Interview mit Claus Hoffmann und Manfred Endres

"Partnerschaftliches und solidarisches Verhalten ist die besondere Stärke der Rigromont"

Die Rigromont hat klar von dem Umbruch in der Kooperationslandschaft profitiert und sich in den letzten zwei Jahren enorm nach vorne entwickelt. Geschäftsführung und Aufsichtsrat gelang es, neue Anschlusshäuser zu gewinnen, darüber hinaus suchten sie auch erfolgreich den Schulterschluss mit Kollegen-Verbünden wie Proma und Heimgro. Damit haben sie nicht nur die Marktstellung der Rigromont gestärkt, sondern weitblickend für die Zukunft vorgebaut. Wie geht es weiter? Was hat die Rigromont noch für Pfeile im Köcher? Darüber sprachen Claudia und Michael Steinert mit Geschäftsführer Claus Hoffmann und Aufsichtsratsmitglied Manfred Endres.

BTH Heimtex: Angesichts der schwierigen Branchenlage nehmen die Berührungsängste unter den Marktteilnehmern ab - auch bei Ihnen. Sie arbeiten seit Anfang 2001 mit der Kollegenkooperation Proma und seit dem letzten Jahr auch mit der Heimgro in bestimmten Bereichen eng zusammen. Ist diese Zusammenarbeit aus der Not geboren, sprich kurzfristige Reaktion auf die Konjunkturflaute, oder frühzeitig angedachte Strategie?

Claus Hoffmann: Eigentlich von beiden etwas. Die Rigromont war Anfang der 90er Jahre als neuer Großhandels-Marketingverbund mit einem kleinen, schlagkräftigen Kreis gestartet. Bis Ende der 90er Jahre hatten wir große Erfolge mit unserem Konzept der gemeinsamen Kollektionierung und Produkt- und Marketingideen. Das wurde von der Industrie durch gute Preise und Konditionen auch honoriert. Auch Exklusivitäten waren für beide Seiten zur Ertragssteigerung interessant. Leider konnten wir uns im Verlauf der letzten Jahre nicht der gewaltigen Konzentration im Handel entziehen; gerade die Insolvenz der FHG im vergangenen Jahr ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich Umsatzaddition bei geringer Marketingleistung zu einer ungesunden Machtkonzentration entwickeln kann.

Wir mussten feststellen, dass reine Marketingclubs wie wir mit hohem ideellen Anspruch, aber geringerem Einkaufsvolumen, gegenüber Formationen dieser Art deutlich benachteiligt sind, was die Konditionen und Spitzenboni angeht. Also mussten wir handeln und entschlossen uns, Gespräche mit der Proma über eine strategische Allianz aufzunehmen. Wir wurden uns schnell einig und starteten schon zum 1. Januar 2001 mit einer Kooperation im Treuhandbereich und bei den Rahmenverträgen, die sich auch absolut positiv auswirkte.

Im vergangenen Jahr haben wir dann einen weiteren Kooperationsvertrag mit der Heimgro abgeschlossen, wobei wir drei nur in der Spitze zusammenarbeiten: bei der Einkaufs- und Lieferantenpolitik. Wir mustern weiterhin getrennt und agieren auch mit unterschiedlichen Marken und Kollektionsaufmachungen am Markt.

BTH Heimtex: War die Proma Ihr Wunsch-Partner?

Hoffmann: Ja. Und das nicht nur, weil ich aus Richtung Proma komme; vor Rigromont war ich fast 15 Jahre lang für den Proma-Vorgänger, die PM-Gruppe tätig. Die heutigen Proma-Gesellschafter sind eigentlich die Elite des damaligen PM-Mitgliederkreises und sie verfolgen mit ihren Eigenmarken Proma und Carpetline eine ähnliche Marketingpolitik wie wir. Insofern passten wir sehr gut zusammen und konnten durch die Addition unserer Einkaufsvolumina die konditionellen Nachteile in den Spitzenboni ausgleichen.

Nicht nur deshalb hat sich unsere Zusammenarbeit als echter Gewinn erwiesen, sondern auch, weil sie automatisch zu weiteren positiven Veränderungen führte: Im letzten Jahr gewannen wir mit König + Kritzmann und Plasto zwei neue Gesellschafter hinzu, was uns geholfen hat, die vorherigen Abschmelzungen durch Bürklin und Kirschbaum zu verkraften. Schlagartig hatten wir damit wieder unser früheres Niveau erreicht und konnten durch den Kooperationsvertrag mit der Heimgro sogar noch darauf aufsatteln.

