Kiesel Bauchemie: Interview des Monats mit Beatrice und Wolfgang Kiesel

"Lasst die Finger von den Loseverlegungen"


Wolfgang Kiesel hat dem Familienunternehmen Kiesel Bauchemie in den letzten Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt. Bereits seit einigen Jahren arbeitet er Hand in Hand mit seiner Tochter Beatrice Kiesel, um den nahtlosen Generations-übergang bei dem Hersteller von Verlegewerkstoffen zu gewährleisten. FussbodenTechnik sprach mit beiden über die Aufgaben des Handwerks, lose verlegte Beläge, Wachstumserwartungen von Kiesel Bauchemie und die geplante Produktkampagne "Die glorreichen Vier".

FussbodenTechnik: Der Verlegewerkstoffmarkt ist in Deutschland sehr stark umkämpft. Es gibt mehr als ein Dutzend Anbieter, die um Marktanteile kämpfen. Wie schafft es Kiesel Bauchemie, seit drei Jahrzehnten auf diesem Markt so erfolgreich zu sein?

Wolfgang Kiesel: Indem wir tagtäglich unternehmerischen Mut beweisen. Als wir mit den Klebstoffen angefangen haben, war der Markt besetzt. Wir sind es gewohnt, dass man sich aktiv mit Märkten auseinander setzen muss. Man muss Kunden überzeugen, dass es richtig ist, bei Kiesel zu kaufen. Außerdem ist wichtig, dass man begeisterte Mitarbeiter hat. Man muss sich überlegen, wie man seinen Außendienst aufstellt und man braucht ein Programm, das ankommt.

FT: Was unterscheidet Kiesel Bauchemie von anderen Herstellern von Verlegewerkstoffen? Ist Ihr Unternehmen wendiger?

Wolfgang Kiesel: Ich weiß gar nicht, ob wir wendiger sind. Wir sagen immer, wenn etwas auf der Baustelle passiert, kommen die Proben bei uns schnell ins Labor. Wenn etwas Wichtiges ansteht, erfährt es die Geschäftsleitung unmittelbar. Wir haben kurze Wege und keine Konzern-Strukturen.

Beatrice Kiesel: Ich denke, die meisten Wettbewerber haben heute hochwertige Produkte, aber bei uns ist die Anwendungstechnik sehr stark am Kunden. Die Anwendungstechnik ist auf der Baustelle präsent, so dass wir eine wertvolle Unterstützung anbieten. Unsere Kunden schätzen diesen Service.

FT: Ist die Betreuung durch die Anwendungstechnik nicht die Regel?

Wolfgang Kiesel: Im Verhältnis zum Umsatz ist unser Anteil an Anwendungstechnikern höher, als anderswo. Wir haben im Inland acht Anwendungstechniker, die sich auf die Bereiche keramische Fliesen und Fußboden verteilen. Aber wo unterscheidet man sich wirklich? Man unterscheidet sich auch in der Geisteshaltung seinen Mitarbeitern gegenüber. Der Familienunternehmer als solcher kann sich immer selber authentisch darstellen. Das versuchen wir jeden Tag rüberzubringen. Konzernmitarbeiter sind für uns nicht geeignet, vielleicht ist es umgekehrt auch so.

FT: Worin besteht die Kiesel-Geisteshaltung?

Wolfgang Kiesel: Das kann man schlecht erklären. Man muss schlichtweg authentisch sein. Man ist nicht immer der friedfertige Mensch, der alle streichelt. Ich sage gern, ich habe ein Leben wie das mitteleuropäische Klima. Da gibt es auch Wind, Sturm und Gewitter. Das muss gelebt werden, das muss ehrlich sein. Es regt mich auf, wenn sich Leute hinstellen und verkünden: Wir wollen Marktführer werden. So etwas würden Sie von mir nicht hören. Ich will in meinem Mittelfeld weiterhin eine interessante Rolle spielen. Ich muss das verkünden, was ich persönlich erlebe.

FT: Es zeichnet Ihr Unternehmen auch aus, dass Sie frei entscheiden können.

Wolfgang Kiesel: Das stimmt. 100% der Gesellschafteranteile sind bei der Familie Kiesel, d.h. bei mir und meinen Kindern. Wir haben keine Fremdgesellschafter im Unternehmen. Die Entscheidungen muss ich niemandem erklären. Man kann sich immer im stillen Kämmerlein selber überlegen, wie man entscheidet. Es ist schade: Vergleichbare Unternehmertypen gibt es in unserer Branche eigentlich gar nicht mehr.

