Forbo Flooring: Interview mit Martin Richenhagen, Tom Kaiser, Elmar Schmidt
"Wir bauen auf Deutschland und haben uns dort auch einiges vorgenommen"
Für Martin Richenhagen, bis vor kurzem Chef der Bodenbelagssparte von Forbo, war es einer seiner letzten Auftritte in der Branche, - Richenhagen ist seit 15. März CEO des weltweit größten Landmaschinenbauers Agco -, für seinen Nachfolger Tom Kaiser der erste: BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Steinert traf sich noch vor der offiziellen Amtsübergabe mit den beiden und Deutschland-Geschäftsführer Elmar Schmidt, um zu erfahren, wie es mit der Umstrukturierung und Neuaufstellung von Forbo Flooring steht - speziell in Deutschland - und was für 2004 auf der Agenda steht.
BTH Heimtex: Bei unserem ersten Gespräch vor knapp einem Jahr sprachen Sie davon, "2003 Chancen zu nutzen und in Deutschland weiter wachsen" zu wollen. Das stellt sich im Markt etwas anders dar. Sie waren im vergangenen Jahr sehr mit sich selbst beschäftigt.
Elmar Schmidt: Zum Teil haben Sie damit Recht. Wir haben die Zusammenlegung von zwei Firmen gestaltet, das hat viel Arbeit erfordert und dabei mag uns etwas Zeit für den Markt gefehlt haben. Aber man muss seine Vorgehensweise planen und für uns galt es zunächst, die Organisation zu finden, mit der wir in Zukunft arbeiten wollen, unsere Mannschaft dafür zu begeistern und das Ganze dann Schritt für Schritt umzusetzen. Das haben wir gemacht und seit dem 1. Januar 2004 sind Forbo Novilon und Forbo Linoleum unter dem Dach Forbo Flooring vereint und die neue Organisation aufgestellt. Nach meinen Informationen aus dem Markt beginnen die erhofften Effekte auch zu greifen. Konkret haben wir beispielsweise die stärkste Außendienst-Mannschaft im reinen CV-Geschäft draußen - insgesamt 17 Mitarbeiter. Sie betreuen nicht nur den Großhandel, sondern sind auch vor Ort bei den Handwerkern und Objekteuren in der
Akquisition und der Unterstütz-ung für unsere Großhandels-Kunden aktiv. Dort kommen wir jetzt auch mit Linoleum zum Zug. Umgekehrt öffnet unserer Objekt-Außendienst - das sind weitere 22 Mitarbeiter - die Türen für CV.
Im Übrigen sind wir im letzten Jahr schon ein gutes Stück vorangekommen: Wir haben zum Beispiel bei Linoleum trotz eines Marktrückgangs von 10% leicht hinzugewinnen können.
BTH Heimtex: Was heißt das konkret - haben Sie nur geringere Einbußen als der Markt oder einen echten Zuwachs erzielt
Schmidt: Ein echtes Plus, noch etwas deutlicher in der Menge als im Wert.
Für den CV-Bereich gibt es keine verifizierten Marktzahlen. Wenn man den Aussagen glauben darf, ist der Absatz im Fachhandel hier zwischen 10 und 15% geschrumpft. Wir haben zwar auch an Umsatz verloren, aber unterdurchschnittlich im Vergleich zum Markt und vor allem haben wir uns von unrentablen Um-
sätzen verabschiedet und an Profitabilität gewonnen.
BTH Heimtex: Und wie sind Ihre neuen Produkte angelaufen - der Linoleum-Fertigboden Marmoleum Click und die Designkollektion Eternal?
Schmidt: Marmoleum Click hatten wir auf der Domotex vorgestellt und dann ab April exklusiv über den Großhandel in den Markt gebracht. Nach etwas zähem Anlauf waren wir erst etwas enttäuscht, ab August, September zog der Umsatz dann aber klar jeden Monat weiter an. Offenbar haben wir es mit dieser Problemlösung endlich geschafft, Linoleum für den Privatkunden interessant zu machen. Ich sehe gerade für dieses neue Produkt im privaten Umfeld eine große Zukunft. Marmoleum Click ist gegen Kork positioniert, wobei wir mit Ökologie, Natürlichkeit und der weichen, warmen Oberfläche argumentieren - sowie der einfachen, zuverlässigen, sauberen Verlegung. Die Qualität ist so gut, dass wir bislang noch keine einzige Reklamation hatten. Dieses Jahr werden wir ganz klar sehr viel mehr für Marmoleum Klick tun. Das ist eines unserer Schwerpunkt-Themen.
