Maler-Einkauf Rhein-Ruhr will das Ruhrgebiet noch fester in den Griff bekommen

"Kein Maler soll länger als 10 Minuten zu einer unserer Filialen unterwegs sein"

Mitten in einer Umstrukturierungsphase befindet sich der Maler-Einkauf Rhein-Ruhr in Essen. Die Dienstleistung rückt in den Vordergrund und zwar in einer schnellen, dynamischen und unkomplizierten Form. Kundenbindung wird groß geschrieben. Die Genossenschaft will ihre Aktivitäten voll und ganz auf das Rhein-Ruhr-Gebiet konzentrieren. "Nicht größer sein ist besser, sondern besser sein ist besser", lautet die Devise von Geschäftsführer Dr. Frank Jung. BTH Heimtex-Redakteur Hans-Jürgen Hömske hat mit ihm gesprochen.

Die wirtschaftliche Situation im Malerhandwerk ist momentan alles andere als rosig. Seit 2001 befindet sich die Branche auf Talfahrt, wobei es vor allem 2002 zu dramatischen Einbrüchen kam. Auch für das Jahr 2003 ist kaum eine Besserung zu sehen. Dr. Frank Jung zeigt sich für den Maler-Einkauf Rhein-Ruhr dennochmit der gegenwärtigen Situation zufrieden: "Es könnte zwar immer noch etwas besser sein, aber wir verzeichnen eine durchaus positive Entwicklung. Die MEG Rhein-Ruhr hat sich von der allgemeinen konjunkturellen Situation abgekoppelt."

Die Genosschaft ist schon von den Ursprüngen her stark auf das Malerhandwerk fixiert. Gegründet wurde sie 1919 von 32 Essener Malermeistern, die sich während der damaligen ebenfalls schlechten Zeiten selbst helfen wollten. 1921 zählte sie schon 104 Malermeister und wuchs auch in den Folgejahren immer weiter. 1968 wurde auf einem rund 10.000 qm großen Grundstück im Gewerbegebiet In der Hagenbeck in Essen mit dem Bau des heutigen Firmensitzes begonnen. Dort residiert man inzwischen auf knapp 7.500 Betriebsfläche, 5.200 qm davon sind Lager.

Längst ist die MEG über den Stammsitz Essen hinausgewachsen. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg waren zahlreiche Malerbetriebe aus benachbarten Städten im Ruhrgebiet dem Essener Maler-Einkauf als Mitglieder beigetreten oder ganze Einkaufsgenossenschaften aus der Region waren unter das Dach der MEG Rhein-Ruhr gekommen. Dieser Trend setzte sich in den 60er Jahren verstärkt fort. Es wurden eine ganze Reihe kleinerer Großhandelsbetriebe übernommen oder Fusionen mit anderen Maler-Einkaufsgenossenschaften geschlossen. Die letzte Fusion fand 2001 mit der MEG Dortmund ab, so dass jetzt das gesamte Ruhrgebiet bis hin zu Bergischen Land und in das Sauerland und Siegerland hinein abgedeckt ist.

In dieser regionalen Konzentration sieht Dr. Frank Jung die Stärke der MEG Rhein-Ruhr: "Wir kennen unsere Kunden. Wir sind mit ihrer Mentalität, mit ihren Wünschen und Anforderungen vertraut. Die Chemie stimmt hier." Dass dies keine leeren Floskeln sind, zeigt die Tatsache, dass die MEG gerade die Niederlassungen Wetzlar, Freudenberg und Meinerzhagen, die erst 1998 als ein Teilbereich der Weber & Wagner GmbH in Freudenberg übernommen worden waren, wieder verkauft hat, wobei die Niederlassungen in Wetzlar und Freudenberg an Engel & Jung in Lollar gingen und die in Meinerzhagen an Weicken Farbe & Heimtex in Dortmund. Jung offen: "Diese drei Niederlassungen waren räumlich einfach zu weit von uns entfernt, so dass wir die Maler dort nicht optimal betreuen konnten."

Filialnetz innerhalb von drei Jahren von 12 auf 20 Standorte ausbauen

Dafür aber will Jung noch weitere Standorte in "seiner" Region aufbauen. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll das Filialnetz der MEG Rhein-Ruhr von derzeit 12 auf 17 bis 20 Niederlassungen ausgebaut werden. Der MEG-Geschäftsführer hat auf der Landkarte den Zirkel angesetzt und Radius für Radius eingezeichnet. Kein Maler soll länger als zehn Minuten mit dem Auto unterwegs sein müssen, um zu seiner MEG-Filiale zu kommen, in der er sein kurzfristig benötigtes Material kaufen oder seine Farbe in der Farbmischanlage zusammen stellen kann. Schon heute erreicht die MEG jeden Betrieb auf einer der 15 LKW-Touren täglich, um die Bestellungen auszuliefern.

