40 Jahre Copa Interline
Kursrichtung Zukunft
Die Copa-Interline rief und alle kamen: 170 hochkarätige Gäste trafen sich zum 40jährigen Jubiläum der größten und zugleich ältesten Bodenbelagsgroßhandels-Koooperation in Schlangenbad. Bewusst wurde bei der Veranstaltung auf eine Glorifizierung der Vergangenheit verzichtet, stattdessen schlugen Vorträge und Festreden die "Kursrichtung Zukunft" ein und zeigten Perspektiven für die Copa Interline, den Großhandel und die Branche auf.
Ohne die Copa Interline wäre die Bodenbelagsbranche ärmer: Die 1964 gegründete Großhandelskooperation ist mit 29 Gesellschaftern mit 112 Standorten und einem Außenumsatz von 700 Mio. EUR nicht nur die größe Vereinigung ihrer Art, sondern auch die älteste: 1964, vor nunmehr 40 Jahren, schlossen sich einige weitblickende Handelshäuser wie Fries, Geiger und Jordan zur VKG zusammen, dem Vereinigten Kunststoff-Großhandel - primär, um das damals junge Produkt Teppichboden im Markt zu forcieren. Ihre Strategie ging auf; heute beansprucht die Copa Interline einen Anteil von ca. 45% am Umsatz des einschlägigen Bodenbelagsgroßhandels - nicht nur mit Teppichboden, sondern mit Bodenbelägen aller Art.
Dementsprechende Aufmerksamkeit genoss das 40jährige Jubiläum des Verbundes: Rund 170 illustre Gäste - alle Gesellschafter, die Mitarbeiter, die Führungskräfte der wichtigsten Lieferanten und die Fachpresse - fanden sich im Parkhotel Schlangenbad nahe Wiesbaden ein.
Die interne Generalversammlung im Vorfeld der Geburtstagsfeier wurde wie gewohnt sehr zügig und reibunglos absolviert, alle der Abstimmung bedürfenden Punkte einschließlich der Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand einstimmig genehmigt. Ein weiteres Thema war die Verlegung der Geschäftsstelle nach Hofheim-Wallau, die für den Herbst vorgesehen ist.
Die aktuellen Zahlen: 2003 kam die Copa Interline auf einen Vermittlungsumsatz von gut 214 Mio. EUR, das sind 4,2% weniger als im Jahr zuvor, bedingt durch das Ausscheiden von drei Gesellschaftern: Bauer in Hamburg durch Insolvenz, Klemm in Pfullingen durch Geschäftsaufgabe und Saum & Viebahn durch die Trennung vom Segment Bodenbeläge. Dafür ist Kunsmann Cordes als neues Mitglied eingetreten. 2004 entwickelt sich der Vermittlungsumsatz vielversprechend: Im ersten Quartal nahm er bereinigt um 1,8% zu.
Der Großhandel muss sich für die Zukunft neu aufstellen
Bei seiner Festansprache im Kreis aller Gäste vermied Copa Interline-Vorstand Manfred Birkenstock bewusst die nostalgische Rückblende in die Vergangenheit und richtete stattdessen den Blick in die Zukunft, denn: "Wer frühzeitig den richtigen Weg einschlägt, wird unter den Ersten ins Ziel kommen. Und wir wollen zu den Siegern gehören. Wir wollen Ihnen" - damit wandte sich Birkenstock gleichermaßen an die Gesellschafter wie die Lieferanten der Kooperation - "auch in Zukunft dazu verhelfen, erfolgreiche Geschäfte zu betreiben."
Was bedeutet das für den Großhandel? "Er muss sich neu aufstellen, darf sich nicht auf eine eindimensionale Funktion beschränken, sondern muss sich als Multitalent profilieren, das als Mittler zwischen Produzent und Abnehmer ein ganzes Bündel an Aufgaben erfüllt".
Gegenüber seinen Lieferanten müsse der Großhandel eine "Art Industriefähigkeit" erwerben - "Industriefähigkeit in dem Sinne, dass der Großhandel der Industrie mehr Nutzen und Wert bietet, als sie im Direktvertrieb oder mit konkurrierenden Vertriebskanälen generieren kann." Dazu empfiehlt sich unter anderem eine "möglichst hohe Marktdurchdringung, Zuverlässigkeit in der Geschäftsentwicklung und die Konzentration auf ausgesuchte Sortimente und Dienstleistungen".
