Interview mit der Führungsmannschaft DTI Flooring Europa

"Antron Innovate gibt dem Teppich Impulse"

Die Teppichfasersparte von Du Pont hat bewegte Zeiten hinter sich: Die gesamten Faseraktivitäten wurden aus dem Mutterkonzern in das neu gegründete Unternehmen Du Pont Textiles & Interior ausgegliedert - kurz DTI - was massive Umstrukturierungen bedingte. Zusätzlich fand in der europäischen Organisation ein umfassender Generationswechsel statt. Inzwischen steht das neue Team hier in Europa. Was hat sich bei DTI geändert? Welche Strategie und Ziele werden verfolgt? Was passiert bei einem eventuellen Verkauf? Darüber sprach BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Steinert mit der Führungsmannschaft von DTI Flooring Europa.

BTH Heimtex: Fasern schienen immer ein wichtiger Geschäftsbereich für Du Pont zu sein. Im letzten Jahr kündigte der Konzern überraschend an, sich davon trennen zu wollen - durch einen Verkauf oder den Gang an die Börse. Warum?

Raymond Palmen: Du Pont will sich stärker konzentrieren und hat dafür verschiedene Optionen erwogen, das heißt, die Trennung von unterschiedlichen Geschäftsbereichen. Letztlich hat man dann eine strategische Entscheidung für bestimmte Sparten getroffen und einen ganzen Block ausgegliedert, der eine in sich geschlossene Einheit bildet - das sind die Faseraktivitäten, die als Du Pont Textiles & Interior separiert wurden.

Wobei es ganz wichtig ist, dass DTI nicht nur Fasern herstellt, sondern auch Polymere und andere Faservorprodukte. Diese kontinuierliche Integration vom Rohmaterial bis zum Fertigprodukt bedeutet einen deutlichen Wettbewerbsvorteil: Wir sind das größte integrierte Faser-Unternehmen der Welt, was uns für den künftigen Eigentümer sehr interessant macht. Zumal wir einige der stärksten Marken von Du Pont wie Antron, Stainmaster und Lycra in das Produktportfolio einbringen.

BTH Heimtex: Aber trotz aller dieser Assets gehören Fasern nicht mehr zu den Kernkompetenzen von Du Pont....

Palmen: Nein. Obgleich Fasern ein Basisgeschäft von Du Pont waren, mit dem man sich seit fast 100 Jahren befasst hat. Aber Du Ponts Entscheidung, sich vom Fasergeschäft zu trennen, basiert auch auf der Erkenntnis, dass diesem Geschäftsbereich eine größere Freiheit eingeräumt werden muss, um sich der Marktdynamik anzupassen. Die Märkte, in denen DTI aktiv ist, sind grundsätzlich andersartig als die der anderen Geschäftsbereiche von Du Pont. Indem man DTI durch die Ausgliederung die Möglichkeit gibt, den eigenen Kurs zu bestimmen, können wir besser auf die speziellen Anforderungen unserer Kunden eingehen.

BTH Heimtex: Welchen Umfang hat das Fasergeschäft?

Palmen: DTI kommt auf 6,4 Mrd. $ Umsatz, das entspricht etwa 25% des Gesamtumsatzes von Du Pont und beschäftigt über 20.000 Mitarbeiter. Damit sind wir immer noch ein sehr großes Unternehmen, doppelt so groß wie unser nächster Mitbewerber und gehören immerhin ins Mittelfeld der 500 größten amerikanischen Unternehmen.

BTH Heimtex: Aber sind Sie auch profitabel?

Palmen: DTI ist profitabel, aber es gibt immer Möglichkeiten zur Verbesserung.

BTH Heimtex: Es muss ja einen Grund geben, warum sich Du Pont gerade von Fasern trennen will. Liegt Ihre Umsatzrendite so weit unter den anderen Geschäftsbereichen?

Palmen: 2001 war vom Ergebnis her nicht so gut, aber 2002 war sehr gut und sicher mit anderen Geschäftsbereichen vergleichbar. Wir hoffen natürlich, dass wir das Ergebnis in diesem Jahr noch weiter steigern werden, wobei wir von Konjunkturseite keine Unterstützung erwarten können.

Wir agieren in einem saturierten Geschäftsumfeld, das eng an die Entwicklung des Bruttosozialprodukts gekoppelt ist, insofern müssen wir 2003 mit negativen Einflüssen rechnen.

