Dekos und Gardinen auf der Heimtextil 2005
Starke Impulse für den Export
Was soll man zur Heimtextil 2005 sagen? Ja - es haben große Aussteller-Namen wie Jab Anstoetz, Sahco Hesslein oder Creation Baumann gefehlt. Ja - es waren deutlich weniger Besucher aus dem Inland da. Aber: Wer nur dies zur Beurteilung der Messe heranzieht, wird ihrer Bedeutung für das internationale Geschäft nicht gerecht. So waren denn auch die exportaktiven Anbieter hochzufrieden mit Qualität und Frequenz der Besucher. Leider zu wenig beworben und dadurch zu schwach besucht, aber ein interessanter Ansatz, der weiterverfolgt werden sollte: Die Aktion "Heimtextil goes City", bei der rund 20 Frankfurter Raumausstatter den Endverbraucher am letzten Messetag zu Präsentationen, Events und Vorträgen in ihre Geschäfte einluden.
Eine Medaille hat immer zwei Seiten, so auch die diesjährige Heimtextil: Zwar fehlten in den Deko-und Gardinenhallen einige der großen Zugpferde wie Jab Anstoetz, Sahco Hesslein und Creation Baumann, dafür rückten sich die anwesenden Aussteller ins rechte Licht. Zwar fiel der Inlandsbesuch deutlich schwächer aus als im Vorjahr, dafür kamen mehr Einkäufer aus dem Ausland, und die waren auch noch orderfreudig und positiv gestimmt. Die exportorientierten Anbieter hat's gefreut, sie haben von der starken Auslandspräsenz profitiert; wer bislang im Ausland weniger aktiv war, hatte zumindest die Chance, neue Kontakte zu knüpfen. Klares Fazit: Wer internationales Geschäft will, muss in Frankfurt dabei sein.
Unter dem Strich zählte die Messe Frankfurt in diesem Jahr 90.000 Besucher (-2.000 gegenüber 2003), davon 52.000 bzw. 48% aus dem Ausland. Die drei stärksten Nationen waren Italien, USA und Großbritannien. Überdurchschnittlichen Zuwachs hatten die arabischen Länder, was auch in den Hallen sichtlich auffiel.
Nicht wegdiskutieren lässt sich dennoch die Erosion bei den deutschen Einkäufern. Nachdem bereits im letzten Jahr ein Rückgang von 4,9% hingenommen werden musste, schmolz ihre Zahl in diesem Jahr um 17% auf rund 38.000 zusammen. Das hängt sicher zum Teil mit der anhaltenden Strukturbereinigung im Handel zusammen - es gibt immer weniger Verkaufsstellen für unsere Produkte - und spiegelt auch die schlechte wirtschaftliche Verfassung wider - viele sparen das Geld für einen Messebesuch.
Aber es scheidet sich eben auch die Spreu vom Weizen - denn die Besucher, die in Frankfurt waren, wurden durchweg als "positiv eingestellt, qualitativ gut und orderfreudig" gelobt - nicht nur von Rasch Textil-Geschäftsführer Harald Katzenberger, sondern auch von Delius-Vertriebsleiter Gerd Kramer: "Wir waren gut frequentiert, allerdings zu 80% von Ausländern." Das war bei Munzert genauso: "Die Frequenz auf der Messe war sehr gut. Wir haben gut geschrieben - allerding mehr im Export als im Inland", konstatiert Klaus Munzert, fügte aber hinzu, "dass selbstverständlich auch die wichtigsten Kunden aus Deutschland auf dem Stand waren". Die "beste Messe seit vielen Jahren" war die Heimtextil 2005 für Södahl, wie Geschäftsführer Jorgen Therkelsen feststellt.
"Die gleiche Zahl an Abschlüssen trotz geringerer Frequenz und viele neue Kontakte" hat Gabriele Eckardt registriert. Hanns Bergmann von Stoeckel & Grimmler berichtet ebenfalls von "weniger Besuchern, aber sehr intensiven Gesprächen". Im Export sei richtig gut geschrieben worden. "Der langfristige Aufbau unserer Kundenstruktur trägt jetzt Früchte".
