"Early Bird" zur Domotex nach Hannover, dafür startet Messe Frankfurt "Nordstil" in Hamburg
Messe-K(r)ampf Hannover vs. Frankfurt
Paukenschlag im Norden: Die Lifestylemesse Early Bird zieht von Hamburg nach Hannover und findet dort zeitgleich mit der Bodenbelagsmesse Domotex statt. Als Reaktion schließt die Messe Hamburg eine Kooperation mit der Messe Frankfurt und veranstaltet unter dem Namen Nordstil regionale Ordertage in der Hansestadt - zum gleichen Termin.Viel Bewegung ist derzeit in der (nord-)deutschen Messelandschaft: Ende Juli verkündet Volker König, Chef beim Messeveranstalter Hanseatische Wirtschaftsdienste (HWD), den Umzug der Lifestylemesse Early Bird mit ihren Sortimenten aus den Bereichen Wohnen, Geschenkartikel und Accessoires von Hamburg nach Hannover. Mit der Entscheidung geht ein halbes Jahrhundert Messegeschichte in der Hansestadt unrühmlich zu Ende. "Wir waren überrascht, dass man uns nach 50 Jahren und 101 Veranstaltungen am 24. Juli ohne ein vertiefendes Gespräch erklärte, die Early Bird gehe nach Hannover", wird Karsten Brookmann als Sprecher der Hamburg-Messe im Hamburger Abendblatt zitiert. König hält dagegen: "Wir konnten uns trotz intensiver Verhandlungen nicht auf neue Konditionen einigen."
Fakt ist: Die nächste Early Bird findet vom 11. bis 13. Januar 2014 auf dem Messegelände in Hannover statt. Und damit zeitgleich zur Domotex, Weltleitmesse für Bodenbeläge. Deren Veranstalter und der HWD sehen Überschneidungen bei den Zielgruppen, die man als grundsätzlich Lifestyle-orientierte Klientel bezeichnet. So erhofft man sich zusätzliche Besucher, denn das Ticket für eine der beiden Messen erlaubt auch den Besuch der anderen.
Fakt ist aber auch: Zeitgleich wird es in Hamburg die neue Messe "Nordstil - Regionale Ordertage Hamburg" geben - eine klare Kampfansage an die Early Bird.
Denn die Hamburger Messe- und Congressgesellschaft (HMC) wollte das Feld nicht widerstandslos räumen, suchte und fand mit der Messe Frankfurt einen starken Partner. Binnen zweier Wochen nach Bekanntgabe des Umzugs wurde ein Letter-of-Intent unterzeichnet. "Wir freuen uns sehr, dass wir in einem für die Messewirtschaft ungewöhnlich kurzen Zeitraum ein Angebot bereitstellen können, das den Wünschen vieler Aussteller entspricht", erklärt Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe. "Dabei ist es natürlich von großem Nutzen, dass sowohl die Frankfurter als auch wir jahrzehntelange Erfahrung mit dieser Art Messen haben."
Early Bird-Chef König reagierte überrascht: "Wir hätten nicht damit gerechnet, dass die HMC so schnell handelt. Diese Konkurrenzveranstaltung zum gleichen Termin ist ein Problem für uns."
Geht es nach einer großen Zahl von Ausstellern, scheint die Sache klar: "Eine regionale Messe in Hamburg ist seit Jahrzehnten in der Branche bewährt und für viele Aussteller wie Besucher - besonders bei den kleinen Marktteilnehmern - von großer Bedeutung", erklärte Stephan Koziol, Vorstandsvorsitzender des Europäischen Verbandes Lifestyle (EVL). "Für die Mitglieder des EVL gibt es keine Alternative. Wir wollen den starken Standort Hamburg und begrüßen das Veranstaltungskonzept sehr."
Zuletzt wurde die Early Bird in der Hansestadt zweimal jährlich durchgeführt und zog nach Angaben des Veranstalters über 900 Aussteller und immerhin bis zu 20.000 Fachbesucher an. Dennoch sieht Volker König in dem neuen Standort viele Vorteile: Die Ausstellungsfläche wachse um 8.000 auf ca. 80.000 m, weitere 20.000 m stünden als Erweiterungsfläche zur Verfügung: "Mit der Option auf größere Hallenkapazitäten, mit einer verbesserten Ausstattung und Verkehrsinfrastruktur und vor allem mit einem größeren Einzugsgebiet bietet Hannover der Early Bird und ihren Ausstellern neue Potentiale und Erfolgschancen", glaubt er.
Heike Tscherwinka, Geschäftsführerin des Lifestyle-Verbandes, widerspricht: "Die Hallen in Hannover sind auf Industriemessen ausgelegt und für eine Lifestylemesse ungeeignet." Erschwerend komme hinzu, dass die Messekosten für Aussteller und Besucher durch die Domotex erheblich steigen würden. "Wichtige Kundengruppen aus dem Raum Nord- und Ostseeküste, Umsatz aus der kaufkräftigen Klientel aus dem direkten Umfeld und der Hamburger Innenstadt drohen wegzufallen", fürchtet Tscherwinka.
In einem Schreiben an die Verbandsmitglieder unterstellt sie König ganz andere Motive für den Umzug: "Die Hallenmieten sind in Hannover zwar für den Veranstalter deutlich günstiger als in Hamburg, trotzdem werden den Ausstellern die gleichen Quadratmeterpreise abverlangt", so die EVL-Geschäftsführerin. "Hier will der Veranstalter wohl seine Erträge auf Kosten seiner Kunden optimieren."
Ob das stimmt, lässt sich nicht überprüfen, spielt für den möglichen Erfolg oder Misserfolg von Early Bird und Nordstil aber auch nur eine untergeordnete Rolle. Für die überwiegende Zahl der Aussteller dürfte es aber nur ein Entweder-oder geben, weil sie zwei parallele Messeauftritte nicht stemmen können. Aktuell spricht die Early Bird von mehr als 200 Anmeldungen für den Januar 2014. Die täglichen Eingänge lägen auf dem Niveau, das man vor der Bekanntgabe des Umzuges gehabt habe. Auf der Webseite der Nordstil ist zum gleichen Zeitpunkt von über 400 Anmeldungen die Rede. 1:0 für Hamburg.
Letztlich entscheiden werden die Besucher. Dass die zukünftig alle nach Hannover fahren werden, ist unwahrscheinlich. Ebenso wenig ist damit zu rechnen, dass sie beide Messen besuchen.
aus
BTH Heimtex 10/13
(Wirtschaft)