Bei der Vermarktung der Eternal Collection haben wir uns noch etwas zurückgehalten, weil wir Gefahr liefen, in einen internen Wettbewerb mit unserem objektgeeigneten CV-Belag Novilux zu geraten. Inzwischen haben wir die beiden Beläge jeweils sauber positioniert, so dass sie als Ergänzung und nicht als Konkurrenz wirken. Insofern haben wir bei Novilux im letzten Jahr leicht zulegen können, Eternal hat dagegen noch nicht nennenswert zum Umsatz beigetragen.
BTH Heimtex: Ich hätte gerne noch konkrete Zahlen. Für 2002 hatten Sie seinerzeit einen Umsatz von 70 Mio. EUR genannt. Wo lagen Sie 2003?
Schmidt: Unser Umsatz ist gegenüber 2002 um knapp 4% zurückgegangen.
BTH Heimtex: Also insgesamt doch ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. In einem Nebensatz erwähnten Sie eben, dass es Ihnen gelungen sei, CV-Beläge profitabel zu machen. Waren Sie das vorher nicht?
Schmidt: Ich sagte, dass es uns gelungen ist, die Profitabilität zu steigern. Dabei haben wir uns von Geschäften getrennt, die keinen Deckungsbeitrag mehr generierten.
Und wir hatten aus der Vergangenheit heraus sehr hohe Aufwend-ungen im Musterbereich zu tragen. Sicher ein Problem, dass die ganze Branche drückt, die Industrie genauso wie den Handel. Hier müssen wir uns alle zusammen Gedanken machen, wie man das Geld besser im Sinn einer Konsumenten-Aktivierung einsetzen kann.
Ich möchte betonen, dass das operative Geschäft profitabel ist und dass das Ergebnis in Deutschland insgesamt im vergangenen Jahr zweistellig gestiegen ist.
BTH: War es zuvor negativ?
Schmidt: Nein. Das Ergebnis im Objektgeschäft war immer eindeutig schwarz und wir haben diese Position weiter ausbauen können.
BTH Heimtex: Sie sagten eben, Sie hätten sich von unrentablen Produkten getrennt. Welche waren das?
Schmidt: Wir hatten einige Positionen am Rande mitlaufen, die nicht unter der Marke Novilon und auch nicht unter der Marke Forbo im Markt platziert waren. Das haben wir gestoppt und uns darauf konzentriert, gezielt hochwertigere Segmente weiter zu entwickeln, wobei der Mittelbau etwas breiter ausgebildet werden soll als in der Vergangenheit. Um die Marke Novilon zu stärken, setzen wir einerseits auf die klassischen Sortimente, bei denen der Großhandel kein Risiko in der Lagerhaltung eingeht und andererseits auf Aktionen mit modischeren Artikeln.
BTH Heimtex: Sind Sie in Deutschland personell richtig aufgestellt? Sie verwiesen vorhin auf Ihre großen Außendienstmannschaften für Handel und Objekt, haben aber mit Herrn Thewes nur einen Vertriebsleiter für beide Geschäftsbereiche. Wären nicht zwei Vertriebsleiter sinnvoller, die mit den Besonderheiten der jeweiligen Schiene vertraut sind?