BTH Heimtex: Wie verteilt sich das Einkaufsvolumen auf die drei Kooperationspartner? Und wie stark sind Sie jetzt tatsächlich am Markt? Wie hoch schätzen Sie Ihren Anteil, bezogen auf das Großhandels-Geschäft mit Bodenbelägen?

Hoffmann: Sicher rekrutiert die Rigromont 70% des gesamten Bodenbelag-Einkaufsvolumens und die restlichen 30% werden von den beiden anderen Partnern beigesteuert. Der Marktanteil ist schwer zu beziffern, weil es keine verlässlichen Zahlen in dieser Richtung gibt. Wir schätzen ihn auf 20 bis 25%, in Österreich und der Schweiz höher, weil unsere dortigen Gesellschafter eine starke Marktstellung haben. In der Schweiz beispielsweise gibt es vier bedeutende Grossisten, von denen zwei bei uns Mitglied sind und zusammen auf gut 50% Marktanteil kommen dürften.

BTH Heimtex: Und welchen Anteil haben nach Ihrer Einschätzung die einschlägigen Kooperationen zusammen am Bodenbelags-Großhandelsgeschäft?

Hoffmann: Knapp 70%. Der Rest entfällt auf die freien, nicht organisierten Großhändler.

BTH Heimtex: Wie viele sind das?

Manfred Endres: Schwer zu sagen. Wie definieren Sie Großhandel? Wenn wir darunter nur den lupenreinen Großhandel verstehen, der ausschließlich den klassischen zweistufigen Vertrieb pflegt, gibt es sicher nicht mehr so viele, die keinem Verbund angeschlossen sind - ohne dass ich jetzt eine konkrete Zahl nennen könnte.

Hoffmann: Der Markt ist relativ verteilt. Wenn man durchzählt, kommt man vielleicht auf 10 namhafte Großhandels-unternehmen, die nicht organisiert sind.

BTH Heimtex: Muss man als Großhändler heute in einer Kooperation sein? Wiegen die Einkaufsvorteile eventuelle Zwänge auf? Oder kann man die als Freier ab einer gewissen Größenordnung genauso genießen?

Endres: Für uns ist die Mitgliedschaft in einer Kooperation von existenzieller Bedeutung. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens kann ich zwar sicher auch als ringfreier Grossist bestimmte Rahmenkonditionen erreichen, aber nicht in der Größenordnung und nicht in der Breite über alle Lieferanten hinweg wie mit der Kooperation.

Zweitens übernimmt eine Kooperation wie die Rigromont Dienstleistungen, die bei uns Ressourcen binden würden. Nehmen wir als Beispiel die Kollektionsfertigung: Wenn wir das als Ruhe & Co in Eigenregie machen würden, müssten wir dafür bestimmt ein bis zwei Mitarbeiter mehr einstellen, die einen zusätzlichen Kostenfaktor bedeuten. Und nicht nur das: Mit unseren kleinen Kollektionsauflagen könnten wir uns kaum diese hochwertige Aufmachung mit Raumbildern usw. leisten; das rechnet sich erst bei hohen Stückzahlen. Monetäre Vorteile, Einsparung von Manpower...das sind Argumente und wir als Großhändler profitieren noch von weitere Aktivitäten unserer Kooperation wie der Marktbeobachtung, Lieferanten-Verhandlungen, verkaufsfördernden Maßnahmen usw.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielen die Rigromont-Eigenkollektionen und die Marke Casa Nova für Sie, Herr Endres? Wäre Ihnen eigene, individuelle lieber?

Endres: Nein, warum? Für uns ist Casa Nova die Hausmarke der Bodenbelagskollektionen und wird gleichrangig mit unserem Firmenlogo auf unseren Kollektionen präsentiert. Wir geben unseren Kunden damit die Sicherheit, dass diese Kollektion professionell ausgesucht, zusammengestellt und präsentiert wird. Ein weiterer Vorteil der gemeinsamen Marke ist, dass alle Verkaufsförderungs-, Werbungs-, Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen bis hin zum Internet-Auftritt unter der Dachmarke Casa Nova laufen. Das spart wieder Kosten und Zeit und garantiert zugleich größere Marken-Verbreitung.

