Interview mit Kadeco-Geschäftsführer Ulf Kattelmann

"Wir gehen jetzt völlig eigene Wege"

Welche Vorteile verspricht man sich bei Kadeco von der eigenen Systemtechnik für Rollos? Wie stehen die Chancen im Objektgeschäft? Und wie beurteilt man bei dem inhabergeführten Unternehmen die Entwicklungen in der Messelandschaft? Darüber spricht Geschäftsführer Ulf Kattelmann mit BTH Heimtex-Redakteurin Petra Lepp-Arnold.


BTH Heimtex: Herr Kattelmann, bevor wir auf Ihre neue Rollo-Kollektion zu sprechen kommen: Nach einem frostigen Frühjahr hatten wir in Deutschland einen tollen Sommer. Hat Kadeco als Hersteller von innenliegenden Sonnenschutzprodukten und Markisen davon profitieren können?

Ulf Kattelmann: Es stimmt, der Sonnenschutz-Markt ist in großem Maße von der Wetterlage abhängig. Kadeco ist mit seinen Produkten zwar mittlerweile weit weg von der reinen Funktionalität und wir haben immer schon Wert auf Design, Optik und Dekoration gelegt. Dennoch konzentrierten sich die Umsätze auf die sonnenreichen Monate im ersten Halbjahr.

Der gesamte Baubereich ist mit den Fertigstellungen in Verzug. Trotz guter Auftragseingänge in den vergangenen Monaten wird es wohl für die gesamte Branche schwierig, die Rückstände vollständig aufzuholen. Während wir im innenliegenden Sonnenschutz somit hinter unseren Erwartungen liegen, konnten wir in unserem Geschäftsbereich Erwilo trotz schwieriger Rahmenbedingungen den Markisenabsatz deutlich steigern und stärker als der Markt wachsen. Der Export wird weiterhin durch die Folgen der Finanzkrise negativ beeinflusst.

Wir haben in diesem Jahr ein wahres Feuerwerk an Produktneuheiten gezündet. Auf die sehr früh, bereits im November 2012, vorgestellte Markisen-Tuchkollektion folgte die Premiere unserer ersten Stilgarnituren-Serie, im Frühjahr wurde das neue Insektenschutz-Programm im Markt eingeführt und den letzten Schritt machen wir jetzt mit der neuen Rollo-Kollektion - sicherlich das Top-Thema 2013 für Kadeco. Wir denken, dass sich dadurch ein deutlicher Impuls ergeben wird.

BTH Heimtex: Welche Neuerungen gibt es bei der aktuellen Rollo-Kollektion? Haben Sie spezielle Akzente gesetzt?

Kattelmann: Ich möchte das neue Programm unter die Überschrift Rollo 2.0 fassen. Es war für uns ein sehr umfangreiches Projekt, weil wir die Systemtechnik diesmal komplett eigenständig mit Industriedesignern und Produktentwicklern erarbeitet haben. Wir bedienen uns jetzt nicht mehr aus dem Regal eines Systemgebers, gehen völlig eigene Wege und verschaffen uns und unseren Händlern somit eine deutliche Abgrenzung vom Markt.

Unter der Haube werden deutlich stabilere, kompakte Wellen eingesetzt, die einen Durchhang vermeiden. Das hat den Vorteil, dass wir bei größeren Breiten mit kleineren Kassetten arbeiten können und die Stoffe noch planer hängen.

Das Rollo wird immer dekorativer und edler. Wir setzen bei den Komponenten auf eine puristische, hochwertige Designsprache. Zum Beispiel wurden die Kunststoffteile im Sichtbereich reduziert.

Die Stoffauswahl umfasst rund 380 Positionen, einschließlich der Serie "Level Green" aus nachhaltig gewonnenen Rohstoffen und dem Sortiment Basic Line in der Einstiegspreislage. Obwohl wir ein neues System mit deutlichem Mehrwert lancieren, gehen wir auch preislich einen attraktiven Weg.

BTH Heimtex: Kommen wir von der neuen Rollo-Kollektion zu den anderen Sonnenschutz-Produkten. Wie haben sich Plissees, Jalousien, Lamellen- und Flächenvorhänge bei Kadeco entwickelt?

Kattelmann: Im Sonnenschutz sind Faltstores nach wie vor unsere wichtigste Sparte. Hier verzeichnen wir immer noch ein überproportionales Wachstum. Der Run auf dieses Produkt lässt nicht nach. Das zeigt sich auch darin, dass der Wettbewerb durch neue Hersteller aus dem Dekostoffbereich oder lokale Kleinanbieter immer größer wird. Plissee ist mit Abstand der umsatzstärkste Sonnenschutz. Wir freuen uns über diesen Umsatz, aber dennoch würde ich mir manches Mal wünschen, dass auch die anderen Produkte in der Beratung eine stärkere Berücksichtigung finden.

Lamellen- und Flächenvorhänge sind analog zur Gesamtentwicklung etwas verhalten gestartet. Schiebepaneele werden zum Teil durch großdimensionierte Rollos kompensiert. Bei Vertikallamellen spielt die verzögerte Bautätigkeit im Objektbereich eine Rolle, wenngleich wir eine sehr dekorative Kollektion aufgelegt haben, die sich unter anderem mit 250mm breiten Lamellen auch sehr gut für den Privatbereich eignet.

Die Jalousie entwickelt sich positiv. Wir wachsen hier stärker als der Markt. Der Systemwechsel 2012 bei der Jalousietechnik war ein voller Erfolg. Gerade die verspannte Variante Flic Flac wird trotz des höheren Preises sehr gut angenommen und ist in ihrer Flexibilität kaum zu übertreffen, was Sicht- und Blendschutz betrifft. Die Stärke bei der Jalousie im Maßbereich ist die Individualisierung, zum Beispiel mit Farbwechsel der Lamellen im Behang. Das ist unser Wettbewerbsvorteil gegenüber einer Standardjalousie aus dem Baumarkt.