Schmidt: Das haben wir sehr intensiv untersucht und haben uns letztlich für einen Vertriebsleiter entschieden. Im Objekt- und Handelsbereich sind die größten Kunden identisch und wir glauben, dass so eine bessere Abstimmung innerhalb des Vertriebs möglich ist und interner Wettbewerb vermieden wird. Ich denke auch, dass wir mit unserer Organisationsform den Bedürfnissen der Kunden besser gerecht werden: Der Vertrieb an der Basis und das Marketing sind getrennt und sprechen die Sprache ihrer jeweiligen Zielgruppe, also Handwerker oder Entscheider bzw. Architekt. Führungsebene und Innendienst sind hingegen integriert, so dass unsere Kunden hier für Auftragsabwicklung und übergeordnete Angelegenheiten nur einen Ansprechpartner haben. Eine Ausnahme bildet lediglich Süddeutschland, wo die Führungsspanne für nur einen Regionalverkaufsleiter zu groß wäre, hier arbeiten wir also mit zwei Verkaufsleitern jeweils für Handel und Objekt
Richenhagen: Wir wissen, wie wichtig soziale Kompetenz und Kundennähe in einer Vertriebs-organisation sind und dass man Mitarbeiter braucht, die in der
Lage sind, Kundenbindung über eine persönliche Schiene herzustellen. Das wird heute immer wichtiger. Die besten Geschäfte macht man dort, wo es gelingt, zum Kunden eine menschliche Beziehung aufzubauen. Im Handel hat Novilon dies immer gepflegt. Das wollen wir auch fortsetzen.
BTH Heimtex: Die Zusammenführung ist also abgeschlossen, das Sortiment bereinigt... was haben Sie sich für 2004 vorgenommen?
Schmidt: Das Thema Integration ist durch, jetzt ist das Jahr des Angriffs.
BTH Heimtex: Das wird aber nicht so einfach. Der Linoleum-Markt stagniert oder schrumpft sogar, bei CV-Belägen schlägt in diesem Jahr die Stunde der Wahrheit bei der Listung und Sie stoßen auf starke Wettbewerber: Tarkett will "aggressiv agieren", IVC weiter hinzugewinnen und Dominiek de Clerck seine 35 Mio. EUR teure 5 m-Anlage refinanzieren. Mit welcher Strategie, welchen Argumenten tritt Forbo als Hochpreis-Anbieter dagegen an?
Schmidt: Jedes Unternehmen muss seine Positionierung und seine USP finden. Unser USP ist eindeutig nicht der niedrigste Preis. Wir haben kein Interesse an Billigbelägen. Wir bringen eine anerkannt hochwertige Ware mit einem besonderen Service und aktiver Unterstützung in den Markt - meines Wissens ist das in der Branche in dieser Form einmalig - und das bedingt natürlich einen höheren Preis. Aber unser Kunde hat nicht nur das bessere Produkt, sondern auch eine bessere Marge. Und darauf kommt es doch an.
BTH Heimtex: Was ist das Besondere an Novilon? Warum sollen Ihre Kunden dafür mehr bezahlen als für andere CV-Beläge?
Schmidt: Ganz einfach: Novilon ist der CV-Belag, mit dem Handwerker am liebsten arbeiten. Die Ware ist absolut dimensionsstabil. Wenn sie geschnitten wird, gibt es kein Verziehen, sie kann schnell und leicht verlegt werden, unter anderem aufgrund des mechanischen Rückens, und die Oberfläche ist extrem resistent - kurz: Novilon erleichtert es dem Handwerker eine optimale Leistung abzuliefern und auch Geld damit zu verdienen.
Außerdem glaube ich, dass Großhandel und Handwerker Interesse an einer starken Marke wie Novilon haben, mit der sie vernünftig wirtschaften können. Alles andere wäre kurzsichtig und würde ihren eigenen Interessen schaden.Nicht zuletzt haben wir recht erfolgreich aktive Kundenbindung betrieben. Das werden wir auf jeden Fall weiterführen und dabei versuchen, die menschliche Komponente noch stärker einzubinden, indem gemeinsame Aktivitäten forciert werden.
BTH Heimtex: Wie sollen Handels-und Objektgeschäft gewichtet sein?
Schmidt: Etwa 50:50. Wobei wir bei Linoleum unsere Position weiter ausbauen wollen, zum Beispiel im Bereich Health Care - mit diesem Segment wollen wir uns generell intensiver befassen - bei CV wollen wir bei der Listung deutliche Akzente setzen.
BTH Heimtex: Sie haben auch erste Vorstöße in Richtung Baumarkt unternommen.Wie weit sind Sie dort?