Hoffmann: Es gibt ja auch keinen Zwang zu gemeinsamen Kollektionen. Zwar wird der Großteil gemeinsam gemacht, aber den Gesellschaftern ist es natürlich freigestellt, weitere, eigene Hauskollektionen unter dem Namen Casa Nova anzubieten.

Endres: Seit April haben wir bei Rigromont auch eine Eigenmarke im Kleber- und Spachtelmassenbereich. Die bietet uns wieder noch andere Vorteile: Wir können uns damit leichter der Vergleichbarkeit und dem Wettbewerb auf dem Markt entziehen, was sich bereits bei der Beschaffung auszahlt. Wir können schon heute sagen, dass das von der Rendite her so interessant ist, dass wir nicht mehr darauf verzichten wollen.

Wir unterscheiden uns ja insofern von anderen Kooperationen, als wir uns ganz klar als Marketingverbund verstehen. Das beschränkt den Kreis der Mitglieder auf eine relativ kleine Zahl, die nicht miteinander im Wettbewerb stehen und außerdem relativ homogen in der Größenordnung, der Zielrichtung und der Denke sind. Das ist die Voraussetzung dafür, dass unsere Sortiments- und Preispolitik und unsere Marketingmaßnahmen Erfolg bringen können. Je größer ein Verbund, desto schwieriger wird es. Auch bei uns würde das nicht mehr funktionieren, wenn wir die doppelte Anzahl an Gesellschaftern hätten.

BTH Heimtex: Kommen wir noch einmal auf die finanziellen Nutzen zurück, den ein Großhändler aus der Mitgliedschaft in einer Kooperation ziehen kann. Rettet sich damit nicht sogar mancher Großhändler vor der Pleite? Nach einem Betriebsvergleich von Armstrong-DLW liegt die durchschnittliche Umsatzrendite im Bodenbelagsgroßhandel heute bei -1,5%. Daraus folgt doch, dass der Großhandel ohne Rückvergütungen gar nicht überleben würde.

Endres: Ja, dem stimme ich zu. Die Rückvergütungen beim Großhandel haben eine Größenordnung von 5 bis 10% erreicht. Jeder kann sich also ausrechnen, wo die durchschnittliche Umsatzrendite ohne Rückvergütungen liegen würde.

Wobei sich meines Erachtens die Vorsteuer-Rendite im bundesdeutschen Großhandel auch unter Berücksichtigung aller Rückvergütungen immer nur um Null herum bis hin zu maximal 3% bewegt hat. In schlechten Zeiten kann sie schon einmal schnell in die roten Zahlen rutschen. Wenn dann die Rückvergütungen wegfielen, würde es das Aus bedeuten - es sei denn, der Großhandel ändert sein Preissystem.

Hoffmann: Die durchschnittliche Rendite war natürlich schon immer katastrophal im Vergleich zu anderen Branchen und Ländern. Grund sind unter anderem die hohen Kostenstrukturen, eine nicht auskömmliche Spanne und die massiven Preiskämpef im Objekt- und auch im Markenbereich. Deswegen sind die Rückvergütungen zwingend notwendig.

BTH Heimtex: Die Preiskämpfe zettelt der Großhandel doch zum Teil selbst an.

Hoffmann: Sicher regiert manchmal die Unvernunft. Überall, wo extremer Wettbewerb und Überkapazitäten auch im Handel herrschen, kommt es zu solchen Exzessen - nicht nur in unserer Branche. Das ist in anderen Branchen gang und gäbe.

BTH Heimtex: Im Grunde genommen ist die Rückvergütung Kalkulationsbestandteil. Wenn sie es nicht wäre, hätte der Großhandel andere Umsatzrenditen - und wäre mit seinen Zahlen sich selbst gegenüber ehrlicher...

Endres: Es lohnt sich nicht, darüber zu streiten. Aber man muss vielleicht über die Form der Rückvergütungen nachdenken und da gehören wir als Rigromont zu denjenigen, die eine leistungsbezogene Rückvergütung favorisieren. Das heißt, nicht jedes Kooperationsmitglied erhält automatisch den gleichen Anteil vom Kuchen, sondern er errechnet sich nach Leistung und Gegenleistung. Dieser Faktor der Individual-Verbonifizierung gewinnt an Bedeutung, was auch richtig ist. Im Umkehrschluss kann das allerdings die Existenz von denjenigen gefährden, die nur über geringes Potenzial verfügen.

BTH Heimtex: Und was ist mit eventuellen Individualboni der Gesellschafter?