Dennis Pataki: Als Mitte 2002 abzusehen war, dass sich DTI ganz gut entwickeln würde, wurde Du Pont gefragt, ob man sich das jetzt mit der Trennung nochmal überlegen wolle. Die Antwort war bezeichnend: Die Entscheidung, sich von Fasern zu trennen, hing nicht von finanziellen Erwägungen ab. Es ginge vielmehr um die Entscheidung zwischen unterschiedlichen strategischen Richtungen.

BTH Heimtex: Sie wollen sagen, dass es kein Notverkauf aufgrund wirtschaftlicher Probleme ist, sondern eine strategische Entscheidung...

Palmen: Genau. Zumal es gerade für Du Pont keine einfache Entscheidung war, sich von dem Fasergeschäft zu trennen. Schließlich sind 25% des Umsatzes keine uninteressante Größe.

BTH Heimtex: Was hat für Du Pont denn Priorität? Ein Börsengang, mit dem unter Umständen mehr Geld generiert werden kann oder ein Verkauf, der mit weniger Risiko und Aufwand verbunden ist?

Palmen: Das können wir nicht sagen. Wir wissen nur, dass es mehrere potenzielle Interessenten gibt.

BTH Heimtex: Das ist erstaunlich bei dem großen Volumen des DTI-Geschäftes. Das erfordert einen potenten Käufer. Wobei DTI perfekt zu Koch Industries passen würde, die in der amerikanischen Fachpresse als heißer Kandidat gehandelt werden.

Palmen: Der Käufer muss schon über finanzielle Mittel verfügen. Aber er würde ja nicht nur das weltweit größte Faserunternehmen bekommen, sondern auch
bekannte Marken wie Lycra, Teflon, Tactelle und natürlich Antron.

BTH Heimtex: Aber DTI soll auf jeden Fall komplett verkauft werden, an eine Aufsplittung ist nicht gedacht?

Palmen: Nein. Entweder finden wir einen Käufer, der das gesamte Unternehmen übernimmt oder es wird im dritten Quartal über ein IPO (= Initial public offering), also einen Börsengang, entschieden. Dann würden wir im vierten Quartal mit einer ersten verfügbaren Tranche zwischen 10 und 20% an die New Yorker Börse gehen.

BTH Heimtex: DTI agiert inzwischen als unabhängiges, selbstständiges Unternehmen am Markt. Was hat sich dadurch verändert?

Palmen: DTI steht alleine viel besser da, weil man es besser steuern, positionieren und weiter entwickeln kann. Früher im Verbund mit Du Pont hatten bei Investitionen oft andere Projekte Priorität. Jetzt haben wir innerhalb DTI ganz andere Wertigkeiten und viel mehr Chancen für Investitionen. Wir haben übrigens letztes Jahr schon sehr viel investiert und investieren auch weiterhin.

Nehmen Sie allein das Teppichfaser-Geschäft: Es ist heute die größte Geschäftseinheit innerhalb DTIs - nicht nur wegen der reinen Teppichfaser-Produktion, wir nehmen dafür mehr als die Hälfte unserer Polymer-Produktion ab. Teppichfasern haben also eine größere strategische Bedeutung für DTI bekommen, viel größer als früher bei Du Pont.

Pataki: Wir haben jetzt natürlich auch viel kürzere Entscheidungswege.

Joachim Purrucker: Hier im Haus herrscht jetzt eine richtige Aufbruchstimmung. Es macht natürlich viel mehr Spaß, darüber nachzudenken, wie man neue Märkte erschließen kann, als nur an Produktivitätsverbesserung und Kostenreduktion zu arbeiten. Das sind Maßnahmen, die mehr oder weniger hinter uns liegen und wir sind jetzt definitiv bereit, den Markt wieder ganz anders zu bearbeiten - weg von einem internen zu einem externen Focus."

BTH Heimtex: Das ist auch dringend notwendig. Du Pont hatte in den letzten Jahren zumindest auf dem deutschen Markt an Image verloren, wirkte verkrustet, behäbig und arrogant. Gleichzeitig ist Ihnen mit den vertikal integrierten Teppichboden-Herstellern enorme Konkurrenz im Commodity-Bereich erwachsen und der Markt ist geschrumpft. Haben Sie mit Teppichfasern überhaupt noch Geld verdient?