Schmidt: Über die Baumarkt-Schiene werden heute schon gut 40% des CV-Volumens abgesetzt. Von daher kommt auch Forbo an dem Thema DIY nicht vorbei. Allerdings werden wir hier klar eine separate Vertriebsstrategie fahren: Sie werden weder eine Marke Novilon oder Novilux noch Forbo in den Baumärkten finden, auch keine Dessins aus diesen Kollektionen, sondern es wird eine eigene Marke mit einem eigenen, international orientierten Programm entwickelt, das im Übrigen gar nicht nur aus Coevorden, sondern auch von anderen Produktionsstandorten kommt.
BTH Heimtex: Können Sie die Preise im Baumarkt überhaupt darstellen? Eigentlich sind Sie zu hochpreisig.
Schmidt: Interessanterweise sind die Baumärkte auf uns zugekommen, weil sie ein Abrundung im oberen Segment suchten. Wir sind der Lieferant für sie, der in Konzepten denkt, Argumente bietet und auch vor Ort bei den Marktleitern präsent ist und sie unterstützt.
BTH Heimtex: Noch eine letzte Frage zum deutschen Markt: Welche Rolle spielt er überhaupt für Forbo Flooring insgesamt Mit 67 Mio. EUR Umsatz macht er gerade knapp 15% des gesamten Bodenbelagumsatzes aus (2003: 729 Mio. CHF, bzw. 463 Mio. EUR).
Richenhagen: Auf jeden Fall ist Deutschland der größte Bodenbelagsmarkt in Europa und deshalb ist er für Forbo ganz wichtig. Er ist uns sogar besonders wichtig, weil wir dort das größte Wachstumspotenzial bei Linoleum haben. Traditionell ist hier unser Marktanteil im Vergleich zu anderen Märkten nämlich schwächer - wir können also noch wachsen. Von daher bauen wir auf Deutschland und haben uns auch einiges vorgenommen. Deutschland ist ganz klar einer unserer strategischen Märkte für die Zukunft - neben den USA, China und natürlich Osteuropa.
BTH Heimtex: Forbo hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Der Umsatz hat sich zwar um 5% auf 1,6 Mrd. CHF erhöht, aber das Ergebnis ist zusammengeschmolzen. Bei Bodenbelägen hat der Umsatz leicht nachgegeben. Wie haben sich hier die einzelnen Produktgruppen und das Ergebnis entwickelt? Und sind die Ertragseinbußen hauptsächlich in den Aufwendungen für Restrukturierungen und Kostensenkungs-Maßnahmen begründet oder war das operative Ergebnis auch schlechter?
Richenhagen: Bei Linoleum mussten wir Ausfälle hinnehmen, die aus der allgemein schwachen Bautätigkeit bei Großprojekten resultieren, konnten das aber teilweise durch das erweiterte Angebot bei Kunststoffbelägen für das Objekt auffangen. CV-Beläge waren relativ stabil.
Das operative Ergebnis bei Bodenbelägen liegt ungefähr auf Vorjahresniveau. Gegenüber unserem besten Jahr, das war das Jahr 2000, haben wir bei Bodenbelägen schon einen deutlichen Ergebnisrückgang verkraften müssen. Das ist natürlich unbefriedigend.
BTH Heimtex: Über wie viele Quadratmeter reden wir überhaupt bei Forbo?
Richenhagen: Mit allen Produktgruppen insgesamt über deutlich mehr als 60 Mio. qm.
BTH Heimtex: Welche sind Ihre strategischen Produkte?
Richenhagen: Bei Linoleum sind wir optimistisch und wollen innerhalb der nächsten fünf Jahre ein vernünftiges Wachstum realisieren. In USA beispielsweise gibt es einen sehr vielversprechenden Trend in Richtung umweltfreundlicher Bodenbeläge, der Linoleum zu Gute kommt. Da wird sich in den nächsten Jahren sicher noch einiges bewegen. Und: In Linoleum sind wir stark - wir sind nicht nur Marktführer, sondern auch Kostenführer.
Bei PVC-Objektbelägen sind wir ebenfalls optimistisch und gehen davon aus, ein schönes Wachstum erzielen zu können.
BTH Heimtex: Mit welchen Produkten?
