Interview mit Dr. Wolfgang Ehmann und Joachim Barth
"Von Neuerungen im Arbeits- und Umweltschutz profitiert das Handwerk"
Der Stand der Arbeitssicherheit bei der Oberflächenbehandlung in Deutschland ist hoch. Der Parkett- und Bodenleger muss sich aber an neue Produkte gewöhnen. Diese Entwicklung wird angetrieben durch die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation and Autorisation of Chemikals). Dadurch wird die Emission der Produkte systematisch verringert. ParkettMagazin sprach darüber mit Dr. Wolfgang Ehmann, Loba/CTA, und Bundesinnungsmeister Joachim Barth.
ParkettMagazin: Die ständig steigenden Anforderungen an Arbeits- und Umweltschutz haben auch Auswirkungen auf das Handwerk. Wie gehen die Betriebe damit um?
Joachim Barth: Bei allem Verständnis für die Verbesserungen beim Arbeits- Umwelt und Verbraucherschutz müssen unsere Betriebe solche Bemühungen als bürokratische Belastung und insbesondere als Kostenfaktor sehen. Darüber entlädt sich dann der Frust des Handwerksbetriebs, der Vertragspartner des Auftraggebers ist und letztlich für alles haftet. Ich kann nicht immer vom Neubau ausgehen, wo nur zugelassene Stoffe zum Einsatz kommen. Der Renovierungsbereich spielt dabei eine viel größere Rolle. Bei Verlegung auf Altuntergründen beispielsweise können Wechselwirkungen von Inhaltstoffen mit denen der neu aufgebrachten Schichten auftreten, wodurch die Gefahr der Verbrauchergefährdung denkbar ist. Das hat bis heute niemand erforscht. Altschichten sind Eigentum des Auftraggebers, der hat damit ein Problem. Geht der Handwerker da rauf, macht er das Problem schnell zu seinem. Ich empfehle daher jedem Handwerker, Altschichten kompromisslos zu entfernen.
Dr. Wolfgang Ehmann: Von Neuerungen im Arbeits- und Umweltschutz profitiert das Handwerk. Früher war der Verarbeiter hohen Lösemittelbelastungen ausgesetzt. Heute können wir mit schadstoffarmen Wasserlacken und lösemittelfreien Ölen mehr oder minder alle Anwendungsbereiche abdecken. Dadurch ist auch der Verleger ganz deutlich entlastet.
ParkettMagazin: Tangieren die REACH-Richtlinien das Handwerk in der täglichen Praxis?
Barth: Nein, eigentlich nicht. Es setzt die Richtlinien ja nicht um, sondern verarbeitet Produkte, die aufgrund von Bestimmungen verändert wurden. Das tangiert dann den Handwerker, weil mit der Veränderung von Produkten meist auch Eigenschaften verändert wurden. REACH befasst sich im Übrigen auch mit den Auswirkungen von Produkten unter verschiedenen Bedingungen. Ich möchte das am Beispiel von Ceranfeldreinigern erklären. Die Kennzeichnung auf der Verpackung ist relativ flapsig. Das Produkt in der Flasche ist flüssig und erstmal in Ordnung. Was passiert aber, wenn der Reiniger auf einem warmen Ceranfeld verdampft? Das weiß niemand und das soll erforscht werden.
Dr. Ehmann: Bei REACH ist der Handwerker ein klassischerweise nachgeschalteter Anwender. Er sollte sich eine Stoffliste zulegen und muss wissen, mit welchen Stoffen er umgeht. Ein wesentliches Ziel von REACH ist die sichere Verarbeitung von Chemikalien vom Hersteller bis hin zum Endkunden. Da gibt es Informationspflichten von oben nach unten sowie von unten nach oben. Daher muss der Handwerker Informationen über einen Stoff, der Probleme macht, weiterleiten, sowohl in Richtung der Industrie als auch zum Endkunden.
