28. TKB-Fachtagung Fußbodentechnik, Frankfurt/Main
Wirrwarr bei bauaufsichtlicher Zulassung
Der TKB-Vorsitzende Dr. Frank Gahlmann begrüßte knapp 200 Teilnehmer bei der 28. TKB-Fachtagung in der Handelskammer Frankfurt/Main. Das Programm deckte die Vielfalt der Bodenbranche ab: Es gab zwei Vorträge zu Verlegewerkstoffen, zwei zu Bodenbelägen sowie jeweils einen zu Umweltschutz, Baurecht und Untergrund. Der Tagungsleiter nutzte das Forum, um über verblüffende Abgrenzungsfälle bei der bauaufsichtlichen Zulassung zu berichten.Tagungsleiter Dr. Frank Gahlmann informierte die 200 Gäste zu Beginn der TKB-Fachtagung über die eigenen Aktivitäten. Die TKB beschäftigt sich weiterhin intensiv mit der bauaufsichtlichen Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt). "Generell kann man sagen, dass das DIBt die Geschwindigkeit bei der Bearbeitung der Anträge sehr erhöht hat", berichtete Dr. Gahlmann über erste Erfolge. Nichtsdestotrotz geht der Industrieverband Klebstoffe formal gegen das DIBt vor. "Wir wollen erreichen, dass wir künftig innerhalb von zwei bis drei Monaten unsere Zulassung erhalten." Bislang mussten die Verlegewerkstoffhersteller durchaus ein Jahr und länger auf ihre Zulassung warten.
Für das Verlegehandwerk ist interessant, welche Definitionen das DIBt verwendet bzw. wann die bauaufsichtliche Zulassung tatsächlich verlangt wird: Baustoffe im Sinne der Anlage der Bauregelliste sind Verlegeunterlagen, Bodenbelags- und Parkettklebstoffe sowie Oberflächenbeschichtungen. Die Zulassungspflicht gilt für Materialien, die im direkten Kontakt mit den Bodenbelägen stehen. Nicht betroffen sind hingegen die Unterkonstruktionen und die Vorbehandlungen der Unterkonstruktionen, d.h. es gibt keine Zulassungspflicht für Estriche, Grundierungen, Dampfbremsen und Spachtelmassen.
Zwischen TKB und DIBt wurde ausgiebig darüber diskutiert, ob der Renovierungsbereich von der Zulassungspflicht betroffen ist. Er ist es, weil die Bauordnung nicht zwischen Neuverlegung und Renovierung unterscheidet - geregelt in § 3 Musterbauordnung. Dagegen gibt es bei Renovierungsarbeiten die Ausnahme der Kleinflächigkeit. Kleinflächige Reparaturen brauchen keine zugelassenen Produkte. "Das Ausbessern von zwei Quadratmetern Parkett darf mit nicht zugelassenen Produkten ausgeführt werden." Gahlmann bemängelte: "Die Kleinflächigkeit ist leider nicht definiert und soll es laut DIBt auch nicht werden."
Die Neuversiegelung eines bestehenden Parketts wiederum ist zulassungpflichtig. Dasselbe gilt für die Oberflächenbeschichtung eines elastischen Belages. Die großflächige Neuklebung eines vorhandenen Parkettbodens wie beispielsweise die Restaurierung eines historischen Bodens ist ein Zulassungsfall. Nicht zulassungspflichtig dagegen sind aufgetragene Pflegemittel. Hier lautet die Begründung: Weil sie ,kurzzeitig und ,wiederkehrend sind.
Erstaunlich auch folgende Regelung: Bei der Klebung von Treppenstufen kann man jedes Produkt einsetzen. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich Treppenstufen in der Regel in Treppenhäusern befinden, die laut Definition keine Aufenthaltsräume darstellen. Vom Gegenteil möchte man das DIBt aus verständlichen Gründen nicht überzeugen.
Merkblatt "Kleben von Parkett" aktualisiertDr. Gahlmann stellte die Neufassung des TKB-Merkblates Nr. 1 "Kleben von Parkett" und den neuen TKB-Bericht 1 zu "Belegereife und Feuchte - Versuche zur Trocknung von Estrichen" vor. Er gibt die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit der Universität Siegen wieder, über die auf der Tagung 2011 berichtet wurde.
FussbodenTechnik fasst die Vorträge der TKB-Fachtagung 2012 in Kurzform zusammen.
Jörg Hauschke, Uzin UtzAlternativen zu lösemittelhaltigen Kontaktklebstoffen
These: Für sämtliche technischen Anforderungen bei der Bodenbelagsverklebung gibt es Alternativen zu lösemittelhaltigen Klebern.