Palmen: Sie haben Recht, so positiv war das Geschäft tatsächlich nicht. Aber unsere Umstrukturierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen zeigen Wirkung - auch in diesem Jahr, dass nun wirklich kein gutes Jahr ist. Die massiven Kosteneinsparungen haben unsere Wettbewerbsposition stark verbessert. Diese Anstrengungen gehen einher mit deutlich verstärkten Entwicklungs-Aktivitäten, die nicht nur uns, sondern vor allem auch unseren direkten Kunden, den Teppichbodenherstellern, eine höhere Wertschöpfung ermöglichen sollen.

BTH Heimtex: Die von Ihnen genannten Maßnahmen betrafen auch das Sortiment. Sie haben Ihr Angebot deutlich reduziert und in Breite und Tiefe abgebaut.

Purrucker: Nicht in dem Maße, wie möglicherweise draußen der Eindruck entstanden ist.

BTH Heimtex: Ich habe schon gehört, dass Sie relativ kurzfristig Fasertypen eingestellt haben.

Purrucker: Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Natürlich muss man die Kapazitäten den Marktgegebenheiten anpassen. Es bringt nichts, Riesen-Kapazitäten vorzuhalten, die man nicht auslasten kann. Sicher gab es damals nach dem Zusammenschluss von Du Pont und ICI im Portfolio beider Firmen Typen, die sich mehr oder weniger wie ein Ei dem anderen glichen.....

BTH Heimtex: ...so weit zurück denke ich nicht. Ich rede von der jüngeren Vergangenheit.

Purrucker: Ich weiß. Ende der 90er Jahre wurden im Rahmen eines Modernisierungsprogramms Entscheidungen getroffen, die Produktion hier in Östringen zu konzentrieren. Wir haben Maschinen verlegt, und sahen uns dann aufgrund der massiven Marktveränderungen gezwungen, Maschinen, die gerade neu installiert waren, wieder still zu legen.

Wir haben gemeinsam mit unseren Kunden versucht, diese recht radikalen Schnitte dahingehend abzufedern, dass wir Alternativen anbieten konnten. Trotzdem gab es den einen oder anderen, der gerade eine neue Kollektion einführte und dem wir dann eröffnen mussten, dass es einen bestimmten Fasertyp in einem halben Jahr nicht mehr gibt, wir ihm aber bei der Umstellung helfen. Ich denke, dass wir das im Großen und Ganzen ganz gut geschafft haben und wage auch zu behaupten, dass wir damals fast kein Geschäft verloren haben und unsere Kunden bei der Stange halten konnten.

BTH Heimtex: Ist denn diese Sortimentsbereinigung inzwischen abgeschlossen?

Purrucker: In gewissem Sinne wird es immer wieder eine Sortimentsbereinigung geben. Aber wir haben keinerlei Pläne, irgendwelche Anlagen still zu setzen und einen neuen Schock auszulösen, wenn Sie die Frage in dieser Richtung meinen.

Wir arbeiten immer an neuen Produkten, wobei wir unser Portfolio nicht beliebig aufblähen können. Wir müssen markt-und kundenverträglich das eine oder andere Produkt, das sich mit der Zeit totgelaufen hat, kontrolliert zurückziehen, um Raum zu schaffen für neue Konzepte, neue Garn- und Fasertypen. Dabei kommt uns zu Gute, dass wir hier in Östringen mit einer sehr flexiblen Produktion arbeiten.

BTH Heimtex: Welche Bedeutung hat der Standort Östringen überhaupt für DTI? Und daran anknüpfend gleich die Frage, welche Bedeutung haben Europa und speziell Deutschland für DTI?

Ursula Blank: Östringen ist das einzige Werk außerhalb Nordamerikas und zugleich die größte Nylon-Produktionsstätte weltweit - wobei wir hier nicht nur Teppichfasern und -garne herstellen, sondern auch für Bekleidung. Östringen liefert Fasern für den Markt in Europa, in den Mittleren Osten, nach Afrika und für den Wachstumsmarkt Fernost. Global gesehen nimmt das Werk damit an Bedeutung zu.

Sie können also davon ausgehen, dss DTI weiterhin eine signifikante Präsenz in Deutschland haben wird. Europa ist ein sehr wichtiger Markt für uns, insbesondere für Teppichfasern.

