Domotex + BAU Bodenbeläge

LVT bleiben im Trend, die BAU auch

Uneinheitlicher könnte die Stimmung in der Bodenbelagsbranche nicht sein. Während die Anbieter von Designbelägen weiter auf der Erfolgswelle schwimmen, müssen die Hersteller von Teppichboden große Umsatzeinbußen hinnehmen. Die übrigen Beläge kämpfen um Aufmerksamkeit. Der traditionsreiche Teppichbodenhersteller Vorwerk sieht sich sogar veranlasst, jetzt auch elastische Beläge anzubieten. Egal ob Lieferant textiler oder elastischer Produkte: Die Industrie versteht es insgesamt immer besser, ihre Sortimente in Lebens- und Stilwelten zu vermarkten. Das freut den Handel, der seine Kunden damit zielgerichteter und emotionaler für Bodenbeläge begeistern kann.

Die Stimmung der Bodenbelagsaussteller auf den beiden großen Branchenmessen Domotex und BAU zu beschreiben, fällt schwer. "Uneinheitlich" trifft es zwar, sagt aber noch nichts aus. So fühlten sich Unternehmen, die stark im Handel sind, auch in diesem Jahr in Hannover gut aufgehoben. Die Balta-Gruppe etwa trifft nach eigener Aussage an den vier Messe-Tagen auf der Domotex nach wie vor 90% ihrer Kunden. Dort kommen 50% der Besucher aus Groß- und Fachhandel.

Neidlos anerkennen muss man aber, dass das Objektgeschäft - zumindest alle zwei Jahre - auf der Münchner BAU stattfindet. Wer sich dazu in Hannover informieren wollte, wurde meist enttäuscht: Viele wichtige Hersteller, besonders aus dem elastischen Bereich, fehlten. Diejenigen, die da waren, klagten über zu geringe Besucherfrequenz am Stand. Die Zielgruppe wurde auch nicht in der erhofften Qualität angetroffen.

Das Objektgeschäft findet in München statt


In der bayerischen Landeshauptstadt zeigten hingegen alle wichtigen textilen und elastischen Hersteller von Objektware Flagge - und waren insgesamt guter Stimmung. Auf den interessant gestalteten Messeständen war zu sehen, was ihre Beläge hinsichtlich Farbe, Form und Funktion können. Und die Stände waren voll, Architekten, Planer und Objektentscheider vor Ort.

Zufriedene Gesichter gab es insbesondere bei den Anbietern von Designbelägen. Das Segment wächst nach wie vor enorm. Auch der Holzhandel hat die Produkte inzwischen in das Sortiment aufgenommen. "Wer LVT nicht verkauft, verliert Umsätze", brachte es Albert Waibel, Deutschland-Vertriebsleiter bei Tarkett, auf den Punkt.

Laut Branchenverband FEB ist der Markt für Designbeläge in Deutschland mittlerweile größer als der von homogenen und klassischen heterogenen Belägen zusammengenommen. Die Anbieter rechnen auch für 2013 mit Umsatzzuwächsen von bis zu 30%. Platzhirsche wie Objectflor und Project Floors gehen allerdings davon aus, zwar noch ordentlich zu wachsen, aber nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit. Es gehe in erster Linie darum, die Marktposition gegen die vielen anderen Anbieter zu halten.

Statt aus Asien zu importieren, wird vermehrt selbst produziert, und zwar in Deutschland und Europa. Deswegen werden allerorten Lagerkapazitäten ausgebaut, um Service und Lieferfähigkeit noch einmal zu erhöhen. An diesen Parametern werde sich im LVT-Markt in Zukunft die Spreu vom Weizen trennen, sind sich viele Industrievertreter einig. "Im After Sale-Service werden einem keine Verzögerungen verziehen", spitzte es ein Geschäftsführer zu.

Mittlerweile setzen Designbeläge nicht mehr nur Laminatböden zu, auch homogene und klassische heterogene PVC-Beläge, Linoleum und Teppichboden im unteren und mittleren Preisbereich verlieren an Flächen. Wobei auf den Messen auch zu hören war, dass mancher Anbieter den Trendbelag für Nutzungsbereiche anbiete, wo er aufgrund seiner Eigenschaften nicht funktioniere.