"Wir sind mit dem Messeverlauf sehr zufrieden und konnten die Besucherzahlen sowie die Anzahl der platzierten Aufträge anheben. Die Internationalität der Messe hat noch einmal zugelegt, viele neue Kontakte konnten mit ausländischen Partnern geknüpft werden," so das Resumée von Indes-Geschäftsführer Georg Hünnemeyer, der auch Schwester Fuggerhaus führt und für das Unternehmen ein ähnliches Resümee zieht.
Unland war von seinem großen Zelt in die Halle 3 umgezogen, fühlte sich dort im Vergleich zwar etwas räumlich beengt, das Geschäft brummte aber, was sich an einem Plus im Auftragsvolumen von 20% manifestierte. Das gilt auch für Tochter Elvo Cordima. Martin Gerster von Gerster beobachtete kontinuierlichen Besuch von morgens bis abends, "mit sehr guter Qualität. Wir hatten viele Osteuropäer, Asiaten und Kanadier auf dem Stand".
34% mehr direkte Order auf der Messe hat Garotex-Geschäftsführer Norbert Kerstiens ausgemacht, der sich über "wichtige Neukunden-Kontakte" freute, vor allem im Exportbereich. Aber: "Es kristallisiert sich immer stärker heraus, dass die Messe immer mehr zur Information als zum Kaufen genutzt wird, um sich über Trends und Neuheiten zu informieren. Nach der Messe wird dann nach Reisenden verlangt," hat Beck-Geschäftsführer Werner Luz beobachtet.
Die Zahl der Aussteller belief sich in diesem Jahr auf 2.960, nach 3.070 im Vorjahr. Dabei hat sich das deutsche Ausstellerkontingent wieder verringert auf nur noch 548. Zum Vergleich: 2002 waren es noch 730. Allerdings sind seitdem ganze Ausstellergruppen wie die Matratzen-Anbieter abgewandert, die nur partiell wieder ersetzt werden konnten. Das entspricht mittlerweile einem Auslands-Anteil von 83% bei den Ausstellern. Damit positioniert sich die Heimtextil klar als Weltmesse, worüber jedoch nicht alle glücklich sind: "Deutsche Aussteller stellen in den Hallen inzwischen eine Insel-Lösung dar ", beklagt sich Claus Wölfel, der seinen Stand in Halle 3.0 neben dem größten türkischen Heimtextilienhersteller, der Korteks-Gruppe hatte.
Auch aus Besucherreihen kommt Kritik. Raumausstatter-Meister Rolf Lind aus Rheinau-Freistett bemängelte die fehlende Innovationsfreude unter den ausländischen Ausstellern: "Die Hallen 4.2 und 3.1 sind gut, ansonsten gab es nicht viel Neues. Das geht an der Zielgruppe, dem deutschen Fachhandel und Raumausstatter, vorbei."
Diskutiert wurden ferner die hohen Eintrittspreise der Messe. 62 EUR für eine 2 Tages-Karte finden viele zu teuer, gerade wenn das Angebot an Vielfalt vermissen lasse....
Deco Team und Ado in Hochform
Für reichlich Gesprächsthema sorgte natürlich das Fernbleiben etlicher großer Namen, allen voran die Jab Anstoetz-Gruppe mit ihrem Stammhaus und den Tochtergesellschaften bzw. Beteiligungen Sahco Hesslein, Club Creation Niemann und Chivasso. Mit Creation Baumann, Kendix und De Ploeg verzichteten weitere ausländische Hochwert-Anbieter in diesem Jahr auf eine Messeteilnahme.
Wir haben es bereits angeschnitten: Im ersten Moment schien das ein gewaltiger Aderlass für die Heimtextil. Im zweiten nutzten die in Frankfurt präsenten Aussteller gezielt ihre Chancen. Speziell das Deco Team, von der 3.0 in die 3.1 aufgerückt, lief trotz kleiner Besetzung zu Hochform auf. Ein sehr trendiger, attraktiver Auftritt und ein hochinteressantes Programm - zu dem BTH Heimtex einen Teil beitragen konnte - zogen an allen Messetagen magnetisch die Besucher an. Allein am ersten Messetag gab Barkeeper Barry 2.000 (!) Cocktails aus....
Auch Ado, im letzten Jahr wegen des 50jährigen Jubiläums ausgesetzt, war ein großer Anziehungspunkt. Der großzügige Stand der Aschendorfer war permanent bis auf den letzten Platz besetzt.
