GD Holz: Industrie, Handel und Handwerk an einem Tisch
Wettbewerb der Vertriebsschienen im Holzmarkt
Schlägt künftig Vermarktungskompetenz Holzkompetenz? Ist der konventionelle Holzfachhandel, so wie er heute agiert, bald Legende? Oder provozierend gefragt: Brauchen wir ihn überhaupt noch? Wenn ja, was muss er tun, um Zukunft zu haben? Diesen und weiteren existenziellen Fragen ging auf Initiative des GD Holz eine hochkarätig besetzte Expertenrunde auf den Grund. Im nachfolgendem Beitrag werden die Kernaussagen des Gesprächs in komprimierter Form wiedergegeben.Sichere, zukunftsfähige Versorgungskonzepte für das (holzverarbeitende) Handwerk auf Basis eines leistungsfähigen Holzgroßhandels - in kaum einer Branche verändern sich die Anforderungen und Rahmenbedingungen aktuell so dramatisch. Schwarzarbeiter, Selbermacher und auch Handwerker kaufen im Baumarkt ein oder im Online-Shop. Alle informieren sich im Internet über die niedrigsten Preise. Die Logistikdienstleister erobern einen Markt nach dem anderen. Und wenn Holz etwas handlicher wäre, würde es wohl auch im Versandhauskatalog stehen. Der Wettbewerb ist nicht nur schärfer geworden, sondern auch anders und vielschichtiger. Es tummeln sich so viele Player wie nie zuvor auf dem angestammten Markt des Holzfachhandels.
Neuer Wettbewerb
Wer ist eigentlich der "neue" Wettbewerb des traditionellen Holzfachhandels und worauf hat er sich einzustellen?
Das Internet veränderte grundlegend das Informationsverhalten. Der Wegfall der Meisterpflicht in vielen Gewerken führte zu einer problematischen "Betriebsvermehrung" im ausführenden Gewerbe. Die Überwindung der Wirtschaftsgrenzen hatte einen neuen Wettbewerb aus Billigländern und damit eine Veränderung des eingespielten Preisgefüges zur Folge. Die Erfindung von Fertigparkett und Klicklaminat bereitete den Baumärkten den "Boden". Die Amazonisierung des Beschaffungswesens verändert permanent die klassischen Geschäftsbeziehungen. Und der Einstieg von Logistikdienstleistern in den Versorgungsmarkt Holz verschiebt den Fokus von der handwerklichen Qualität auf Lieferschnelligkeit und Verfügbarkeit.
Kein Geschäft ohne Marge
Ist der Massenmarkt das Geschäft des Holzfachhandels? Zielsegment Premiumkunden? Wo ist Zuwachs zu erwarten?
Das Billigsegment mit Massengeschäften ohne Marge ist jedenfalls nicht das Geschäft des Fachhandels. Denn hier muss die Industrie über Baumärkte ein Preissegment anbieten, das durch mindere Qualität und Importe aus Billiglohnländern für diesen Massenmarkt geprägt ist.
Fachhandwerk und Fachhandel aber brauchen das Geschäft im mittleren und Premiumsegment mit hohem Anspruch an Design und Beratung. Diese Zielgruppe wächst als Folge der demographischen Entwicklung, die kaufkräftige Kundengruppen bringt. Schon jetzt landen rund 76 % der Renovierungsausgaben in Deutschland beim Profi (GfK). Das gilt für alle Bereiche des Holzhandels, vor allem aber für den Bereich Bodenbelag, der zur Zeit bei hochwertigen Renovierungen ab 5.000 EUR die Nr. 1 ist. In enger Zusammenarbeit mit dem Handwerk bieten sich für den Fachhandel hervorragende Chancen.
Starke Marken für Premiumkunden
Braucht Premiummarke Premiumpartnerschaft? Die Kombination von Industrie + Fachhandel + Fachhandwerk macht alle Beteiligten zu Profiteuren. Das heißt Vorverkauf der Premiummarke durch die Industrie, Lieferung durch den qualifizierten Handel, Verlegung durch das leistungsfähige Handwerk, im Objektbereich gegebenenfalls mit Komplettlösungen in gewerkübergreifender Kooperation.
Wer sich zum Premiumkunden hin orientiert, kann nur auf starke Marken setzen, weil bei dieser Zielgruppe Sicherheit gefragt ist. Entscheidend ist hier die Frage: Wie hält es die Industrie mit dem Fachhandel? Kann sie mit ihren Online-Shops selbst zum Händler werden, oder braucht sie Partner für ihre Premiummarken? Hier kann es nur eine Antwort geben: Die "natürlichen" Partner sind der Holzfachhandel und das Fachhandwerk. Sie sind es doch, die für das "Grundrauschen" im Markt sorgen, von dem die Industrie lebt. Es gibt gute Beispiele dafür, dass die Distribution einer Marke quer durch die Vertriebskanäle, möglicherweise sogar noch über mehrere Preisstufen hinweg, dieser Marke nicht immer gut tut, jedenfalls dann, wenn unterschiedliche Preise schlecht argumentiert werden.
Messlatte für den Wettbewerb gemeinsam höher hängen
Was sind die besonderen Stärken des Holzfachhandels? Wie kann er seinen Vorsprung ausbauen? Ganz oben an steht die Einsicht, dass Fachhandel und Fachhandwerk eine Erwerbs- und Gewinngemeinschaft sind. Der Fachhandel hat anderen Wettbewerbsformen vieles voraus, was nicht einfach abgekupfert werden kann: seine ausgezeichnete Fachkompetenz, seine Präsentation vor Ort und sein hohes Maß an Rundumdienstleistung im Detail. Mit dieser Leistung kommen weder Baumärkte noch Online-Händler noch Logistikdienstleister mit - es sei denn, sie lassen sich auf die gleiche Beratungs- und damit Kostenstruktur wie der Fachhandel ein, und dann haben sie im Wettbewerb ganz schlechte Karten.