FT: Wie stehen Sie zu Vanilleduft in Verlegewerkstoffen als Reaktion auf geplante Geruchsprüfungen?

Wolfgang Kiesel: Zu solchen Dingen würde ich nicht ,Nein sagen, weil ich nicht weiß, welche Entwicklungen auf uns zukommen. Was kann man tun, um ein Produkt sinnvoll zu vermarkten? Wir wissen doch alle, dass wir heute Dinge machen, von denen wir vor fünf Jahren nicht geglaubt hätten, dass wir sie je tun würden. Gerade die Kommunikation hat sich stark verändert. Ich halte den Einsatz von Duftstoffen nicht für ganz abwegig. In der Farbenbranche wird bereits einiges in diese Richtung gemacht.

FT: Was ist 2013 das wichtigste Thema in der Kommunikation zum Bodenleger? Was steht für Sie im Fokus?

Wolfgang Kiesel: Der Bodenleger selbst steht bei uns immer im Fokus. Er wird von uns betreut, bedient und erhält aktuelle Informationen. Wenn Sie nach neuen Produkten fragen, konzentrieren wir uns im Moment auf einen weiteren Parkettkleber auf SMP-Basis. Das übrige Programm ist so optimal, dass wir im Moment nichts ergänzen. Das schließt aber nicht aus, dass wir bis Ende des Jahres vielleicht wieder ein zusätzliches Produkt ergänzen werden, aber bahnbrechende Produkte sind nicht in der Entwicklung. Wenn ich unser Spachtelmassen- und Klebstoff-Programm betrachte, sind wir selbst in Nischen sehr gut aufgestellt.

FT: Was möchten Sie dem Handwerker gerne vermitteln?

Wolfgang Kiesel: Ich würde den Handwerkern gerne sagen: Lass die Finger weg von den Loseverlegungen. Das wird dem Handwerk und dem Handel nicht gut tun. Früher hat man Teppichboden teilweise lose verlegt. Dann kam das Laminat - und was ist daraus geworden? Ein Billig-Ramsch-Produkt im Baumarkt. Ich beobachte die Entwicklung der Designbeläge mit Klickverbindung voller Sorge. Das kann bald jeder im Baumarkt kaufen. Was passiert mit diesem wertigen Produkt? Ich würde Handwerker dringend davor warnen, diese Entwicklung durch Loseverlegungen auch noch zu forcieren.

Das Handwerk muss auf hochwertige Leistung setzen. Natürlich sage ich das auch, weil wir Klebstoff herstellen. Aber es ist immer der bessere Weg. Ein fest verklebtes Parkett ist in allen Beziehungen wertiger. Jeder redet von Nachhaltigkeit: Das verklebte Parkett ist natürlich auch nachhaltiger, weil dauerhafter.

FT: Was muss der Verleger noch tun, um erfolgreich zu sein?

Wolfgang Kiesel: Ich möchte dem Handwerker auch sagen: Mach etwas in der Ausbildung. Wir werden im Handwerk sonst ein Chaos erleben. Es ist dramatisch, was da auf uns zukommt. Die Demografie ist die einzige Statistik, die Sie nicht manipulieren können. Die Entwicklung ist schon lange bekannt: Wir sind mittendrin im Facharbeitermangel.

FT: Woran merken Sie das konkret?

Wolfgang Kiesel: Ich war bis vor kurzem IHK-Präsident in Stuttgart, so dass ich auf umfassendes Zahlenmaterial Zugriff hatte. Die Betriebe bekommen keine neuen Mitarbeiter und gleichzeitig gehen viele ältere Arbeitnehmer in den Ruhestand. Das wird noch deutlich schlimmer werden, das zeigt die Statistik eindrucksvoll. Jetzt erst fällt vielen ein, dass man sich um den Nachwuchs kümmern und ausbilden muss.

Ich höre im Handwerk immer wieder, wir finden keinen Nachwuchs. Und wenn wir einen finden, kann der nicht rechnen und nicht schreiben. Ich rate, die Bewerber trotzdem zu nehmen. Wir müssen uns an den Meister früherer Zeiten erinnern, der seine Lehrlinge entsprechend ausgebildet hat - und das waren auch nicht alles Geistesgrößen. Wir haben heute hohe Erwartungen an die Bewerber. Man erwartet, dass die Auszubildenden alles schon vor der Ausbildung können müssen. Wir kennen viele Beispiele, wo sich die Jugendliche in der Ausbildung plötzlich richtig reinhängen. Wenn diese Auszubildenden einen engagierten Meister kriegen, dann klappt das in der Regel auch.

