LG Chem und Dresing: Gemeinsame Marktoffensive

Deutsch-koreanisches Bündnis für Designbeläge

Die Koreaner kommen: In den 90er Jahren hatte die LG-Gruppe - damals noch unter dem alten Namen Lucky Group -schon einmal den Vorstoß nach Deutschland gewagt, allerdings mit wenig Erfolg. Jetzt nimmt der zweitgrößte koreanische Konzern einen neuen Anlauf - zunächst mit Designbelägen - und hat sich dazu mit dem renommierten Bodenbelagsgroßhändler Dresing professionelle Unterstützung gesichert. Was LG konkret plant, wie das Unternehmen aufgestellt und wie leistungsfähig es ist, recherchierte BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Steinert vor Ort in Korea.

Was weiß man in Europa schon über Korea, dieses kleine asiatische Land, 10 Flugstunden von Deutschland entfernt, nicht einmal so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen? Den meisten Europäern fallen zu Korea lediglich einige Schlagworte ein: der Korea-Krieg, der die Teilung des Landes zementierte, die Olympischen Spiele von 1988 und Firmennamen wie Samsung, Hyundai, Kia - und LG.

Der mit 34 Mrd. Umsatz zweitgrößte koreanische Konzern ist international vor allem für Flachbildschirme - hier ist er mit Philipps zusammen weltweit Nr. 1 - und Mobiltelefone bekannt. In Korea ist er allgegenwärtig: Schon bei der Ankunft im Incheon-Airport springt einem sofort das LG-Logo ins Auge, auch auf der Fahrt nach Seoul und noch mehr in der Multi-Millionen-Metropole, wo LG nicht nur auf nahezu jeder Tankstelle, sondern auch an jedem zweiten oder dritten Geschäft prangt.

Das sagt etwas über die Wirtschaftskraft und die Marktmacht des 1947 von der Familie Ku gegründeten Konzerns aus. Noch heute ist sie größter Anteilseigner der Gruppe, die längst in den verschiedensten Bereichen aktiv ist, gegliedert in vier Geschäftsfelder: Chemicals & Energy, Electronics & Telecommunications, Finances und Services.

Der Aufstieg von LG ist eng verbunden mit dem koreanischen Wirtschaftswunder; nach dem Krieg wurde aus dem ehemaligen Bauernstaat eine der der am schnellsten wachsenden Industrienationen Asiens, wenn nicht sogar der Welt. Mit teilweise protektoristischen Maßnahmen katapultierte die Politik Korea vom Schwellenland in die Riege der Industriestaaten. Die üppigen Entwicklungshilfe-Kredite flossen dabei überwiegend an große Mischkonzerne wie LG, die sogenannten Chaebols. Auch die autoritären Militärherrscher der Aufbauzeit - in Korea regiert erst seit 1993 ein demokratisch gewählter Präsident - trugen zum Aufschwung bei, in dem sie Arbeiterschaften in den Fabriken gefügig und die Löhne niedrig hielten.

Ein Niedriglohn-Land ist Südkorea beileibe nicht mehr. Das kann also nicht die Basis des Erfolges der jungen Republik sein, die zu den asiatischen "Tigerstaaten" zählt. Aber das ganze Land vibriert geradezu vor Dynamik. Man spürt überall Aufbruchstimmung, Enthusiasmus, ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und den Willen, für den Erfolg hart zu arbeiten. So stehen beispielsweise jedem Arbeitnehmer im Schnitt 25 Tage Jahresurlaub zu, doch ist es geradezu verpönt, mehr als 10 Tage in Anspruch zu nehmen.

Zurück zu LG. Der Konzern will sein Wachstum in den nächsten Jahren nicht nur fortsetzen, sondern beschleunigen. Dafür wurde ein Investitionsbudget von 30 Billionen koreanischen Won (KRW) verabschiedet - über 25 Mrd., die bis 2010 hauptsächlich in Flachbildschirme und Mobiltelefone fließen sollen, aber auch in die international gut positionierte Chemiesparte. Hier wurden wiederum sechs Bereiche identifiziert, wo man sich gute Chancen ausrechnet, weltweit eine führende oder sogar die erste Position einzunehmen. Dazu gehört auch PVC - und somit PVC-Bodenbeläge...