Zusammenfassung: Was hindert das Handwerk und die Industrie, ab sofort lösemittelfrei zu arbeiten? Die Antwort gab Referent Jörg Hauschke: Danach muss die Klebstoffindustrie auf die Vermarktung von lösemittelhaltigen Produkten verzichten und diese durch alternative Klebstoffe austauschen. Gleichzeitig muss die Industrie die Verarbeiter durch Schulungen unterstützen und Planer und Architekten von den neuen Systemen überzeugen.
Das verlegende Handwerk müsse bereit sein, neue Produkte technisch anzunehmen und sie auch aktiv seinen Kunden anbieten. Einen ausführlichen Überblick über die Vor- und Nachteile der Alternativen zu lösemittelhaltigen Kontaktklebern stellt FussbodenTechnik im Fussboden-Fuchs ab Seite 64 vor.
Jörg Leidenfrost, ObjectflorTrends bei elastischen Bodenbelägen: PVC-Designbeläge - Innovation ohne Grenzen?
These: Der klassisch verklebte PVC-Designbelag wird in wenigen Jahren vornehmlich im Objekt zu finden sein. Klickbare und lose liegende Designbeläge werden dann 50% oder mehr im Markt ausmachen.
Zusammenfassung: PVC-Designbeläge haben in Deutschland mittlerweile ein Marktvolumen von mehr als 10 Mio. m
2 erreicht. Designbeläge haben in allen Lebensbereichen Einzug gehalten. Der Erfolg hat verschiedene Ursachen: Die einfache, schnelle und sichere Verarbeitung des Belages, aber auch die einfache Renovierung. Vorteilhaft sind außerdem die niedrigen Aufbauhöhen (2 bis 3 mm), hohe Beanspruchung, authentisches Design und die Flexibilität, verschiedene Nutzungsstärken miteinander kombinieren zu können.
Worin bestehen die heutigen Innovationen im Markt? In der Designprägung bzw. in der Haptik. So gibt es heute Holzdekore größtenteils mit Embossed Prägung (dekorsynchrone Prägung), d.h. der abgebildete Ast ist nicht nur sichtbar, sondern auch fühlbar. Es gibt mittlerweile großformatige Planken bis 1,80 m Länge und große Fliesenformate von 90 x 90 cm. Klicksysteme und lose liegende Beläge wachsen am schnellsten. Sie sind mittlerweile nach Erfahrung von Objectflor auch in der Verlegung beherrschbar. Der klassisch verklebte PVC-Designbelag wird nach Einschätzung Leidenfrosts in wenigen Jahren vornehmlich im Objekt zu finden sein. Klickbare und lose liegende Designbeläge werden dann 50% oder mehr im Markt ausmachen. Große Entwicklungschancen für Designbeläge sieht Leidenfrost beispielsweise im Gesundheitswesen.
Dr. Michael ZiegerNachhaltigkeit und EPDs - Modetrend oder Notwendigkeit?
These: Für die objektive Bewertung, ob ein Produkt nachhaltig ist, muss der gesamte Lebensweg des Produktes bewertet werden.
Zusammenfassung: Die europäische Norm DIN EN 14040 legt fest, welche ökologischen Kennzahlen in welcher Weise erfasst werden müssen, um ein Produkt ganzheitlich zu bewerten. Dies sind beispielsweise der Energieverbrauch eines Produktes über seinen gesamten Lebenszyklus oder die Summe der Treibhausgasemissionen, die hierbei freigesetzt werden. Trägt man diese Kennzahlen zusammen und lässt sie von unabhängiger Seite verifizieren, dann erhält man eine Umweltproduktdeklaration, kurz EPD (Enviromental Product Declaration). Eine solche EPD beschreibt nachvollziehbar und in objektiver Weise die Umweltleistung eines Produktes von seiner Entstehung bis hin zur Entsorgung. Die normierte Berechnungsweise hat den Vorteil, dass gleichartige Produkte unter Nachhaltigkeitsaspekten vergleichbar werden. Eine Produktoptimierung setzt bereits bei den Rohstoffen an. Am Beispiel von Dispersionsklebstoffen wird dies sehr anschaulich. So hat ein rein auf synthetischen Bindemitteln basierender Klebstoff ein um ca. 50% höheres Treinhauspotential als ein Dispersionsklebstoff mit einem Anteil von 15% nachwachsenden Rohstoffen. Diese Erkenntnisse helfen, Produkte gezielt nachhaltiger zu entwickeln. Die Kunst besteht darin, dies ohne technische Einbußen zu realisieren.
Dr. Roger Zurbriggen, ElotexSpachtelmassen - Phänomene, Ursachen, Lösungen
These: Da Bodenspachtelmassen vor allem gute Oberflächeneigenschaften aufweisen müssen, ist die interne Schichtung der Bestandteile von grundlegender Bedeutung für die Materialeigenschaften.