Barth: Jeder ordentliche Handwerksbetrieb hat eine Gefährdungsbeurteilung der Stoffe vorliegen, die er verwendet. Dazu ist er nach der Gefahrstoffverordnung und nach der Arbeitsschutzverordnung verpflichtet. Das interessiert viele Trittbrettfahrer aber nicht, die aus Sicht des Endkunden günstiger anbieten als viele Fachbetriebe. Aber, Sie wissen ja, für ca. 35 EUR kann sich jeder einen Gewerbeschein kaufen, sich zum Beispiel Parkettleger nennen und wird auf die Menschheit losgelassen. Der Fachbetrieb leidet oft darunter, dass solche Leute Produkte falsch verarbeiten und es dann Reklamationen gibt, die zum Imageverlust für die ganze Branche führen können.
ParkettMagazin: Achtet der Handwerker darauf, nur bauaufsichtlich zugelassene Produkte einzusetzen? Welche Risiken geht er ein, wenn er nicht zugelassene Produkte einbaut?
Barth: Neun von zehn ausgelieferten Parkettpaketen tragen heute noch kein CE-Zeichen und die Etiketten entsprechen nicht den umfangreichen Vorgaben der Normen. Dies obwohl die Pflicht zum Hinweis auf die Konformität schon neun Jahre alt ist. Meist fehlt damit der Hinweis auf das Vorliegen der bauaufsichtlichen Zulassung. Der Handwerker darf nur Material verarbeiten, dass bauaufsichtlich zugelassen ist. Macht er das nicht, läuft er Gefahr, dass ihm die Arbeit nicht abgenommen wird. Ob für ein Material eine allgemeinde bauaufsichtliche Zulassung besteht, kann in der Bauregelliste nachgelesen werden. Die ist auf der Internetseite des DIBt zu finden. Die Verarbeitung eines nicht bauaufsichtlich zugelassenen Produktes stellt zunächst eine Ordnungswidrigkeit dar. Im Wiederholungsfall gilt das dann schon als Straftat. Reklamiert ein Auftraggeber z. B. eine Geruchsbelästigung und Messungen ergeben eine Gesundheitsgefährdung oder gar Körperverletzung, wird der Handwerker obendrein noch schadensersatzpflichtig, abgesehen vom Rückbau und allen damit verbundenen Kosten.
Dr. Ehmann: Sollten noch Produkte ohne bauaufsichtliche Zulassung zum Einsatz kommen, muss der Kunde darauf hingewiesen werden. Das kann noch vereinzelt bei einigen älteren Produkten der Fall sein. Der Kunde muss dann entscheiden, ob er das Produkt verarbeiten will oder nicht. Für lösemittelhaltige PU-Lacke gilt jetzt schon: Sie bekommen keine Zulassung. Loba beantragt generell für stark lösemittelhaltige Produkte keine neuen Zulassungen.
Barth: In dem Zusammenhang gibt es natürlich einen ganz großen Misstand. Es geht um stark lösemittelhaltige Klebstoffe, die sowohl von der überwältigenden Mehrheit der Handwerksbetriebe als auch von der Berufsgenossenschaft gar nicht mehr akzeptiert werden. Das DIBt ignoriert diese Forderungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die neue TRGS formuliert unter anderem, dass es überhaupt keinen Grund mehr gibt, stark lösemittelhaltige Klebstoffe einzusetzen. Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, dass die halbstaatliche Institution DIBt die berechtigten Belange der gesetzlichen Berufsgenossenschaften einfach ignoriert. Wenigstens ein entsprechender Hinweis auf der Zulassung wäre hier angezeigt, besser noch ein komplette Ablehnung der Zulassung. Auch wenn das mit den stark lösemittelhaltigen Klebstoffen bereits Geschichte ist, es gibt etliche Beispiele aus dem Bereich der Oberflächenbehandlungsmittel, z.B. bei den Ölen.
Dr. Ehmann: Es gibt eine Subsitutionspflicht. Es sollen, wo es geht, schadstoffarme Produkte eingesetzt werden. Dem hat das DIBt nicht Rechnung getragen, wenn es stark lösemittelhaltige Stoffe zulässt, für die es es schadstoffärmere Alternativen gibt. Die Zulassungspflicht gibt es aber noch nicht so lange. Daher neigen manche Parkettleger noch immer dazu, ihre gewohnten Produkte einzusetzen.