Erklärtes Ziel von LG Chem ist, bis 2008 am Umsatz gemessen zum drittgrößten asiatischen Chemieunternehmen aufzusteigen, und am Ertrag gemessen zur Nr. 3 weltweit. In konkreten Zahlen liegt die Messlatte für den Umsatz bei 10 Mio. KRW (etwa 7,1 Mrd. EUR) bis 2005, bzw. 15 Mio. KRW bis 2008 und für die Umsatzrendite bei 12% bis 2005 und 13% bis 2008.

Potenzial sehen die Koreaner dabei klar auch noch bei Bodenbelägen. Derzeit wird die Produktion auf jährlich 120 Mio. qm beziffert; damit sind die Kapazitäten aber noch lange nicht ausgeschöpft. Das Werk in Cheong-ju, 1981 an den Start gegangen, wo neben Belägen für den Wohnbereich sämtliche Objektfliesentypen einschließlich der Designfliesen hergestellt werden, verfügt über eine monatliche Kapazität von 6 Mio. qm , das zweite Werk in Ulsan, wo unter anderem der mechanisch geprägte Kalanderbelag Naturelife vom Band läuft, gar über 7 Mio. qm. Daneben betreibt LG Chem eine kleine Designfliesen-Fabrikation in China, die auf 6 Mio. qm jährlich kommt.

Die Betriebe machen auf den ausländischen Besucher einen guten Eindruck. LG Chem ist sehr weit vertikal integriert, bezieht zum Teil die Rohstoffe aus der eigenen Gruppe und verfügt auch über drei eigene Druckanlagen für die Dekore der Designbeläge.

Der Maschinenpark ist zwar nicht durch die Bank weg neuester Bauart, aber technisch up to date durch die Aufrüstung mit modernsten Aggregaten und sehr sauber und gepflegt. An jeder Anlage hängt das Bild des jeweiligen Maschinenführers, was die starke Identifikation mit ihrer Arbeit und ihrer Firma unterstreicht.

Zur Zeit entfallen ca. 70% der Produktion auf Wohnbeläge, die restlichen 30% mit leicht steigender Tendenz auf Objektbeläge. Hauptmarkt ist das Inland, wo LG Chem Marktführer ist. Der Export ist mit 60 Mio. $ bzw. 11% Umsatzanteil noch relativ unterentwickelt; bedient werden bislang vornehmlich China, Japan und die USA. Das soll sich ändern: Bis 2008 sollen sich die Exporterlöse mehr als verdreifachen auf 200 Mio. $ und die Exportquote auf 20% zunehmen. Expandieren will LG Chem vor allem in Übersee - besonders in Europa - und zwar hauptsächlich im Objekt. Kyo Sok Park, der für die Sparte Industrial Materials verantwortlich ist, in die auch Bodenbeläge integriert sind, hat bei seinem letzten Besuch in Europa bereits angekündigt, dass die Aktivitäten dort intensiviert werden sollen. So ist unter anderem geplant, die deutsche Niederlassung in Frankfurt in eine selbstständige Verkaufsgesellschaft umzuwandeln und die Mannschaft aufzustocken.

Schon einmal hatten die Koreaner den Vorstoß nach Europa gewagt - Mitte der 90er Jahre, noch unter dem alten Firmennamen Lucky Group - und waren kläglich gescheitert. Dieses Mal gehen sie weniger blauäugig und besser vorbereitet daran, den Markt zu erobern. "Wir haben wohl ein breites Sortiment mit einzigartigen Produkten, sind innovativ, flexibel und kapitalstark - aber uns fehlt Know-How im Vertrieb", hat die Führung in Seoul selbstkritisch erkannt und entsprechend vorgebaut: Gezielt wurde der Kontakt zu Insidern gesucht, die mit der Branche und ihren Gepflogenheiten vertraut sind. Dietmar Armbröster, der über profunde Erfahrungen mit elastischen Objektbelägen verfügt, gibt als Freelancer Tips für das Objektgeschäft; er hat unter anderem LG Chem und den im Frankfurter Raum bestens etablierten Architekten Walter Littmann zusammen gebracht.

