Witex Gläubigerversammlung genehmigt Fortführungskonzept

Neustart mit neuer Gesellschaft und neuer Mannschaft

Die Gläubigerversammlung von Witex hat das Fortführungskonzept für den seit Mai insolventen Laminathersteller genehmigt. Damit ist der Weg frei für eine neue insolvenzfreie Vertriebsgesellschaft, die zum 1. Januar unter Führung von Hermann Pooth und Jörg Freyer startet und nur noch Laminat, Parkett und Zubehör anbieten wird. Kork und Furnierböden werden aufgegeben. Zielgruppe sind primär Großhandel und industriefähiger Fachhandel.

Dr. Per Hendrik Heerma, Vertreter von Witex-Insolvenzverwalter Wolfgang van Betteray verlor keine Zeit: Am Montag stimmte die Gläubigerversammlung des insolventen Laminatherstellers dem Fortführungskonzept zu und bestätigte den Insolvenzverwalter in seinem Amt, und schon am Dienstag wurde zur Pressekonferenz nach Augustdorf gebeten. Man habe in mehrererlei Hinsicht Aufklärungsbedarf gesehen, erklärte er die Eile. Es habe zu viele Gerüchte und Spekulationen über Witex im Markt gegeben.

Nun sind die Fronten klar: In Augustdorf geht es nach dem Insolvenzantrag am 27. Mai und der Insolvenzeröffnung am 1. September weiter. Heerma will die Restrukturierung und Sanierung der Witex AG i. L.. wie sie jetzt heißt, massiv vorantreiben. In den Monaten zuvor war das Unternehmen bereits umfangreichen Kostensenkungsmaßnahmen unterzogen worden. Die Belegschaft war von 357 (Stand Mai) auf 210 (Stand Oktober) gestutzt , die Kapazitäten abgebaut und die Produktion verschlankt worden. Das im Besitz der früheren Witex-Eignerfamilie Windmöller befindliche Werk 5 wurde aufgegeben, Werk 4 soll spätestens 2004 geschlossen werden, die Anlagen werden in den Werken 1, 2 und 3 konzentriert und dabei zugleich die Abläufe optimiert. Dafür sind Kosten in Höhe von 500.000 EUR veranschlagt. Maschinen und und Mannschaft sollen auf "das Niveau zurückgeführt werden, wie wir die Bedingungen am Markt vorfinden", sagte Heerma gegenüber BTH Heimtex. Das heißt konkret: Drei Pressen und fünf Profilierstraßen "auf dem neuesten Stand der Technik" bleiben erhalten, der Rest wird verkauft.

Parallel ist das Sortiment bereinigt worden. Man verabschiedet sich von der alten Positionierung als Vollsortimenter und konzentriert sich künftig auf Laminatböden, Parkett und Zubehör. Die Nischenprodukte Kork und Furnierboden werden aufgegeben. Sie hätten nur die Flexibilität behindert, heißt es heute.

Neue insolvenzfreie Vertriebsgesellschaft startet zum 1. Januar

Wichtigste Veränderung für die Kunden ist die Gründung einer neue Vertriebsgesellschaft aus der Witex AG i. L. heraus. Dieses neue, insolvenzfreie Unternehmen startet zum 1. Januar 2004, zunächst unter dem Namen Witex Vertriebs GmbH. Die Geschäftsführung teilen sich Hermann Pooth und Jörg Freyer. Beide sind mit den Gegebenheiten in Augustdorf bestens vertraut: Pooth war bis vor zwei Jahren Vertriebsleiter bei Witex, bevor er sich als Berater selbstständig machte und zuletzt Mitbewerber Gründorf im Export betreute, Dreyer wachte als Controller im Hause.

Als Verkaufsleiter stehen ihnen zwei weitere alte Bekannte zur Seite: Thomas Stock ist für den Norden verantwortlich, Rudolf Herold verantwortet neben Süddeutschland auch die Niederlande, Österreich, die Schweiz und Italien. Sie führen ein Team mit 12 Außendienstmitarbeitern - teils Reisende, teils Handelsvertreter - und 4 Anwendungsstechnikern.

Neben der Vertriebsgesellschaft soll eine separate insolvenzfreie Produktionsgesellschaft entstehen. Der Zeitpunkt der Gründung steht allerdings noch nicht fest, weil es dazu laut Heerma zunächst noch intern "weiterer Abstimmung" bedarf.

Großhandel und industriefähiger Fachhandel bleiben wichtige Zielgruppe

Umsatzziel 2004 sind 81 Mio. qm, die Produktion soll 11 Mio. qm erreichen - "mit einer gewissen Flexibilität nach oben und unten". Eigentlich hat sich Pooth sogar 14 Mio. qm vorgenommen. Dabei soll etwa die Hälfte unter der Marke Witex laufen, die andere Hälfte als OEM und Private Label. Hauptzielgruppe der Marke Witex blieben der Großhandel und der industriefähige Fachhandel, versichert die Witex-Führung.

