Industrie- und Handelskammer Kiel

Lose liegender Textilbelag im Objekt

Was vor Jahren noch als undenkbar galt, erlebt im Moment einen Boom: Lose liegende Textilbeläge werden mittlerweile sogar im Objekt verlegt. In der Industrie- und Handelskammer Kiel wurden 4.500 qm Bahnenware HTW Design Carpet Magma lose verlegt. FussbodenTechnik war vor Ort und hat Objekteur Karsten Krause, Beschichtungshersteller Ernst Dieckmann sowie Ingo Honermeier von den Halbmond Teppichwerken und Herbert R. Leitner von HTW Design Carpet bei der Anlegung eines Musterzimmers über die Schulter geschaut.

Aus Brandschutzgründen erhielt die Industrie- und Handelskammer in Kiel keine Genehmigung für herkömmliche Doppelbodentrassen, weil es nur einen Fluchtweg gibt. So entschied sich der Architekt für Doppelbodentrassen parallel zur Fassade. Objekteur Karsten Krause, der in Kiel in die Beratungsleistung eingebunden war, berichtet: "Aus diesem Grund wurde nach einer praktikablen technischen Lösung gesucht." Die textile Bahnenware HTW Design Carpet Magma ist mit einem Easy-Lift-Schwerrücken ausgestattet und eignet sich als lose liegender Belag optimal für dieses Objekt.

Hohes Gewicht durch Schwerbeschichtung

Die Idee, lose liegende Teppichböden auch im Objekt einzusetzen, begeisterte Ernst Dieckmann, Geschäftsführer des Klebstoffherstellers Wulff. Er versah die textilen Beläge mit einer metallhaltigen Schwerbeschichtung, so dass das vergleichsweise hohe Gewicht den Belag am Boden hält. Zum Verständnis: Ein vergleichbarer Teppichboden mit Latexrücken würde 1,8 kg/qm wiegen, der lose liegende Belag wiegt 2,5 kg/qm.

"Die lose Verlegung war auch für uns ein absolutes Novum", gesteht Objekteur Karsten Krause und erinnert sich an erste Versuche dieser Verlegeart vor Jahrzehnten: "In den 70er Jahren gab es mal eine lose Verlegung mit einem Velours von Grefrath mit einem weißen PVC-Rücken." Dieser hat sich aber nicht durchgesetzt, weil es Probleme mit der Dimensionsstabilität und Weichmacherwanderung gab.

Wie funktioniert die lose Verlegung?

Die Anlieferung der Bodenbeläge erfolgte per Kraneinsatz, was auf Baustellen eher eine Seltenheit ist. Da sich die Fassadentüren des futuristischen IHK-Gebäudes gänzlich öffnen ließen, waren 4.500 qm in 4 Stunden verteilt.

Die Beläge wurden zunächst im Gebäude akklimatisiert. Auf dem grundierten und nur leicht gespachtelten Anhydritfließestrich als Hohlraumboden wurden die Beläge grob zugeschnitten und in den Büros ausgebreitet. Die einzelnen Bahnen des Belages werden mit einem Verlegeband kraftschlüssig geschlossen, d.h. auf das Verlegeband wurde der Wulff-Kleber Multicoll aufgetragen und die Bahnenkanten jeweils auf das Nahtband geklebt. Mit einem Kniespanner wurden die Beläge leicht korrigiert. An den Versorgungsschächten wurde der Belag mit einer Fixierung "geklebt", so dass er dort jederzeit wieder aufgenommen werden kann.

Verbraucher akzeptiert keinen Geruch

Dieckmann setzt sich vehement gegen Geruchsbelästungen durch Bodenbeläge und Kleber ein: "Ein Teppichboden darf nicht riechen, denn das wird der Verbraucher nicht akzeptieren." Lange suchte Dieckmann nach einer geeigneten Teppichbodenbeschichtung. Seine Idee: Eine metallhaltige Schwerbeschichtung. Sie wurde umfassend getestet, hat Stuhlrollentests bestanden, erfüllt die Brandschutzklasse B1 und ist ausreichend dimensionsstabil. Der Vorteil dieser technischen Lösung ist, dass sie nicht riecht, sondern höchstens dafür sorgt, dass der Verleger häufiger die Klingen seines Teppichmessers auswechseln muss.

Krause hält "Easy-Lift" - so der Name des HTW Design Carpet Bodens - für gelungen: "In einem solchen Fall war eine technische Lösung gefordert, die selbstliegende Eigenschaften garantiert." Bereits Mitte 2003 hatte Krause den Architekten beraten, "wohl wissend, dass auch wir hier Neuland betreten, aber die Argumentation von Dieckmann hat mich überzeugt." Krause: "Es ist wichtig, dass wir auch neue technische Lösungen voranbringen, sonst kann man sich vom Wettbewerb nicht abheben." Bei der Anlegung des Musterzimmers in Kiel mussten sich die Beteiligten auch erstmal an das Thema lose Verlegung herantasten. An den Versorgunsschächten wurde zunächst an ein schwach haftendes Klebeband nachgedacht, das an der Baustelle dann aber durch die Fixierung
HL 1 ersetzt wurde.

Objekt-Telegramm

Objekt: Industrie- und Handelskammer Kiel, Haus der Wirtschaft
Aufgabenstellung: Verlegung eines lose liegenden Textilbelages im Objekt
Belag: 4.500 qm HTW
Design Carpet Magma
Belagsbeschichtung: Wulff, Lotte
Estrich: 40 mm dicker Anhydritfließestrich als Hohlraumboden
Spachtelmasse: Wulff FÜ 90
Fixierung: HL 1 Fixierung
Architekt: Kauffmann, Theilig und Partner, Stuttgart
Objekteur: Krause und Reimer (K + R), Wedel
aus FussbodenTechnik 05/04 (Referenz)