Imm Cologne 2013: Es wird natürlich, individuell und blau
Editeure zufrieden
In diesem Jahr war die Imm Cologne wieder die Plattform für Deutschlands führende Textilverlage. Die Präsentation der neun Editeure fand ein geteiltes Echo, auch weil dadurch die Heimtextil als zentrale Branchenveranstaltung geschwächt wird. Aber ein Besuch der Kölner Möbelmesse lohnt sich schon deshalb, weil hier alle aktuellen Einrichtungstrends zu sehen sind. Allem voran ist das derzeit das Thema Natur. Farblich sind Blau und Grün auf dem Vormarsch. Und individuell hat es der Verbraucher gerne.Neue Konzepte bei Möbeln, Leuchten, Ausstattungselementen, Accessoires, Bodenbelägen und Textilien - das bot die Imm Cologne 2013 dem Fachpublikum und interessierten Endverbrauchern. Hinzu kamen Farbsysteme, Objektausstattung und Dienstleistungen rund um Interior Design Projekte. Normendenken war gestern, heute sucht und findet man auf der Kölner Möbelmesse Inspiration.
Das taten immerhin rund 142.000 Besucher und mit einem Auslandsanteil von 42% beim Fachpublikum konnten die Veranstalter sehr zufrieden sein. Deutlich mehr Einkäufer aus Europa seien an den Rhein gekommen, heißt es im offiziellen Schlussbericht, insbesondere aus der Russischen Föderation sowie den traditionell starken Ländern Niederlande, Belgien, Österreich, Italien und Schweiz. Aber es wurde auch ein deutliches Plus bei den Besucherzahlen aus Asien registriert - vor allem aus China. Sehr gut besucht waren die Publikumstage. Rund 43.000 Endbverbraucher kamen auf das Messegelände.
Überzeugend waren die Inszenierungen im Pure Village. Mit dorfähnlichen Strukturen wurden dort reduzierte Produktausstellungen und faszinierende Interieur-Konzepte vorgestellt. Hier illustrierte auch das Projekt "Das Haus - Interiors on Stage" die Vision von naturnahem Wohnen. In diesem Jahr wurde es von dem venezianischen Designer Luca Nichetto entworfen. Er setzte einen Schwerpunkt auf Wohnlösungen, die ein Leben in unmittelbarem Miteinander mit der Natur ermöglichen sollen. Mit einer Struktur aus durchlässigen Wänden, großen Fenstern und einem begrünten Innenraum inszenierte er ein kunstvolles Wechselspiel zwischen innen und außen.
Gemischtes Echo zu Pure Textile
Ein besonderes Format für ein besonderes Sortiment sollte Pure Textile sein, die Plattform für neun Premium Editeure von Stoffen und Textilien für die Raumgestaltung, die alle zwei Jahre stattfindet. Neben Sahco, Jab und Nya Nordiska präsentierten sich Kinnasand, Christian Fischbacher, Création Baumann, Chivasso, Wellmann sowie Zimmer + Rohde auf individuell gestalteten Ständen. Die waren um einen zentralen Platz gruppiert, der zu kommunikativen Treffen und Events einlud.
Doch so mancher Besucher war nach dem Umzug in die Halle 3.2 und der imposanten Premiere im Jahr 2011 enttäuscht. Das gilt auch für Vertreter aus der Industrie. Georg Hünnemeyer, Geschäftsführer bei Indes Fuggerhaus, sprach aus, was viele dachten: "Für unsere kleine Branche wäre es sinnvoller, alle Kräfte zu bündeln. Unsere Messe ist die Heimtextil in Frankfurt. Es wäre auch im Sinne unserer Kunden, wenn die Verlage wieder dort ausstellen würden." Etwas differenzierter fiel die Bilanz von Martin Auerbach aus: "Durch den Umzug in die Halle 3.2 wirkte der Auftritt insgesamt großzügiger, die Präsentation war hier ideenreich und ansprechend. Aber es war nur ein kleiner Ausschnitt aus der Vielfalt der heimtextilen Welt." Und so war sich der Geschäftsführer des Heimtex-Verbandes schließlich doch mit Hünnemeyer einig: "Die internationale Plattform zur Präsentation des gesamten Produktspektrums und der textilen Trends ist und bleibt Frankfurt." In das gleiche Horn stieß Claus Wölfel: "Wer auf der Imm ausstellt, meint, zu den Reichen und Schönen zu gehören und macht hier sicherlich auch seine Geschäfte. Aber der normale Bereich läuft auf der Heimtextil."
Das sehen die Aussteller auf der Kölner Möbelmesse natürlich anders. "Textilien sind heute Teil einer ganzheitlichen Einrichtung und passen perfekt in ein hochwertiges, designorientiertes Umfeld, wie es diese Messe bietet", sah sich Christoph Häußler, Geschäftsführender Gesellschafter von Sahco, in seiner Enscheidung für Köln bestätigt. "Themen wie Energie, Akustik, Sicht-/Blendschutz und das ganzheitliche Wohlbefinden werden dabei berücksichtigt. Somit ist Pure Textile eines der Highlights der Einrichtungsmesse", ergänzte Claus Anstoetz.
