Ortstermin beim Großhandelshaus Ullmann
"Harter Wettbewerb hält schlank und flexibel"
Ullmann gehört zu den wenigen Großhändlern, die nicht nur kurzfristig, sondern auch auf lange Sicht vom Mauerfall profitieren konnten. Erst im vergangenen Jahr hat Firmenchef Hartwig Schmidt in Wismar die inzwischen vierte Niederlassung in den neuen Bundesländern eröffnet. Insgesamt betreibt er neun Standorte in Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und ist damit zu einer überregionalen Größe avanciert. Gibt es weitere Expansionspläne? BTH Heimtex war am Stammsitz in Oldenburg.
Flexibilität, Offenheit nach allen Seiten und eine permanente Anpassung an die Markterfordernisse - damit behauptet sich der Farben-, Tapeten- und Bodenbelagsgroßhandel Max Ullmann auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Der im gesamten nordwest- und nord-ostdeutschen Raum aktive Grossist mit Stammsitz in Oldenburg musste zwar dem konjunkturellen Abwärtstrend entsprechend im vergangenen Jahr zwar leichte Umsatzeinbußen hinnehmen, verweist aber für 2003 auf eine "spürbare Verbesserung der Qualität des Geschäftes". Seit 1999 agieren die beiden angestammten Betriebszweige des über 160 Jahre alten Familienunternehmens, der Großhandel und der Einzelhandel, separat als selbstständige Firmen am Markt. Hartwig Schmidt führt als Alleininhaber den Großhandel, sein Bruder Friedrich die Ullmann Einrichtungs GmbH & Co. KG mit den WK-Einrichtungshäusern und dem Teppich-Einzelhandel in Oldenburg und Bremen. Mit dieser Teilung sei eine klare Linie gefunden worden, da sich sowohl die Sortimente als auch die Zielgruppen der beiden Sparten im Laufe der Jahre immer weiter auseinander dividiert hätten, sagte Hartwig Schmidt im Gespräch mit der Redaktion BTH Heimtex.
Er bedient mit seinem Großhandel heute in erster Linie die Maler, darüber hinaus Bodenleger und in kleinerem Umfang Fachhandel und Raumausstatter. Diesem Kundenstamm hat sich das Sortiment angepasst:
Stark in Farben und Bodenbelägen
Ein Schwerpunkt liegtmit 40% Umsatzanteil heute auf Farben, Lacken, Dispersionen und Lasuren, die erst 1991 ins Sortiment aufgenommen wurden. Sämtliche wichtigen Hersteller sind vertreten, von Alligator und Caparol über die verschiedenen Akzo Nobel-Marken bis hin zu Zero und - nicht zu vergessen - der Eigenmarke Proma. Zero wird dabei nach Worten von Vertriebsleiter Klaus Ruge als besonderer Glücksfall gesehen. Der Hersteller aus Bad Oeynhausen bereicherte unlängst eher zufällig in den Kreis der Lieferanten und sorgt für eine momentan eher atypische Belebung der Nachfrage im Farbenbereich.
Gleichgewichtig zu den Farben und Lacken sind mit ebenfalls 40% Umsatzanteil die Bodenbeläge. Auch hier bietet Ullmann alle Segmente von Textil und elastisch bis zu Parkett und Laminat und arbeitet mit namhaften Anbietern zusammen.
Demgegenüber ist die Tapete in den Hintergrund gerückt, obgleich mit ihr einst alles anfing und sie jahrzehntelang eine wichtige Rolle im Ullmann-Sortiment spielte. Ihr Umsatzanteil wird auf 15% beziffert, was im Vergleich zu anderen Großhändlern aber immer noch eine stattliche Größe ist. Die restlichen 5% des Umsatzes entfallen auf Werkzeuge und Geräte.
Allerdings variieren diese Quote von Niederlassung zu Niederlasung. So hat der Farbenbereich in den ostdeutschen Filialen eine deutlich höhere Bedeutung als im Westen. "Dort konnten wir vom Start 1991 an gleich als kompetenter Vollsortimenter auftreten und uns von Anfang an auch in diesem Bereich profilieren".