Hoffmann: Auch die werden zum überwiegenden Teil von Rigromont verhandelt und abgerechnet. Das heißt, unsere Konditionsmodelle funktionieren nicht nach Schema F, sondern bestimmt ein Drittel unserer Konditionen ist heute schon individuell leistungsbezogen.

Endres: Dazu muss man sagen, dass wir Großhändler alles über die Rigromont abrechnen. Wir haben ein völlig transparentes System, bei dem jeder Cent an Rückvergütung nach ganz bestimmten Kriterien über die Zentrale läuft. Keiner kassiert bei uns noch nebenbei einen Individualbonus. Rigromont wiederum reicht ihn komplett ohne Abzug durch, denn die Geschäftsstelle speist sich nicht aus dem Topf der Rückvergütungen.

BTH Heimtex: Bei den letzten Jahresgesprächen für 2003 gab es zum Teil heftige Kontroversen zwischen dem Großhandel und seinen Lieferanten, weil die Industrie die Konditionenschraube anzog und auch die Zahlungsbedingungen verschärft hat. Bald stehen die Jahresgespräche 2004 an und uns ist zu Ohren gekommen, dass einige Anbieter nochmal nachkarten wollen....

Hoffmann: Das können wir eigentlich nicht feststellen. Ich glaube sogar, dass das Gegenteil der Fall ist: Leistungsvergütungen für nachvollziehbare Gemeinsamkeiten im Bereich der Kollektionierung mit abgestimmten Marketingmaßnahmen, aber auch die Einkaufsbündelung bei Schwerpunkt-Lieferanten werden immer mehr honoriert. Wenn sich Aktivitäten für beide Seiten lohnen, ist die Industrie schnell bereit, mit uns auch über verbesserte Konditionen zu reden.

Endres: Da ist es sicher ein Vorteil für uns, dass wir sehr homogen sind, eine reine Großhandelsgruppe, wohl mit Unterschieden in der Größe der Firmen, im Sortiment und in der Kundenstruktur, aber mit den gleichen Interessen und Strukturen. Bei uns sind weder Objekteure, noch Einzelhändler, Filialisten oder Großvertriebsformen angeschlossen; wir liefern unseren Kunden aus Handwerk und Handel keinen Wettbewerb.

Hoffmann: Wir haben sogar darauf verzichtet, einen Objekteur, der zu einem unserer Gesellschafter gehört, in unsere Reihen aufzunehmen, damit wir saubere Strukturen behalten.

Endres: Das würde auch bei der Tagesarbeit stören. Allein bei der Kollektionspolitik gebe es völlig unterschiedliche Interessen. Ich empfinde diese Homogenität als großen Vorteil und fühle mich damit sehr wohl, weil wir alle die gleiche Zielrichtung haben.

Hoffmann: Die Gesellschafter sind im Laufe der Jahre eng zusammen gewachsen, bis hin zu persönlichen Freundschaften. Dieses partnerschaftliche und solidarische Verhalten ist eine der besonderen Stärken der Rigromont. Jeder trägt zur Fortentwicklung der Gesamtgruppe bei, jedem ist das Geben und Nehmen bewusst. Trittbrettfahrer haben keine Chance.

BTH Heimtex: Das erinnert fast an eine Erfa-Gruppe.

Hoffmann: Im Prinzip ja; wobei keinerlei Verflechtung oder Verpflichtung bestehen. Die Gesellschafter sind alle freie Unternehmen, die aus freien Stücken zusammenarbeiten und dabei alle Möglichkeiten ausschöpfen Das geht natürlich nur bei einer begrenzten Gesellschafterzahl, weil das die Zusammenarbeit, die Entscheidungsfindung und die Realisierung der Aufgaben erleichtert.

So werden zum Beispiel alle Produkt- und Marketingentscheidungen nicht hier im einsamen Kämmerlein getroffen, sondern wir besprechen sie im Arbeitskreis Boden, in dem alle Gesellschafter mit einem Verkaufsleiter oder Produktmanager vertreten sind - also mit jemandem, der unmittelbar im Tagesgeschäft steht.

Endres: Diese demokratische Produktentwicklung im Arbeitskreis Boden unter der bewährten Führung von Herrn Hoffmann führt zu dem Ergebnis, das sich an neun von zehn Kollektionen alle Gesellschafter beteiligen.