Ungehindert weiter laufe auch der Export, heißt es. Zumal die Auslandsgesellschaften in Luxemburg, Polen und den USA nicht von der Insolvenz betroffen seien. Allerdings will sich der Insolvenzverwalter von der 50%-Beteiligung an dem Werk in Malaysia trennen. Darüber werde zur Zeit mit dem dortigen Joint Venture-Partner verhandelt, wobei die Gespräche "schon recht weit" seien. Statt mit der eigenen Produktion vor Ort zu sein, soll der asiatische Markt künftig über ein Verkaufsbüro in Shanghai bearbeitet werden.

Wer künftig in Augustdorf das Ruder übernehmen wird, ist noch völlig offen. Heerma teilte mit, dass gegenwärtig mit mehreren Investoren verhandelt werde, "sowohl über eine komplette Übernahme,wie auch verschiedene kleinere Lösungen". Namen wollte er nicht nennen, offenbarte nur so viel, dass sich für eine ganzheitliche Lösung primär Finanzinvestoren interessierten. Mit Familie Windmöller fänden jedoch keine konkrete Gespräche statt, dementierte er entsprechende Gerüchte in der Branche. Erste Kontakte hätten sich später als fruchtlos erwiesen.

Witex-Insolvenzverwalter fordert Schadensersatz von Pergo

Noch nicht ausgestanden sind die Querelen mit dem ehemaligen Witex-Teilhaber Pergo. Die Schweden hatten im Jahr 2000 von Witex-Mehrheitseigner HW Industries eine 25,1%-Tranche erworben, mit der Option, später aufstocken zu können. Im vergangenen Herbst war dann groß die bevorstehende Fusion von Pergo und Witex angekündigt worden. Die letzten Maßnahmen schienen damals nur noch eine Formsache zu sein; doch dann zog sich die geplante Vereinigung immer weiter hin, bis es im Mai zum großen Knall kam: Pergo sagte die Transaktion am 20. Mai mit Blick auf die "schlechten finanzielle Verfassung von Witex" ab, daraufhin platzen die letzten Kreditgespräche von Witex mit den Banken, der Gang zum Insolvenzrichter wurde unvermeidlich. Der Rest ist bekannt.

Heerma will jetzt Schadensersatz "in hoher einstelliger Millionen-Höhe" von Pergo fordern und bezieht sich dabei einerseits auf "nicht erfüllte Abnahmeerklärungen", die Witex erhebliche Probleme bereitet hätten und andererseits auf "geschäftsschädigende Pressemitteilungen".

Was Witex wirklich in die Pleite getrieben hat, will er nur ungern analysieren. "Das ist Vergangenheit. Wir blicken in die Zukunft". Tatsache ist, dass die Kapazitäten im Hinblick auf die erwartete Abnahmemenge von Pergo viel zu hoch aufgebaut wurden, was sich nicht nur ungünstig auf die kalkulatorischen Abschreibungen niederschlug, sondern auch auf Leasing- und Darlehenzahlungen. 2002 beliefen sich die Kapazitäten auf 30 Mio. qm, zur Auslastung werden vorsichtshalber keine Zahlen genannt. Der Umsatz wird auf 175 Mio. EUR in der AG beziffert. 2001 war noch ein Umstz von 212 Mio. EUR angegeben worden. Für 2003 werden gar keine Zahlen genannt, nur so viel, dass die Planung vor der Insolvenz 21 Mio. qm vorgesehen hatte. Tatsache ist aber auch, dass intern bei Witex Fehler gemacht worden sind. Heerma ließ durchblicken, dass ein "Grundproblem" die teure "Kleinstmengen-Produktion" gewesen sei. Das meinen übrigens auch Mitbewerber.

Alle Zusatzausstattungen ab 2004 standardmäßig ohne Aufpreis

Dementsprechend ist das Sortiment wie bereits erwähnt deutlich gestrafft worden - "ohne etwas an den vorhandenen Listungen zu verändern", wie Pooth betont. Im Laminatbereich ist das Sortiment weiterhin dreistufig aufgebaut mit Marena als Basisprodukt, darüber Galea, und als Spitzenprodukt Kollektion Castilia - jeweils mit 12 Dekoren. Dazu kommen Themenkollektionen wie Antica mit fühlbarer Oberflächenstruktur - , Comodo mit naturnaher matter Oberfläche und authentischer Fugenanmutung - oder Casa mit Fliesendekoren - sowie Bonita als Einstiegsware mit 6 Dekoren. Die Verkaufspreislagen bewegen sich zwischen 15,95 und 44,95 EUR. Alle sind mit Uniclic-System ausgestattet und alle verfügen über sämtliche Zusatzausstattungen - ohne Aufpreis. Das sind neben der Uniclic-Verbindung Kantenimprägnierung, antibakterielle Ausrüstung und ab 2004 FSC-Zertifizierung und die neue Antistatik-Imprägnierung. Optional ist zudem integrierte Trittschalldämmung möglich.

Im Parkettbereich konzentriert sich Witex auf das 15 mm-Fertigparkett Castilia mit Timberloc-Verriegelung. Das Produkt ist lieferbar als 3-Stab-Schiffsboden in Ahorn, Buche, Eiche und Kirsch, als 1 Stab-Landhausdiele in Ahorn, Buche und Eiche und in der Version Authentic in Eiche antik, Jatoba und Nussbaum sowie als Exotic-Variante in Bambus, Jatoba, Doussie, Hevea, Merbau und Nussbaum.
aus BTH Heimtex 11/03 (Wirtschaft)