Jahrestagung der Deutschen Heimtextilien-Industrie: Johannes Schulte zurück an der Spitze
Neue Ideen, neue Leistungen und neues Selbstbewusstsein
Nach zweijähriger Unterbrechung hat die Jahrestagung des Verbandes der Deutschen Heimtextilien-Industrie Johannes Schulte wieder zu ihrem Vorsitzenden gewählt. In dieser Zeit hat sich die Organisation intern verändert und ihren Service ausgeweitet. Das kommt an bei den Mitgliedern, wie die gut besuchte Veranstaltung beweist. Neben dem erweiterten Dienstleistungsangebot ging es in Wuppertal um den neuen Außenauftritt des Verbandes. Das alles beherrschende Thema war allerdings der Umgang mit den steigenden Energiekosten.Gut 70 Teilnehmer trafen sich Mitte November in Wuppertal zu der im Zwei-Jahresrhythmus stattfindenden Mitgliederversammlung des Verbandes der Deutschen Heimtextilien-Industrie. Erwartungsgemäß wurde Johannes Schulte (Vorwerk Teppich) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Für ihn ist es die dritte Amtszeit, stand er doch schon bis 2010 vier Jahre lang an der Spitze des VDHI. Der bisherige Verbandsvorsitzende Bernd Kout (Gebr. Munzert) hatte sich nach der erneuten Kandidatur Schultes nicht mehr zur Wahl gestellt und stand auch für andere Ämter nicht mehr zur Verfügung.
Bestätigt wurden Justus Schmitz (Schmitz-Werke) als stellvertretender Vorsitzender und Harald Cleven als Schatzmeister. Weitere Vorstandsmitglieder sind Andreas Heydasch (Müller-Zell), ebenfalls Sprecher der Fachgruppe Deko, Gardine und Möbelstoffe, Klaus D. Kremers (Paradies), nach wie vor Sprecher der Fachgruppe Bettwaren, Markus Schoeller (Anker-Teppichboden) und Peter Schwartze (kooptiert). Johannes Schulte fungiert auch als Sprecher der Fachgruppe Teppichindustrie.
Die Führungsriege des Verbands war mit der guten Beteiligung an der Jahrestagung sichtlich zufrieden. "Es sind mehr Mitglieder gekommen als 2010", resümierte Johannes Schulte am Rande des festlichen Abendessens. "Dieses breite Interesse zeigt, dass wir mit unseren Themen und der gesamten Veranstaltung den Nerv der Unternehmer getroffen haben."
Thema Energiekosten im MittelpunktIn den Sitzungen der Fachgruppen wurden neben Verbandsrichtlinien und Fragen zu Normen und Textilkennzeichnung auch die neuen Dienstleistungsangebote des Verbandes hinsichtlich Arbeitssicherheit und Energiemanagement thematisiert. Dazu passte ein Grußwort, das Herbert Reul als Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament an die versammelten Industrievertreter richtete und in dem er sich durchaus kritisch gegenüber der eigenen Partei zeigte. Bei den Maßnahmen zur Energiewende seien Fehler gemacht worden. Die einseitige Belastung deutscher Hersteller müsse durch Anreize zur Energiewende in Gesamteuropa beendet werden.
Denn es sind vor allem die steigenden Energiepreise, die die deutsche Heimtextilien-Industrie zum Handeln zwingen. Ihr Verband unterstützt sie dabei festzustellen, wie und wo der Verbrauch gesenkt und damit Kosten eingespart werden können. "Das kann man über die systematische Erfassung von Einsparpotentialen, über Effizienzsteigerung und optimierten Stromeinkauf erreichen', hieß es dazu von Verbands-Geschäftsführer Martin Auerbach. "Die Verbrauchsspitzen müssen gekappt, der Stromverbrauch gleichmäßig verteilt werden. Energiemanagement-Systeme helfen, Schwachstellen zu finden sowie Leerlaufzeiten und nötige Investitionen zu ermitteln.'
Der Verband bietet Energieberatung und Bestandsaufnahmen, er berät zu Einsparmöglichkeiten, ermittelt die Potentiale und informiert alle interessierten Unternehmen über die ab 2013 geltenden Regelungen zum Ökosteuerspitzenausgleich. Mitgliedern vorbehalten ist die auditsichere Einführung von Energiemanagement-Systemen. Diese Leistungen erbringt der VDHI mit eigenem, also textil-erfahrenem Personal.