Den Kunden gegenüber kann sich der Großhandel durch durchdachte Sortimentsgestaltung, professionelle Vertriebssteuerung und ein breites Dienstleistungsspektrum profilieren. "Nur wenn es gelingt, für Kunden wie Lieferanten einen genügenden "Mehr-Wert" zu schaffen, wird der Großhandel auf Dauer erfolgreich sein", stellte Birkenstock unmissverständlich fest.
Und nicht nur das: Weil der Markt sich permanent verändert, müsse der Großhandel immer wieder analysieren, ob seine Leistungen erstens noch gefragt sind, zweitens in ihrem Umfang noch ausreichen und drittens einen akzeptablen Ertrag erbringen. Genauso müsse er die Kundenbedürfnisse im Blick haben und prüfen, ob die Diversifikation oder die Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen die richtige Strategie sind.
"Die Copa Interline ihrerseits will künftig noch stärker dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit ihrer Gesellschafter zu stärken und damit langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit und Selbstständigkeit zu sichern", kündigte Birkenstock an. Erster Schritt ist eine "Dienstleistungsoffensive" mit "Copa à la Carte": Dahinter verbirgt sich ein Marketing- und Verkaufsförderungsbaukasten mit einem vielseitigen Dienstleitungsangebot der in Zusammenarbeit mit der handelserfahrenen Unternehmensberatung Seminarpool entstanden ist, und aus dem sich jeder Copa Interline-Großhändler individuell bedienen kann.
Raus aus der Preisfalle
Zum Abschluss appellierte Birkenstock an alle Marktteilnehmer - Industrie wie Handel - sich nicht in eine Preisfalle nach dem Motto "Je höher die Absatzmenge, desto geringer der Preis" hinein zu manövrieren. Er kritisierte scharf, dass Einkaufsvorteile direkt, ohne ertragsverbessernde Wirkung in die Reduzierung des Verkaufspreises umgesetzt würden. "Das bringt nicht mehr Umsatz, sondern setzt eine Teufelskreis in Gang, der zu einem flächendeckenden Preis- und Ertragsverfall im gesamten Markt führt und den Preis zum einzigen Verkaufargument werden lässt". Birkenstock mahnte eindringlich, eine "gemeinsame Besinnung von Industrie und Handel auf eine neue Preiskultur" an - eine faire, stabile Preiskultur", die auf eine Erhöhung des Ertragsniveaus aller Marktstufen zielt.
Eine weitere Aufgabe für die Zukunft ist die Optimierung der Prozesskosten. Eine Grundvoraussetzung dafür ist die Bereitstellung der Artikelstammdaten auf elektronischem Weg. Noch gibt es keine Branchenlösung, sondern verschiedene Ansätze, wobei Copa Interline das Modell der Heinze Bauoffice-Datenbank favorisiert, das Uwe Leyendeckers vorstellte. In der Baubranche wird das Konzept bereits vielfach genutzt, in unserer bislang nur von wenigen, vornehmlich objektorientierten Bodenbelags- und Verlegewerkstoffherstellern. Von Großhandels-Seite arbeiten die beiden Copa Interline-Mitglieder Geiger und Jordan mit Heinze.
Einer der Höhepunkte der Jubiläumsveranstaltung war der Auftritt von Prof. Meinhard Miegel. Der Direktor des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft und Autor des Bestesellers "Die deformierte Gesellschaft" gilt als einer der profiliertesten Sozialforscher Deutschlands. Er sprach über die gesellschaftlichen Perspektiven und schlug mit seiner profunden, nüchternen Analyse das Publikum in den Bann - und das, obgleich er kein aufmunterndes, sondern ein eher bedrückendes Szenario für die Zukunft zeichnete und damit eine lebhafte Diskussion auslöste. Aber es gibt noch Hoffnung: "Wir müssen weg von der Staatsdominanz, die Bürger müssen für sich selbst Verantwortung und selbst aktiv werden". Am besten fängt jeder für sich damit an....
aus
BTH Heimtex 06/04
(Wirtschaft)