Bundeslehrlingswart Heinz Brehm
Lehrlingsausbildung große Herausforderung für unseren Berufsstand
Zum jetzigen Zeitpunkt herrscht in allen Gewerken und im Handel Vollauslastung. Entsprechend hat jeder Auszubildende die besten Möglichkeiten, seinen Wunschberuf später auch auszuüben. Dazu stehen viele Unternehmen wirtschaftlich so gut da, dass sie sich den "Luxus" einer guten Ausbildung leisten können.
Ein Problem besteht dabei allerdings: In unseren Gewerken hat es noch nie genügend qualifizierten Nachwuchs gegeben. Meine Erfahrungen stützen sich auf meine Tätigkeit als Prüfungsabnehmer für Parkettleger ab 1960 und meine Tätigkeit als Lehrlingswart ab 1978. Seit mehreren Jahrzehnten habe ich die Parkettlegerausbildung also intensiv begleitet. Wenn ich die Prüfungsergebnisse über diesen Zeitraum vergleiche, stelle ich einen beständigen leichten Abwärtstrend fest.
Woran liegt das? Meiner Meinung nach kann dieses Phänomen nicht allein der Berufsvorbereitung durch die Schulen zugeordnet werden. Auch das Elternhaus spielt dabei eine entscheidende Rolle: Im Schnitt sinkt die Belastbarkeit der Auszubildenden stark, Kritik ist schwer zu verkraften. Das gilt natürlich nicht für alle; wir haben auch immer wieder sehr gute Nachwuchskräfte. Und trotzdem fehlt es unserer Branche entscheidend an Schreinern, Tischlern und Zimmerern - und an jungen Leuten, die sich für diese Ausbildungen interessieren. Bei Berufs- und Ausbildungsmessen ist das immer wieder zu erkennen. Mein Eindruck ist auch, dass unsere Berufe bei der Agentur für Arbeit kaum bekannt sind oder nur als Notlösung angeboten werden.
Damit stehen unser Verband und ich vor der Herausforderung, das Berufsbild zu verbessern, es weg vom "schmutzige Hände-Image" zu bringen und unsere Arbeit attraktiver zu gestalten. Entscheidend ist dabei die Frage, was sich in der Ausbildung bisher geändert hat, was noch geändert oder weiterentwickelt werden muss. In der Zeit bis 2002 hat sich mit der Einführung der Lernfeldausbildung bereits vieles getan: Der Berufsschulunterricht orientiert sich jetzt an technischen Arbeitsabläufen. Wenn es im fachtheoretische Unterricht beispielsweise um Untergrundvorbereitung, Mehrschichtparkettverlegung oder Sockelleisten geht, werden die Themenbereiche Mathematik, Befestigungstechniken sowie Holz- und Oberflächenkunde praxisnah integriert. Diese Spezialisierung sollte meiner Meinung nach vorangetrieben werden.
Mit Bedauern verfolge ich dagegen die Pläne des Bundesministeriums für Arbeit, die Lehrzeit für rund 350 Berufe zu verkürzen. Dadurch hat es unsere Branche im Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern immer schwerer.
Haben Sie schon bemerkt, dass fast schon eine "Jagd" auf neue Azubis im Gange ist? Alles, was meint, Rang und Namen zu haben, wirbt mit ganzen Seiten in der Tagespresse. Ich sehe hier allerdings die Gefahr, aufgrund des Lehrlingsmangels die Aufnahme- und Prüfungsvoraussetzungen zu weit unten anzusetzen. Denn: Wenn wir von unseren Lehrlingen keine erstklassige Arbeit mehr verlangen, schaden wir damit letztlich dem Image des Handwerks.
Als ebenfalls problematisch sehe ich die geringe Vergütung von 425 EUR im ersten Ausbildungsjahr. Da wenden sich Interessierte schnell ab - gerade die Begabteren, die auch in anderen Zweigen problemlos unterkommen können. Nur mit 550 EUR Lehrlingsgeld aufwärts hat unsere Branche Chancen auf Lehrlinge mit Potenzial.
Zum Schluss noch ein paar Zahlen: Es gibt 940.000 selbstständige Betriebe, davon bilden nur 230.000 aus. Sprich: Bloß ein Drittel der Betriebe sorgt für neue Fachkräfte, investiert Zeit und Geld in diese Aufgabe. Darum plädiere ich für einen Fonds, in den alle Betriebe einen bestimmten Betrag einzahlen. HWK und IHK können weitermelden, wer tatsächlich ausbildet; diese Betriebe würden dann steuerlich begünstigt. So einfach wärs.
Zum 25-jährigen Bestehen des ParkettMagazins übermittele ich die herzlichsten Glückwünsche. Diese Glückwünsche sende ich auch im Namen unserer Fachbuchautoren, die insbesondere bei der Arbeit an ihren Werken eng und erfolgreich mit den Machern des ParkettMagazins zusammengearbeit haben. Auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit!
aus
Parkett Magazin 05/12
(Wirtschaft)