Handwerksverbände fordern Stärkung der dualen Ausbildung

Mindestqualifikation für Berufe des Bodenbaus

Der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF), der Bundesverband Estrich und Belag (BEB) sowie der Zentralverband Raum und Ausstattung (ZVR) haben die Bundesregierung dazu aufgerufen, den Fehlentwicklungen im Hinblick auf die aktuelle Markt- und Ausbildungssituation im Bodenhandwerk entschlossen entgegenzutreten. Verantwortlich sei der Wegfall der Meisterpflicht durch die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004. Abhilfe versprechen sich die Verbände vom Gesellenbrief als Mindestqualifikation zur Ausübung der von ihnen vertretenen Handwerksberufe. BTH Heimtex druckt das Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler im Wortlaut ab.


Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Rösler,

die duale Ausbildung ist weltweit in aller Munde. Viele Staaten der Welt haben erkannt, dass diese Art der Ausbildung vielfältige Vorteile bietet und versuchen, diese zu kopieren. Das Handwerk bildet dabei in Deutschland eine tragende Stütze dieses erfolgreichen Modells.

Unsere Verbände repräsentieren (mit Stichtag 31.12.2011) 37.937 Betriebe (25.457 Raumausstatter, 7.209 Parkettleger und 5.271 Estrichleger), die in den Handwerksrollen eingetragen waren. Im Jahr 2001 waren dies in unseren drei Gewerken 12.844 Betriebe (9.505 Raumausstatter, 1.635 Parkettleger und 1.704 Estrichleger); im selben Jahr betrug der Stand der Lehrlinge zusammen 5.568 (4.240 Raumausstatter, 1.052 Parkettleger und 276 Estrichleger). Im Jahr 2011 machten insgesamt 3.060 (2.175 Raumausstatter, 752 Parkett- leger und 133 Estrichleger) Lehrlinge eine Ausbildung in einem dieser drei Berufe. Dies bedeutet einen Rückgang um fast die Hälfte aller Lehrlinge bei einem Anstieg um mehr als 150% der eingetragenen Betriebe. Dieser immense Rückgang der Lehrlingszahlen kann nicht nur mit der demographischen Entwicklung begründet werden. Einschneidendes und entscheidendes Kriterium dabei war die Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004 und der dadurch begründete Wegfall der Meisterpflicht für die Anlage-B-Gewerke.

Dieser Sachverhalt hat darüber hinaus zu einem eklatanten Rückgang der Meisterprüfungen geführt. Im Jahr 2001 haben noch 388 Personen (254 Raumausstatter, 92 Parkettleger und 42 Estrichleger) in den 3 Gewerken ihre Meisterprüfung abgelegt; im Jahr 2009 waren es noch 105 (60 Raumausstatter, 38 Parkettleger und 7 Estrichleger).

Laut der letzten Studie der OECD zu diesem Thema fehlt es in Deutschland im Gegensatz zum Rest der Welt an Hochqualifizierten. Mitglieder Ihrer Regierung stellen fest, dass an diesem Punkt gearbeitet werden müsse. Auch hat explizit der Meisterbrief im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung positive Erwähnung gefunden. Ihr Ziel sei es, diesen zu stärken.

Wir fordern die Stärkung und Erhaltung der dualen Ausbildung. Wir appellieren an Sie, Ihre Aussage zum Meisterbrief wahrzumachen. Dabei fordern wir nicht die Rückführung unserer Gewerke in die Anlage A. Vielmehr wünschen wir uns eine Mindestqualifikation in Form des Gesellenbriefs für die Handwerksberufe. Nur wer selbst eine fundierte Ausbildung genossen hat, kann dieses Wissen im Wege der dualen Ausbildung weitergeben.

Die eingangs dargelegten Zahlen beweisen, dass die Betriebe, die sich seit der Handwerksnovelle in unserem Gewerk haben eintragen lassen, nicht ausbilden. Im Jahr 2011 wurde seit 1995 erstmals wieder eine Handwerkszählung durch die statistischen Landesämter in Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden durchgeführt. Durch diese Unternehmensregisterauswertung kam etwas Bemerkenswertes zutage: Mit Stand 31.12.2009 gab es demnach 18.425 Betriebe in unseren drei Gewerken (12.892 Raumausstatter, 3.910 Parkettleger und 2.888 Estrichleger) in Deutschland. Ihnen dürfte bekannt sein, wie sich diese erhebliche Diskrepanz von fast 20.000 Betrieben zu den Rolleneintragungen erklären lässt. In unserem Handwerk sind Nebenbetriebe nicht üblich. Deswegen ist nahezu der einzige Grund, dass Betriebe, deren Jahresumsatz unter 17.500 EUR pro Jahr lag, nicht mitgezählt wurden. Ein solcher Betrieb bildet nicht aus, schafft keine Arbeitsplätze und dem Betriebsinhaber droht Altersarmut. Somit sind die Ziele der Handwerksnovelle nicht erreicht worden.

Hinzu kommt, dass diese Betriebe ohne fachliche Qualifikation eine Gefahr für Bauherren und Auftraggeber bedeuten. Zwar besteht bei einer Schlechtleistung ein Anspruch gegen den unfachmännischen Betrieb, jedoch ist bei einem solch geringen Jahresumsatz verbunden mit mangelnder kaufmännischer Ausbildung die Durchsetzung eines solchen Anspruches oft zweifelhaft.

Dementsprechend dürfte es im Interesse der Bundesregierung liegen, über Änderungen in diesem Bereich nachzudenken. Daher fordern wir Sie auf, eindeutige Fehlentwicklungen der Handwerksnovelle zu beseitigen und eine Mindestqualifikation für die Anlage-B-Gewerke einzuführen.

Mit freundlichen Grüßen
aus BTH Heimtex 12/12 (Wirtschaft)