Interview mit Marc Assa
"Wir wollen jeweils in unseren drei Kerngeschäftsfeldern die Nr. 1 am Markt sein"
Marc Assa, Vorstandsvorsitzender von Tarkett, lenkt Europas größten Bodenbelagskonzern. Er hat die multinationale Gruppe in den letzten Jahren konsequent auf die Zukunft vorbereitet, an Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft gefeilt. Denn: der Branche steht mittelfristig eine massive Konsolidierung bevor, vermutlich sogar schneller als wir denken. Und Assa will dabei mit Tarkett ganz vorne mitspielen, die Veränderungen mitgestalten. BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Steinert wollte von ihm wissen, welche konkreten Pläne er hat.
BTH Heimtex: Steigen wir gleich mitten ein und fangen mit Ihrer letzten Akquisition an: Marley Floors. Ist das Unternehmen inzwischen integriert?
Marc Assa: Ja. Eine gute Integration ist eine schnelle Integration und Marley Floors heißt seit dem Tag der Übernahme, das war der 26. November, Tarkett Marley. Die Führung liegt weiterhin bei David Clarke, auch das andere Management ist unverändert dabei.
BTH Heimtex: Wieweit geht die Integration? Sie hatten auch eigene Aktivitäten in Großbritannien, sind diese mit Marley Floors zusammengelegt worden?
Assa: Es stimmt, wir hatten eine Tochtergesellschaft, die sowohl das Handels- als auch das Objektgeschäft betrieben hat. Sie gibt es nicht mehr in dieser Form; das Handelsgeschäft wird jetzt mit über die französische Vertriebsgesellschaft abgewickelt und den Objektbereich haben wir bei Tarkett Marley integriert, weil die auf das Objekt spezialisiert sind.
BTH Heimtex: Wie steht Marley Floors wirtschaftlich da? Sind die Zahlen in Ordnung oder besteht Restrukturierungsbedarf?
Assa: Nein, es besteht dort kein akuter Handlungsbedarf. Sicher müssen wir wie in jeder anderen Gesellschaft laufend Anpassungen vornehmen, aber es ist keine grundlegende Restrukturierung oder Sanierung notwendig.
Die Übernahme von Marley Floors war eine strategische Entscheidung für uns; wir waren zu klein in einem der großen Märkte Europas und es war schon seit einigen Jahren unser Ziel, diese Lücke zu füllen - übrigens eine der letzten Lücken, die wir zu füllen hatten. Und Marley Floors hat sehr gut zu uns gepasst, weil sie einerseits stark in England sind und andererseits in den letzten fünfzehn Jahren gut in der Produktentwicklung gearbeitet haben - speziell bei Sicherheitsbelägen, aber nicht nur dort. Dadurch haben wir jetzt Zugriff auf Produkte, die wir auch sehr gut in anderen Ländern vermarkten können.
Insofern hat diese Akquisition nicht nur geografisch Sinn gemacht, sondern auch von der Produktkompabilität her und die Integration von Marley Floors hat kein Problem dargestellt.
BTH Heimtex: Wie werden die Marley Floors-Produkte in Deutschland vermarktet? Vermutlich über den Tarkett Vertriebsbereich Objekt?
Assa: Ja. Es ist vorgesehen, daß wir die Marley Floors-Beläge in den einzelnen Ländern je nach Form der dortigen Gesellschaft in die Tarkett-Schiene integrieren. Das müsste alles Ende des ersten Halbjahres abgeschlossen sein.
BTH Heimtex: Nun war Marley Floor ein relativ kleiner Fisch im Vergleich zu anderen Projekten, die bei Ihnen anstehen. Kommen wir auf Laminat zu sprechen. Ist es inzwischen offiziell, dass Sie die Partnerschaft mit Egger beenden wollen?
Assa: Ja.
BTH Heimtex: Steht die Deadline auch schon fest?
Assa: Nein. Bei Laminat ist es grundsätzlich so, dass wir integriert arbeiten wollen, weil ich glaube, dass diejenigen, die das nicht tun, künftig einen schwierigen Stand gegenüber den anderen haben werden. Die integrierte Produktion ist ein Ziel, das andere ist der Vertrieb in Westeuropa, Nordamerika und Russland. Augenblicklich vertreiben wir praktisch nur in Westeuropa, haben jetzt Anfang des Jahres begonnen, in den USA gezielt ein Produkt auf den Markt zu bringen. Und es ist natürlich nur eine Frage der Zeit, bis wir auch in Russland starten.