ParkettMagazin: Sollte der Handwerker wegen der neuen Vorgaben einen engeren Kontakt zur Gewerbeaufsicht suchen?
Barth: Nein, da weckt man nur die berühmten schlafende Hunde. Die Leute brauchen wir nicht, um unsere Arbeiten mit zeitgemäßen Produkten zu erledigen; es sei denn, es geht um notwendige Ausnahmeregelungen. Die Gewerbeaufsicht könnte aber einiges tun, um schwarzen Schafen das Handwerk zu legen.
Arbeitssicherheit von Ölen und Lacken
ParkettMagazin: Stichwort Lösemittel: Welcher Anteil an Lösemitteln ist immer noch nötig, um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten?
Dr. Ehmann: Öle lassen sich gänzlich ohne Lösemittel formulieren. Ganz ohne Lösemittel geht es bei Wasserlacken noch nicht, sofern man die AgBB-Definition, nach der auch schwerflüchtige Lösemittel erfasst werden, zugrunde legt. Wasserlacke lassen sich aber mit weniger als 5 % Lösemittel formulieren. Ein etwas höherer Lösemittelgehalt kann sich positiv auf die Verarbeitungssicherheit bei extremen Bedingungen auswirken. Nahezu alle Wasserlacke haben aber einen Lösemittelgehalt unter 10 %.
Barth: Wassersiegel werden fälschlicherweise als sehr umweltfreundlich verkauft. Diese Art von Verkauf ist abmahnfähig. Um den Umweltschutz einzuhalten, darf Wasserlack zum Beispiel nicht ins Grundwasser gelangen, das er sonst schädigen kann. Lösemittel wirken sich übrigens negativ auf die zulässigen Transportmengen von Materialgebinden in Firmenfahrzeugen aus.
ParkettMagazin: In welchen Lacken für Holzfußböden muss noch mit Lösemitteln gerechnet werden und was bedeutet das für Arbeitssicherheit und Gesundheit der Handwerker? Ist auch noch mit Auswirkungen für den Endverbraucher zu rechnen?
Dr. Ehmann: Praktische Bedeutung haben neben Wasserlacken nur noch Öl-Kunstharzlacke. Hier ist der Lösemittelanteil nach der "Lösemittelhaltige Farben und Lack-Verordnung" auf unter 500 g pro Liter begrenzt, dass heißt, die Lacke können immer noch zur Hälfte aus Lösemitteln bestehen. PU- und SH-Lacke sind praktisch ganz verschwunden. Der Anteil der Wasserlacke ist hingegen gewaltig gewachsen. Innerhalb der CTA-Mitglieder liegt er schon bei fast 90 %. Ferner werden immer noch stark lösemittelhaltige Fugenkittlösungen und Hartwachsöle eingesetzt, obwohl es schadstoffarme Alternativen gibt. Grund ist die leichtere Verarbeitung und schnellere Trocknung der Altprodukte.
Barth: Das Handwerk kann über die Entwicklungen der letzten Jahre froh sein. Schließlich stellen die jetzt noch erforderlichen Lösemittelanteile in den Materialien nur noch Bruchteile von einstigen dar und die Tendenz geht eindeutig weiter nach unten.
Dr. Ehmann: Bei Ölen gibt es noch Produkte mit Lösemitteln. Auch lösemittelfreie Öle enthalten Sikkative und Hautverhinderungsmittel. Bei der oxidativen Trocknung von Ölen kommen zudem auch Spaltprodukte vor. Für den Endverbraucher gilt: Den emissionsfreien Beschichtungsstoff gibt es grundsätzlich nicht. Die Verbesserung der Raumlufthygiene steht aber immer mehr im Fokus. Niedrigsiedende Lösemittel belasten den Endverbraucher wenig, weil sie schnell abklingen. Hochsiedende Lösemittel entlasten den Verarbeiter, belasten aber den Endverbraucher, weil sie nicht so schnell abklingen. Die bauaufsichtliche Zulassung garantiert dabei die Einhaltung von Emissionsgrenzen.