Grundsätzlich spielte die Musik im vorderen Teil der Halle 3.1.Der hintere, wo der Ausstellungsbereich "Floor & more", sprich die Teppiche untergebracht war, war nur sporadisch belebt. Teilweise fand man sich dort allein auf weiter Flur wieder.
Kommt 2005 endlich die Wende?
Die weiter steigende Internationalisierung sowohl von Aussteller- wie von Besucherseite wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Situation des deutschen Heimtextilienmarktes, der sich im vierten Jahr in Folge schwierig gestaltete. So ging 2004 der Umsatz in diesem Branchenzweig um 3,6% auf rund 9,9 Mrd EUR zurück, wobei das erste Halbjahr tendenziell verlustreicher war als das zweite.
Die Zahl der heimtextilen Produktionsbetriebe sank um 2,7 % auf 180, die noch 18.880 Mitarbeiter beschäftigen (-5,4%). Besonders zu schaffen machte den Unternehmen unverändert die Kaufzurückhaltung der Bundesbürger. Dazu kam erschwerend die unerwartete Schwäche des Exports hinzu.
Dennoch blickt die Branche verhalten zuversichtlich ins Jahr 2005: "Es ist wieder mehr Optimismus in der Branche zu spüren", stellt Detlef Braun fest, neuer Geschäftsführer der Messe Frankfurt. "Nach einer Umfrage von uns beurteilen die Fachbesucher die Branchenkonjunktur deutlich besser als im Vorjahr. Auch die Sprecher der Fachverbände bestätigen diesen positiven Tenor."
Das wird zum Teil von der Industrie gestützt, etwa von Peter Lochner, der "bessere Stimmung und eine leichte Belebung spürt" und "weniger Jammern" vernimmt.
Auf jeden Fall gilt die Heimtextil als erster Indikator für die diesjährige Geschäftsentwicklung der einschlägigen Industrie, die nach Umsatz und Beschäftigtenzahl zu den zehn größten Industriegruppen in Deutschland gehört. Und die Stimmung war durchgängig positiv. Zudem sind die weltweiten Rahmendaten durchaus vielversprechend. So ist laut Ifo-Klimaindex für 2005 mit einem weltweiten realen BIP-Wachstum von 4,5 % zu rechnen. Die konjunkturelle Erholung setze sich fort.
Trotz Wegfall der Importquoten für die Billiglohnländer China und Indien zum Jahresbeginn 2005 rechnen sich die Deutschen relativ gute Karten aus und fürchten nur bedingt die Billigkonkurrenz aus China, weil sie sich bereits vor Jahren auf hochwertige Qualitäten, Nischenprodukte und einen hohen Servicegrad spezialisiert haben. Justus Schmitz spricht sich sogar ausdrücklich für Freihandel aus, "damit wir besser exportieren können". Denn echte Zukunftschancen für die deutschen Heimtextilienhersteller sieht er nur , "wenn wir international denken".
Das fängt schon vor der Haustür an: Als potentielle Kunden für Heimtextilien werden die rund 70 Millionen Einwohner in den zehn neuen EU-Mitgliedsländern gesehen. Die Prognose ist, dass sich die Märkte in Mittel- und Osteuropa, wo es nach dem Systemwechsel den größten Unterschied zwischen Bedarf und der Nachfrage gab, positiv entwickeln. Interessanter Wachstumsmarkt ist dort vor allem das Objektgeschäft - zum einen mit Blickrichtung Tourismus, zum anderen im Hinblick auf neue Bürobauten, Kaufhäuser etc., die in diesen Ländern überall entstehen werden.
Allerdings macht der schwache Dollar den deutschen Herstellern zunehmend das Leben schwer. Eine weitere Last trägt die Branche durch die steigenden Energie-und Erdölkosten, die die Materialkosten teilweise um bis zu 30% in die Höhe hat schießen lassen. "Vor allem die Gardinenindustrie ist davon betroffen", sagte Hans Joachim Schilgen, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Heimtextilien-Industrie gegenüber BTH Heimtex.
Die nächste Heimtextil findet
vom 11. bis 14. Januar 2006
in Frankfurt statt.
aus
BTH Heimtex 02/05
(Wirtschaft)