Beatrice Kiesel: Oft sind die Ausbildungsberufe für die jungen Leute auch wenig attraktiv, weil es dann heißt: "Du wirst nur Handwerker?". Es ist schwierig für die Jugendlichen, da Rückgrat zu beweisen und zu sagen: "Das macht mir aber Spaß."

Wolfgang Kiesel: Es wird schnell behauptet: Handwerk ist nichts. Früher hieß es: Handwerk hat goldenen Boden. Das gilt heute sogar doppelt und dreifach. Man kann sich aus dem Handwerk heraus schnell selbstständig machen, das ist die beste Basis.

In meiner Zeit als IHK-Präsident habe ich immer gesagt, es macht keinen Sinn, wenn wir nur Ingenieure haben. Wir brauchen auch Facharbeiter und Handwerker. Wir brauchen beide, die das umsetzen, was der Ingenieur entwickelt. Man muss auch Vorurteile überwinden. Ich habe sehr positive Erfahrungen mit Migranten gemacht. Die Handwerksmeister sind aufgefordert, sich da auch für schwierige Jugendliche zu entscheiden und sie fit fürs Handwerk zu machen.

FT: Haben Sie das bei sich im Unternehmen auch umgesetzt?

Beatrice Kiesel: Unter den Auszubildenden insgesamt haben wir sowohl Migranten als auch Deutsche. Gerade im Werk setzen sich die Auszubildenden über die Maßen ein. Die kaufmännischen Auszubildenden verlassen uns meistens nach drei Jahren, weil wir leider kaum Übernahmemöglichkeiten haben. In der Produktion werden häufiger Auszubildende übernommen.

Wolfgang Kiesel: Wir hatten eine große Altersfluktuation in den letzten Jahren, wir haben die Jungen eingebaut...

Beatrice Kiesel: und das klappt hervorragend. Die fühlen sich in ihren Teams sehr wohl, und sie werden von den neuen Azubis hoch angesehen.

Wolfgang Kiesel: Heute ist die Situation doch die, dass es zu wenig Jugendliche gibt. Und wer sie nicht umschwärmt, wird leer ausgehen. Die Industrie kann nicht die Aufgabe des Handwerks übernehmen, jede Sparte hat ihre Aufgabe zu erfüllen. Das Handwerk hat auch die Aufgabe, für seine Zukunft zu sorgen: Die Handwerksbetriebe müssen ausbilden.

FT: Welche Bedeutung hat das Handwerk aus Ihrer Sicht?

Wolfgang Kiesel: Das Handwerk ist von nicht zu ersetzender Bedeutung. Leider wird das oft übersehen. Der Handwerker selbst muss sich besser in Szene setzen: Er sollte sich und das Produkt, welches er anbietet, wertiger verkaufen.

FT: Welche Maßnahmen plant Kiesel im Marketing?

Beatrice Kiesel: Wir haben unser Sackdesign komplett umgestellt. Das ist im Fußbodenbereich nicht so erheblich wie in der Fliese, weil dort alles in Säcken ausgeliefert wird. Wir haben unsere Kiesel App fürs Handy sehr früh auf den Markt gebracht. Wir werden sie weiter auf dem neuesten Stand halten und auch für Android-Handys erweitern. Unser Internetauftritt ist erst überarbeitet worden, da gibt es aktuell keine Veränderungen. Wir unterstützen unsere Kunden mit verkaufsfördernden Unterlagen und allem, was der Kunde individuell braucht.

Wolfgang Kiesel: Noch ganz frisch ist, dass wir eine Kampagne unter dem Motto "Die glorreichen Vier" starten werden. Wir wollen aus unserem Programm vier Produkte hervorheben, die besondere Eigenschaften haben: Den schnellen Vorstrich Okatmos EG 20 mit sehr kurzen Trocknungszeiten, die Feinspachtelmasse Servoplan FS 101, eine Spachtelmasse mit Traumoberfläche, nicht spiegelnd und ohne Quarzsand, dazu den Okatmos Star 110 als faserverstärkten Kleber für Designbeläge. Nummer vier ist die Allzweckwaffe Okatmos Megastar, ein Multifunktionsklebstoff. Nach unserer Diskussion mit Anwendungstechnik und Verkauf sind diese drei Produkte herausragend in den Eigenschaften.

