Mitgliederschwund und sinkende Lehrlingszahlen - Gegensteuern ja, aber wie?

"Weiter so" war gestern


Bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Parkett- und Fußbodentechnik (ZVPF) in Wiesbaden wurden diverse Reformprojekte angestoßen: Dazu gehören die Themen Mindestqualifikation, Kooperationen mit anderen bodenlegenden Gewerken, eine Bildungsoffensive und Tarifpolitik. Neben dem Vorstand waren die 21 Landesinnungen vertreten. Zu den rund 60 Teilnehmern gehörten auch Fördermitglieder der Industrie und der Medien.

In der Parkettlegerausbildung wurde der tiefste Stand der vergangenen zehn Jahre erreicht. Bei den Bodenlegern sieht es nicht viel besser aus. Allein von Februar 2013 bis Ende Mai sanken die Lehrlingszahlen bei Parkettlegern um 3,5%, bei Bodenlegern um 3,1%. Nach Angaben von Bundeslehrlingswart Heinz Brehm werden derzeit 638 Parkettleger und 464 Bodenleger an den sieben bekannten Schulstandorten ausgebildet.

Unattraktiv ist laut Bundeslehrlingswart die offizielle Lehrlingsvergütung: "Wir können mit 415 EUR pro Monat im ersten Jahr keine jungen Leute mehr gewinnen." Zum Vergleich Maurer: 1.100 EUR. Folge: Selbst ausgezeichnete Betriebe haben Nachwuchsprobleme.

Durch das neue Projekt ,NQ Run können angelernte Parkett- und Bodenleger mit mindestens dreijähriger Praxis und diejenigen, die bei der Prüfung durchgefallen sind, den Berufsabschluss nach einem Kompetenzcheck durch eine Nachqualifizierung erlangen. Zudem gibt es ein neues Fortbildungsangebot der Innung Mittel- und Oberfranken mit Abschluss ,Geprüfter Fachbauleiter Fußbodentechnik.

Bericht des Bundesinnungsmeisters

Eine Mindestqualifikation für die zulassungsfreien so genannten B1-Berufe, zu denen Parkett- und Bodenleger gehören, fordert Bundesinnungsmeister Joachim Barth. Außerdem fordert er die Zusammenführung der Berufe Parkett- und Bodenleger.

Noch verhindere das der Zentralverband der deutschen Handwerks (ZDH). Grund: Die Parkettlegerausbildung ist an die Handwerksordnung geknüpft, die Bodenlegerausbildung an das Bundesbildungsgesetz.

Mit dem Zentralverband Raum und Ausstattung (ZVR) wurde ein intensiver Austausch vereinbart. "Wir sind eine Interessengemeinschaft", sagte der Bundesinnungsmeister. Derzeit stehe aber die Handwerksordnung einer notwendigen Anpassung des gemeinsamen Berufsbildes im Wege.

Als existenzgefährdend bezeichnete Joachim Barth die Nacherfüllungpflicht. Der Bundestag wolle die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Gunsten des Verbrauchers noch vor der Bundestagswahl am 22. September auch in das Bürgerliche Gesetzbuch einbringen. Die ZVPF-Mitglieder sollten ihre jeweiligen Kommunalpolitiker vor der Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens warnen. Eine Allianz der benachteiligten Dienstleistungsberufe werde angestrebt.

Berufsförderung durch Bildungsoffensive

Sinkenden Lehrlingszahlen im Beruf der Parkett- und Bodenleger soll durch eine vielschichtige Bildungsoffensive begegnet werden: Beschlossen wurde, eine ZVPF-Servicegesellschaft zu gründen, um Fördergelder der Industrie und des Großhandels für die Ausbildungsinitiative "Zukunft Bodenhandwerk" einwerben zu können. Zudem kann als zweite Schiene der Vertrieb von Merkblättern, Pflegehinweisen, Broschüren und Berichtsheften des ZVPF über die neue Servicegesellschaft abgewickelt werden. Das Haftungsrisiko des alleinigen Gesellschafters ZVPF ist auf Höhe der Stammeinlage von 25.000 EUR begrenzt. Die Geber sollen für die kommenden drei Jahre Fördermittel über rund 50.000 EUR pro Jahr zugesagt haben. Geplant ist ein Jahresetat von bis zu 90.000 EUR.

Bestätigt wurde die Gründung der Bundesfachgruppe Bildung. Vorsitzender ist Jörg Schülein von der Innung Mittel- und Oberfranken.

Tarifgespräche mit IG Metall

Gemeinsames Ziel ist ein bundesweiter Tarifvertrag, angeglichen an den vorhandenen Tarifvertrag der Tischler. Rechtsanwalt Michael Peter, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Holz und Kunststoff Saar, erläuterte ein richtungsweisendes Modell: Im Saarland gibt es einen gemeinsamen Verband der Schreiner, Raumausstatter sowie Parkett- und Bodenleger und dort es gibt bereits einen Tarifvertrag mit der IG Metall. Erst nach einer bundesweiten Tarifvereinbarung mit der IG Metall könne Mindestlohn nach Entsendegesetz beantragt werden.

Problematisch: Hierzu ist eine Gesetzesänderung notwendig, da Parkett- und Bodenleger sowie Raumausstatter im Entsendegesetz bisher nicht genannt werden. Und wer als Mischbetrieb überwiegend bauliche Leistungen ausführt, fällt unter den Tarif der Bauwirtschaft. Daraus können für den bodenlegenden Betrieb erhebliche Umlagekosten für die Bausozialkasse entstehen.

Der ZVPF beschloss in Wiesbaden einstimmig, einen bundeseinheitlichen Tarifvertrag zu vereinbaren. Die kleine Tarifkommission wurde beauftragt, mit der IG Metall sondierende Verhandlungen aufzunehmen.

Fachthemen

Norbert Strehle, im Vorstand für Normen zuständig, hat Rücknahme der neuen Regelung in der Estrichnorm DIN 18560 Teil 4 beantragt, die eine CM-Messung über den ganzen Querschnitt vorschreibt.

Vom Einsatz zugelassener Ölkunstharzlacke riet Strehle aus Gründen des Arbeitsschutzes nach TRGS 617 ab.

Zudem kündigte er eine neue Werkvertragsnorm und eine neue VOB an. Mit der neuen Gesamtausgabe wird 2014 gerechnet.


45 Prozent Kleinstbetriebe


Von den etwa 115.000 bodenverlegenden Betrieben (ohne Maler) sind 74.504 Kleinstunternehmen mit maximal 17.500 EUR Jahresumsatz. Eingetragene Bodenlegerbetriebe gibt es bundesweit ca. 14.600, Parkettlegerbetriebe ca. 7.100. Nur 0,2% der Betriebe hatten einen Umsatz von mehr als 5 Mio. EUR (Erhebung des Ifo-Instituts von 2011/Vortrag Wollenberg).
aus Parkett Magazin 04/13 (Wirtschaft)