Richenhagen: Mit unserer Eternal Collection und mit Spezialprodukten für verschiedene Märkte. In Frankreich beispielsweise sind wir Marktführer bei schalldämmenden Belägen, die dort sehr gefragt sind. In Skandinavien laufen Chipbeläge gut, die dort oft in Nassräumen eingebaut werden und die klassiche Duschwanne ersetzen. In England gibt es einen besonderen Markt für rutschfeste Beläge. Dort bringen wir ein rutschfestes Linoleum und stoßen damit in ein Segment vor, das bis jetzt noch keiner bedient hat. Und wir kommen Anfang 2005 mit einer Trendkollektion Linoleum in den Markt, von der wir uns sehr viel versprechen.
BTH Heimtex: Wie machen Sie das Linoleum rutschfest und entspricht das Produkt auch unseren Anforderungen?
Richenhagen: Ja. Der Belag hat eine spezielle Oberfläche, die mechanisch strukturiert und zusätzlich mit einer besonderen Beschichtung versehen wird. Aber wie gesagt: dies ist ein Spezialprodukt für England.
BTH Heimtex: Sie setzen also auf internes Wachstum durch neue Produkte. In den anderen Sparten haben Sie sich Umsatz dazugekauft. Erwägen Sie das auch bei Bodenbelägen oder sind Investitionen angesichts der schlechten Zahlen erstmal gestrichen?
Richenhagen: Es ist uns klar, dass wir weiter wachsen müssen. Wir denken auch gerade darüber nach, wie eine Wachstumsstrategie für den Bodenbelagsbereich aussehen kann, welche externen Möglichkeiten überhaupt vorhanden sind und was überhaupt von den Produkten her zu uns passen könnte.
Auch das Projekt Russland ist noch nicht vom Tisch; nur muss man sich genau überlegen, wie man dort vorgeht - allein oder mit einem russischen Partner, neu bauen oder in ein bestehendes Werk einsteigen.
BTH Heimtex: Und an welches Produkt denken Sie dabei?
Richenhagen: CV-Beläge. Der Markt ist interessant und da ist auch genug Platz für einen weiteren Hersteller. Und ich gehe davon aus, dass es langfristig schwieriger wird, nach Russland zu exportieren.
BTH Heimtex: Ist es ein Nachteil, dass Forbo sich nicht auf Bodenbeläge konzentriert, sondern ein Mischkonzern mit drei fast gleich großen Geschäftsfeldern ist?
Richenhagen: Nein, das sehe ich nicht so. So wird das Geschäft auch nicht gemanagt. Die Holding in der Schweiz ist extrem klein und flach und ihre Aufgaben beschränken sich neben der Strategieentwicklung im Prinzip auf die klassischen Holdingfunktionen wie Investor Relations,
Finanzierung, Controlling, Recht, Personal etc, aber keine operativen Tätigkeiten. Die liegen direkt bei den drei Geschäftsfeldern, die völlig unabhängig voneinander betrieben werden und sehr autark agieren. Zwar gibt es keine große Synergien zwischen den Bereichen, aber auch keine Nachteile.
BTH Heimtex: Aber zum Beispiel Investitionen müssen abgestimmt werden. Das Geld kann nur einmal ausgegeben werden und es bewerben sich drei Sparten darum.
Richenhagen: Das muss trotzdem kein Nachteil sein. Wenn es so wäre, würde sich eine Art Wettbewerb daraus ergeben, und der Verwaltungsrat würde sich für das beste Geschäft entscheiden - und das würde Forbo insgesamt wieder stärken.
Aktuell ist es so, dass Klebstoffe in den letzten Jahren stark gewachsen sind und sich jetzt erstmal konsolidieren müssen, im Transportbänder-Bereich hat Forbo ebenfalls ordentlich investiert und steht gut da; also wäre der wahrscheinlich nächste Schritt eine Investition bei Bodenbelägen.
Das Investitionsvolumen für das Geschäftsjahr 2004 ist mit über 30 Mio. CHF sogar höher als 2003, liegt aber immer noch unter den Abschreibungen. Schwerpunkte liegen in unserem Linoleumwerk in Krommenie, wo wir einiges in Effizienz und Logistik investieren, wir investieren außerdem in Produktionskosten und Produktivität bei unserer Parkettfabrik in Schweden und in die Kalander-Linie in Coevorden, die wir inzwischen einschichtig betreiben.
BTH Heimtex: Einschichtig heißt, sie ist nur zu 30% ausgelastet. Teure Investition. Ursprünglich wollten Sie damit PVC-freie Beläge produzieren. Was läuft jetzt darauf?