FT: Wie halten Sie es mit Umweltzeichen und Nachhaltigkeit?

Wolfgang Kiesel: Wenn man beobachtet welche Auswüchse solche Zeichen zum Beispiel im Lebensmittelbereich annehmen, dann kann ich nur froh sein, dass die GEV den international anerkannten EMICODE geschaffen hat. An diese Regelung halten wir uns und vermeiden weitere Zeichen, die nur zur Verunsicherung führen. Mit unserer Produktreihe Okatmos haben wir darüber hinaus noch die Hygienisierung der Klebstoffe eingebaut und damit dem Thema Mikrobiologie einen Riegel vorgeschoben. Das ist patentiert - das hat außer uns sonst kein Hersteller.

Nachhaltigkeit ist ein sehr weiter Begriff. Nicht jeder Rohstoff wird diesem Kriterium gerecht werden. Und es werden sich immer wieder neue Möglichkeiten ergeben. Nachhaltig ist ein Produkt sicher dann, wenn es eine langjährige, reklamationsfreie Verlegung gewährleistet. Darauf und auf eine ebenfalls langfristig ausgelegte Firmenpolitik achten wir. Auf uns und unsere Produkte ist Verlass.

FT: Wie ist bei Kiesel eigentlich die Verteilung zwischen Fliese und Fußboden?

Wolfgang Kiesel: Das Verhältnis zwischen Fliese und Fußboden liegt seit jeher ungefähr bei 50:50. Wir haben zwar Märkte wie Frankreich, wo wir nur mit der Fliese aktiv sind, dafür sind wir in Australien nur mit dem Fußboden am Markt. In der Tonnage liegt immer die Fliese vorn, beim Umsatz ist es 50:50.

FT: Wenn Sie von Frankreich und Australien sprechen - wo sind Ihre wichtigsten Märkte?

Wolfgang Kiesel: In Deutschland. Der nächstgrößere Markt bei uns ist Frankreich, dann folgen Benelux, Schweiz und dann schon Länder in Übersee wie z.B. Kanada, Japan und der Mittlere Osten.

FT: Versuchen Sie andere Märkte zu erschließen?

Beatrice Kiesel: Wir möchten andere Märkte stärken, aber Deutschland soll auch mit wachsen - das ist unser Wunsch. Der Exportanteil darf dabei gerne auf dem jetzigen Niveau von 35% konstant bleiben.

Wolfgang Kiesel: Sie erleben auf ausländischen Märkten manchmal brutale Einbrüche wie in Russland, die man gar nicht mehr im Griff hat. Mir ist es wichtig, dass wir in Deutschland wachsen, wenn die anderen Märkte dann mitwachsen, ist es mir auch recht. Deutschland ist der Markt, auf dem wir unsere Stärke ausspielen können, weil wir hier unsere Mitarbeiter vor Ort haben.

Beatrice Kiesel: Im Export gibt es, vor allem in Osteuropa, immer noch Verlegewerkstoffe mit Lösemitteln. Wir haben keine Produkte mit Lösemitteln mehr, dadurch ändert sich auch der Preis. Im Ausland gibt es manchmal ein anderes Qualitätsniveau, mit dem wir nicht verglichen werden wollen.

FT: Welche Investitionen haben Sie aktuell am Firmensitz in Esslingen getätigt und welche planen Sie?

Wolfgang Kiesel: Es gibt viele Investitionen, von denen man nichts sieht. Dazu zählen Investitionen in Steuerungen. Wir bauen gerade ein neues Tanklager, aber dafür wird ein altes abgerissen. Investitionen gibt es, aber die posaunen wir nicht hinaus. Die Technologie einer Pulverproduktion hat sich in den vergangenen 20 bis 30 Jahren kaum verändert, die wird sich auch nicht verändern. Was sich verändert, ist die Steuerung und da müssen Sie immer mal wieder Prozessoptimierung betreiben.

FT: Sie haben in Esslingen aber keine räumlichen Erweiterungsmöglichkeiten mehr, oder?

Wolfgang Kiesel: Uns kommt zu Gute, dass wir immer schon von oben nach unten produziert haben. Geholfen hat uns auch, dass wir das Lager aus der Firma heraus verlagert haben. Zuvor hatten wir ein Lager mit rund 3.000t auf dem Gelände in Esslingen. Heute steht bei uns der Spediteur am Band, übernimmt die Ware und fährt sie ins Zentrallager nach Göppingen. Das hat uns die Luft gegeben, die wir in Zukunft noch brauchen werden. Außerdem haben wir eine sinnvolle Zweiteilung mit der Produktion in Esslingen-Sirnau und der Denkfabrik in Esslingen-Berkheim.