Neun Niederlassungen in ganz Norddeutschland
Insgesamt betreibt das Großhandelshaus neun Standorte, einschließlich des Stammsitzes in Oldenburg. Wenn das Unternehmen auch über die Jahre hinweg kontinuierlich wuchs, gewann die Expansion Ende der 80er Jahre und vor allem nach dem Mauerfall 1989 deutlich an Dynamik. Schlag auf Schlag wurde zugekauft oder neue Filialen eröffnet. 1987 weitete Ullmann sein Vertriebsgebiet mit der Übernahme des Bielefelder Grossisten Unitex nach Süden aus. Anfang der 90er Jahre suchte Hartwig Schmidt konsequent den Weg nach Osten: Schon 1991 fasste er mit einer ersten Niederlassung in Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern Fuß. Kaum zwei Jahre später war er mit einer weiteren Zweigstelle in Schwerin präsent, wieder zwei Jahre später in Rostock. Jüngster Neuzugang im Osten ist die Dependance in Wismar, die im vergangenen Jahr eröffnet wurde und sich laut Ruge schon sehr gut etabliert hat - und zwar so gut, dass dort schon jetzt ein Neubau errichtet wird.
Dass spricht für den Erfolg von Ullmann in den neuen Bundesländern; andere Großhändler, die dort einst voller Euphorie gestartet sind, haben sich inzwischen enttäuscht aus dieser Region zurückgezogen. In Oldenburg ist man zwar vorsichtig mit einer Bewertung der Mitbewerber, lässt aber wohl durchblicken, dass da mancher vielleicht in zu großem Rahmen gedacht hat. Ruge: "Wir haben auf den westdeutschen Gigantismus verzichtet und nur kleinere und mittlere Betriebe aufgebaut, deren Kosten uns nicht über den Kopf gewachsen sind."
Parallel expandierten die Niedersachsen auch in den alten Bundesländern. 1997 übernahmen sie den Hamburger Farbengroßhandel Landahl & Kröger und schufen sich so einen Brückenkopf zwischen der Zentrale in Oldenburg und den ostdeutschen Standorten. 2002 verstärkte sich Ullmann mit den Großhandels-Aktivitäten von Albert Link aus Itzehoe und gewann damit zugleich einen weitere Niederlassung in Neumünster hinzu. Und in diesem Jahr schließlich etablierte sich der Grossist mit einer Filiale in Bremen, die eine Lager- und Verkaufsfläche von 600 qm einnimmt. Sie ist logistisch an Oldenburg angekoppelt, während Neumünster organisatorisch Hamburg zugeordnet ist.
Plädoyer für Mindermengen-Zuschlag und Kostenbeitrag für Hauskollektionen
Sind damit jetzt die Wachstumsgrenzen erreicht? Einerseits sieht Hartwig Schmidt die Notwendigkeit, sich seinen Kunden räumlich weiter anzunähern, weitere Märkte zu erschließen und höhere Markt-anteile zu erringen - schon allein um die Industrieakzeptanz zu stärken und um Partnerschaften intensivieren zu können, und damit natürlich auch Einkaufsvorteile zu nutzen.
Andererseits ist er sich sehr deutlich der Kostenschere bewusst, die auch ein potentes Großhandelsunternehmen mit 110 Beschäftigten in neun Häusern, davon 20 Außendienst-Mitarbeitern, leicht in die Schieflage bringen kann.
Er hält es daher für dringend erforderlich, dass der Großhandel stärker als bisher betriebswirtschaftliche Grundvoraussetzungen überdenkt - und dabei an einem Strang zieht. So ist für ihn die Weitergabe von Logistikkosten, sprich der Mindermengen-Zuschlag, ebenso dringend erforderlich wie ein Obolus für die Haus-Kollektionen, die nicht mehr verschenkt - "und somit von vornherein im Wert gemindert" -, sondern regulär verkauft werden sollten.