Richenhagen: Wir produzieren auf der Anlage heterogene Objektbeläge und technische Spezialprodukte für die Industrie. Wir haben aber Vorstellungen, wie wir die Anlage künftig noch besser einsetzen.
BTH Heimtex: Kommen wir nochmal zurück auf die Zahlen. Das Ergebnis von Forbo ist im vergangenen Jahr stark zusammengeschmolzen. Im zweiten Halbjahr haben Sie praktisch kein Geld verdient. Wie interessant bleiben Sie für Ihre Aktionäre?
Richenhagen: Bis jetzt sind unsere Gesellschafter sehr treu und nach der Veröffentlichung unserer doch enttäuschenden Ergebnisse ist der Kurs sogar leicht gestiegen. Im übrigen haben wir Reorganisationsmaßnahmen angekündigt und man traut uns wohl auch zu, dass sie umgesetzt werden. Wobei der angekündigte Personalabbau im Bodenbelagsbereich bereits vollzogen ist.
BTH Heimtex: Stichwort Reorganisation und Kosten. Laut Geschäftsbericht 2002 waren Ihre Herstellkosten sehr hoch. Woran liegt es und wo haben Sie angesetzt?
Richenhagen: Wie ich bereits gesagt habe, sind die Herstellkosten bei Linoleum nicht zu hoch - zumindest im Benchmark mit dem Wettbewerb. Natürlich arbeiten wir trotzdem weiter daran, sie zu senken, zum Beispiel durch die Verbesserung des innerbetrieblichen Transports und eine Automatisierung des Lagers. Das läuft auch wie geplant.
Im CV-Bereich belasten uns auf der einen Seite die Abschreibungen und Zinsen aus dem Kalander, auf der anderen haben wir uns in der Vergangenheit zu wenig mit der Frage befasst, wie wir das Produkt kostengünstiger herstellen können. Und wir haben darüber hinaus zu hohe Komplexität in den Lagerpositionen. Da sind wir auch dran und werden die Herstellkosten in diesem Jahr im zweistelligen Prozentbereich senken.
BTH Heimtex: Herr Kaiser, Sie kommen aus dem Sanitär- und Heizungsbereich, die Bodenbelagsbranche ist neu für Sie. Wie ist Ihr erster Eindruck?
Tom Kaiser: In den ersten Gesprächen mit wichtigen Kunden habe ich herausgehört, dass mein Verständnis vom Handel und meine Erfahrungen mit dem Handel sehr identisch sind mit dieser Branche. Der Aufbau im Heizungsbereich ist ähnlich dreistufig angelegt und das Hauptgeschäft funktioniert wie hier über Handelssysteme mit Verbänden und großen Ketten. Wobei der Konzentrationsprozess im Großhandel möglicherweise weiter fortgeschritten ist.
Und ich habe auch herausgehört, dass die Forbo-Gruppe ein interessanter Partner für den Handel ist.
BTH Heimtex: Was hat Sie an der Aufgabe bei Forbo gereizt?
Kaiser: Auf der einen Seite, dass ich das Umfeld kenne und doch eine neue Dimension dazukommt, auf der anderen die Internationalität der Aufgabe und das Potenzial, das darin steckt.
BTH Heimtex: Und was bringen Sie ein?
Kaiser: Ich verfüge nicht nur über Erfahrung in der Arbeit mit internationalen Organisationen, sondern auch mit unterschiedlichen Marktsegmenten und Marken, und sowohl Expansion auf der einen Seite als auch Restrukturierung auf der anderen.
BTH Heimtex: Wo setzen Sie jetzt zuerst Prioritäten?
Kaiser: Ich will auf jeden Fall Kontinuität für Mitarbeiter und Kunden sicherstellen und zugleich neue Impulse einbringen. Ich bin kein Verwalter. Herr Richenhagen hat im vergangenen Jahr intern viel bewegt und viele Projekte abgeschlossen, es gibt aber zwei wichtige, die noch nicht fertig sind und mit denen ich mich befassen werde: Das eine ist die Markenstrategie im Bodenbelagsbereich, das andere das Thema Vertriebssteuerung und -intensivierung.
aus
BTH Heimtex 03/04
(Wirtschaft)