BTH Heimtex: Kommen wir noch mal zurück auf Ihr Produktportfolio. Vor einiger Zeit war bei Ihnen die Rede davon, das No name-Geschäft weitgehend zurückzufahren und sich verstärkt auf Markenfasern zu konzentrieren. Gilt das immer noch?

Purrucker: Wir sind von Natur aus bestrebt, den Markenbereich zu stärken und auszubauen. Sicher gibt es aber auch Bereiche, in denen wir mit No name-Produkten das Mengengeschäft mitnehmen. Dieser Anteil war bei uns in der Vergangenheit höher. Wir haben gezielt hier und da auf Geschäfte verzichtet, die sich nicht für uns gerechnet haben. Zum Teil stieg dort der Wettbewerb ein, vor allem die vertikal Integrierten.

Wir können und wollen uns gar nicht komplett aus Segmenten zurückziehen und haben heute sicher einen recht gesunden Produktmix. Aber klar gesagt, ist das Markengeschäft der Bereich, in dem wir uns wohlfühlen und den wir auch durch Flexiblität, ein breites Angebot und Innovationen weiter entwickeln wollen. Wir wollen immer mit der Nasenspitze voraus sein.

BTH Heimtex: Nur von hochpreisigen Markenprodukten und Spezialitäten allein können Sie auch nicht leben.

Purrucker: Nein. Wir müssen Spezialitäten bieten, die durchaus auch in Mengen an den Markt zu bringen sind und dafür entsprechende Nachfrage schaffen.

Zum Thema Marke oder No name-Produkt gibt es noch anzumerken, dass es nicht jeder Teppichbodenhersteller gerne sieht, wenn das Logo seines Vorlieferanten mit im Blickfeld steht. Wobei wir das auch nicht diktieren wollen. Wir wollen das Bewusstsein für die Markenfaser wecken, weil sie eben auch für den Verbraucher erkennbar einen Mehrwert darstellt.

Blank: Gerade Antron ist eine eingeführte Marke, die Du Pont über viele Jahre nicht nur gepflegt, sondern immer weiter aufgebaut und vermittelt hat, dass Antron als Qualitätsfaser eindeutige Vorteile für einen Teppichboden bietet. Diesen Wert unserer Marke, den Mehrwert, den Zusatznutzen werden wir auch weiter kommunizieren. Dazu wollen wir verstärkt wieder Marketingprogramme mit unseren direkten Kunden auflegen.

BTH Heimtex: Sie sagten vorhin, Sie hätten nicht nur umstrukturiert und rationalisiert, sondern auch investiert. Worin?

Palmen: Unter anderem in Qualitätsoptimierung und Produktivitätsverbesserungen. Und auch in die Mannschaft.

Purrucker: Wir haben einen massiven Generationswechsel hinter uns. Im Verkauf, im Marketing, im technischen Kundendienst...überall haben wir viele neue junge Gesichter, die wir glücklicherweise einstellen konnten, als die erfahrenen Kollegen noch im Hause waren und ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben konnten. Wir hatten auch das Glück, den einen oder anderen aus der Branche zu gewinnen, der gleich vom ersten Tag an neue Ideen und Gedanken einbringen konnten.

Wir investieren ins Marketing, wie Frau Blank eben bereits angedeutet hat, wir werden außerdem den Bereich Anwendungstechnik aufstocken - vor allem bezogen auf die Entwicklungsarbeit mit unseren direkten Kunden. Wir wollen künftig eine noch bessere Ansprache und Betreuung leisten.

BTH Heimtex: Wollen Sie dadurch eher den Kontakt - und damit das Geschäft - mit bestehenden Kunden intensivieren oder neue gewinnen?
Purrucker: Momentan geht es uns primär um unsere angestammten Kunden. Aber jeder neue Kollege, der sein Wissen und seine Erfahrungen mitbringt, erweitert unseren Horizont und öffnet uns hoffentlich Türen zu Bereichen, in denen wir aktuell noch nicht so präsent sind - zum Beispiel Nadelvlies. Dort werden zwar Grobtiter eingesetzt und unsere Grobtiter mit 20 bis 22 dtex sind für Nadelvlies eigentlich Feintiter, aber wir glauben, dass es für uns interessante Möglichkeiten geben könnte. Nicht, dass wir auf einmal mit Tausenden von Tonnen in dieses Segment einsteigen, aber hier und da etwas gezielt zu bewegen, sollte doch möglich sein.