Was den Holzfachhandel aber vor allem auszeichnet, ist der enge Schulterschluss mit dem Handwerk. Er kann seine eigenen Stärken mit denen des Handwerks verknüpfen. Das heißt vor allem: Er muss dem Handwerkspartner ein echter Marketingpartner sein. Das setzt das Handwerk in die Lage, auf seinen Märkten einen Vorsprung zu schaffen und auszubauen.
Der Markt erwartet Innovationen
Wer ist Innovationstreiber? Wer spürt Trends auf? Der Markt will Innovationen, Dafür ist in erster Linie die lndustrie zuständig: Sie ist der Innovationstreiber Nr. 1. Der Holzhandel erfüllt diese Funktion hinsichtlich Verfügbarkeit und Logistik sowie bei der Präsentation dieser Produktneuheiten. Als Trendscout beim Endkunden setzt das Holzhandwerk Maßstäbe - und dem Internet fällt diese Rolle bei der digitalen Information zu. Dabei hat es die Holzbranche in Sachen Innovation natürlich schwerer als zum Beispiel die Möbelindustrie, weil immobile Güter wie Holz im Innenausbau sehr viel höhere "Halbwertzeiten" haben. Entscheidend: Gerade in der Erwerbsgemeinschaft wird der "Vorsprung durch Innovation" für den Endkunden nachhaltig erkennbar und erlebbar.
Holz ist Öko
Stimmt der Anspruch "Holz und Öko"? Wie können wir nachhaltiges Bauen mit Holz verankern?Holz ist das Paradebeispiel für nachwachsende Rohstoffe mit dem positiven Image als umweltgerechter Baustoff in Neubau und Sanierung sowie mit seinen besonderen bauphysikalischen Vorzügen. Wenn der Anspruch Öko irgendwo akzeptiert ist, dann bei Holz, das eben im Gegensatz zu manchen Wettbewerbsbaustoffen auch mit Blick auf das Umweltbundesamt und das Deutsche Institut für Bautechnik nicht damit rechnen muss, zum "Gefahrstoff" erklärt zu werden.
Der Premiumkunde, und hier besonders "Frau", will heute den Nachweis sehen, dass die Hölzer zum Beispiel aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen, und sie erwartet natürlich vom Handwerker den Verzicht auf problematische Inhaltsstoffe wie Holzschutzmittel. Denn der Sympathieträger Holz trifft in erster Linie auf die emotional gesteuerten Themen Lebensraumgestaltung, Wohlfühlfaktor und Wohngesundheit.
Wie heute Kaufentscheidungen laufen
Trends und Emotionen virtuell vermarkten? Wie geht "weibliche" Kundenansprache?
Was die permanente Kommunikation der eigenen Mehrwertleistung betrifft, müssen Handel und Handwerk noch nachlegen. Die Herausforderung ist, relevante Medien ebenso offensiv in Anspruch zu nehmen, wie es zum Beispiel die Baumärkte praktizieren. Das Naturprodukt Holz spricht die Sinne an und muss entsprechend erfahren werden. Wo ist das besser möglich als beim Holzfachhandel? Als Profi für die emotionale Präsentation am POS lässt er mit hochwertigen Ausstellungen beim zahlungskräftigen Kunden Ideen entstehen - und vermittelt ihn dann zu demjenigen, der sie umsetzt: der Fachhandwerker.
Es reicht dem Holzfachhandel keineswegs, besser zu sein. Es kommt darauf an, dass er besser kommuniziert als der Wettbewerb. Es gilt, Erlebniswelten zu vermitteln - emotional - und trotzdem die technische Argumentation nicht zu vernachlässigen. Das heißt an erster Stelle, diejenigen anzusprechen, die über die Gestaltung der eigenen Wohnwelt letzten Endes entscheiden - die Frauen. Sich auf diese Entscheider einzustellen, das lernt man weder auf der Meisterschule noch in der kaufmännischen Ausbildung. Hier müssen die Kommunikationsprofis ran.
Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick
-
Nur Holz- + Vermarktungskompetenz ist auf Dauer erfolgreich.
-
Unschlagbar: Das Duo Fachhandel und Fachhandwerk als Erwerbsgemeinschaft - und als Mehrwertpartner der Industrie.
-
Holz ist Emotion pur und muss sinnlich verkauft werden - nicht Preise sind zu kommunizieren, sondern Erlebniswelten - auch über die virtuelle Ausstellung beim Kunden.
-
Trend ist, was Frau will.
- Das
Massengeschäft ohne Marge ist nicht Domäne des Fachhandels. Auch der Online-Handel ist im Premiumbereich (noch) nicht ergebnisträchtig.
- Die
Branche benötigt Innovationstreiber: Die Markenindustrie für Produktqualität und Prozessflexibilität, den Holzfachhandel für Verfügbarkeit, Logistik und Präsentation, das Holzhandwerk als Trendscout im Markt, das Internet für Information.
- Nur über den
Fachhandel lassen sich auf Dauer
starke Marken positionieren.
- Es gehört
Mut dazu, im Markt
unterschiedliche Preise zu machen.
-
Fachhandel: Nicht nur Spezialist für Beschaffung und Lagerhaltung, sondern für Dienstleistung von Schulungen über Versicherung und Finanzierung bis zum Partnermarketing. Er muss permanent in die Aus- und Fortbildung der eigenen Mitarbeiter investieren.
- Am
Ende gewinnt nicht, wer besser ist, sondern
wer besser kommuniziert als der Wettbewerb.
aus
Parkett im Holzhandel 01/13
(Wirtschaft)