ParkettMagazin: Ist mobile UV-Härtung ein Thema? Welche Risiken sind damit verbunden?
Barth: Gegen UV-Strahlung gibt es geeignete Mittel wie Schutzbrillen und entsprechende Kleidung. Ein betriebswirtschaftliches Problem sehe ich im Hinblick auf Kosten und Nutzen, weswegen das System nicht als Komplettersatz für alle bisherigen zu sehen ist, sondern Probleme in speziellen Fällen löst.
Dr. Ehmann: Dieses neue Verfahren steht noch ganz am Anfang der Entwicklung. Ziel ist, die von der industriellen UV-Beschichtung bekannten Eigenschaften der hohen Kratz- und Abriebfestigkeit auch auf die Versiegelung im Objekt zu übertragen. Vorteile sind die lösemittelfreie Formulierung sowie die unmittelbare, uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit nach der Aushärtung. Da ist der Boden bereits abnahmefähig. Das Hauptrisiko liegt sicherlich im Arbeitsschutz. Augen und Haut werden durch energiereiche UV-Strahlung geschädigt. Auch wenn bei den heutigen mobilen Strahlungseinheiten kein Ozon gebildet wird und die Aushärtung ganz überwiegend mit UV-A und UV-B-Strahlung erfolgt, ist für entsprechende Schutzkleidung und Schutzbrillen zu sorgen. Bei der Anwendung ist zu beachten, dass es zu einer sehr starke Wärmeentwicklung durch die Lampe kommt, die das Parkett schädigen kann. Es muss daher geschultes Personal eingesetzt werden.
ParkettMagazin: Was empfehlen Sie ihren Mitgliedern bei der Entsorgung ölgetränkter Verarbeitungsmaterialien (Pads etc.), um Selbstentzündung zu vermeiden? Gibt es hierzu Vorschläge der Industrie?
Barth: Das Thema ist bekannt und gelöst. Am besten ist, diese Materialien unter Luftabschluss und nass zu halten. Pads und Lappen werden auf einer Art Wäschetrockner aufgelegt. Für Transporte ist Nasshaltung geboten.
Dr. Ehmann: Das Problem tritt nur auf, wenn Wärme, die entsteht, nicht abgeführt werden kann.
ParkettMagazin: Stichwort vorbeugender Brandschutz: Welche Brandschutzklasse lässt sich derzeit im Lack- und Ölbereich erzielen?
Dr. Ehmann: Die Mindestanforderung an Bodenbeläge für die bauaufsichtiche Zulassung ist die Klasse Efl-s1, normal entflammbar. Mit herkömmlichen Lacksystemen wird in der Regel die Klasse Dfl-s1 erreicht. Das entspricht Klasse B2 nach DIN 4102, also normal entflammbar. Spezialsysteme mit Brandschutzadditiven erreichen die Klasse Cfl-s1 oder B1 nach DIN 4102, also schwerentflammbar. Eine weitere Erhöhung ist mit transparenten Beschichtungen im Innenbereich schwierig. Mit den Spezialsystemen soll die Brandklasse des Untergrunds verbessert werden. Bei handwerklich verarbeiteten Ölen gibt es bisher keine Möglichkeiten, die Brandklasse des Untergrunds sicher zu verbessern.
ParkettMagazin: Stichwort Rutschhemmung: Findet der Handwerker bei allen denkbaren Oberflächen auch die passende Rutschhemmung? Gibt es da Bedarf für weitere Produktbeschichtungen?
Barth: Bis zur Abnahme ist das alles kein Thema. Bereits die Bauschlussreinigung aber kann das geforderte und erbrachte Ergebnis vernichten. Rutschhemmung muss ausdrücklich ausgeschrieben werden. Vom Handwerker ist zum Beispiel R9 nur dann zu erbringen, wenn auf der Fläche üblicherweise mit dem Auftreten von gleitfördernden Flüssigkeiten zu rechnen ist. Dazu zählen zum Beispiel Parkettflächen in Kantinen nicht, auch wenn da ab und zu Flüssigkeiten verschüttet werden. Das Problem mit der Rutschhemmung liegt nicht in der Fertigstellung der Oberfläche, sondern in der Nutzung. Manche Gebäudereinigungsfirma, die nur Cents für die Reinigung erhält, setzt entsprechend billige Reinigungsmittel ein, weswegen da kaum eine ausreichende Rutschhemmung mehr erwartet werden kann.