Im Handelsgeschäft sicherte sich LG Chem ebenfalls professionelle Unterstützung: hier konnte der bundesweit agierende Bodenbelagsgroßhändler Dresing als Partner gewonnen werden. Das renommierte Familienunternehmen garantiert nicht nur eine überregionale Distribution, sondern fungiert zugleich als zentraler Lagerhalter für die Koreaner und löst damit deren Logistikproblem.

Dresing startet zunächst mit Designbelägen: den vielseitig einsetzbaren, "preislich interessanten" Designfliesen Deco Wood und Deco Stone und dem mechanisch geprägten Kalanderbelag Naturelife mit Polyurethan-Vergütung. Die Einführung in Deutschland wird mit einer großen Marketing-Kampagne begleitet, die hochwertig aufgemachte Verkaufshilfen wie eine Kollektionskarte, Broschüre und Drehkollektionen ebenso einschließt wie PR und Werbung in der relevanten Fachpresse sowie Schulungen, bei denen die Kunden mit Deco Wood, Deco Stone und Natureliefe vertraut gemacht werden.

Als Brückenkopf zwischen Deutschland und Korea fungieren Dr. Paulus Kwon, der in Frankfurt als Vertriebsleiter Bodenbeläge wirkt und sein koreanischer Kollege Tony Oh, der von Seoul aus den Export nach Deutschland betreut.

Die Verbindung zwischen Dresing und LG Chem ist auf jeden Fall ausbaufähig: bei einem Besuch des Unternehmens in Korea konnten sich Joachim Dresing und seine beiden Söhne Michael und Alexander von der Leistungsfähigkeit und Kompetenz der Koreaner in elastischen Belägen überzeugen.

Bei der Vorstellung der gesamten Produktpalette wurde offenbar, dass LG Chem über weitere hochinteressante Entwicklungen für den Objekteinsatz verfügt: von ableitfähigen Homogen-Fliesen über lose verlegbare PVC-Fliesen in gerichteter Dessinierung und Sicherheitsbeläge für das Transportwesen im Metallic-Look, mit dreidimensionalem Chip-Design oder im Gummi-Look bis hin zu Indoor-Sportbelägen in drei Stärken zwischen 4,5 und 8 mm und einem Thema, was zur Zeit besonders bei Altbausanierungen gefragt ist: eine 6 mm starken heterogenen 1,83 m-Bahnenware mit fast 30 dB Trittschalldämmung, 0,7 mm Nutzschicht mit Polyurethan-Vergütung, antibakteriell in vielen verschiedenen Dekoren von Holz über Stein und Uni bis hin zu Gras- und Teppichboden-Optik. Dieser Belag, den LG Chem EQ-Floor nennt, ist brandneu im Programm.


Dresing - Daten und Fakten

Dresing GmbH & Co.
Pixeler Str. 60
33378 Rheda-Wiedenbrück
Tel: 05242/41060
Fax: 05242/49418
Internet: www.dresing.de

Gründung: 1950 durch Peter Dresing als Handelsagentur für Möbelstoffe und Teppiche
Geschäftsführung: Joachim Dresing
Sortiment:
- Textile Bodenbeläge
- Elastische Bodenbeläge
- Laminat
- Fertigparkett
- Abgepasste Teppiche (modern und Orientteppiche)
- Badteppiche
- Zubehör
Zentrallager und Verwaltung: Rheda-Wiedenbrück, Zeisigstr. 15
Ausstellung/Beratungszentrum: Rheda-Wiedenbrück, Pixeler Str. 60
Niederlassungen: Meerane

Logistik-Center: Teltow, Winsen/Luhe, Mayen, Filderstandt-Bonlanden, Dachau, Nürnberg
Vertriebsgebiet: bundesweit
Mitarbeiter: 160
LG-Kollektionen: Naturelife, Deco Wood/Deco Stone
aus BTH Heimtex 06/04 (Wirtschaft)