BTH Heimtex: Wie wird ihr erstes Dekotechnik-Programm mit Rundstangen und Innenlaufsystemen im Markt angenommen?

Kattelmann: Die Vorhanggarnituren sind eine Abrundung unseres Portfolios. Mit dem konsequenten Baukastenansatz scheinen wir einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. Der Abverkauf der Musterkoffer ist sehr gut, das heißt, die Indikatoren sind positiv. Um über nachhaltige Umsätze zu sprechen, ist es allerdings noch zu früh.

BTH Heimtex: Mit den Markisen-Umsätzen der Marke Erwilo sind Sie zufrieden. Wie läuft das neue Insektenschutz-Programm?

Kattelmann: Mit Erwilo haben wir uns natürlich hohe Ziele gesteckt, da es ein verhältnismäßig junges Geschäftsfeld für uns ist. Diese Entwicklung ist mitunter auf die sehr gute Resonanz unserer neuen Markisenstoff-Kollektion zurückzuführen. Allein im Bereich Tuchtausch konnten wir den Umsatz um 20% steigern.

Im Bereich Insektenschutz haben wir nach zweijähriger Entwicklungsarbeit ein neues System eingeführt. Der Markt ist bekanntlich bundesweit von vielen lokalen Playern geprägt, die vielfach die gleichen Systeme verarbeiten und somit im direkten Wettbewerb mit identischen Produkten stehen. Durch ein völlig eigenständiges Design und Verbesserungen im Detail kann sich der Kadeco-Fachhändler vor Ort von seinen Mitstreitern differenzieren. Weiterhin haben wir durch die Weiterentwicklung unserer Verkaufsunterlagen die Modellauswahl, Beratung und das Aufmaß noch einmal deutlich vereinfacht. Diese Maßnahmen werden sich auf der Absatzseite bemerkbar machen.

BTH Heimtex: Wie ist die Auftragslage im Objektbereich?

Kattelmann: Das Objekt wird für uns zu einem immer wichtigeren Geschäftsfeld, wenngleich sich unser Fokus als Fachhandelsmarke nach wie vor auf das Geschäft mit Privatkunden richtet. Folgerichtig wickeln wir alle Projekte ausschließlich in Kooperation mit unseren Fachhandelspartnern ab. Gleichzeitig werben wir bei Architekten für Kadeco-Produkte und unterstützen unsere Partner persönlich vor Ort während der Projektentwicklung mit dem Auftraggeber. Im März konnten wir gemeinsam mit einem langjährigen Kunden den größten Einzelauftrag in der Unternehmensgeschichte entgegennehmen. Der Auftraggeber ist ein bekannter deutscher Automobilhersteller, der sein Vorstandsgebäude mit unseren Produkten ausgestattet hat.

BTH Heimtex: Endkunden kaufen Sonnenschutz inzwischen auch in Online-Shops oder in Filialen von Franchise-Ketten. Wie soll der Fachhandel hier gegensteuern?

Kattelmann: Für uns kommt diese Entwicklung nicht überraschend und sie war bereits vor sieben Jahren abzusehen, als wir die Kadeco Premiumpartnerschaft ins Leben gerufen haben. Wir glauben, dass der Facheinzelhandel dieser Tendenz mit modernen Ladenbaukonzepten begegnen muss und seine Kernkompetenzen voll ausspielen sollte: emotionale ganzheitliche Beratung, Aufmaß, Montage und individueller, persönlicher Service. Deshalb unterstützen wir unsere Kunden genau in diesen Bereichen. Der Fachhandel sollte sich auf starke Marken konzentrieren und sein Portfolio straff auf diese ausrichten. Mit gut geschultem Personal und den richtigen Strategien im Verkaufsgespräch kann trotz konkurrierender, preisaggressiver Vertriebsformen weiterhin hochwertig verkauft werden. Die Fachhändler dürfen sich nicht von der Preisspirale anstecken lassen. Es gibt immer einen, der im Internet günstiger anbieten wird.

BTH Heimtex: Stichwort Messeaktivitäten. Welche Messen sind für Sie als Aussteller relevant?

Kattelmann: Die Heimtextil in Frankfurt und die R +T in Stuttgart werden für uns die Leitmessen der Sonnenschutz-Branche bleiben. Wir sind auch offen für neue Messekonzepte und stellen zum Beispiel auf der Intirio in Gent aus, sind bei der Swissfloor und Heimtex-Suisse präsent sowie auf Verbandsmessen.

Von der Regionalisierung der Messen profitiert der Markt nicht unbedingt, was sich auch an den Besucherzahlen einiger Veranstaltungen ablesen lässt. Ich hoffe, dass es der Branche gelingt, die Messelandschaft im Interesse der Besucher und Aussteller mit frischen Konzepten weiterzuentwickeln.

BTH Heimtex: Welche Aufgaben gibt es noch zu lösen? Wo steht Ihr Unternehmen in fünf Jahren und wie sieht der Markt aus?

Kattelmann: Wir tun eine Menge, um unsere Ressourcen zu pflegen und unser Unternehmen in vielen Bereichen weiterzuentwickeln. Gerade sind wir in einem groß angelegten IT-Projekt dabei, die gesamte Unternehmens-Software zu überarbeiten. Kadeco setzt weiterhin auf Expansion und schafft die hierfür notwendigen Strukturen. Der Markt wird zwar insgesamt nicht wachsen, aber wir sehen genügend Potenzial für uns. Und wir sind gut darauf vorbereitet - es wird spannend.
aus BTH Heimtex 10/13 (Wirtschaft)