Dr. Ehmann: Rutschunfälle sind ein großes Thema. Deshalb hat die gesetzliche Unfallversicherung ein Bewertungskonzept für die Rutschhemmung entwickelt. Danach gilt bei allen Nutzungsarten ein Gleitreibungsbeiwert nach DIN 51131 von kleiner 0,3 als nicht ausreichend rutschhemmend, von 0,30 - 0,44 als rutschhemmend und über 0,45 als uneingeschränkt betriebstauglich. Mit einer Lackierung wird zumindest mehr als 0,3 erreicht, mehr als 0,45 ist ebenfalls möglich. Bei Arbeitsstätten gilt die DIN 51130, die nach Vorgaben der Berufsgenossenschaft die Rutschhemmung in Klassen einteilt. Mit speziellen Lacken, die in der Regel ein Strukturmittel enthalten, lassen sich hier die Klassen R9 und R10 erreichen.
ParkettMagazin: Wie hoch ist der gegenwärtige Marktanteil von Lacken und Öl/Wachs?
Barth: Ich schätze das Verhältnis lackierter zu geölter Fläche auf etwa 50 : 50.
Dr. Ehmann: Wir schätzen den Anteil der Öle auf etwa ein Drittel der Gesamtfläche. Bezogen auf die verbrauchte Menge ist er natürlich wesentlich geringer. Nachdem die geölten Flächen in den letzten Jahren ständig zugenommen haben, scheint es jetzt wieder eine Trendwende hin zur Lackierung zu geben. Die Pflegeaufwand für geölte, insbesondere für farbig geölte Böden ist eben hoch.
ParkettMagazin: Wird es hier Verschiebungen geben? Mit welchen Weiterentwicklungen rechnen Sie?
Barth: Von der Optik her kann ich mir trendige Entwicklungen wie ultramatte Oberflächen mit abriebfesten Lacken vorstellen. Der Endverbraucher wird irgendwann auch wieder glänzende oder glatte Oberflächen bevorzugen, anstelle von gebürsteten usw. Meist folgen die Oberfächen dem Trend, den die Möbelindustrie einläutet. Derzeit sind wir zu den dunklen Farben unterwegs.
Dr. Ehmann: Bei den Wasserlacken werden Lösemittel und somit Emissionen weiter reduziert. Bei Ölen und Öl-Kunstharzsiegel wird sich die Entwicklung auf die Substitution des kürzlich als krebserregend eingestuften Hautverhinderers Butanonoxim konzentrieren. Die Bauberufsgenossenschaft plant bereits einen Giscode für butanonoxim-freie Produkte. Ferner wird erwartet, dass Kobalttrockner, also kobalthaltige Sikkative, künftig ebenfalls als krebserregend eingestuft werden. Somit müssen auch diese Stoffe kurzfristig ausgetauscht werden. Die Substitution dieser Stoffe ist keinesfalls einfach und wird viel Entwicklungsarbeit fordern.
Arbeitssicherheit bei Pflege und Reinigung
ParkettMagazin: Welche Erfahrungen haben Sie mit Arbeitssicherheit bei Einsatz von Pflege- und Reinigungsmitteln?
Barth: Negative Erfahrungen gibt es lediglich bei lösemittelhaltigen Pflegemitteln wie Polish etc. Die verändern den Gleitreibungsbeiwert und machen den Boden gefährlich glatt. Je mehr Staub abgleiten kann, umso besser ist es aber für die Pflegewirkung. Die Regel sollte daher sein: So stumpf wie möglich, aber auch so schmutzabweisend wie möglich.
Dr. Ehmann: Reinigungs- und Pflegemittel werden häufig vom Endkunden angewandt. Dies wird bei der Entwicklung berücksichtigt und auf den Einsatz von Gefahrstoffen so weit als möglich verzichtet. Reinigungskonzentrate sind aber in der Regel als reizend zu kennzeichnen, in der Anwendungskonzentration jedoch kennzeichnungsfrei. Lösemittelhaltige Produkte werden künftig mehr und mehr durch lösemittelfreie Alternativprodukte abgelöst.