Der Einkauf der Selbstabholer und die Auslieferungen, die von der Zentrale in Essen und von dem Lager in Dortmund abgehen, halten sich momentan etwa die Waage. Doch Jung stellt fest, dass das Organisationsvermögen der Malerbetriebe spürbar geringer wird. Bei einem momentanen Auftragsbestand von durchschnittlich nur zwei bis vier Wochen gibt es immer weniger mittelfristige Planungen in der Warenbeschaffung und eine immer geringer werdende Bevorratung. "Da für die Maler der zeitliche Vorlauf für ihre Arbeiten immer kleiner wird, müssen wir unsere Aktivitäten beschleunigen", gibt Jung die Zielrichtung vor. "Der Turbo muss rein. Es muss alles schneller gehen. Unsere Aufgabe ist es, den Kunden in seinem Geschäft zu unterstützen. Unsere ganze Mannschaft hat sich enger auf die Ansprüche unserer Kunden getrimmt. Wir haben gelernt, zu zuhören und Wünsche zu erfüllen. Für uns heißt Verkauf heute, die Probleme der Kunden schon im Vorfeld zu beseitigen. Die Resonanz unserer Kundschaft auf diese Konzeption ist bisher durchaus positiv, auch wenn wir noch weiter an unserer Arbeit feilen müssen."

Klassischer Malerbedarf stärkstes Standbein

Die MEG Rhein-Ruhr zählt momentan etwa 3.000 kaufende Kunden, von denen rund 1.000 als Genossenschaftsmitglieder eingetragen sind. Das Unternehmen kommt mit knapp 140 Mitarbeitern einschließlich des Außendienstes auf einen Jahresumsatz von rund 37 Mio. EUR und verfügt nach Angaben von Dr. Jung über eine "gesunde finanzielle Basis". Die Umsätze verteilen sich zu etwa 60% auf den klassischen Malerbedarf, 20% auf Bodenbeläge und weitere 20% auf Geräte und Maschinen. Tapeten und Sonnenschutz haben nur minimale Umsatzanteile und werden nicht gesondert ausgewiesen. Als wichtiges Standbein neben dem Malerbedarf sieht Dr. Jung vor allem den Maschinen- und Gerätebereich. Hier hält die MEG rund 500 Leihmaschinen bereit, die es dem Maler ermöglichen, bei einem eventuellen Ausfall des eigenen Gerätes sofort und ohne großen Arbeitsstopp auf ein Leihgerät zurück greifen zu können. Für die Reparatur der Arbeitsgeräte unterhält die MEG eine eigene Werkstatt, die auch die erforderlichen technischen Prüfungen abnimmt.

Für den Malerbedarf arbeitet die MEG Rhein-Ruhr hauptsächlich mit den Lieferanten Caparol, CD Color, Herbol, Sigma Coatings, Zero, Conti, Kluthe und Henkel zusammen, wobei Dr. Jung den Herstellern, die selbst Großhandelsfunktionen ausüben, mit leichter Skepsis gegenüber steht: "Der eigentlich notwendige Informationsaustausch mit internen Erkenntnissen über Kundenwünsche und -anforderungen kann hier naturgemäß nicht so intensiv sein, wie es eigentlich für eine enge Partnerschaft zwischen Industrie und Großhandel notwendig wäre. Schließlich können wir potenzielle Mitbewerber nicht mit unseren eigenen Informationen versorgen." Dabei räumt Dr. Jung der Industrie durchaus das Recht ein, dort Handelsfunktionen wahr zu nehmen, wo der Handel selbst sich als zu schwach erweist.

Eigenmarke Genocolor

Doch Dr. Frank Jung sieht auch die Gefahr einer zunehmenden Konzentration, die die Unabhängigkeit des Handwerks gefährdet. Bislang konnten kleinere Hersteller im Wettbewerb mit den den Markt bestimmenden Anbietern noch als Preisregulatoren fungieren.

Je höher aber der Konzentrationsgrad in der Industrie werde, desto stärker ziehe auch das Preisniveau an, wie es Beispiele aus dem Ausland zeigten, unterstreicht der MEG-Geschäftsführer. Die MEG Rhein-Ruhr hat deshalb trotz lang gehegter Bedenken die Eigenmarke Genocolor mit Grundierungen, Innendispersionen und Fassadenfarben ins Leben gerufen. Unter dieser Marke sollen dem Malerhandwerk faire Produkte zu fairen Preisen und mit einer Geld-zurück-Garantie bei Unzufriedenheit mit dem Produkt geboten werden. Die Genossenschaft will mit dem straffen Programm unter der Eigenmarke den Konzentrationstendenzen und damit dem befürchteten Anstieg des Preisniveaus etwas entgegen stellen. Jung: "Wir wollen mit der Eigenmarke das Preisniveau einigermaßen in Schach halten."

Dr. Jung sieht aber noch weitere Vorteile für das Malerhandwerk durch den Kauf und die Verwendung von Genocolor: "Wenn die Maler unsere Eigenmarke kaufen, dann kommt der Deckungsbeitrag über unsere Arbeit wieder dem Handwerk zugute. Wenn aber hauptsächlich die großen Industriemarken verwendet werden, dann fließt der Gewinn wieder der Industrie zu, die ihn für weitere Konzentrationsbestrebungen einsetzt."
aus BTH Heimtex 09/03 (Wirtschaft)