Matrazen-Recycling

Die Branche muss umdenken

Das Ziel der EU, Siedlungsabfälle bis 2020 zu 65 Prozent zu recyceln, umfasst auch Matratzen. Schätzungsweise acht Millionen müssen in Deutschland jährlich entsorgt werden. Der Fachverband Matratzen-Industrie ist sicher: Das Recycling von Abfällen aus der Matratzen-Branche begründet neue Wiederverwertungswege - und damit einen neuen Industriezweig.

Wir müssen uns genau jetzt gut aufstellen", fordert Verbands-Geschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld. "Nach der Bundestagswahl können wir davon ausgehen, dass die EU im Jahr 2014 den Druck auf Deutschland im Hinblick auf das Thema Recyclinglösungen verstärken wird." Zwar werden Matratzen bislang in keiner EU-Verordnung erwähnt; sie fallen hierzulande auf kommunaler Ebene entweder unter Sperrmüll oder die so genannten gemischten Siedlungsabfälle. Doch das in der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verankerte Ziel der Europäischen Union, in sieben Jahren gut zwei Drittel aller Siedlungsabfälle wiederzuverwerten, betrifft auch die Matratzen-Industrie.

Leifeld möchte in der gesamten Branche das Problembewusstsein wecken und bereits jetzt an unterschiedlichen Lösungswegen arbeiten. "Zwei Dinge sind für unsere Überlegungen entscheidend: effiziente und möglichst kurze Logistikwege und ferner die Zusammenarbeit möglichst vieler Akteure." Der Verbands-Geschäftsführer verweist auf das Nachbarland Frankreich. Dort ist im Mai eine erweiterte Herstellerverantwortung für Möbel und Möbelelemente in Kraft getreten. Deren Ziel ist es, bis Ende 2015 eine Recycling- und Wiederverwendungsquote von 45 Prozent für Haushaltsmöbel und von 75 Prozent für professionelle Möbel zu erreichen. Den Unternehmen steht es frei, ob sie dies über unternehmensbezogene Rücknahmesysteme selbst leisten oder ob sie einem der beiden staatlich zugelassenen kollektiven Rücknahmesysteme beitreten.

Der staatliche Träger Eco-Mobilier hat nach Leifelds Angaben bereits dazu aufgerufen, neue Aufbereitungsstandorte untereinander zu vernetzen, um so dem Aufkommen von Matratzen gerecht zu werden und stabile Absatzmöglichkeiten zu etablieren. Das alles ist in Deutschland zwar noch Zukunftsmusik, doch der Geschäftsführer des Matratzenverbandes drängt: "Besser wäre es, eigene Wege zu etablieren, bevor uns die Politik kosten- und arbeitsintensive Vorgaben für das Recycling macht", so Leifeld.

Für den Verband stünden noch eine Menge Fragen im Raum, auf die zunächst ehrliche und tragfähige Antworten gefunden werden müssten: Wie hoch ist das Interesse der einzelnen Matratzen- und Möbelproduzenten, sich hier zu beteiligen? Welche Pilotprojekte könnten ohne große Komplikationen gestartet werden, um Stärken und Schwächen in den Transport- und Wiederverwertungsprozessen zu erkennen? Wie wird der Verbraucher eine Initiative honorieren und wird die Frage nach der Wiederverwertbarkeit auch ein Kaufkriterium sein?

Die Matratzen-Industrie sollte auch stärker als bisher auf die Zulieferer einwirken, wirklich innovativ zu sein. "Unser Wunsch wäre es, dass beispielsweise PU-Schäume auf lange Sicht wirklich so hergestellt werden können, dass die Polyole mindestens in anderen Produkten und bestenfalls in neuen Matratzen wiederverwertet werden können", so Leifeld. Jeder, der für Matratzen etwas zuliefert, sollte sich demnach überlegen, wie nach dem Cradle-to-Cradle-Konzept eine zyklische Ressourcennutzung, die auf den Erhalt der eingesetzten Materialien ausgerichtet ist, erreicht werden könne.

Heute, so der Verbands-Geschäftsführer, würden die Matratzen recycelt, die vor 20, 15 oder zehn Jahren gekauft wurden. Daher sei die eigentliche Aufgabe, diese zu verwerten, noch vergleichsweise einfach. Wenn zunehmend Materialien gemischt, verklebt und verbunden werden, werde es im Recycling nicht nur komplizierter, sondern auch teurer, glaubt Leifeld. Eines hält er für unabdingbar: "Schon bei der Produktinnovation sollten verantwortungsbewusste Unternehmen die Entsorgung von vorn herein mit bedenken und hierdurch ein Umdenken in der ganzen Branche in Gang bringen."
aus Haustex 07/13 (Wirtschaft)