Interview mit dem neuen GEV-Vorsitzenden Werner Schröder
Emicode soll sich als internationales Öko-Label etablieren
Ardex-Vertriebsleiter Werner Schröder ist neuer Vorsitzender der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe und Bauprodukte (GEV). Auf ihrer Mitgliederversammlung wählten ihn die Mitglieder zum Nachfolger von Steffen Rüdiger, der bei Henkel ausgeschieden war. Schröder will den eingeschlagenen Kurs der GEV weiter verfolgen, den Emicode als internationales Öko-Label zu positionieren. FussbodenTechnik sprach mit Werner Schröder über seine Ziele, Umweltzeichen und das Entwicklungspotential des Verbandes.
FussbodenTechnik: Herr Schröder, warum haben Sie das Amt des GEV-Vorsitzenden übernommen?Werner Schröder: Ich gehöre dem GEV-Vorstand fast von Beginn an. In einem sich ständig ändernden Marktumfeld und zunehmender Internationalisierung war sich der Vorstand einig, dass der GEV-Vorsitzende eine fundierte Marktübersicht und Kontinuität garantieren muss. Das Vorstandsgremium hat mich um den Vorsitz gebeten, nachdem durch das Ausscheiden von Steffen Rüdiger bei Henkel diese Position vakant geworden war. Natürlich freue ich mich über das Vertrauen auf der Mitgliederversammlung anlässlich der Domotex. Hinzu kommt, dass der Emicode als Branchenlabel für Ardex international eine wichtige Funktion bezüglich Qualität, Innovation und Nachhaltigkeitsverantwortung sichert.
FT: Was sind Ihre Ziele als GEV-Vorsitzender?Schröder: Die Ziele der GEV sind zeitlos und ändern sich durch meine Funktion als Vorsitzender nicht. In einem sehr kollegialen und stets zielorientierten Vorstands- und Geschäftsführungsgremium konnte ich bisher meine persönliche Sicht als Ardex-Vertreter immer überzeugend einbringen. Diese kollegiale, sachorientierte und wettbewerbsübergreifende Zusammenarbeit möchte ich fortführen. Dazu gehört, dass die Branche weiterhin an einem Strang zieht. Ein Erfolg der ehrgeizigen GEV-Standards ist, dass es keine unseriösen Marketing- und Werbeaktionen gibt, die in der Branche zu Konfusion und Verunsicherung führen.
Diese Attribute gilt es nicht nur national, sondern auch international zu sichern und im Sinne der häufig zitierten Nachhaltigkeit gegenwarts- und zukunftsorientiert auszubauen. Das bedeutet, wir wollen den Emicode nicht nur beim Handel und dem professionellen Verarbeiter, sondern auch bei den Investoren und Endverbrauchern international etablieren. Das geht einher mit dem fortwährenden Anspruch, die Emicode-Standards im Sinne des Verbraucherschutzes zu optimieren.
FT: Ist der Emicode auf dem Weg, ein internationales Ökolabel zu werden?Schröder: Der Erfolg der GEV, gerade auch im benachbarten europäischen Ausland bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die Emicode-Zertifizierung eine vertrauensvolle Plattform für zeitgerechte Produktstandards bildet. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Labels ist, dass die GEV nicht ertragsorientiert arbeitet. Außer den überschaubaren Mitgliedsbeiträgen verbleiben alle finanziellen Mittel in den Unternehmen und können für Forschung und Entwicklung, Optimierung und Innovation eingesetzt werden. Neben der hohen Eigenverantwortlichkeit und durch stetige Qualitätskontrollen werden satzungsgemäß die zur Verfügung stehenden Mittel aus den Mitgliedsbeiträgen nur für Ring- und Stichprobenprüfungen durch unabhängige Fremdinstitute und in geringem Umfang für Öffentlichkeitsarbeit aufgewendet.