Gleichzeitig ist sich Hartwig Schmidt natürlich auch bewusst, dass der Handwerker in der jetzigen wirtschaftlich schwierigen Zeit jede nur erdenkliche Unterstützung von seinem Lieferanten erwartet. Das will er mit seinem Unternehmen durch Kundennähe, zuverlässige und kurzfristige Belieferung, Flexibilität und ein marktgerechtes Vollsortiment erfüllen. Auch können die Handwerker ihre Kunden mit zu Ullmann bringen, um sie dort an das breite Sortiment heranzuführen und sie intensiv zu beraten.
Darüber hinaus bietet Ullmann mit den Ullmann Holzwerkstätten, einer eigenständigen Tochter auf dem Areal des Großhandels, noch eine besondere Spezialität: den gehobenen Innenausbau aus eigener Produktion. Der Ladenbau gehört ebenso zu den Aufgabenfeldern dieser Firma wie Spezialanfertigungen für die Inneneinrichtung oder die Möbelrestaurierung. Auch hier können die Handwerker nicht nur bei der Anschaffung einer eigenen Ladeneinrichtung, sondern auch in der Vermittlung bei den Kunden vor Ort profitieren. Generell steht Schmidt auf dem Standpunkt, dass die Handwerker und speziell die Maler ihre Arbeitsbasis verbreitern sollten. Für den Großhandel Ullmann selbst allerdings ist eine Vergrößerung des Angebotsspektrums kein Thema. Schmidt: "Wir sind Profis und arbeiten für Profis. Mit einer weiteren Ausweitung des Sortimentes wäre der Außendienst überfordert und könnte nicht mehr kompetent verkaufen."
Der Markt heute verlange aber absolute Professionalität. Die lässt sich nach Schmidts Überzeugung nur durch größere Einheiten erreichen. Deswegen sei er mit seinem "jungen, flexiblen, motivierten Team auch jederzeit nach allen Seiten für Kooperationen und weitere Akquisitionen offen."
Max Ullmann - die Firmenchronik
1836 Gründung durch Friedrich Gerhard Schaumburg als Handelsunternehmen für Tuch- und Kurzwaren sowie Tapeten
1881 Ernennung zum Hoflieferanten
1883 Eintritt von Max Ullmann als Commis, später Prokurist und Teilhaber
1901 wurde Max Ullmann Alleininhaber; Betrieb eines Groß- und Einzelhandels für Teppiche, Tapeten, Wachstücher, Rollos, Linoleum und Gardinen
1904 Umfirmierung in Max Ullmann
1922 Eintritt der Familie Schmidt, Otto Schmidt wird Teilhaber
1934 Übernahme des Unternehmens durch Otto Schmidt
1935 Max Ullmann stirbt
1936 Otto Schmidt stirbt
1962 Rolf Schmidt wird Alleininhaber
1984 Umwandlung in eine GmbH & Co. KG, Hartwig und Friedrich Schmidt werden Gesellschafter - Hartwig Schmidt verantwortet den Großhandel, sein Bruder Friedrich den Einzelhandel
1987 Übernahme von Unitex in Bielefeld
1991 Eröffnung der ersten Niederlassung in Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg
1993 Eröffnung der Filiale in Schwerin
1995 Eröffnung der Filiale in Rostock
1997 Übernahme des Hamburger Farbengroßhandels Landahl u. Kröger
1999 Trennung des Unternehmens in zwei selbstständige Einheiten, den Großhandel mit Hartwig Schmidt als Alleininhaber und dem Einzelhandel mit Friedrich Schmidt als Alleininhaber
2002 Übernahme des Großhandelshauses Link aus Itzehoe mit Niederlassung in Neumünster Eröffnung der Filiale in Wismar
2003 Eröffnung der Filiale in Bremen
aus
BTH Heimtex 09/03
(Wirtschaft)