Einen weiteren Aspekt betonte Philippe Baumann: "Wir haben neben den Möbelfachgeschäften auch Innenarchitekten und Architekten auf dem Stand." Und auch das Konzept von Pure Textile hält der Geschäftsführer von Création Baumann für überzeugend: "Für das Fachpublikum ist es von Interesse, verschiedenste Produkte der führenden Anbieter der Branche auf einer Messe zu sehen. Dieser integrale Ansatz macht die Imm noch attraktiver für Besucher und Aussteller."
Was für Aussteller letztlich zählt, sind die Gespräche auf den Ständen. Und die Resonanz war ganz offensichtlich gut. "Insbesondere die Stoffthemen Khaki & Friends und Four Seasons wie auch die neue Teppichkollektion Characters wurden von den Fachbesuchern sehr positiv aufgenommen", hieß es von Claus Anstoetz, Geschäftsführender Gesellschaft von Jab Anstoetz. Bei Nya Nordiska war Geschäftsführer Remo Röntgen ebenfalls zufrieden: "Unser Messeauftritt war sehr stofflich. Das kam an. Lebensfreude trifft Qualität war dabei eines der schönen Komplimente." Er konnte sich auch über Preise freuen: Nach dem Innovationspreis von BTH Heimtex gab es für Nya Walls, ein Glas mit eingegossenem Stoff, sowie drei textile Neuheiten den Imm Award.
Natur als Megatrend - mit goldenen Akzenten
Als Mega-Trend der Imm 2013 haben Wohnexperten das Thema Natur ausgemacht. Es findet seinen Ausdruck sowohl in Dekorationen und Accessoires als auch in der Auswahl der Materialien für Möbel. "Das zeigt sich bei Echtholzmöbeln, bei furnierten Möbeln, bei Leder, Wollfilz und Tierfell als Bezugsstoff. Glas wird gegenüber Kunststoff bevorzugt," so Trendexpertin Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM). Naturbelassen, natürlich, authentisch, ehrlich sind die zugehörigen Schlagworte.
Das große Thema Vintage-Möbel oder Used-Look passt nur scheinbar in diesen Trend. Meist neu werden sie vor allem in Asien industriell oder mit billigen Arbeitskräften auf alt getrimmt. Oft sind sie nicht einmal aus Holz, sondern weisen nur eine Altholz-Optik auf.
Als Kontrast dazu liegen auch glänzende Wohn-Acceesoires in Gold, Silber oder Kupfer im Trend. Allerdings dürfen sie nur dezent glänzen und sollten auch zurückhaltend eingesetzt werden; etwa als Vase auf dem Schrank oder Fuß einer Lampe. Bei den Ausstellern in Köln sah man auch Töne wie Rosagold.
Mit neuen Möbeln werden oft auch alte Muster überwunden. Ein schönes Beispiel ist die klassische Schrankwand, die von intelligenten Funktionsmöbeln abgelöst wurde. Individuell zusammenstellbare Highboards, Lowboards oder Vitrinen bieten das Richtige für jeden Stauraumbedarf.
Dabei ist Eiche mit all ihren Varianten derzeit eines der beliebtesten Hölzer - ob als Tisch, Bett, Schrank oder Fußboden. Nussbaum hält aber seine Stellung und wirkt stets elegant. Insgesamt wird die Verwendung heimischer Holzes den Käufern wichtiger. Die Kombination aus Lack mit echtem Holz - ob massiv oder als Furnier - ist bei Kastenmöbeln sehr beliebt und macht aus jedem ein individuelles Einzelstück.
Ebenso interessant ist die Abkehr von der ehemals so beliebten 1-2-3 Garnitur: der Einzelsessel für das Familienoberhaupt, die Familie teilt sich das Sofa. Heute punktet die moderne Wohnlandschaft oder das L-Form-Sofa mit dazugehörigem Pouf. Es geht um Bequemlichkeit und Komfort.
Insgesamt sind Polstermöbel kleiner als in früheren Jahren. Sie sind in der Regel freistehend im Raum und deshalb von hinten genauso schön wie von vorne. Die Formensprache ist gefälliger. Aktuell sind abgerundete, weiche Ecken und Kanten angesagt, Polstermöbel wirken dadurch harmonischer und einladend. Sessel werden insgesamt kleiner und multifunktionaler, dabei erfreuen sich Einzelsessel steigender Beliebtheit. Besonders Neuinterpretationen von Klassikern werden kombiniert mit dem Komfort von heute und intelligenter Funktionalität.
Überhaupt soll modernes Wohnen Entlastung bringen, sei es als Massagesessel oder mit mehr Funktionen im Sofa. Umklappen und den ursprünglichen Zweck verändern - das ist auch 2013 angesagt. Trendige Details: Polsterungen in zweifarbiger Optik, farblich abgesetzte Keder und grazile Metallfüße.