Durchwachsenes Jahr für die BrancheDie intensive Beschäftigung mit Möglichkeiten zur Kostensenkung auf der Tagung dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Branche 2012 ein äußerst durchwachsenes Jahr erleben musst. "Angesichts der rezessiven Konjunkturen vieler, vornehmlich südlicher EU-Länder können wir uns in Deutschland mit einem moderaten Plus von geschätzt 0,8% noch vergleichsweise glücklich schätzen", charakterisierte Johannes Schulte die momentanen Rahmenbedingungen. "Aber unsere Wirtschaft wir durch die Eurokrise mittlerweile erheblich belastet."
Gab es zum Jahresauftakt 2012 für die Heimtextilien-Industrie nach den erfolgreichen Leitmessen Heimtextil und Domotex noch Umsatzwachstum, drehte die Entwicklung im Jahresverlauf ins Gegenteil. Besonders das 3. Quartal blieb deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Dass die deutschen Hersteller vornehmlich in den Euroraum exportieren, erwies sich in dieser Situation als Nachteil. Das Auslandsgeschäft konnte die Nachfrageschwäche im Inland nicht mehr ausgleichen.
Besonders weit hinter den Erwartung zurückgeblieben sind textile Bodenbeläge. Bei Deko- und Möbelstoffen fielen die Einbußen moderater aus; Gardinen hätten sich sogar positiv entwickelt, war in Wuppertal zu erfahren. Für Bettwaren gebe es angesichts eines gut angelaufenen vierten Quartals immerhin einen Hoffnungsschimmer.
Gerade in solch schwierigen Zeiten können die Unternehmen von den Serviceangeboten und dem Zusammenhalt in einem Industrieverband profitieren, gab sich Schulte überzeugt. Er sieht den VDHI als einen starken Partner der Mitglieder, woran auch sein Vorgänger erheblichen Anteil habe: "Bernd Kout hat während seiner Amtszeit den mit dem Wechsel der Geschäftsführung Ende 2009 eingeschlagenen Weg intensiv und mit viel Herzblut begleitet. Dass der Heimtex-Verband heute da steht, wo er ist, haben wir zu einem großen Teil seinem Engagement zu verdanken", würdigte er die Arbeit des scheidenden Vorsitzenden.
Dass sich der VDHI verändert hat, wird man demnächst auch durch ein neues Logo nach außen tragen: "Heimtex" wird dort die ebenso kurze wie eingängige Bezeichnung des Verbandes lauten, verbunden mit dem Motiv eines filigranen textilen Gebildes. Damit wird das im Lauf der Zeit auch optisch in die Jahre gekommene Verbandssignet abgelöst. Mit dem knackigen Claim "Gut beraten. Eng vernetzt." soll die Kernkompetenz des Verbandes griffig auf den Punkt gebracht werden.
Im Rahmen der Jahrestagung konnte auch ein erster Blick auf die neu gestaltete Webseite geworfen werden. "Wir haben ein sehr klares, aufgeräumtes Design gewählt, die offene und moderne Formsprache soll Zeichen setzen', erläuterte dazu Martin Auerbach. Das passt zur Zielrichtung, die Johannes Schulte für die ganze Branche ausgegeben hat: "Wir müssen noch intensiver daran arbeiten, die Vorzüge und vor allen Dingen die Attraktivität des Produktes mit seinen vielfältigen Zusatznutzen dem Verbraucher und dem Entscheider im Objekt zu vermitteln.'
Unterhaltsam und gleichzeitig lehrreich wurde es schließlich beim Vortrag von Prof. Dr. Peter Witt, Inhaber des Lehrstuhls für Technologie- und Innovationsmanagement an der Bergischen Universität Wuppertal. Seine Frage "Innovationsmanagement in mittelständischen Unternehmen - geht das?" beantwortete er gleich selbst mit einem eindeutigen Ja. "Wer kein Innovationsmanagement betreibt, geht unter und verschwindet vom Markt", lautet sein Credo. Es gehe dabei nicht nur um bahnbrechende Erfindungen, sondern meist um praktische Aspekte wie die Erhöhung des Kundennutzens oder die Senkung von Produktions- und - da schließt sich der Kreis - Energiekosten.
Trotz der kaufmännischen Notwendigkeit würden Innovationen nicht von allen begrüßt. Es gebe oft Widerstand in den Unternehmen. "Aber wenn man einen Tümpel trocken legen will, darf man nicht den Frosch fragen', so Witt. Stattdessen gelte es, auf fachlich kompetente Mitarbeiter zu setzen, die auch in Alternativen denken könnten. Und es lohne sich, den Kontakt zu Universitäten und Hochschulen zu suchen, wo in diese Richtung geforscht werde.
aus
BTH Heimtex 01/13
(Wirtschaft)