Domotex 2013, Hannover

Auf Nummer sicher

Größtenteils zufrieden mit dem Verlauf der Domotex 2013 waren die Anbieter abgepasster Teppiche trotz gesunkener Besucherzahlen. Denn: Wer kam, der kaufte - in Ermangelung echter Neuheiten - vor allem bewährte Produkte.

Auf in die Hallen 14 bis 17", hieß es auf der Domotex in diesem Jahr für die Aussteller handgefertigter Teppiche. Nachdem die Nordhallen 19 bis 23 im Laufe des vergangenen Jahres geschlossen werden mussten, fand man dort eine neue Heimat. Wobei die für die Allermeisten gar nicht so neu gewesen sein dürfte, denn hier hatten die Anbieter klassischer Orientteppiche und moderner handgefertigter Teppiche schon bis vor vier Jahren ausgestellt.

Dieser (Rück-)Umzug ist gelungen: Die Orientierung war zumeist kein Problem und die Aufteilung der verschiedenen Hallenbereiche machte Sinn. Einziger Wermutstropfen: Die deutlich längere und im Januar äußerst ungemütliche Wegstrecke zu den Hallen 2 bis 4, wo ebenfalls viele Anbieter abgepasster Teppiche untergebracht waren.

Daran dürfte es aber nicht gelegen haben, dass die Zahl der Besucher auffällig zurückgegangen ist. Waren es in den letzten Jahren schon keine Menschenmassen, die durch die Hallen strömten, traf man jetzt noch einmal deutlich weniger Fachbesucher an den Ständen an. Trotzdem war die Stimmung auf den Ständen größtenteils gut. Wer gekommen war, wollte sich nicht nur informieren, sondern war gewillt, zu kaufen. Die Erwartungen vieler Aussteller wurden übertroffen. Ein großer Orientteppich-Importeur fasste die Messe denn auch so zusammen: "Wir hatten zwar deutlich weniger Besucher auf dem Stand, aber praktisch jeder der kam, hat auch etwas gekauft. Insgesamt sind wir sehr zufrieden."

Unter den Einkäufern gab es allerdings wenig Risikobereitschaft, man ging auf Nummer Sicher. Die Aussteller schienen das geahnt zu haben: Sie hatten fleißig an ihren Kollektionen gearbeitet, Muster und Farben angepasst - richtige Produktneuheiten waren jedoch leider selten.

Belgier haben aufgeholt

Für den Teppichhandel ist und bleibt der maschinell hergestellte Teppich eine wichtige - wenn nicht sogar die wichtigste - Säule im Sortiment. Besonders Hersteller aus der Türkei hatten in den vergangenen Jahren die Branche aufgemischt und mit sehr günstigen Preisen für sorgenvolle Gesichter bei den alteingesessenen Wettbewerbern aus Belgien gesorgt. Auf der Domotex 2013 sah die Situation aber etwas anders aus: Die Belgier - als Beispiel seien hier Ragolle und Balta Rugs genannt - haben sehr intensiv an ihren Produkten gearbeitet und sind vor allem mit ihren modernen Kollektionen gut im Geschäft. Die türkischen Anbieter befinden sich hingegen in einer Phase der Konsolidierung. Besonders aktive Unternehmen wie Merinos und Lalee konnten ihre Marktposition ausbauen, andere mussten Federn lassen. Prominentestes Beispiel ist Kasmir Hali, deren deutsche Tochtergesellschaft geschlossen wird. Auf dem Messestand konnte niemand darüber Auskunft geben, wie das Unternehmen den europäischen Markt jetzt bearbeiten wird.