Blaue und grüne Töne sind "in"
Der Trend zu knalligen Farbtönen hat seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Blau soll nach den Vorstellungen der Trendforscher in Zukunft das neue Schwarz werden; es wirkt leichter und doch seriös, vermittelt Stabilität und Sicherheit. "Blau ist eine tolle und moderne Möbelfarbe für komplette Sofas oder als Akzent in Wohnwand und Küche", so Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. "Blau harmoniert mit den meisten anderen Farben und kann im Möbel als Front mit Holz oder Metall kombiniert werden. Als Bezugsstoff beim Sofa passt es ebenfalls gut zu andersfarbigen Heimtextilien."
Ein weiterer selbstbewusster Newcomer ist Grün. Daneben finden sich sehr zart und hell mattes Türkis, Petrol - gerne in Kombination mit Mint -, Fleischfarben, Lachs, Rosa und Koralle, die elegant und fein wirken. Safran, Curry und Senf haben ebenfalls ihren Platz in der Palette. Weiß wird bleiben, ist bei Möbeln aber auf dem Rückzug. Auch in der Küche wird es durch Grau abgelöst. Vor allem die Schwarz gemischten kühlen Grautöne erobern die Möbelwelt. Der Betonton gewinnt an Boden, Wand und Decke, aber auch als Oberfläche an Beliebtheit.
Unifarbene Polsterstoffe überzeugen mit markanten Strukturen. Mit feinen Streifen, Zacken, floral, abstrakt oder geometrisch kommen Muster in die Bezugsstoffe. Im Kommen sind Ornamentw. Die herausragende Rolle aber spielt bei allen Möbelstoffen die Haptik: Man will sich anschmiegen. Das Textil muss sich gut anfühlen, sonst wird es nicht gekauft.
Farbe kommt auch über die Beleuchtung in die Wohnung. Farbwechsler in der LED-Technik bieten zusätzlichen Gestaltungsspielraum bei niedrigem Stromverbrauch. Wer das nicht direkt beim Möbelkauf mit bestellt, holt sich die LEDs im Fachhandel und leuchtet damit gezielt Wohn- und Arbeitsbereiche aus.
Parkett und Landhausdielen mit lebendigen Strukturen
Der Megaseller unter den Holzböden bleibt die Landhausdiele, die mittlerweile mit Gardemaßen von bis zu 7 m Länge ganze Räume ausfüllt. Aktuelle Parkettböden bieten aber nicht nur etwas fürs Auge, sondern zunehmend auch für den Tastsinn. Die Hersteller arbeiten die Holzstruktur immer feiner und tiefer per Hand heraus. Schließlich zeugen markante Äste, kontrastereicher Splintanteil und Risse von Natürlichkeit und Ursprünglichkeit.
Besonders hervorgehoben wird die natürliche Ausstrahlung mit speziellen Naturölen. Mittlerweile können Oberflächen sogar derart bearbeitet werden, dass für den Betrachter je nach Lichtverhältnissen verschieden schimmernde Farben sichtbar werden und so der Boden scheinbar zum Leben erweckt wird. Der Lust auf Nostalgie, Retrostyle und Used-Look kommen die Hersteller mit "auf alt gemachten" Parkettdielen entgegen, indem sie die typischen Abnutzungserscheinungen eines jahrzehntelang benutzten Holzbodens imitieren. Bei der Farbpalette dominieren in diesem Jahr Weiß- und Grautöne in immer feineren Abstufungen. Daneben gibt es auch warme Beigevarianten und natur- bzw. erdnahe Farben. Ganz aktuell sind ausgefallene, frische farbige Designs mit außergewöhnlichen Strukturen. Und erstmals wurden wieder hellere Holzarten wie Esche, Ahorn oder Hainbuche neben der dominierenden Eiche gesichtet.
Mit Edelsteinen besetzte Tapete
Der wohl wertvollste Quadratmeter auf der Imm war eine mit 49 Edelsteinen versehene Tapete. Mehr als 25.000 EUR hingen da an der Wand und es versteht sich von selbst, dass dieses besondere Exponat rund um die Uhr bewacht wurde. Mit der außergewöhnlichen Aktion wollte das Deutsche Tapeten-Institut den besonderen Wert von Tapeten bei der heimischen Einrichtung in den Fokus rücken und das Gestaltungspotential mit kreativen und hochwertigen Wandbelägen gegenüber Händlern, Innenarchitekten, Architekten und Verbrauchern betonen.
Das zeigte sich auch in der breit gefächerten Dessin-Palette der aktuellen Tapeten-Kollektionen, die die Hersteller ebenfalls auf der Imm präsentierten. Ob großzügige Blüten oder grafische Muster mit feinen Metallic-Effekten - die Bandbreite gestalterischer Möglichkeiten wurde in Köln eindrucksvoll gezeigt.
Nicht nur als Aussteller, sondern auch zum ersten Mal als Partner der Imm war Schöner Wohnen in diesem Jahr dabei. Das Wohnmagazin gestaltete für das Fachpublikum eine ganzen Messetag. Unter Moderation des Designkritikers und Markenberaters Dr. René Spitz gab es dabei ein Expertenforum zu aktuellen Produkt- und Trendentwicklungen in der Möbelbranche.
aus
BTH Heimtex 03/13
(Wirtschaft)