ParkettMagazin: Wohin geht die Entwicklung bei Pflege- und Reinigungsmitteln in den nächsten fünf Jahren?
Dr. Ehmann: Mit Zunahme des Fertigparketts mit der ausgelobten hohen Kratz- und Abriebbeständigkeit ist die Bereitschaft zur Verwendung von schichtbildenden Pflegemitteln zurückgegangen. Es gibt einen Trend hin zur Wischpflege. Hinzu kommt, dass bei der Pflege öffentlich genutzter Böden oftmals kein Geld für eine nasschemische Grundreinigung mehr vorhanden ist. Und bei geölten Oberflächen ermöglichen neuere Entwicklungen die Substitution der Lösemittel.
Arbeitssicherheit allgemein
ParkettMagazin: Gibt es weitere Gefährdungspotenziale bei der Oberflächenbeschichtung?
Barth: Bei besonders abriebfesten Lacken werden Nano-partikel eingesetzt. Für die gibt es keine Filter und keine Atemschutzmasken und es gibt dahingehende Bedenken. Bestätigen die sich, sehe ich ein Problem auf uns zukommen.
Dr. Ehmann: Der Anteil von Parkettlacken mit Nanopartikeln ist sehr gering. Die Effekte der Nanopartikel sind eigentlich nicht messbar. Und die gefährlichen Verfahren wie Räuchern vor Ort und Heißwachsen werden nicht mehr eingesetzt. Will man allerdings besondere Effekte erreichen, kann auf Gefahrstoffe nicht völlig verzichtet werden. Reaktivbeizen sind dafür ein Beispiel.
ParkettMagazin: Sind alle Arbeitsgeräte und Elektrowerkzeuge, die der Parkett- und Bodenleger einsetzt, aus Ihrer Sicht sicher? Sehen Sie Nachholbedarf? Sind eigentlich Schleifstäube in Fachkreisen noch ein Thema?
Barth: Nachholbedarf sehe ich nicht. Die Geräte müssen alle entsprechend gekennzeichnet sein. Der Elektro-Check ist einmal pro Jahr zu veranlassen. Unsere Betriebe sind entsprechend aufgeklärt und halten sich daran. Schleifstäube sind auch kein Thema mehr. Auch die Gefährlichkeit der Selbstentzündung von Schleifstäuben ist bekannt.
ParkettMagazin: Wie werden Geräte und Materialbehälter richtig entsorgt? Sind die Versiegelungshersteller bei der Entsorgung behilflich?
Barth: Das verhält sich analog zu ölgetränkten Lappen. Für Materialbehälter gilt: Die Reste müssen ausgetrocknet sein.
Dr. Ehmann: Die Entsorgung von Leergebinden ist über das duale System mit dem grünen Punkt gut geregelt. Für die Entsorgung von Flüssigprodukten wird im Sicherheitsdatenblatt eine Abfallschlüsselnummer angegeben, die die Art der Entsorgung vorgibt.
ParkettMagazin: Was erwarten Sie von der Industrie, um die Arbeitssicherheit zu erhöhen?
Barth: Die Industrie ist sehr gut unterwegs, moderne, möglichst lösemittelfreie Produkte herzustellen. Man muss immer wieder den Dialog führen. In unserem Land haben wir einen sehr hohen Level an Arbeitssicherheit. Aber es gibt sehr große Unterschiede zwischen aufgeklärten und nicht aufgeklärten Handwerksbetrieben. Hier leisten Innungen vorbildliche Arbeit.
Dr. Ehmann: Jede Neuentwicklung birgt ein gewisses Risiko für den Verarbeiter. Daher erhoffen wir uns eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Handwerk, um ein optimales Produkt zu entwickeln. Handwerk und Industrie haben das gleiche Interesse, Parkett weiter nach vorn zu bringen.
aus
Parkett Magazin 05/12
(Wirtschaft)