BTH Heimtex: Aber Sie sind doch in USA gut mit elastischen Belägen und Parkett auf dem Markt präsent. Konnten Sie diese Verbindungen nicht auch für Laminat nutzen?
Assa: Tatsächlich haben wir für einen großen Kunden in den USA Laminat produziert und wir wissen auch, dass wir dort die Vertriebswege haben, um Laminat absetzen zu können.
Generell läuft Laminat hervorragend bei uns. Unser Absatz 2004 lag über 15 Mio. qm, die wir wie bereits gesagt zum größten Teil in Europa verkauft haben. Aber wir sind sicher, dass uns ein großes Potenzial in Nordamerika offen steht und natürlich auch in Russland, wo der Markt erst am Entstehen ist. Da haben wir es heute gerade mit einem Volumen von gut 10, vielleicht auch 12 Mio. qm zu tun. Sie können sich vorstellen, was wir dort an Entwicklungen vor uns haben...
Deswegen wollen wir so schnell wie möglich integriert produzieren. Momentan sind wir in Gesprächen mit potenziellen Partnern und hoffen, dass wir diese relativ kurzfristig abschließen können.
BTH Heimtex: Was heißt relativ kurzfristig? Noch im ersten Quartal?
Assa: So genau will ich mich nicht auf einen Termin festlegen. Das hängt auch vom Gesprächsverlauf ab.
Auf jeden Fall ist unser Ziel, dass wir uns unser Kerngeschäft elastische Beläge, Holz und Laminat stärken und ausbauen - und sowohl im Objekt-, wie im Handelsbereich und auch in verschiedenen Regionen.
Heute tätigen wir unsere Umsätze zu 55% in Westeuropa, 25% in Amerika und bereits über 15% im Osten. Künftig ist zum Beispiel China aus unserer Strategie gar nicht wegzudenken; das ist ein wachsender Markt, deshalb knüpfen wir auch Kontakte in diese Richtung.
BTH Heimtex: Setzen Sie nur auf externes Wachstum?
Assa: Nein, wir planen auch internes Wachstum und investieren entsprechend. So haben wir beispielsweise im Holzbereich bereits unsere Werke in Schweden optimiert und bauen jetzt eine Parkettproduktion in Serbien auf. Bei elastischen Belägen haben wir uns entschlossen, eine CV-Anlage in Kanada aufzustellen und auch in homogene Produkte zu investieren. Insgesamt haben wir für die nächsten drei Jahre ein Investitionsprogramm in deutlich dreistelliger Millionen EUR-Höhe aufgelegt.
BTH Heimtex: Damit kann man schon einiges anstellen. Haben Sie denn Ihre Verbindlichkeiten schon so weit reduzieren können?
Assa: Ja, wir haben keine Schulden, hätten im Prinzip sogar noch mehr Investitionsmöglichkeiten - aber wir wollen alles mit Augenmaß machen.
Wobei dieses Investitionsvolumen natürlich alles einschließt und sich auf ganz viele verschiedene Projekte verteilt - auch Modernisierung oder Optimierungen bei vorhandenen Produktionen.
BTH Heimtex: Sie sagten eben, dass es Ihr Ziel sei, Ihr Kerngeschäft zu stärken und auszubauen. Ihre Achillesferse dort ist Linoleum, wo Sie nur sehr langsam vorankommen. Und der Marktführer bei Linoleum ist derzeit vakant.....
Assa: Ich würde nicht die Wahrheit sagen, wenn ich behaupten würde, dass uns Linoleum nicht interessiert. Wir kommen derzeit nur auf einen Marktanteil von knapp 10%, müssen uns allerdings auch die Frage stellen, ob wir in Linoleum die Zukunft sehen und es noch Wachstum verspricht. Denn in den letzten Jahren hat der Markt stagniert oder war sogar leicht rückläufig.
BTH Heimtex: Zumindest die angestammten Linoleum-Märkte sind wohl gesättigt. Und es scheint schwierig zu sein, auf neuen Märkten wie den USA einen Fuß in die Tür zu bekommen. Zumindest haben Forbo und Armstrong DLW dort bislang noch keine großen Erfolge erzielt.
Assa: Es ist auch schwierig, einen Markt weiter zu entwickeln und die Nachfrage zu generieren, wenn es nur drei Anbieter gibt, weil dann die Konkurrenz fehlt.