Hoffmann: Wobei ein kleines Geheimnis darin liegt, dass keiner überrannt wird oder etwas aufgedrückt bekommt, sondern wir setzen alles daran, mit Kompetenz, Leistung und auch mit Diplomatie zu überzeugen. Und nicht mit Muskelspiel.

BTH Heimtex: Demokratie ist ein schönes Stichwort; wie sieht die Aufgaben- bzw. Gewaltenteilung zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung aus? Wer gibt die Marschrichtung vor?

Hoffmann: Höchstes Organ der Rigromont ist selbsverständlich die Gesellschafterversammlung, die einen Aufsichtsrat gewählt hat. Diesem gehören Eberhard Liebherr als Vorsitzender an, Dietmar Diester als stellvertretender Vorsitzender und Manfred Endres und Gerhard Fessel als weitere Mitglieder. Dieser Aufsichtsrat unterstützt und kontrolliert die Geschäftsführung. Alle strategischen und wesentlichen finanziellen Themen vom Budget bis zu den Investitionen werden im Gesamtgremium besprochen. Einen Alleinherrscher gibt es bei uns nicht. Nur im Team sind wir stark.

Endres: Bei uns ist auch alles transparent. Alle Daten, alle Maßnahmen werden dokumentiert und sind für jeden Gesellschafter einsehbar. Diese Transparenz ist wichtig, weil vieles auf Vertrauen basiert. Und: Transparenz ist auch notwendig im Hinblick auf den enormen Geldfluss in unserem Treuhandbereich. Gerade dort muss jeder Schritt nachvollziehbar sein; jüngste Erfahrungen haben ja gezeigt, was dort sonst passieren kann.

Hoffmann: Wir sprechen von gläsernen Verhältnissen. Rigromont versteht sich nicht als oben angesiedelte Institution, sondern steht mittendrin und will auch Motor und Ideengeber sein. Den Sprit liefern die Gesellschafter.

BTH Heimtex: Einen Fall FHG könnte es also bei der Rigromont nicht geben...

Endres: Nein, nie. Dazu sind erstens die Befugnisse von Herrn Hoffmann zu eingeschränkt, zweitens übt der Aufsichtsrat seine Kontrollfunktion aus und drittens thront über allem die Gesellschafterversammlung, die überschaubar ist und sich mindestens zweimal im Jahr trifft.

BTH Heimtex: Funktioniert die Transparenz auch rückwärts? Kennen Sie die Bilanzen Ihrer Gesellschafter?

Hoffmann: Offen gesagt, nein. Und zwar deshalb nicht, weil unser System es nicht unbedingt erforderlich macht. Ich bin aber wohl über die Entwicklung, die wesentlichen Zahlen und die Ergebnisse unserer Gesellschafter informiert, besuche sie auch regelmäßig, führe hier und da vertrauliche Unternehmergespräche und weiß insofern schon sehr genau, wo jeder steht.

BTH Heimtex: Wie weit werden Sie aktiv, wenn ein Gesellschafter in Schwierigkeiten gerät? Nehmen wir als konkrete Beispiele Bürklin und Kirschbaum: Hätten Sie dort Hilfestellung leisten können oder wollen?

Hoffmann: Natürlich versuchen wir mit Rat und Tat so weit wie möglich zu helfen; allerdings können wir nur wenig tun, wenn eigenes Verschulden dahinter steckt oder die Situation durch Verschleierung verfahren ist, also nicht mit offenen Karten gespielt wird.

Ich möchte aber betonen, dass wir aktuell keine Probleme dieser Art haben. Unsere Gesellschafter weisen eine gute Bonität aus und es gibt keinerlei Ansatz zu Bedenken, dass uns in Kürze etwas Ähnliches wiederfahren sollte.

BTH Heimtex: Und wieweit nehmen Sie Einfluss, wenn einer Ihrer Gesellschafter sich so verhält, dass er einem anderen oder der ganzen Gruppe schadet?

Hoffmann: Dann müssten wir als Geschäftsführung und Aufsichtsrat sicher eingreifen und mit dem Betreffenden gemeinschaftlich sprechen. Das ist zum Glück aber noch nie notwendig gewesen.

Endres: Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter wie auch der gemeinschaftlichen Firma sind genau definiert. Das ist sogar vertraglich geregelt.

BTH Heimtex: Die Rigromont hat immer bewusst auf Zentralregulierung verzichtet. Im letzten Jahr haben Sie dann doch einen Vorstoß gewagt, sind aber aus bekannten Gründen gescheitert. Was hat Sie damals bewogen, doch in die Zentralregulierung einsteigen zu wollen und ist das Thema jetzt zunächst mal nur auf Eis gelegt oder endgültig abgehakt?

