Vorwerk: Johannes Schulte zur Entwicklung textiler Beläge
Fliegender Teppich? Oder wo die Reise in der Bodenarchitektur hingeht
Der amerikanische Zukunftsforscher Ray Kurzweil sagt voraus, dass Computer in etwa 20 Jahren so klein wie Blutzellen sein werden. Wenn das zutrifft, ist eins sicher: das Leben der Menschen wird sich in vieler Hinsicht verändern und noch mobiler sein als je zuvor. Tätigkeiten wie Wohnen, Arbeiten, Reisen werden noch weiter miteinander verschmelzen können. Bedürfnisse ändern sich. Eine Antwort auf die mobile Gesellschaft werden multifunktionale Welten und Architekturen sein. Dafür werden wandlungsfähige Interior-Produkte gebraucht, mit denen immer wieder flexibel die passende Raumatmosphäre kreiert werden kann. Wie also sieht dann künftig die Bodenarchitektur aus? Die klassische, rein funktionale Objektware wird bald ausgedient haben, denn die strikte Trennung zwischen Objekt und Wohnen wird sich immer mehr aufheben. Der Trend lässt sich schon jetzt wunderbar an Hoteleinrichtungen ablesen, denn die Zimmereinrichtung gestaltet sich immer mehr wie ein zweites Zuhause. Es geht also nicht mehr ums bloße Übernachten, sondern um das Wohlgefühl, Geborgenheit. Um Wohnlichkeit, Behaglichkeit und Wärme zu kreieren, spielen textile Bodenbeläge eine immer größere Rolle. Insbesondere in der Hoteleinrichtung kommt ihnen ein weiterer wichtiger Vorteil zugute: sie sind enorm schalldämpfend gegenüber Holz- oder Steinböden.
Casual meets professionalMit der Entwicklung der Freiformfliese geht Vorwerk bereits Wege, die dem Wunsch nach neuer Flexibilität und Individualität in der Einrichtung gerecht werden. Die Kollektion "Scale Living" von Hadi Teherani etwa umfasst drei faszinierende Fliesenformen, die ganz individuell zu jeder denkbaren Gesamtform zusammengefügt werden können. Dieses System an Materialien - Textil, gebürsteter Edelstahl und echtes Leder -, Oberflächen und Farben bietet einen Spielraum für die Kreation von Teppichformen und -mustern, wie man ihn bisher nicht kannte. Der speziell beschichtete Rücken sorgt dafür, dass die Fliesen auf glatten Untergründen wie Laminat, Stein oder Keramik von selbst haften - und auch ganz leicht wieder abgenommen werden können. So lassen sich immer wieder neuartige, flexible Formen kreieren, ohne dass dabei spezielle Kenntnisse oder Werkzeuge nötig wären.
Scale Living ist ein Produkt, das schon jetzt zu unserem dynamischen Lifestyle perfekt passt: Das Wohnen an einem Ort wird kurzlebiger, schnell muss man seine Sachen wieder packen und woanders hinziehen - Scale Living macht das problemlos mit. Andere Situation: Unser Wohnzimmer muss zum Büro umfunktioniert werden. Die Fliesen neu arrangiert, mit ein paar anderen Farben oder Materialien kombiniert, kreiert man ganz unkompliziert ein neues Raumgefühl. Insofern ist Scale Living der neue Maßstab für individuelle Bodenkreationen, der die flexible Umgestaltung ausgewählter Zonen und Bereiche erlaubt, egal ob casual oder professionell.
Mit Scale Living lässt sich die eingangs angesprochene Flexibilität, die sich auf das Verschmelzen von Wohnsituationen bezieht, noch weiter in die Zukunft denken: Dann nämlich bleibt der Teppich nicht nur Teppich, sondern könnte auch vom Boden zur 3D-Skulptur, also zum Möbel werden, dank neuester Materialien und Herstellungstechniken.
Der Ich-TeppichBewegungen wie DIY (Do it Yourself) oder auch das "Maker Movement" (Hobbybastler und Techniktüftler, die sich weltweit im Internet organisieren, um alltagstaugliche Produkte herzustellen) zeigen einen weiteren Kurs auf: Nämlich dass Menschen - je anonymer, entfremdeter und globaler die Massenproduktion geworden ist - immer mehr an der Gestaltung ihres eigenen Lebensraums wieder teilhaben wollen. Neueste Technologien, CNC, 3D-Printer etc. machen es ja auch möglich, höchst individualisierte Produkte herzustellen oder zumindest Einfluss auf ihre Gestaltung zu nehmen. So wäre es beispielsweise vorstellbar, dass Vorwerk-Kunden ihre eigenen Teppich-Muster und Farbwünsche einschicken, die dann in den Teppich nach Maß eingewebt oder gedruckt werden. Oder dass ein Teppich, der einem nicht mehr gefällt, wieder neu bedruckt wird. Es werden sicherlich gut ausgebaute, flexible und kreative Serviceangebote sein, die wir den Kunden künftig bieten müssen, so wie es sich bereits in den Mode- und Interior Accessoire-Branchen abzeichnet.
Teppiche werden knallgrünGleichzeitig wird das Thema Umweltverträglichkeit eine immer größere Rolle spielen: Aus welchen nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kokos und Rizinusöl lassen sich Bodenbeläge noch herstellen? In Sachen Nachhaltigkeit nimmt der Teppichhersteller Vorwerk seit langem eine Vorreiterrolle ein: Eco Balance nennt Vorwerk seine Programmatik, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte der Nachhaltigkeit in einen symbiotischen Kontext setzt. So trägt Vorwerk Teppich schon jetzt alle wesentlichen deutschen Öko-Produktlabel, zahlreiche internationale, renommierte Signets wie HQE und Green Label plus sowie soziale und gesundheitsrelevante Zertifikate. Wir müssen Bodenarchitektur neu denken: Wie können Ressourcen sinnvoll eingespart werden ohne die emotionalen Bedürfnisse nach Wohnlichkeit oder Veränderung zu vernachlässigen? Auch hier ist die selbsthaftende Freiformfliese Scale Living ein geeignetes Beispiel.
Intelligente TeppicheNeu denken heißt natürlich auch, die Miniaturisierung der Technik zu nutzen. Da wo es schlau ist, sie in Produkte zu integrieren. Vorwerk hat 2007 das Konzept Thinking Carpet auf der Orgatec vorgestellt. Damals war die Idee, dass Chips und LEDs zur Steuerung von Alarm, Klima oder Wegeleittechnik eingebaut werden. Davon ist Vorwerk wieder ab. Die Zeiten und Bedürfnisse ändern sich. Aber der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: Intelligente Teppiche, die per Knopfdruck die Farbe wechseln beispielsweise, wären eine ideale Lösung, um für Abwechslung im Ambiente zu sorgen oder auch für Räume, die multifunktional genutzt werden.
Durch den Technologiefortschritt wird es aber künftig auch möglich sein, neue Hightech-Materialien wie etwa das federleichte Carbon, das etwa im Fahrradbau benutzt wird, für die Teppichherstellung einzusetzen. Und vielleicht wird der Teppich dann auch irgendwann fliegen
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FussbodenTechnik 06/12
(Wirtschaft)