FT: Haben Sie mal drüber nachgedacht, auf die "grüne Wiese" zu ziehen?

Wolfgang Kiesel: Wir haben früher immer wieder darüber diskutiert, den Standort zu wechseln. Heute ist viel zu viel investiert. Wir haben in Esslingen eine funktionierende Verkehrsanbindung. Die Region ist toll, auch wenn sie ständig verstopft ist. Wenn man auf die "grüne Wiese" ziehen würde, dann hätte man die Mitarbeiter nicht. Wenn wir die Kapazitäten erweitern müssten, würde ich am Standort Tangermünde (Sachsen-Anhalt) bauen. Wir produzieren aber lieber alles an einem Standort. Wir haben heute 20 unterschiedliche Spachtelmassen und 40 Kleber, die sind heute viel komplexer als es früher war.

FT: Thema Vertrieb: Sie vertreiben über den Bodenbelagsgroßhandel und Objekteure direkt?

Wolfgang Kiesel: Ja, korrekt. Ich möchte eine Lanze für den Großhandel brechen. Der Handel hat sich in den letzten 5 bis 10 Jahren deutlich verbessert. Ich hatte vor Jahren den Eindruck, dass die Qualität des Handels gewaltig nachließ. Aktuell hat sich der Handel verstärkt, gerade der Fachgroßhandel im Bereich Raumausstattung, Bodenbelag und Farbe. Die Firmen haben sich gut gegen die Baumärkte positioniert, deshalb ist auch die Zusammenarbeit mit dem Handel sehr wichtig. Der Anteil unseres Umsatzes im Handel steigt Jahr für Jahr.

Ein spannendes Thema ist der Online-Handel, den sich der Handel selber aufbauen muss. Wir haben erste Anzeichen dafür, dass der Online-Handel von uns mit finanziert werden soll. Da muss ich sagen, das kann nicht sein. Jeder Bereich hat seine Aufgabe zu machen. Der Handel hat Vertrieb zu machen. Und wenn Vertrieb heute Online-Handel heißt, dann muss er diesen aufbauen.

FT: Warum ist Ihnen das Thema Generationenwechsel ein so wichtiges Thema?

Wolfgang Kiesel: Kiesel Bauchemie hat eine klare Botschaft: Wir wollen ein mittelständisches Familienunternehmen bleiben, die Firma und die Familie Kiesel. Diese Vereinbarung haben wir getroffen. Die Vereinbarung müssen wir jetzt auch mit Leben füllen. Mit meiner Tochter Beatrice Kiesel ist das ja bereits erfolgt. Sie ist in der erweiterten Geschäftsführung. Wer uns kennt, der weiß, dass zwei weitere Kinder in der Firma sind, aber nicht in Führungspositionen. Wir haben das ganz klar geregelt. Ich habe an der Firma 51% der Anteile, den Rest teilen sich meine Kinder. Die Entwicklung ist genau festgelegt.

Beatrice Kiesel: Wir sprechen eigentlich nicht vom Generationenwechsel, sondern vom Generationenübergang, weil wir schon seit mehreren Jahren eng zusammen arbeiten. Ich werde nicht von heute auf morgen die Führung übernehmen, sondern wir arbeiten Tür an Tür und Hand in Hand, es geht schrittweise. Als Frau hat man eher ein Gespür dafür. Ein Sohn sagt eher: So ab heute bin ich der Chef. Natürlich haben wir manchmal Diskussionen, die bei uns bleiben und dann wird entschieden. Wir treffen eine gemeinsame Entscheidung.

Wolfgang Kiesel: In unserem Betrieb ist es so, dass meine Tochter große Anerkennung mit ihrer Marketing- und Werbeabteilung beim Vertrieb findet. Sie wirkt eher innerbetrieblich. Die Außendarstellung findet eher auf Messen statt. Wir haben uns mit unseren Mitarbeitern entsprechend aufgestellt.

Wir haben tolle Mitarbeiter, die seit Jahren dabei sind: unseren Technischen Geschäftsführer Dr. Matthias Hirsch, unseren Leiter Anwendungstechnik, Technisches Marketing, einen kaufmännischen Leiter und unsere Verkaufsleiter.