Der Trend geht bei maschinell hergestellten Teppichen weiter weg vom Shaggy hin zu Frisee-Qualtitäten. Immer wichtiger wird außerdem flachgewebte Ware. Diese Entwicklung ist übrigens auch bei anderen Produktgruppen festzustellen. Die Hersteller von Webmaschinen haben sich auf diesen Trend eingestellt. Sowohl Van de Wiele als auch Schönherr zeigten Maschinen für Flachweb-Teppiche, die den Designern viel Spielraum geben. Bei klassisch-orientalisch gemusterten Webteppichen gewinnen Qualitäten an Bedeutung, deren Rücken von einem Knüpfteppich nicht zu unterscheiden ist.

Ebenfalls ein produktgruppenübergreifendes Thema ist der Natur-Look - ob dicke, melierte Garne in Natur- und Erdfarben oder Flachgewebe in Wolloptik. Farblich dominieren dabei neutrale Töne. Beige und Braun, Erdfarben, Weiß oder alle erdenklichen Grauschattierungen: Der Teppich soll sich unterordnen. Farben sind - wenn sie denn mal etwas kräftiger ausfallen - nur als Akzent gesetzt.

Unverändert wichtig ist der Service: Wer keine hohe Lieferzuverlässigkeit bietet, hat auf dem Markt keine Chance. Für den Handel besonders interessant: Kurze Lieferzeiten auch für Wunschmaße garantieren etwa Otto Golze und Lano. Fletco bietet die Möglichkeit, beliebige Formen jenseits des Rechtecks zu ordern.

Am Rande sei erwähnt, dass immer mehr Teppichboden-Hersteller eine Linie für abgepasste Teppiche anbieten, auch wenn nicht alle von ihnen auf der Domotex ausstellen.

Den Servicegedanken haben die Anbieter handgewebter Teppiche schon vor langer Zeit aufgegriffen und permanent verfeinert. Seit kurzem gibt es bei Paulig beispielsweise eine individuelle Kolorierung für seine Kollektion Salsa Swing.

Apropos Handweb-Teppiche: Die in Indien "Handloom" genannten, von Hand gewebten Teppiche in der Optik von Gabbeh oder Loribaft sind bei vielen Anbietern zu einem festen Sortimentsbestandteil geworden. Durch das im Vergleich zum Knüpfen deutlich schnellere Herstellungsverfahren sind sie spürbar günstiger als ihre Vorbilder. Allerdings können sie qualitativ nicht ganz mithalten und technisch bedingt sind auch die Mustermöglichkeiten limitierter.

Handgetuftete Teppiche der Einstiegspreislagen spielen auf der Domotex eine immer kleinere Rolle. Maschinengewebte Ware, besonders die mit Konturschnitt, hat dem Bereich stark zugesetzt. Erfolgreich verkaufen sich dafür Handtufts mit einem klaren Design- oder Markenkonzept und ganz besonders Teppiche für Kinder und Jugendliche.

Handgefertigte Teppiche unter Druck

Differenziert ist die Situation bei den handgeknüften Teppichen zu sehen. Diese Produktgruppe und ganz besonders der klassisch gemusterte Orientteppich verliert mengenmäßig immer mehr an Bedeutung. Dabei findet man sie - im Vergleich zu den Vorjahren - immer häufiger auch in den Produktionen der Wohnzeitschriften.

Auch bei den Knüpfteppichen liegt ein Grund für die rückläufigen Zahlen in der maschinengewebten Konkurrenz. Außerdem im kontinuierlichen wirtschaftlichen Aufstieg der Ursprungsländer - die Arbeitskräfte wandern in besser zahlende Branchen ab.

Sichtbar kleiner im Vergleich zu den Vorjahren war die Zahl der Anbieter von Patchwork- und überfärbten Teppichen. Dabei konnten sich Unternehmen wie Agacan oder Kiskan Process durchaus über ordentliche Verkäufe freuen.

Eine Sonderstellung nehmen die Anbieter hochwertiger moderner Knüpfteppiche in Halle 17 ein. Bedauerlich ist allerdings, dass bei zahlreichen Ausstellern auffällig viele Designs nach Vorbild von Jan Kath in allen erdenklichen Interpretationen gestaltet waren. Echte Kreativität sieht anders aus. Wohltuende Ausnahmen waren vor allem bei einigen der Unternehmen zu sehen, die um die Sonderfläche Souk Deluxe platziert waren.