Hoffmann: Wir haben uns damals mit dem Thema Zentralregulierung befasst, weil es zwei der drei großen Verbundgruppen anboten und wir uns als dritte nicht ausschließen wollten und weil wir uns einen zusätzlichen Ertrag davon versprachen.

Inzwischen hat sich die Situation geändert. Es gibt nur noch eine andere vergleichbare Verbundgruppe, die zentral reguliert. Zudem haben wir Gesellschafter aufgenommen, bzw. arbeiten sogar mit einer Kollegen-Gruppe zusammen, die überaus negative Erfahrungen auf diesem Gebiet gemacht haben.

Daher ist die Zentralregulierung momentan kein Thema mehr für uns. Wir wollen die finanziellen Spielräume und individuellen Zahlungsmodalitäten unserer Gesellschafter nicht unnötig einschränken. Bei der Zentralregulierung müssen unnötigerweise zusätzliche Sicherheiten gegeben werden.

Außerdem kostet die Zentralregulierung auch die Industrie eine gehörige Portion Geld. Im Augenblick scheinen unsere Lieferanten eher befreit, dass wir das nicht durchsetzen. In vielen Fällen konnten wir mit ihnen einvernehmliche Lösungen als Differenzausgleich vereinbaren und sparen beiderseits hohe Bankprovisionen.

BTH Heimtex: Was aber nicht heißt, dass das Thema Zentralregulierung für immer gestorben ist....

Hoffmann: Das nicht, aber es gehört momentan nicht zu unseren vordringlichsten Aufgaben. Uns ist es jetzt erst einmal wichtiger, mit unseren Kooperationspartnern zusammen zu wachsen.

BTH Heimtex: Herr Endres, wie sehen Sie das als Großhändler? Hätten Sie gern die Zentralregulierung in Anspruch genommen?

Endres: Ich war Befürworter der Zentralregulierung - aus einem einzigen Grund: Uns wurde 1 Prozent auf unser Einkaufsvolumen in Aussicht gestellt und dieser Betrag wäre schon interessant gewesen.

BTH Heimtex: Welche Voraussetzungen muss ein Vertragslieferant überhaupt bei Ihnen erfüllen?

Hoffmann: In erster Linie muss er marktgerechte Produkte führen und natürlich ein schwerpunktmäßig auf den Großhandel ausgerichtetes Vertriebskonzept haben. Das ist das A und O. Wir können wenig mit jemandem anfangen, der vornehmlich den Einzelhandel beliefert oder in Bau- und Heimwerkermärkten tätig ist. Das funktioniert weder vom Produkt, noch von der Dienstleistung, der Marke und auch nicht vom Wettbewerb her.

BTH Heimtex: Es sei denn, er fährt eine mehrgleisige Vertriebsstrategie mit getrennten Sortimenten und Marken....

Hoffmann: Ja, die meisten großen Anbieter arbeiten ja auch so. Aber es gibt eben auch Vertriebskonzepte, die absolut auf den Großhandel zugeschnitten sind, etwa von Objectflor, Henkel-Thomsit oder der Norddeutschen Teppichfabrik.

BTH Heimtex: Wie wichtig ist ein breites Sortiment, also das Argument, möglichst viel aus einer Hand beziehen zu können?

Hoffmann: Das ist nicht unbedingt wichtig. Viel mehr zählt, dass die Produkte marktgerecht und innovativ sind, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, die Laufzeiten eingehalten werden und die Vertriebsstrategie klar und sauber ist.

BTH Heimtex: Was wünschen Sie sich von Ihren Lieferanten?

Hoffmann: Vor allem die Erfüllung von Lieferverpflichtungen und - heute nicht zu unterschätzen - ein einwandfreies Rating. Wir wünschen uns gesunde Lieferanten mit guter Bonität, auf die wir uns auch in der Zukunft verlassen können.

Nicht zu vergessen: Wir wünschen uns eigentlich auch mehr mittelständische und inhabergeführte Lieferanten. Die Rigromont selbst und ihre Gesellschafter sind alle mittelständisch geführte Unernehmen und fühlen sich eigentlich wohler in einer Gemeinschaft mit ähnlich gelagerten Lieferanten. Dort ist aber in den letzten Jahren leider ein starker Schwund festzustellen, so dass für uns fast der Zwang entsteht, weiter zu kooperieren, um größer zu werden und mit den ihrerseits immer größer werdenden Gebilden auf Industrieseite auf Augenhöhe verhandeln zu können.