FT: Sie haben in Ihrem Unternehmen momentan zwei Geschäftsführer?

Wolfgang Kiesel: Ja, momentan zwei. Dr. Hirsch und mich, meine Tochter zählt mit dem Zuständigkeitsbereich Marketing und Vertrieb zur erweiterten Geschäftsführung, wir brauchen keine drei Geschäftsführer, so groß sind wir nicht. Zu der erweiterten Geschäftsführung zählt auch der kaufmännische Leiter Jörg Horn.

FT: Gibt es eine Planung, die Esslinger Parkett- & Fußbodentage weiterzuführen? Ich erinnere mich an spannende Gespräche auf dem gelben Sofa.

Wolfgang Kiesel: Statt in große Prämien wie andere, investieren wir lieber in Seminare, die wir in Esslingen und Tangermünde durchführen. Wir machen diese auch on the road mit unserem Infomobil. Das haben wir immer schon gemacht. Wir wollen Sympathien wecken und uns auch zeigen.

Beatrice Kiesel: Wir werden sehr oft auf die Esslinger Parkett- & Fußbodentage angesprochen, das war auch eine gute Sache. In einem Jahr mit der BAU, findet so etwas nicht statt. Ein solcher Event muss gut organisiert und durchgeführt werden. Für uns steht die fachliche Seite im Mittelpunkt. Wir haben uns noch nicht entschieden, ob wir die Veranstaltung 2014 durchführen.

Wolfgang Kiesel: Es ist manchmal gar nicht so einfach, die Leute tatsächlich am Tag X vor Ort zu haben. Eine Grippewelle oder Schneechaos kann die gesamte Veranstaltung gefährden. Wir machen so etwas gerne, aber ich möchte auch eine Wertigkeit haben. Deshalb haben wir auch für alle anderen Seminare Kostenbeteiligungen eingeführt.

Beatrice Kiesel: Man muss ergänzen, dass die Seminarteilnehmer die Kosten in Warengutscheinen wieder bekommen. Für uns ist es nur eine Absicherung, dass die Angemeldeten auch kommen oder sich zumindest melden.

FT: Welche Erwartungen haben Sie an einen künftigen Boden?

Wolfgang Kiesel: Ich möchte es einmal so ausdrücken:Der Boden muss intelligenter werden. Damit meine ich, dass er Funktionen erfüllt und zum Beispiel Leuchtspuren zum Notausgang oder auch zur Toilette weist, dass er Alarm geben kann, wenn beispielsweise eine Person stürzt. Solche Dinge müssten meines Erachtens über die Spachtelmasse ausgelöst werden. Auch das Auswechseln des Belages müsste leichter und ohne Beschädigung des Untergrundes erfolgen. Auch hierbei spielt die Spachtelmasse eine bedeutende Rolle. Mit Servo Art Ceflo haben wir hier beste Voraussetzungen geschaffen. Das ist zwar im Grunde ein dekorativer Fußboden, aber eben auch ein multifunktionaler Untergrund. Wir haben da einige Ideen.

FT: Wo wollen Sie mit Kiesel Bauchemie in 5 bzw. in 10 Jahren stehen?

Wolfgang Kiesel: In einem guten Mittelfeld mit einem gesunden Unternehmen mit innovativen Produkten und begeisterten Mitarbeitern.


Kiesel Bauchemie Daten und Fakten


Kiesel Bauchemie GmbH & Co. KG
Wolf-Hirth-Straße 2
73730 Esslingen am Neckar
Tel.: 0711/9 31 34-0
Fax: 0711/9 31 34-140
E-Mail: kiesel@kiesel.com
Internet: www.kiesel.com

Gründungsjahr: 1959
Mitarbeiterzahl: 180
Mitarbeiterzahl (Außendienst): 40
Markennamen: Bakit, Okamul, Okatmos, Servoalpha, Servo Art, Servofix, Servoplan

Verbandsmitgliedschaften:
-Fachverband Holzpflaster e.V.
-GEV Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewekstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e. V.
-IVK Industrieverband Klebstoffe e.V.

Geschäftsführer: Wolfgang Kiesel
Geschäftsführer: Dr. Matthias Hirsch
Marketing und Vertrieb: Beatrice Kiesel
Kaufmännischer Leiter: Jörg Horn
Vertrieb: Uwe Sauter
Anwendungstechnik: Ulrich Lauser
Unternehmenskommunikation: Markus Maier
aus FussbodenTechnik 03/13 (Wirtschaft)