Abgepasste Teppiche statt Bahnenware


Nicht gerade unter Überhitzung leidet derzeit die Teppichbodenindustrie. Egal wen man fragte auf Domotex oder BAU, der Trend läuft einfach gegen textile Beläge - jedenfalls als Bahnenware. Von Umsatzeinbrüchen bis zu 30% war zu hören. Das betrifft sowohl deutsche als auch belgische und niederländische Hersteller. Die reagieren darauf unterschiedlich: Viele bauen ihr Sortiment abgepasster Teppiche enorm aus oder bieten gleich alle Produkte auch in abgepasster Form an. Dabei zeigen Firmen wie Anker, Best Wool Carpets, Object Carpet und Fletco - um nur einige zu nennen - viel Innovationskraft und Mut zu neuen Formen jenseits von Rechteck und Quadrat sowie trendige Dessins und kräftigen Farben. Hier zeigt sich eindrucksvoll, was Teppich(boden) leisten kann im Interior-Design.

Andere wiederum springen auf den Zug "Elastische Beläge". Teppichboden-Vorzeigeunternehmen Vorwerk zum Beispiel. Die Hamelner produzieren seit 130 Jahren Teppichboden und bieten jetzt den elastischen Belag Re/Cover green an. Die Bahnenware - von Windmöller aus 90% nachwachsenden Rohstoffen produziert - soll zum zweiten Standbein werden. Damit wappne man sich gegen alle Marktveränderungen der Zukunft, wie Johannes Schulte, Vorsitzender der Geschäftsführung von Vorwerk Teppich, auf der BAU formulierte.

Ein Trend war über alle Segmente hin zu beobachten: Immer mehr Anbieter ordnen ihre Produkte nicht mehr nur in Kollektionen ein; Lebens-, Design- oder Stilwelten bilden stattdessen eine Klammer um die Sortimente. Associated Weavers forcieren das bereits seit drei Jahren mit ihrer Lebenstil-Kollektion. Project Floors, Gerflor, Windmöller, Ideal, Jordan und andere ziehen nach beziehungsweise forcieren diese Emotionalisierung des Produktes.

Noch ein Blick auf die Entwicklung in Handel und Objekt, denn auch dort ist diese keinesfalls einheitlich. Während die robuste Konsumlaune der Deutschen bei den Vertriebsleitern für Zufriedenheit mit dem Handelsgeschäft sorgt, bereitet das Objektgeschäft hierzulande und europaweit Sorge. Obwohl die Schulden-Krise momentan ein Stück weit an Schrecken verloren hätte, würden seit November viele Objektentscheidungen aufgeschoben. In den ersten Wochen und Monaten des neuen Jahres würde sich entscheiden, ob das lediglich eine Flaute sei oder eine grundsätzliche Abschwächung des Marktes, hieß es auf den Messen.

Dabei bleibt Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema im Objekt. Vor allem die Umweltproduktdeklarationen (EPD), die mehr und mehr Firmen für ihre Sortimente vorweisen können, gewinnen an Bedeutung. Derartige Fortschritte hängen die Unternehmen marketingtechnisch aber nicht mehr unbedingt an die große Glocke. "Jetzt zählen tatsächliche Inhalte", beschreibt Findeisen-Geschäftsführer Stephan Naacke diese Entwicklung treffend.


Stimmen aus dem Handwerk


Josef Zagolla, Objekteur aus Köln
Mir hat die BAU super gefallen. Die wichtigen Produktgruppen waren alle vertreten und die Messe ist sehr übersichtlich.

Für mich ist die Domotex uninteressant geworden, weil ich Direktkunde bei der Industrie bin.

Manfred Krapp, Objekteur aus Essen

Auf der Domotex haben die Ankerpunkte für den Bodenleger gefehlt. Es gab zu wenig Zugpferde bei Verlegewerkstoffen, Werkzeugen und Bodenbelägen.

Für mich kann aber auch die BAU keine Alternative sein. Sie ist zu voll, zu laut. Intensive Gespräche zu führen, ist hier nicht möglich.
aus BTH Heimtex 02/13 (Wirtschaft)