BTH Heimtex: Nadelvlies könnte also eine neue Zielrichtung für Sie sein, was noch? An welchen Entwicklungen arbeiten Sie?

Purrucker: Das ist unterschiedlich. Interessante Entwicklungen laufen momentan im Bereich abgepasster Teppiche. Da kommt viel Hochfloriges, ganz stark Dochtgarne, gröbere Garne und wir können jetzt auch auf BCF-Basis ein recht grobes Garn herstellen.

Dann arbeiten wir ganz gezielt an Entwicklungen im Stapelfaser-Bereich - an kleinen Lücken in unserem Portfolio, die teilweise dazu geführt haben, dass das eine oder andere Geschäft an uns vorbeigegangen ist, weil wir eine bestimmte Komponente nicht hatten.

Und wir arbeiten auch an innovativen Fasertypen, die eine hohe Wertigkeit vermitteln und damit sowohl uns als auch unseren Kunden eine bessere Positionierung ermöglichen. Das können Typen mit speziellen Anfärbbarkeiten, Titern, Glanzgraden oder Querschnitten sein.

Das Besondere an der Stapelfaser ist ja, dass man alles beliebig mischen kann: Querschnitte, Mattierungen, Anfärbbarkeiten etc. Damit können wir sogar gewisse Handschriften für unsere Kunden entwickeln. Mit BCF-Garnen ist es schwieriger, sich zu differenzieren, weil sie fix und fertig von der Spule kommen.

BTH Heimtex: Im Markt haben Stapelfasern aber verloren, zumal man mit BCF-Garnen inzwischen vieles darstellen kann, was früher nur mit Stapelfasern möglich war.

Purrucker: Wir können nicht die Augen vor dieser Entwicklung in Markt verschließen, haben daran ja auch partizipiert. Einerseits haben wir die Möglichkeit, dort BCF-Garne zu verkaufen, wo wir jetzt noch mit Stapelfasern präsent sind und andererseits für Stapelfasern neue interessante Einsatzgebiete zu finden.

Wären wir einer reiner BCF-Hersteller wie andere, wäre unser Ziel sicher auch, BCF qualitativ und ästhetisch immer weiter zu entwickeln, um Marktsegmente anzugreifen, die von Stapelfasern besetzt sind. Da wir aber beide Typen anbieten, versuchen wir die Balance zu halten und die jeweiligen Vorteile herauszustellen.

BTH Heimtex: Und solution-dyed Garne? Damit macht mancher Wettbewerber von Ihnen ein gutes Geschäft.

Purrucker: Wir auch. Spinndüsengefärbte Garne sind im Objektbereich mehr und mehr gefragt, gerade in Ländern, in denen nicht so viele Färbekapazitäten vorhanden sind, beispielsweise in England.

Aktuell lässt sich zudem eine Tendenz beobachten, mit solution-dyed-Garnen in den Automobilbereich vorzudringen, eigentlich eine Stapelfaser-Domäne. Da versuchen wir schon, ganz massiv mit Innovationen entgegen zu steuern. Nach meiner Einschätzung gibt es nichts Schöneres als einen eleganten Stapelfaser-Velours in einem BMW oder Audi und das wollen wir erhalten.

BTH Heimtex: Nicht alle Ihre Innovationen sind erfolgreich. Die Mikrofaser zum Beispiel war ein Flop.

Palmen: Nein, das sehen wir nicht so. Die Mikrofaser gibt es selbstverständlich auch noch in unserem Portfolio und zwar sowohl als Stapelfaser wie als BCF-Garn.

Purrucker: Interessanterweise haben wir es gerade in jüngerer Zeit geschafft, die Mikrofaser als Stapelfaser im Automobilbereich zu positionieren, zum Beispiel ist sie als luxuriöser Velours im 7er-BMW und als traumhaft schöner Saxony im Maybach .

Im BCF-Bereich haben wir nach wie vor einige Kunden, die speziell bei Wohnqualitäten sehr erfolgreich mit dieser Faser arbeiten. Und wir haben auch die einige oder andere Neuentwicklung in der Pipeline.

BTH Heimtex: Cargill Dow hat mit Ingeo unlängst eine man-made-Faser aus nachwachsenden Rohstoffen auf den Markt gebracht. Sind neue Rohstoffe ein Thema? Arbeiten Sie auch daran?