Wir haben viele ausländische Firmen überzeugt, die mittlerweile die Hälfte der neuen Mitglieder der GEV stellen. Wachsen wollen wir organisch mit Unternehmen und Produktsystemen, die sich den hohen GEV-Qualitätsstandards verpflichtet fühlen und die sich nicht an den häufig sehr laschen und zweifelhaften Standards nationaler Labels orientieren.
FT: Was hat Ihnen bei der GEV bislang gefehlt?Schröder: Die Öffentlichkeitsarbeit der GEV ist auf das Orientierungsbedürfnis des Fachhandels und des professionellen Handwerks zugeschnitten. Wir erreichen in dieser Kommunikationskette leider nicht den Endverbraucher und privaten Investor. Für ihn hat das nationale Umweltzeichen Blauer Engel auch durch viele andere Produktgruppen eine bessere Wahrnehmungspräsenz. Die Präsenz in der Öffentlichkeit wollen wir verbessern.
FT: Aus welchem Bereich haben Sie die meisten Mitglieder? Wo gibt es noch Potential, um neue zu gewinnen?
Schröder: Die meisten Mitglieder hat die GEV natürlich aus dem Bereich Klebstoffe und Verlegewerkstoffe. Hier sind die namhaften nationalen und auch internationalen Hersteller nahezu komplett vertreten. Als Non-Profit-Organisation geht es der GEV nicht um jeden Preis darum, neue Mitglieder zu gewinnen und zu expandieren. Vielmehr geht es bei der Neuaufnahme um die Konformität mit den GEV-Zielen.
So haben wir es z. B. abgelehnt, Produkte in den Emicode aufzunehmen, wenn nicht mehrere Hersteller gewillt waren, sich den spezifischen Mindeststandards zu stellen bzw. daran mitzuwirken, die ökologische Qualität der Produkte signifikant zu verbessern. Wo dies überzeugend möglich ist, verweigern wir uns nicht einer Erweiterung des Emicode. Wir haben noch reichlich Spielraum, den ich an dieser Stelle jedoch noch nicht öffentlich machen möchte.
FT: Was war Ihr größter Aufreger im Verband in den letzten zwei Jahren?Schröder: Eindeutig die Bürokratie mit den Produktzulassungen des DIBt. Hier wurden Regelungen geschaffen, die kein Mensch versteht und für die die Kapazität des DIBt gar nicht ausreichte. So dürfen ohne Genehmigung des DIBt keine Parkettklebstoffe, Parkettbeschichtung oder Bodenbelagsklebstoffe verarbeitet werden und das, obwohl gerade hier die Branche viel für Umwelt und Gesundheit getan hat. Obwohl wir uns diesen Regelungen stellen, war es aufgrund der fehlenden Genehmigungskapazitäten nicht möglich, die Produkte der verschiedenen Anbieter zeitnah zuzulassen. Das führte zwangsläufig zu Irritationen und Unmut.
Hinzu kommt, dass die Genehmigungsprozedur alle fünf Jahre wiederholt wird und bei allen Innovationen und Rezeptoptimierungen neu durchlaufen werden muss. Das kostet viel Zeit und Geld und trifft am Ende den Endverbraucher - ohne dass irgendeine Verbesserung erreicht wird.
FT: Was sorgt aktuell im Verband für Diskussionen?Schröder: Das Umweltbundesamt (UBA) arbeitet derzeit an der Ergänzung der AgBB-Kriterien und bereitet so genannte sensorische Prüfungen vor. Diese teuren und dennoch subjektiven Geruchsprüfungen bewerten nur den Eigengeruch der Produkte. Jeder Experte weiß, dass Emissions- und Geruchsprobleme in der Regel aus Kombinationswirkungen verschiedener Substrate oder den unterschiedlichen Baustellen- und räumlich spezifischen Umgebungsbedingungen herrühren. Wir sehen es als unsere Aufgabe, dass nicht wieder mit viel Getöse eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird, die viel Geld kostet aber keine Verbesserungen bewirkt.