Bei den Orientteppichen war am deutlichsten zu spüren, dass die Einkäufer nicht sehr risikobereit waren. Gekauft wurde, was sich im Vorjahr bewährt hatte und gekonnt weiter entwickelt wurde. Ein Dauerbrenner sind die modern gemusterten Loribaft-Teppiche aus dem Iran und ihre Kopien aus Indien.

Über einen gelungenen Markteintritt konnte sich die Firma Edelgrund aus Hamburg freuen. Sie entwickelten ein Markenkonzept für geknüpfte und flachgewebte Teppiche aus dem Iran, deren moderne Muster sich an antiken Stücken der Provenienz Mazandaran orientierten. Überhaupt waren klassische Muster vor allem bei folgenden Kriterien gefragt: wenn sie eine moderne Anmutung haben und farblich zu den aktuellen Einrichtungstrends passten und zudem qualitativ hochwertig waren, wie die afghanischen Qualitäten von Ariana oder Oritop. Zäh liefen dafür die Verkäufe von günstigen Ziegler-Teppichqualitäten. Der Markt für diesen Dauerbrenner der letzten Jahre scheint gesättigt zu sein.

Zwiespältig auch das Bild bei den indischen Kaschmir-Seidenteppichen. Das Angebot war so groß, dass nur die Anbieter erfolgreich waren, die viel Energie in eine marktgerechte Produktentwicklung gesteckt haben. Der Preisdruck war entsprechend groß.

Die Mittelklasse lebt

Ein trauriges Gesprächsthema war auf der Messe das Ende des Traditionsunternehmens Wissenbach. Der Pohlheimer Vollsortimenter war zwar noch mit einem kleinen Stand vertreten, aber hier wurde nur noch der Lagerbestand abverkauft. Reinkemeier wird die Kinderzimmer-Kollektionen und einen Teil des Nepal-Sortiments weiterführen. Einige Mitarbeiter gingen zu Gudrun Ahmed, um dort das moderne Indien- und Nepalsortiment weiterzuentwickeln. Ahmed ist vor allem für sein pakistanisches und indisches Lagerprogramm bekannt und blickt mit der Sortimentserweiterung sehr positiv in die Zukunft. Überhaupt ist es um die preisliche Mittelklasse nicht so schlecht bestellt, wie es die Wirtschaftsnachrichten vermuten lassen sollten. Ob OCI, Theko oder Nord Süd: Großhändler und Importeure, die den richtigen Service oder den richtigen Preis bieten, waren gut im Geschäft. Natürlich immer nur in Verbindung mit einem marktgerechten Produkt.

Prominenz am Stand von Reinkemeier

Wie man als Teppichanbieter die gesammelte Presse auf den Messestand bekommt, zeigte Reinkemeier. Die Rietberger brachten gleich zwei prominente Designer mit nach Hannover, mit denen man zusammengearbeitet hat: Michael Michalsky zeigte seine in der oberen Mittelklasse angesiedelten Metropolis-Kollektion und Barbara Becker stellte ihre neue Outdoor-Kollektion Miami vor.


Antike Teppiche auf der Domotex


Auch im Jahr 2013 gab es auf der Domotex nicht nur Neuware zu sehen: In einem kleinen Areal gleich am Eingang der Halle 14 zeigte ein knappes Dutzend Aussteller eine feine Auswahl antiker Teppiche und Textilien.

Meet / Design


In der Halle 4 löste die Sonderschau Meet / Design das in die Jahre gekommene Floor-Forum ab. Gezeigt wurden Möbel und Accessoires in unterschiedlichen Wohnwelten, wie z.B. dem Wohnzimmer oder einem Büro.
aus Carpet Magazin 02/13 (Wirtschaft)