Purrucker: Natürlich arbeiten wir auch an ähnlichen Entwicklungen. Nach unseren bisherigen Erfahrungen sind solche Materialien auch durchaus im Wohnbereich einsetzbar, allerdings weniger für höhere Beanspruchung im Objekt geeignet. Noch erscheint es uns schwierig, hier alle Ansprüche unter einen Hut zu bekommen.

Pataki: Man kann ja auch nicht allein den Rohstoff sehen, sondern muss eine Gesamtrechnung für ein Produkt aufstellen: angefangen vom Energie-Aufwand bei der Herstellung über die Lebensdauer bis hin zur Entsorgung.

BTH Heimtex: Hier in Europa ist das Thema Ressourcenschonung und Umwelt momentan auch nicht aktuell.

Blank: Nein, zumindest ist der Verbraucher nicht bereit, für ein umweltgerechtes Produkt mehr zu bezahlen.

Purrucker: Das ist allerdings von Land zu Land unterschiedlich. In England ist das ein heißes Thema. Und auf der Neocon in Chicago finden Sie kaum einen Anbieter, der nicht auf die umweltverträglichen, ressourcenschonenden Materialien und Herstellung seines Produktes hinweist.

Wir stehen hier jedoch auf dem Standpunkt, dass wir zunächst versuchen, unseren Rohstoff Polyamid 6.6 ökologisch zu optimieren. Das halten wir derzeit für sinnvoller, als komplett neue Polymer-Rohstoffströme anzugehen, wenngleich wir auch daran arbeiten.

BTH Heimtex: Wie beurteilen Sie überhaupt die Perspektiven für den europäischen Teppichboden-Markt? Ist die Talsohle erreicht?

Pataki: Es sieht fast so aus. In dem seit über zehn Jahren schrumpfenden Markt scheint ein Wendepunkt erreicht. Der Verbrauch an Hartböden - insbesondere an Laminatbelägen im Wohnbereich - hat seinen Höhepunkt erreicht. Im Objekt bleibt der Einsatz an Teppichboden relativ konstant, was die verlegten Quadratmeter anbetrifft, jedoch charakterisiert ein sinkender Durchschnittspreis die derzeitige preissensitive Marktsituation.

Leider sehen die Indikatoren für das laufende Jahrnoch nicht sehr vielversprechend aus. Aber: wir registrieren Impulse für ein Comeback des Teppichbodens.

Blank: Genau. Zum Beispiel sah man auf der Kölner Möbelmesse eine Fülle textiler Bodenbeläge, sowohl als klassischen Teppichboden, wie auch als abgepassten Teppich in interessanten Mischungen und oft sehr hochflorig. Daran lässt sich eindeutig ein Trend in Richtung Textil erkennen. Auch Bezugsstoffe gehen wieder mehr in Richtung Textil - weg von Leder, weg von High Tech-Materialien, hin zu weichen, chenilleartigen, sehr textilen Stoffen. Jetzt liegt es an uns - und der ganzen Teppichboden-Branche - diese Trends aufzugreifen und umzusetzen. Chancen gibt es genug.

Palmen: Da sehen wir übrigens auch unsere Aufgabe und Funktion. Wir wollen und müssen der Branche Impulse geben und etwas für das Image von Teppichboden tun. Dafür ist Antron Innovate ein gutes Beispiel.

Blank: Antron Innovate weist tatsächlich in eine neue Teppich-Ära. Wir haben mit Antron Innovate die Vielfalt des Teppichbodens anhand von sechs Materialwelten illustriert und sind damit vor allem gegen das Vorurteil von Architekten angegangen, dass Teppichboden langweilig und ein Low-Interest-Produkt ist. Das ist uns auch gelungen. Um eine Branche voranzubringen braucht es frische Ideen, Innovationen und auch die nötige Durchhaltekraft, wenn ein neues Produkt nicht gleich auf Anhieb ankommt.

Mittlerweile sind wir einen großen Schritt weiter. Wir haben mit Antron Innovate erreicht, dass über Teppichboden wieder nachgedacht und gesprochen wird und damit das Interesse einer Zielgruppe geweckt, die über Jahre hinweg völlig desinteressiert am Teppichboden war. Es gibt zum Beispiel sehr viele Nachfragen zum Metallic-Look; ein Thema, das Architekten und Innenarchitekten sehr anspricht, weil es gut zu den modernen Baumaterialien wie Glas und Metall passt.

