India Carpet Expo 2012, New-Delhi

Indien setzt auf höhere Qualitäten


Indien ist das wichtigste Ursprungsland für handgefertigte Teppiche: Kein Land exportiert mehr Teppiche, sowohl in der Menge als auch im Wert, in die EU. Das Carpet Export Promotion Council (CEPC) veranstaltet zweimal jährlich Messen, die den indischen Teppichherstellern die Möglichkeit geben sollen, sich internationalen Einkäufern zu präsentieren. Standort der ersten Ausgabe innerhalb eines Kalenderjahres der India Carpet Expo (ICE) ist traditionell Neu-Delhi.

Schon auf den ersten Blick auffällig war die im Durchschnitt hohe Qualität der ausgestellten Teppiche. Die indischen Hersteller setzen auf Qualität und weniger auf billige Massenartikel. Ein Großteil der Aussteller baut auf moderne Dessins. Gut 70% der heute in Indien von Hand gefertigten Teppiche fallen in diese Rubrik. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass klassische Orientmuster weiter verloren haben. Besonders schwer haben es derzeit Kopien farbenfroh kolorierter persischer Teppiche. Dezente, wohnliche Farben - vor allem die gesamte Bandbreite der Cremetöne - mit nicht zu aufdringlichen klassischen Dessins, bildeten das Gros der klassisch gemusterten Teppiche.

Besonders im Fokus sind zeitlos-moderne Knüpfteppiche in Nepalknüpfung und in zurückhaltenden Farbstellungen: Grautöne, Eisblau und Beige bis Hellbraun. Die Muster orientieren sich sehr stark an denen der bekannten Top-Marken: abstrakt mit sich auflösenden Formen. Viskose oder Naturfasern sollen für eine luxuriöse Optik oder eine spannende Struktur sorgen, ohne den Preis zu sehr in die Höhe zu treiben. Wenig zu sehen waren wiederum florale Dessins oder kräftige Farben. Hier sei als Ausnahme das Thema Sari-Seide genannt: Die Teppiche werden aus Recylingseide der berühmten farbenfrohen indischen Stoffe gefertigt.

Auch hier war der Trend zu Teppichen aus ungefärbter und unbehandelter Wolle zu bemerken. Das Angebot war sichtbar, wenn auch deutlich hinter dem der schon angesprochenen modernen Nepalteppiche. Kein Thema waren dagegen die lange Zeit omnipräsenten Patchwork-Teppiche. Nur wenige Aussteller zeigten diese Produktgruppe. Der Boom der letzten 20 Monate ist wohl am treffendsten mit dem Begriff "Strohfeuer" zu bezeichnen. Kein Strohfeuer, aber trotzdem mittlerweile kaum mehr gefragt sind Shaggies. So günstig diese Teppiche in Indien auch herzustellen sind - die Maschinenweber in der Türkei oder Europa sind noch günstiger und sowohl mit den Farben als auch den gewünschten Qualitäten am Puls der Zeit. Das haben die indischen Hersteller erkannt und arbeiten deshalb stark an einem Trading-up.

Von Hand gefertigte Billig-Teppiche dürften mittlerweile der Vergangenheit angehören. Auch wenn die Preise sich in den letzten Monaten stabilisiert haben und nicht mehr so extrem nach oben schnellen, wie in den letzten zwei Jahren, lohnt es sich kaum noch, absolute Einstiegspreislagen von Hand zu knüpfen. Auch verschärft sich die Problematik, geeignete Knüpfer zu finden von Monat zu Monat. Spannend wird zu beobachten sein, wie sich Flachgewebe in der nächsten Zeit entwickeln. Sie könnten die preisliche Lücke zwischen den maschinengewebten und handgeknüpften Teppichen gut schließen.

Insgesamt zeigten über 200 Hersteller ihre Entwicklungen auf der ICE. Eine Beteiligung mit der die Organsiationen vom CEPC, insbesondere der neugewählte Präsident Siddhanath Singh und CEPC Geschäftsführer Shiv Kumar Gupta, sehr zufrieden waren. Hätte mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung gestanden, wären sogar noch mehr Anbieter nach Delhi gekommen. Es gab trotz zusätzlich aufgebauter Zelte eine Warteliste. Als größter Kritikpunkt der Messe wurde sowohl von den Ausstellern, als auch den Besuchern der Termin genannt. Mitte Februar sei zu dicht an den wichtigen Messen in Europa und USA, insbesondere der Domotex in Hannover. Auch ist Februar ein sehr wichtiger Monat für den Verkauf, was es dem Handel zusätzlich schwer macht, sich auf den Weg nach Indien zu machen. Die nächste ICE findet Mitte Oktober in Varanasi statt.




Interview mit Siddhanath Singh (Präsident CEPC) und Vinu Sharma (Inhaber Obeetee).


Carpet XL: Was unterscheidet die India Carpet Expo von anderen Messen?

Siddhanath Singh: Die India Carpet Expo ist eine Messe, auf der ausschließlich indische Hersteller handgefertigter Teppiche ihre Ware zeigen. Das CEPC als Veranstalter sorgt mit sehr günstigen Preisen für die Stände dafür, dass es sich auch kleine Anbieter leisten können, hier auszustellen. Außerdem sorgen wir mit Einladungen für wichtige Einkäufer dafür, dass auch kaufkräftige Besucher auf die Messe kommen.

Vinu Sharma: Die große Zahl an Ausstellern der ICE spiegelt die Leistungsfähigkeit der indischen Hersteller wider. Die Produzenten haben die Möglichkeit hier zeigen, was sie können.

Carpet XL: Indien ist seit einigen Jahren das wichtigste Herstellungsland für handgeknüpfte Teppiche. Wie beurteilen Sie die Aussichten für die Zukunft?

Sharma: Zum Ersten ist es mir wichtig festzustellen, dass Indien nicht das bedeutendste Teppich-Herstellungsland geworden ist, weil hier so viele Menschen leben oder weil Indien ein armes Land wäre. Es liegt vielmehr daran, dass Inder am flexibelsten auf die Bedürfnisse des Marktes reagiert haben.

Singh: In Indien werden alle Arten handgefertigter Teppiche hergestellt. Moderne genauso wie klassische, günstige ebenso wie luxuriöse. Diese sehr große Bandbreite ist ein großer Vorteil auch in der Zukunft. Wenn Sie hier durch die Hallen gehen, werden Sie sehen, das für alle Stilrichtungen und alle Preisgruppen Produkte zu finden sind.
aus Carpet Magazin 02/12 (Wirtschaft)