Dura-Gruppe beantragt Insolvenzverfahren

Sanierung in Eigenverwaltung angestrebt - Geschäftsbetrieb läuft weiter


Am 5. März 2012 hat die Dura-Gruppe beim Amtsgericht Fulda die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, und zwar für die Dura Tufting GmbH sowie 13 Tochterunternehmen. Nicht betroffen von dem Schritt ist der Schwesterkonzern Wirth Fulda mit der Filzfabrik Fulda.

Bei Deutschlands größtem Hersteller von textilen Bodenbelägen ist man festen Willens, das Unternehmen zu sanieren. "Wir sind operativ gesund und schreiben schwarze Zahlen", beschrieb der Geschäftsführende Gesellschafter Dr. Christian Schäfer gegenüber BTH Heimtex die aktuelle Situation.

Die Gründe für den Insolvenzantrag liegen in der Vergangenheit: Zwischen 2006 und 2008 hatte die Dura mit erheblichem finanziellen Aufwand Firmen gekauft bzw. neu gegründet. Damit kam sie auch den Wünschen ihrer Kunden aus der Automobilindustrie entgegen, denn ein Großteil der Tufting- und Nadelfilzprodukte kommt dort zum Einsatz. Doch statt die erhofften Mehreinnahmen zu liefern, wurde dieser Geschäftszweig besonders schwer von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise getroffen.

Die Unternehmensführung reagierte: Bei der Belieferung der Automobilhersteller konzentrierte man sich auf Flächenware und Einlegematten. Das Geschäft mit hinterschäumten und verformten Komponenten wurde aufgegeben, die Werke "gut verkauft", wie Schäfer auf der Domotex 2011 berichten konnte. Das kostete Umsatz, eröffnete aber gleichzeitig finanziellen Spielraum, von einem zweistelligen Millionenbetrag war die Rede. Doch der reichte offenbar nicht aus, um die finanziellen Verbindlichkeiten gegenüber Mezzanine-Kapitalgebern vollständig zu bedienen.

Hinzu kam, dass die eigenen Lieferanten die Zahlungsziele stark verkürzten. "Das hat sich negativ auf unsere Lieferfähigkeit ausgewirkt", musste Schäfer eingestehen.

Angesichts dieser Gemengelage und gerade weil man an die Zukunft des Unternehmens glaubt, habe man den Schritt gewagt und die Insolvenz beantragt. Das schaffe Luft für eine Restrukturierung.

Die soll in Eigenverwaltung geschehen, ermöglicht durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (siehe unten), das erst zum 1. März 2012 in Kraft getreten ist. Die Geschäftsführung wird dabei von Dr. Stefan Oppermann unterstützt, der für die Dauer des Verfahrens die Position des Handlungsbevollmächtigten einnimmt. Als ausgewiesener Sanierungsexperte wird er einen Sanierungsplan ausarbeiten und die Verhandlungen mit den Gläubigern der Dura unterstützen.

Die ebenfalls vom neuen Gesetz vorgesehenen Aufgaben des Sachwalters nimmt im Auftrag des Amtsgerichtes Fulda Rechtsanwalt Ottmar Hermann wahr. Er wird als weiterer Experte die Geschäftsleitung begleiten und überwachen.

Mit dem so genannten Planverfahren in Eigenverwaltung soll die Dura jetzt entschuldet und die Liquidität langfristig wieder hergestellt werden. Dabei wolle man auch einen Großteil der 654 betroffenen Arbeitsplätze erhalten, denn: "Die Geschäfte und die Produktion laufen weiter wie bisher", versicherte Schäfer im Gespräch mit BTH Heimtex. "Unsere Lieferfähigkeit wird sich spürbar verbessern. Und wir werden in den nächsten Monaten zwei neue Kollektionen einführen."

So ist der kurzfristige Ausblick optimistisch. "Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist positiv, nachdem erklärt wurde, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben," wird der Betriebsratsvorsitzende Stefan Schäfer in der Fuldaer Zeitung zitiert. Auch von den Gläubigern gebe es positive Reaktionen, sagte Schäfer. "Ich blicke auf motivierte Mitarbeiter, vertrauensvolle Kunden- und Lieferantenkontakte sowie auf ein operativ gesundes Unternehmen", erklärte schließlich Sachwalter Ottmar Hermann. "Daher sehe ich gute Chancen für eine Sanierung."


Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)


Seit dem 1. März 2012 ist das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, kurz ESUG, in Kraft. Es eröffnet unter anderem die Möglichkeit, bei einer Insolvenz als Schuldner die Eigenverwaltung zu beantragen. In diesem Fall bleibt die bisherige Geschäftsleitung im Amt und bekommt einen Handlungsbevollmächtigten zur Seite gestellt, der sie bei der Sanierung beratend unterstützt. Ein vorläufiger Sachwalter überwacht im Auftrag des Gerichts die Entscheidungen der Unternehmensführung und hat diesen gegenüber ein Vetorecht. Einen Insolvenzverwalter wie in herkömmlichen Insolvenzverfahren gibt es nicht.
aus BTH Heimtex 03/12 (Wirtschaft)