Endres: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade inhabergeführte Unternehmen längerfristig planen und eine kontinuierlichere Politik fahren. Sie sind oft näher am Markt und an den Kunden.

BTH Heimtex: Dann müssten Sie als Großhandel aber auch Ihren Beitrag dazu leisten, dass diese inhabergeführten Unternehmen überleben können...

Endres: Einverstanden. Ich gehe mit Ihnen einig, dass wir die unterschiedlichen Strukturen unserer wettbewerbsgeprägten Gesellschaft zumindest in den Grundzügen erhalten und nicht alles unter dem Deckmantel der Globalisierung dezimieren oder gar vernichten sollten. Das fängt bei der Regierung an, die dem Mittelstand alles verspricht und nichts hält und geht bis zu den Kreditinstituten, die mit Basel II geradezu eine Kampagne gegen den Mittelstand fahren. Das gefährdet auch uns und wir müssen etwas dafür tun, die gewachsenen Strukturen zu erhalten und die Marktmarkt der großen Marktteilnehmer nicht zu sehr ausufern zu lassen. Was bedeutet, dass zum Beispiel beim Einkauf nicht allein der billigste Preis zählen darf....

BTH Heimtex: Herr Hoffmann, Sie sprachen eben vom "Zwang zum Größerwerden auf Handelsseite", um mit der Industrie in Augenhöhe zu verhandeln. Das klingt fast so, als ginge es bei der Allianz mit Proma und Heimgro rein darum, bessere Konditionen herauszuholen.

Hoffmann: Keinesfalls. Wir machen viel mehr zusammen. Sie wissen, dass die Geschäftsführung von Rigromont in meinen Händen liegt, für die Proma ist Rolf Hattenhauer zuständig, die Heimgro wird von Klaus Brzeski geleitet, der in absehbarer Zeit in den hochverdienten Ruhestand geht. Rigromont ist die offizielle Geschäftsstelle und kümmert sich um die Vereinbarungen mit der Industrie, die Rahmenverträge und den Treuhand-Bereich. Aber die Aufgaben - und Synergie-Effekte - werden künftig darüber hinaus gehen. Wir planen eine gemeinsame Umsatzstatistik und Betriebsvergleiche, stimmen uns heute schon über Kollektionslaufzeiten ab, zum Beispiel im CV-Bereich, es gibt auch Denkmodelle in Richtung Stoffe und Gardinen, also Sortimentserweiterungen, die Tapete nicht zu vergessen... und es sind noch weitere Verflechtungen und Integrationen denkbar.

Endres: Wir wollen das Schritt für Schritt angehen und nichts überstürzen. Zumal wir seit 1. Juli mit der Farbe + Heimtex-Gruppe eine vierten Kooperationspartner im Boot haben, es im Prinzip sogar noch eine weitere, fünfte Ebene gibt und wir uns damit noch mehr Möglichkeiten und Chancen eröffnen.

BTH Heimtex: Dazu wüssten wir gerne mehr.

Hoffmann: Unter dem Namen Farbe + Heimtex sind die von Akzo Nobel erworbenen Großhandelshäuser zu einem Unternehmen zusammengelegt worden, das regional jeweils den alten Firmennamen führt - also zum Beispiel Farbe + Heimtex Kerstin. Dieses Unternehmen brauchte einen professionellen Dienstleister für den Bereich Bodenbeläge, Werkzeug, Zubehör und hat sich deshalb uns angeschlossen.

BTH Heimtex: Und was müssen wir uns unter der fünften Ebene vorstellen, die Herr Endres erwähnt hat?

Hoffmann: Das ist eine Art assoziierter Mitgliedschaft, wie sie die Firma Müller + Dintelmann mit der Proma nur für den Teppichboden-Bereich vereinbart hat, wodurch ja auch eine konditionelle Beziehung zu uns besteht.

BTH Heimtex: Könnte das ein Modell für die Zukunft sein, assoziierte Mitglieder zu werben, die nur bestimmte Teilleistungen der Kooperation in Anspruch nehmen?

Hoffmann: Das können wir heute noch nicht sagen. Wir müssen sehen, wie sich das weiter entwickelt. Eigentlich entspricht das nicht unser Philosophie, denn unser Grundprinzip ist, einen möglichst großen gemeinsamen Aktionsradius zu erarbeiten und zu realisieren.