Zusammenfassung: Dr. Roger Zurbriggen führte die TKB-Tagungsbesucher ein in die Welt der Spachtelmassen und ihrer Bestandteile. In einer Studie hat er sich mit den komplexen Formulierungen/Zusammensetzungen beschäftigt. Nicht selten bestanden die selbstverlaufenden Spachtelmassen aus mindestens zehn Komponenten. Darunter Portlandzement, Tonerdeschmelzzement, Verzögerer, Beschleuniger, Dispersionspulver, Calciumsulfat, Fließmittel, Stabilisierer, Entschäumer, Kalksteinmehl und Quarzsand.
Der Referent machte deutlich, dass eine wenige Millimeter dünne Mörtellage in verschiedene Schichten strukturiert sein kann. Es bildet sich eine 50 Mikrometer dünne Haut über einer halben Millimeter dünnen und meist etwas weicheren Lage, worunter sich eine hochfeste Grundschicht befindet. Da Bodenspachtelmassen vor allem gute Oberflächeneigenschaften aufweisen müssen, ist die interne Schichtung der Bestandteile von grundlegender Bedeutung für die Materialeigenschaften.
Bernd Quiel, Wieland WerkeTrends bei beheizten Fußbodenkonstruktionen im Bestand - Dünn, dünner und noch normgerecht?
These: Die fehlende Aufbauhöhe im Bestand wird mit dünnen Fußbodenheizungskonstruktionen Rechnung getragen.
Zusammenfassung: Deutschland will den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen senken. Die Gebäude der Zukunft müssen deshalb im Energiebereich als eine Einheit von Energieerzeugung, -nutzung und -austausch gesehen werden. Somit rückt die Wärmeversorgung von Wohngebäuden immer mehr in den Fokus. Nicht bei Neubauten mit ihren klaren Regelungen, sondern im Gebäudebestand liegen die Potenziale. 40% des Energieverbrauchs werden ihm zugerechnet, wobei allein hiervon wieder 85% auf die Beheizung entfallen. Das Heizsystem spielt in der politischen Diskussion keine große Rolle, aber beim Nutzer. Für ihn stellt sich die Frage, welche Art der Wärmeübergabe angesichts der politischen Energiewende zukunftsfähig ist und dem gesteigerten Anspruch an Behaglichkeit und Wohlfühlklima entspricht. Die technischen Entwicklungen haben sich den Rahmenbedingungen angepasst und bieten praxistaugliche Lösungen. Die fehlende Aufbauhöhe im Bestand wird mit dünnen Fußbodenheizungskonstruktionen Rechnung getragen.
Klaus Winkels, Industrieverband Klebstoffe Europäisches Baurecht - Komplexität einer Harmonisierung
These: Der Industrieverband Klebstoffe (IVK) bereitet mit der EN 14259 eine Norm zur Harmonisierung von Bodenbelagsklebstoffen vor. Ziel ist es, die bürokratische Belastung in Deutschland zu vermindern und einer europäischen Regelung näher zu kommen.
Zusammenfassung: Ziel des europäischen Baurechts ist es, nationale Regelungen zu harmonisieren. Will man einen gemeinsamen Binnenmarkt, ist das nötig. Doch die Regelungen beschreiben wesentliche Anforderungen, die national unterschiedlich umgesetzt sind. Deutschland macht es kompliziert und bürokratisch: das DIBt verfügt über die Bauregelliste Regelungen, die teils europäische, teils nur in Deutschland geltende Anforderungen beschreiben. Mit Verweis auf das AgBB-Schema werden Emissionsanforderungen an Bauprodukte gestellt, darunter auch an Parkett, Bodenbeläge und zugehörige Klebstoffe.
Alwin Proppe, CC-Dr. SchutzWerterhaltung von elastischen Bodenbelägen - Einfluss von Möbelgleitern sowie Möbelrollen
These: Nur durch den Einsatz geeigneter, auf den Bodenbelag abgestimmter Möbelrollen und Möbelgleiter können Schäden vermieden werden.
Zusammenfassung: Der Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge (FEB) hat eine Technische Information über den "Einfluss von Stuhl- und Möbelgleitern sowie Stuhl- und Möbelrollen" herausgegeben.
Für elastische Bodenbeläge sind nach DIN EN 12529 Möbelrollen mit weicher Lauffläche (Typ W) vorgeschrieben. Bei den Möbelgleitern kommen solche aus Filz und geeigneten Kunststoffen (z.B. TPU, PTFE) in Frage. Proppe sprach sich in Bezug auf Möbelgleiter und Möbelrollen dafür aus, den Hinweis auf geeignete Rollen und Gleiter in die Reinigungs- und Pflegeanleitung der Beläge zu integrieren. Genauso müsse man dort Hinweise auf die regelmäßige Reinigung, Wartung und den Austausch von Rollen und Gleitern finden. Die neue Technische Information kann beim FEB (www.feb-ev.com) bestellt werden.
aus
FussbodenTechnik 03/12
(Wirtschaft)