklärung auf diesem Gebiet ist. Der VDHI ist übrigens der einzige Textil-Fachverband, der das Thema Arbeitssicherheit mit einem eigenen Sicherheitsingenieur betreut. Ich möchte Sie an dieser Stelle nicht mit Zahlen und Statistiken zum Unfallgeschehen in Unternehmen langweilen, doch bedenkt man, dass sich bundesweit die jährliche Summe der Arbeitsunfähigkeitstage auf weit über 400 Mill. Euro beziffern lässt, sollten Firmen diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken. Wir als Verband unterstützen Sie dabei!
Ebenso unterstützen wir unsere Mitglieder auf ihrem Weg, ihren Export zu stärken. Immerhin setzen die deutschen Heim- und Haustextilien-Hersteller rund ein Viertel des Umsatzes im Ausland um. Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Teilnahme an Auslandsmessen. Hier hat der Verband in 2011 für seine Mitglieder beim Bund Fördergelder für sieben Veranstaltungen beantragt. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist das eine wichtige Hilfestellung, um sich und ihre Kollektionen einem breiteren Publikum präsentieren zu können, denn "made in Germany" ist nach wie vor ein maßgebliches Qualitäts- und Entscheidungsmerkmal für potenzielle Auftraggeber.
Wenig Einfluss nehmen konnten und können wir dagegen auf die Entwicklung bei den Rohstoff- und Energiepreisen. Diese sind bereits vor Monaten in mitunter unkalkulierbare Höhen geschnellt. Sie rauben unseren Unternehmen den notwendigen Spielraum für Innovationen und Investitionen. Die in unserer Branche zwischen Industrie und Handel bisher üblichen langfristigen Preisfestlegungen blockieren die Unternehmen zusätzlich. Hier ist zukünftig mehr Flexibilität erforderlich. Viele Hersteller haben daher Preiserhöhungen, die unter kaufmännischen Gesichtspunkten unumgänglich sind, bereits durchgesetzt. Für alle Beteiligten ist dies ein schwieriges, wenngleich unausweichliches Thema, mit dem sie sich zeitnah auseinandersetzen müssen. Denn viele Unternehmen können derart starke Kostensteigerungen und -schwankungen nicht mehr aus eigener Kraft ausgleichen. Auch im kommenden Jahr wird uns diese Problematik beschäftigen.
Abschließend möchte ich es nicht versäumen, als Verbandsvorsitzender noch einen persönlichen Blick zurückzuwerfen: Mich hat insbesondere die Dynamik beeindruckt, mit der sich unser Verband in einem wirtschaftlich sehr schwierigen Umfeld nicht nur behauptet, sondern - unter anderem durch die Gewinnung neuer Mitglieder sowie neue Serviceleistungen - positiv entwickelt hat. Auch 2012 werden wir als Verband unsere Mitglieder und die Branche wieder aktiv begleiten und den Markt mitgestalten. In diesem Sinne freue ich mich, wenn Sie "Ihren" VDHI weiterhin als kompetenten Ansprechpartner und Dienstleister für die deutsche Heim- und Haustextilien-Industrie wahrnehmen und fordern. Denn - so meine feste Überzeugung - Verbandsarbeit muss gelebt werden! Ich wünsche uns allen einen gesunden und erfolgreichen Start in das neue Jahr!
aus
Haustex 01/12
(Wirtschaft)