Außerdem darf man nicht verkennen, dass sich Linoleum und homogene PVC-Beläge direkt in Konkurrenz befinden und das sich innerhalb eines Unternehmens unter Umständen nicht gut verträgt.
BTH Heimtex: Dass bei Linoleum die goldenen Zeiten der letzten Jahre vorbei sind, merkt man auch daran, dass Sie sich gegenseitig die Preise um die Ohren schlagen.
Assa: Das ist meiner Ansicht nach weniger der Fall. Unser Problem sind momentan mehr die extremen Rohstoffverteuerungen bei PVC-Beläge; die machen uns allen zu schaffen. Und es besteht keinerlei Aussicht, dass sich dieses Szenario kurzfristig ändert und die Rohstoffpreise wieder nachgeben. Wir müsssen diese Preissteigerungen zumindest zum Teil weitergeben, und diese Preissteigerungen, die im Schnitt um 5% liegen, können dem Markt auch mengenmäßig schaden. Das ist unser Problem. Und das wird auch den Verdrängungswettbewerb schüren.
Das heißt für uns, dass wir stetig und intensiv an unserer Produktivität, unserem Vertrieb und unserer Innovationskraft weiter arbeiten und sie ständig verbessern schlagen.
BTH Heimtex: Noch einmal zurück zu Ihrem Investitionsprogramm. Als geografische Schwerpunkte nannten Sie Russland, China und USA. Wie interessant bleibt dabei überhaupt der europäische Markt für Sie - speziell Deutschland?
Assa: Denken Sie bitte an die Zahl, die ich Ihnen genannt habe: Wir tätigen 55% unserer Umsätze in Westeuropa, insofern liegt dort auch durchaus eine Priorität bei den Investitionen. Zumal sich der Markt das erste Mal seit fünf, sechs Jahren für uns positiv darstellt und wir Zuwachsraten sowohl im Handels- wie im Objektbereich haben. Übrigens auch in Deutschland. Dort haben wir 2004 um 2% zugelegt und streben für 2005 ein Plus von 5% an.
BTH Heimtex: Ich bin überzeugt, dass der Bodenbelagsbranche mittelfristig große Veränderungen bevorstehen und dass das, was wir jetzt mit Doughty Hanson und Balta oder bei Forbo erleben, erst der Anfang einer tiefgreifenden Neuordnung ist. Sie sind mit Tarkett einer der wenigen strategischen Investoren, die diesen Prozess mitgestalten können und werden. Daneben greifen mit Finanzinvestoren wie Doughty Hanson oder CVC zunehmend Branchenfremde ins Geschehen ein, die Bodenbeläge jahrelang links liegen gelassen haben. Woher kommt resultiert plötzliches Interesse?
Assa: Wenn sich Investmentgesellschaften für diese Branche interessieren, bedeutet das, dass sie echte Wachstumschancen darin sehen - wie wir auch und sie sehen dort auch die Möglichkeiten eines guten Return of Investment. Und diese Gesellschaften, die oft noch größer sind als wir, können auch die Konsolidierung der Branche beschleunigen. Ich denke, dass es klar in diese Richtung geht. Was wiederum für den Markt bedeutet, dass der Wettbewerb noch stärker wird und natürlich auch größere Unternehmen entstehen. Letztlich ist diese Entwicklung aber für den Konsumenten von Vorteil, denn die Attraktivität, die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte können dadurch nur steigen.
BTH Heimtex: Also wird sich die Branche weiter polarisieren - in sehr große Anbieter einerseits und die kleinen Spezialisten andererseits.
Assa: Ja, wobei ich glaube, dass sich auch die großen Gesellschaften spezialisieren werden. Nehmen Sie uns: Wir konzentrieren uns auf drei Produktfelder. Mehr nicht. Und wir wollen unsere Produktpalette auch in Zukunft nicht erweitern.
BTH Heimtex: Werfen wir zum Schluss einen Blick in die Zukunft: Wo steht Tarkett in drei Jahren, wenn Sie Ihren Investitionsplan durchgezogen haben?
Assa: Wir wollen jeweils in unseren drei Produktfeldern die Nr. 1 oder wenigstens eine potenzielle Nr. 1 sein. Bei Laminat haben wir da zwar noch einen weiten Weg vor uns, aber wir wollen und werden dort auf jeden Fall ein wichtiger Anbieter sein. Und das natürlich bei guter Profitabilität.....
aus
BTH Heimtex 02/05
(Wirtschaft)