Dr. Frank Steffel sieht Unternehmer in der Pflicht

"Der Mittleständler ist ein gesellschaftliches Vorbild"


Für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch die Unternehmer des Mittelstandes sprach sich Dr. Frank Steffel auf der GHF-Tagung aus. Der Inhaber der gleichnamigen Großhandelsgruppe betrachtet das als wesentliches Element, das Vertrauen der Bürger in den Staat, Europa und den Euro wieder zu gewinnen. Alle drei seien wichtige Grundlagen für eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte in Deutschland.

Einen eindringlichen Appell, Verantwortung zu übernehmen und Orientierung zu geben, richtete Dr. Frank Steffel in seiner Rede mit dem Thema "Europa braucht Eliten - Unternehmen in der Pflicht" an die versammelten Unternehmer. Nötig sei dies, weil die aktuelle Krise in Europa eine Vertrauenskrise sei, abzulesen an den hohen Zinsen, zu denen die angeschlagenen Länder Kredite aufnehmen müssten, sagte der Inhaber der Steffel-Gruppe und CDU-Bundestagsabgeordnete. Auch die Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung sei groß. Vor dem Hintergrund einer rasanten Globalisierung, Technologisierung und gesellschaftlicher Veränderung erreichten die gesellschaftlichen Institutionen die Bürger immer weniger. Das führe nicht mehr allein zu Politikverdrossenheit: "Die Menschen stellen mittlerweile das demokratische System und die soziale Markwirtschaft an sich in Frage", so seine Feststellung.

Dagegen aktiv anzugehen, sei die gesellschaftliche Verantwortung des deutschen Mittelstands, und zwar nicht von Managern und Lobbyisten, sondern Firmeninhabern wie die überwiegende Mehrheit seiner Zuhörer. "Das bedeutet Orientierung zu geben und Führung zu übernehmen." Statt sich in den Unternehmen zu verkriechen, müsse man sich engagieren, beispielsweise an Schulen mit Jugendlichen sprechen oder im örtlichen Lions-Club aktiv werden.

Gleichzeitig stehe jeder Unternehmer in der Pflicht, für Demokratie, soziale Markwirtschaft, EU und den Euro zu werben. Denn die europäische Einheit, so zerbrechlich sie momentan auch erscheine, sei eine wesentliche Bedingung für den Wohlstand in Deutschland. 66% der deutschen Exporte gingen nach Europa, davon 80% in den Euro-Raum. "Deswegen werde ich nicht müde zu betonen: Der Euro ist unsere Währung. Wir müssen zu Europa stehen", so Steffel.

Zudem sei der Binnenwert des Euro nicht so schlecht, wie oft behauptet. Zwischen seiner Einführung 2002 und heute habe es im Schnitt eine jährliche Inflation von lediglich 1,6% gegeben. Der Wert der D-Mark sei hingegen zwischen 1948 und 2001 um 2,6% per annum gesunken.

Wenn weiterhin 25% des Welt-Bruttosozialproduktes in Europa entstehen oder 51% des deutschen Bundeshaushalts für den Bereich Soziales ausgegeben werden sollten, müsse man die Wettbewerbsfähigkeit steigern und Reformen vorantreiben. Und dazu gehöre eben auch, das Vertrauen wieder herzustellen: "Vor allem die Überwindung der herrschenden Vertrauenskrise ist unsere Aufgabe - ist Aufgabe der Unternehmer." Das schaffe man durch vorbildliches Verhalten. Dazu passten weder astronomisch hohe Managergehälter wie die jährlich 17Mio.EUR für den VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, noch dass ein Mittelständler den Restaurantbesuch mit der Familie als Geschäftsessen deklariere. So etwas bekämen die eigenen Leute im Unternehmen irgendwann mit und daraus entstehe das genaue Gegenteil von Vertrauen.

Ein drängendes Problem speziell für die Heimtextilien-Branche sieht Frank Steffel beim Thema Ausbildung und Nachwuchs. "Unsere Branche ist für junge Leute nicht attraktiv. Wenn wir das nicht ändern, bekommen wir ein Problem. 2025 werden wir Prognosen zufolge 8Mio.Erwerbsfähige weniger haben als heute. Der Kampf um die besten Köpfe hat bereits begonnen", mahnte er.
aus BTH Heimtex 11/12 (Wirtschaft)