FT: Wie oft trifft sich der Verband?Schröder: Wie Sie wissen, besteht der Verband aus verschiedenen Gremien. Ich habe nachgezählt, dass es in den letzten zwei Jahren insgesamt 22 Treffen mit unterschiedlichen Zielsetzungen gegeben hat. Ich denke, dass es ausreichend Gelegenheiten zum Austausch und zur Meinungsbildung gegeben hat und geben wird, wobei der Schwerpunkt der Arbeit eindeutig nicht bei der Arbeit des Vorstandes, sondern in dem wichtigen Gremium des Technischen Beirats (vgl. Übersichts-Kasten, d. Red.) liegt.
FT: Ist der Technische Beirat mit 11 Personen ausreichend besetzt?Schröder: Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass mit den vom Gremium gewählten 11 Personen eine hohe Kreativität und Umsetzungskompetenz und damit Arbeitsfähigkeit gesichert ist. Bei zu großen Kreisen besteht die Gefahr, dass wenig entschieden wird. Diese Begrenzung hindert den Technischen Beirat freilich nicht, den Kreis durch weitere Experten zu bereichern oder Unterarbeitsgruppen zu bilden.
Dies ist so geschehen, etwa mit der Einrichtung von Projektgruppen zu den Produktbereichen Dichtstoffe oder Oberflächenbehandlungsmittel. Hier leisten die Vertreter dieser Produktgruppen wichtige Unterstützung und sind damit gleichzeitig im Technischen Beirat vertreten. Hierauf werden wir im Sinne der Parität, und insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Erweiterungen, auch künftig achten.
FT: Wo gibt es das größte Entwicklungspotential der GEV?Schröder: In Deutschland hat die GEV mit dem Emicode viel erreicht - mehr, als wir uns ursprünglich vorgestellt hatten. Da der Emicode im Wesentlichen über die Produkte kommuniziert wird, sehe ich das größte Potential im europäischen Ausland, wo sich zunehmend eine Sensibilität bezüglich Innenraumluft und Emissionen entwickelt. Allerdings sind die Märkte noch sehr national orientiert und es bleibt abzuwarten, wie der für Deutschland entwickelte Standard auch in diesen Ländern aufgenommen und umgesetzt werden kann.
Neben den deutschsprachigen Ländern zeigt die Entwicklung und das Engagement gerade italienischer Hersteller, dass hier noch ein erhebliches Zukunftspotential für die GEV und ihre Ziele schlummert.
GEV im Überblick
GEV Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewekstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e. V.RWI-Haus
Völklinger Straße 4
40219 Düsseldorf
Tel.: 0211/ 67 931-20
Fax: 0211/ 67 931-33
Internet: www.emicode.com
Vorstand: Werner Schröder (Ardex, Vorsitzender), Helmuth Twilfer (Schönox, stellvertretender Vorsitzender), Axel Bornefeld (Henkel), Dr. Frank Gahlmann (Stauf) und Stefan Neuberger (Uzin Utz). Zusätzlich wurden Dr. Uwe Gruber (Mapei) und Wolfgang Heck (Vorsitzender des Beirats für Öffentlichkeitsarbeit) vom Vorstand zur Mitarbeit berufen. Jürgen Gehring (im Amt bestätigter Vorsitzender des Technischen Beirats) und GEV-Geschäftsführer Klaus Winkels gehören ebenfalls dem Vorstand an.
Geschäftsführer: Klaus Winkels
Rechnungsprüfer: Günther Hermann (Mapei)
Technischer Beirat: Jürgen Gehring (Bostik, Vorsitzender), Wolfgang Breetzke (Berger-Seidle), Dr. Thomas Brokamp (Bona), Dr. Frank Gahlmann (Stauf, Vorsitzender der TKB), Dr. Mechthild Haveresch-Kock (Schönox), Günther Hermann (Mapei), Dr. Maximilian Rüllmann (BASF), Dr. Martin Schäfer (Wakol), Dr. Johannis Tsalos (Uzin Utz), Hartmut Urbath (Henkel) und Thomas Wanke (Ardex).
aus
FussbodenTechnik 02/12
(Wirtschaft)