Endres: Ich will es einmal so sagen: Es ist nicht konkret angedacht, ich würde es aber auch nicht ausschließen. Wir wissen ja heute noch nicht, wohin sich der Markt entwickelt.

Hoffmann: Nachdem wir in den letzten zwei Jahren stark auf Wachstum gesetzt haben, wird es jetzt Zeit, dass wir in Strategiezirkeln über unseren weiteren Weg und die Zukunft nachdenken.

BTH Heimtex: Fühlen Sie sich in Deutschland flächendeckend vertreten? Zumindest in Bayern klafft nach der Pleite von Bürklin eine Lücke...

Hoffmann: Wir als Rigromont haben mit unserem Konzept Deutschland weitgehend abgedeckt. Weiße Flecken finden sich höchstens noch in Oberbayern, da gebe ich Ihnen Recht und vielleicht auch noch im Saarland. Eine Erweiterung im Bundesgebiet wäre eher bei unseren Partnergruppen möglich.

BTH Heimtex: Sie haben ja auch Gesellschafter in Österreich und der Schweiz. Strecken Sie denn Ihre Fühler weiter ins Ausland hinaus?

Hoffmann: Eine Expansion über die Schweiz und Österreich hinaus ist durchaus denkbar - allerdings nur in benachbarten Ländern und dort, wo wir ähnliche Strukturen und eine ähnliche Denke wie im deutschsprachigen Raum vorfinden.

Ich glaube, dass die geografischen Expansionsmöglichkeiten relativ begrenzt sind. Wir müssen vielleicht eher neue Produkte und Leistungen anbieten und dürfen uns nicht davor scheuen, auch bisher fremde Produkte in unser Portfolio aufzunehmen.

BTH Heimtex: Wie wird sich die Kooperationslandschaft weiter entwickeln? Ist die Konzentration Zeichen einer Marktbereinigung auch bei den Kooperationen? Wie viele Verbundgruppen braucht der Markt?

Hoffmann: Wir sehen das eindeutig als Marktbereinigung. Für unsere Lieferanten bedeutet das klare Verhältnisse. Wir meinen auch, dass zwei Bodenbelagsgroßhandels-Kooperationen genug sind. Eine dritte oder gar vierte brauchen wir nicht.

Die Branche ist nicht so groß, als dass wir eine Vielzahl von Einzelkooperationen mit dem dazugehörigen Personal- und Organisationsaufwand benötigen. Nur eine Handvoll Groß- und Einzelhandels-Kooperationen kann sich viel schneller über gemeinsame Themen verständigen; seien es zum Beispiel die Zahlungskonditionen der PVC-Hersteller, die Laufzeit der CV-Kollektionen oder die Qualitätsinitiative Teppichboden, um nur einige zu nennen.

Allerdings ist auch eine weitere Konzentration im Augenblick weder nötig noch wünschenswert. Unter den Kooperationen gibt es gute Kontakte, aber auch die Portion Wettbewerb, die das Geschäft belebt.

Auch das Zusammenspiel mit dem Großhandelsverband GHF funktioniert. Dort werden Aufgaben wahrgenommen, mit denen wir uns aus Kompetenz-, Zeit- oder Kostengründen nicht befassen können.

BTH Heimtex: Und wie wird sich der Großhandel weiter entwickeln, Herrn Endres? Hat er eine Zukunft oder wird es irgendwann in Deutschland wie in Frankreich nur noch industriegeführte Grossisten oder wie in Großbritannien nur noch ein dominantes Unternehmen geben?

Endres: Natürlich bin ich überzeugt, dass der klassische Großhandel überlebt - wenn er seine Hausaufgaben macht, seine Kosten im Griff hat und einer guten Kooperation angehört, die ihm erstens professionelle Dienstleistungen bietet und zweitens gute Konditionen, so dass er sich um seine Aufgaben vor Ort kümmern kann: Service, Schulung, Beratung usw.

Und er muss sich darauf einstellen, dass sich der Markt weiter verändert, dass sich die Kunden und deren Kunden verändern. Dabei sind die Aussichten gar nicht so schlecht. Nur ein Beispiel: Unsere Gesellschaft wird immer älter und gerade Ältere sind eine wichtige Zielgruppe unserer Kunden.
aus BTH Heimtex 09/03 (Wirtschaft)