Interview mit Andreas Pfetsch, Impulsgeber für "Die Zukunft unter uns"
"Der Boden gehört zum Leben wie der Himmel"
Andreas Pfetsch ist Schreinermeister, Betriebswirt und Inhaber von ap35, einer Agentur für Architekturmarketing und Kommunikation mit Dependancen in Ulm, München und Zürich.
BTH Heimtex: Herr Pfetsch, was bedeutet Boden für Sie?Andreas Pfetsch: Kein Mensch macht sich über den Boden Gedanken. Wir setzen uns nur mit dem Boden auseinander, wenn dieser beim Gehen besondere Reize aussendet oder außergewöhnlich gestaltet ist. Ansonsten gehört der Boden einfach zum Leben - wie der Himmel.
BTH Heimtex: Wie gehen Sie mit Boden in Ihrer täglichen Arbeit um?Pfetsch: In der Architektur geht es beim Boden zunächst um die Gestaltung - und um die Frage, was man mit ihm bewirken will. Danach werden die Gestaltungsmerkmale bestimmt, mit welchen auf dem Boden gearbeitet wird. Ebenso ist seine spätere Nutzung wichtig und welche Eigenschaften er dafür aufweisen muss. Dabei betrachtet man den Boden im Zusammenspiel mit den erforderlichen Raumelementen.
BTH Heimtex: Was wäre im Bereich der Materialien noch denkbar?Pfetsch: Das Material könnte sich vielleicht an die Jahreszeiten anpassen. Im Winter würde der Boden Wärme abgeben und im Sommer müsste er den Raum kühlen. Der Boden könnte mir im Frühling die Frühlingsgefühle vermitteln und im Herbst müsste er die aufkommende depressive Herbststimmung dämpfen können. Der Fußboden könnte sich sogar an das Tageslicht anpassen. So wie sich die Natur verändert, könnte sich auch der Boden verändern. Das ist zwar ziemlich abstrakt gedacht, aber ich nehme gerne die Natur als Beispiel.
BTH Heimtex: Gibt es in der Architektur momentan Trends, die bewusst den Boden einsetzen?Pfetsch: Der Architekt Jürgen Mayer H. formt bei seinen Konzepten praktisch fließend aus dem Boden heraus Stauräume und sämtliche Einrichtungsgegenstände. Dadurch entstehen morphologisch gestaltete Dimensionen und dem Raum wird eine ganz neue Qualität verliehen; alles ist aus einem Guss. Dem Boden wurde eine neue Eigenschaft gegeben und er ist nicht mehr nur die Basis für die Einrichtungsgegenstände.
Es gibt ein Pilotprojekt des Fraunhofer Instituts, bei dem der Mensch über Sensoren im Boden quasi begleitet wird. Wenn man durch einen Raum läuft, wird man vom Licht und sogar der Musik begleitet. Das ist ein Beispiel, bei dem schon bewusst weiter gedacht wurde.
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BTH Heimtex 01/13
(Wirtschaft)