Dr. Horst Schuh
Who is Who im Sachverständigenwesen
Dr. Horst Schuh
Labor Dr. Schuh
Imhofstr. 3
80806 München
Tel.: 089/3612543
Fax: 089/362781
E-Mail: ettl-schuh@t-online.de
Beruflicher Werdegang
Geologiestudium an der Universität München
Mitarbeiter am Bayerischen Geologischen Landesamt
Mitarbeiter am Institut für Allgemeine und Angewandte Geologie der Universität München
Promotion zum Thema Verwitterung von Sandsteinen
seit 1987 Sachverständigentätigkeit
Tätigkeitsspektrum
Die Sachverständigentätigkeit umfasst einerseits die Instandsetzung alter, überwiegend denkmalgeschützter Bausubstanz und andererseits Schäden an Neubauten. Sie bezieht sich überwiegend auf anorganische Baustoffe.
Sachverständigentätigkeit im Auftrag von öffentlichen und privaten Auftraggebern und Gerichten oder als Beirat für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.
Chemisch-mineralogische Untersuchung von Baustoffen im eigenen Labor und in Kooperation mit anderen Untersuchungslabors u.a. Feuchtigkeitsbestimmungen, Materialuntersuchungen, Salzbestimmungen und Festigkeitsuntersuchungen.
Mitarbeit in mehreren Arbeitgruppen der WTA (Wissenschaftlich technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.) zur Erstellung von Merkblättern.
Praxisbeispiel
In einem Bauabschnitt einer Wohnanlage löste sich kurz vor der Übergabe der Wohnungen das Mosaikparkett aus Eiche bzw. Buche im englischen Verband vollflächig von der Estrichoberfläche. In einem anderen Bauabschnitt wurden vom Parkettleger ungeeignete Estrichoberflächen beanstandet. Der als Schiedsgutachter zwischen dem Bauherrn und dem Parkettleger beauftragte Sachverständige für das Estrichlegerhandwerk zog unser Labor für die Untersuchung der Schadensursache hinzu.
Beim Estrich mit Warmwasserheizung handelte es sich um einen Calciumsulfat-Fließestrich mit Naturanhydrit. Nach dem Abschleifen wurde die Oberfläche mit einer Dispersion grundiert und das Parkett mit einem 2-Komponenten Dispersions-Parkettkleber verlegt. Nach der Fertigstellung des Parketts wurde die Fußbodenheizung normal betrieben. Innerhalb von 3 Tagen bildeten sich Fugen zwischen den Parkettriemchen.
Bei der Begutachtung einen Monat später wurde festgestellt, dass sich das Parkett mit Kleber und Grundierung zu 100% von der Estrichoberfläche gelöst hatte. Auf der Estrichoberfläche befand sich eine vergleichsweise dicke, mehlende Schicht. Die Überprüfung der Entnahmefeuchte (Darr-Methode) ergab mit 0,1 bis 0,2 M-% eine geringe Restfeuchtigkeit. Die Holzfeuchte betrug 8 bis 9 M-% und entspricht der noch nicht verlegten Ware. Das Mehl auf der Estrichoberfläche bestand aus 75% Kalk (Calciumkarbonat) und 25% Natriumsulfat. Bei Natriumsulfat handelt es sich um ein leicht in Wasser lösliches Salz. Die eigentliche Estrichoberfläche bestand, wie die Untersuchung des Schleifstaubes von einem noch nicht belegten Estrich ergab, aus 50% Kalk, 20 % Anhydrit (Calciumsulfat) und 20 % Syngenit (Kalium-Calciumsulfat) und 10% aus Gips (Calciumsulfat-Dihydrat). Dabei handelt es sich überwiegend um schwerlösliche Verbindungen, die sich beim Austrocknen und der Erhärtung des Estriches angereichert hatten. Das leicht lösliche Natriumsulfat wurde nicht nachgewiesen. Die Bestimmung des Alkaligehaltes (Natrium und Kalium) im Tiefenprofil zeigte in der oberflächennahen Schicht (0 bis 5 mm) eine erhebliche Anreicherung mit Kalium (0,6 bis 1,9 M-%) und Natrium (0,15 bis 0,35 M-%) gegenüber der Verteilung im Estrichquerschnitt. Kalium stammt aus dem Anreger des Estriches (Kaliumsulfat), während Natrium als Verunreinigung weiterer Zusatzstoffe im Estrich vorhanden ist.
Im Zuge der Erhärtung und Austrocknung der Restfeuchtigkeit sind die in Wasser löslichen Bestandteile Kalk (Calciumhydroxid) und Alkalien des Estriches an die Oberfläche gewandert. Calciumhydroxid reagiert mit der Kohlensäure aus der Luft zu unlöslichem Kalk (Calciumkarbonat). Natrium- und Kalium bilden mit dem vorhandenen Gips Natriumsulfat und Syngenit. Nach der Erhärtung liegt Natriumsulfat in der wasserhaltigen Modifikation Mirabilit (Na2SO4 x 10 H2O) vor. Durch die Inbetriebnahme der Heizung wandelt sich Mirabilit in die wasserfreie Modifikation Thenardit (Na2SO4) um. Beim Kontakt mit dem Wasser aus der Grundierung wurde das feste Salz zuerst gelöst, wobei sich ein Hydratationsdruck aufbaute. Beim erneuten Austrocknen kristallisierte das gelöste Salz wieder aus (Kristallisationsdruck). Beim Phasenübergang Mirabilit zu Thenardit wird erneut Druck auf das erhärtete Gefüge aufgebaut, in dessen Folge der Verbund zwischen Grundierung und Estrich verloren geht. Bei Natriumsulfat sind die Hydratations- bzw. Kristallisationsdrücke so stark, dass das Salz in der Baustoffprüfung beim Salzsprengtest verwendet wird. Da Natriumsulfat auch in Abhängigkeit von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit seine Kristallform ändern kann, besteht auch bei der Verwendung eines wasserfreien Parkettklebers die Gefahr eines nicht dauerhaften Verbundes zwischen Parkett und Estrich.
Die Überprüfung weiterer Bohrkerne aus dem Bauvorhaben und deren Überprüfung (Ultraschalltiefenprofil, Bohrfestigkeit und mikroskopische Untersuchung des Querschnitts) zeigte eine deutliche Sedimentation der gröberen Zuschläge und Anreicherung von Bindemittel in der Oberflächenzone (bis zu 10 mm). Die Festigkeit nahm zur Oberfläche hin teilweise erheblich ab. Als Ursache für die Ablösung des Parketts wurde schließlich die mangelhafte Estrichausführung festgestellt, die die Sedimentation bzw. die Anreicherung der löslichen Bestandteile nach sich zog.
Brancheneinschätzung
Ich möchte die Boden verlegende Gewerke ermuntern, nicht alles zu glauben, was die Industrie ihnen weis machen will. Ich bin immer wieder überrascht, wie man Handwerker ins offene Messer laufen lässt. Meine Empfehlung an Praktiker ist, eine gesunde Skepsis zu entwickeln und in der Diskussion mit Kollegen zu testen, was möglich ist und was nicht. Außerdem tragen Fortbildungsveranstaltungen der Innungen dazu bei, sich unabhängig über den neuesten Stand der Technik zu informieren.
aus
FussbodenTechnik 03/08
(Personalien)