BTH Heimtex: Alle stürzen sich momentan auf die Architekten, die geradezu als Retter in der Not für die notleidende Bodenbelagsbranche hochstilisiert werden. Wird ihre Bedeutung für Bodenbeläge nicht überschätzt? Sind die Teppichbodenindustrie als Ihr direkter Kunde und der Großhandel als Absatzmittler nicht viel wichtiger für Sie?

Pataki: Antron Innovate ist keinesfalls nur auf die Architekten focussiert. Das wird manchmal nicht richtig verstanden. Unsere Hauptkunden sind natürlich unsere direkten Kunden und die indirekten Kunden wie der Großhandel und denen wollen wir genauso die Botschaft übermitteln, dass Teppichboden wieder ein hochinteressantes Produkt ist, ihnen Anregungen und Anstöße vermitteln.

Blank: Genau, als Hersteller von Markenprodukten verstehen wir es als unsere Aufgabe, im Entwicklungsbereich eine gewisse Führungsrolle einzunehmen, Trends aufzugreifen, initiativ voranzugehen. Wir wünschen uns, dass die Kunden unsere Vorschläge aufnehmen und individuell für sich umsetzen, wobei wir mit unserem Team gerne als Sparringspartner zur Verfügung stehen. Es ist sicher eine unserer Stärken, dass wir unsere Kunden bei ihren Entwicklungen sehr nah begleiten.

Purrucker: Du Pont war immer ein Wegbegleiter seiner Kunden in den Distributionskanälen und das bleibt auch so bei DTI. Der Großhandel als Absatzmittler ist von großer Bedeutung und das nicht nur für den Wohnbereich, sondern auch für das Objekt und damit für uns unverändert wichtig.

Objekteure und auch Architekten sind dagegen in den letzten Jahren kaum von DTI bearbeitet wurden. Die Kompetenz im Sales & Marketing-Team wurde durch eine Architektin ergänzt, somit kann diese Zielgruppe nun adäquat angesprochen werden.

BTH Heimtex: Wie sprechen Sie die unterschiedlichen Zielgruppen überhaupt an? Was ist konkret an Marketingmaßnahmen geplant?

Pataki: Wir haben drei Schwerpunkte gesetzt: Als erstes wollen wir die Zusammenarbeit mit der Teppichbodenindustrie und dem Großhandel forcieren und entfalten dazu gezielte, marktorientierte Aktivitäten, die jeweils individuell abgestimmt werden. Das reicht von der gemeinsamen Kollektionsentwicklung über PR bis zu Events und Verkaufsförderungs-Maßnahmen. Ziel ist, die Wertigkeit, die hohe Qualität und die vorteilhaften Eigenschaften von Teppichböden aus DTI-Markenfasern zu kommunizieren.

Eng damit verbunden ist unser zweites Ziel, das Image von hochwertigen Teppichboden zu verbessern.

Und als drittes wollen wir unsere Marken, ihre Leistungsfähigkeit, und den Zusatznutzen, den sie bieten, verstärkt kommunizieren. Schließlich haben wir mit Antron Excel und Antron Teflo Super Protection einzigartige Markenprodukte, die auf dem Markt ihresgleichen suchen.

BTH Heimtex: Noch einmal kurz zurück zu den Marktperspektiven. Werden die vertikal Intergrierten nach Ihrer Einschätzung noch weiter zulegen?

Purrucker: In dem einen oder anderen heiß umkämpften Bereich mit Sicherheit. Genauso kann es sein, dass noch weitere Teppichboden-Hersteller in die eigene Faserproduktion einsteigen. Umso wichtiger ist es für uns, mit denen, die nicht vertikal integriert sind, partnerschaftlich zusammen zu arbeiten.

BTH Heimtex: Mit ICI haben Sie damals Ihren zweitstärksten Konkurrenten übernommen. Denken Sie über weitere Zukäufe nach, um Ihren Marktanteil so auszubauen?

Palmen: Das kommt auf das Angebot an. Sicher sind wir flexibler als in der Vergangenheit, aber wir sind nicht unbeding auf externes Wachstum aus.

Lassen Sie es mich so formulieren: Wir sind offen für alles. Wenn eine Akquisition Sinn macht, denken wir darüber nach.
aus BTH Heimtex 06/03 (Wirtschaft)