Abgepasste Teppiche auf der Domotex
Handtuft ein Renner in Wolle und Acryl
Die Aussteller von abgepassten Teppichen auf der Domotex vermissten zwar den klassischen Teppichhandel, vor allem aus Süddeutschland, zeigten sich aber mit dem Messeverlauf dennoch nicht ganz unzufrieden. Erfreut wurde registriert, dass der Preis in den Verkaufsgesprächen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die Einkäufer suchten Qualität in einem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis, vor allem aber schnelle Lieferung und Lagerservice. Am meisten gefragt war Handtuft - modisch in Acryl und zeitlos in Wolle. Überraschend gut liefen auch auch maschinell hergestellte Webteppiche.
Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.", "Es hätte weitaus schlimmer kommen können.", "Für die Wirtschaftslage war es erstaunlich gut." - So und ähnlich fielen die Antworten der meisten Aussteller von abgepassten Teppichen auf der Domotex auf die Frage nach dem Messeergebnis aus. Dabei gab es naturgemäß auch erhebliche Schwankungen nach oben oder unten, so dass sich insgesamt kaum ein harmonisches Bild zeichnen lässt.
Der Erfolg oder Misserfolg hing vom Sortiment, von der Marktstellung und zum Teil auch von der Positionierung in den mit abgepassten Teppichen bestückten Hallen 14 bis 17 sowie den Halle 2 und 3 ab. Aber auch die Erwartungen, mit denen die einzelnen Aussteller zur Domotex 2003 nach Hannover gekommen waren, trugen wesentlich zur Stimmungslage am Schluss der Messe bei. Für viele Anbieter auch in diesem Bereich, der mit 330 Ausstellern von handgefertigten Teppichen und 160 Firmen mit maschinell hergestellten Teppichen die weitaus größte Ausstellergruppe unter den insgesamt 1.082 Ausstellern auf der Domotex repräsentierte, ist die internationale Fachmesse in Hannover längst keine reine Kaufmesse mehr. Information sowie Kontaktaufbau, -pflege und -intensivierung werden hier als Gradmesser des Erfolges gesehen. Das Geld wird dann mit etwas Glück im Nachmessegeschäft verdient.
So waren die eigentlichen Verlierer auf der Domotex Orientteppich-Importeure, die mit Stapeln an klassischer Orientteppichen angerückt waren. Absortiert wurde nur in geringem Umfang, es sei denn, die Ware erwies sich als Novität im Markt und zeigte neue Optiken. Ausschlaggebend für den direkten Verkaufserfolg war allerdings auch der Bekanntheitsgrad des jeweiligen Importeurs. Manche Neuheiten bei kleineren Anbietern von klassischen Orientteppichen wurden schlicht und einfach übersehen, da die Einkäufer ausschließlich ihren festgelegten Routen zu den marktstarken Unternehmen folgten. Die hatten dann auch reichlich zu tun, mussten zum Teil Ware aus ihren Lägern nachschieben oder Nummern verteilen, die zum Einlass auf den Stand berechtigten, während etliche Orientteppich-Importeure ihre gigantischen Stapel wieder einpacken oder - wie üblich - zu Niedrigstpreisen an Mitbewerber verscherbeln mussten.
Etwas anders sah die Situation bei den Ausstellern mit modern gestalteten handgefertigten oder maschinell hergestellten Teppichen aus. Sie litten zwar einerseits auch unter dem starren Fahrplan vor allem der Einkäufer von deutschen Groß- und Filialunternehmen, der kaum einen Blick nach links oder rechts zu bisher unbekannten Anbietern erlaubt, profitierten aber andererseits von der gewachsenen Zahl ausländischer Fachbesucher, die mit sehr offenen Augen durch die Messegänge marschierten und Ausschau nach Neuem und Originellem hielten. Ein Handicap allerdings vor allem für kleinere Firmen war hier, dass sie den Anforderungen größerer Exporte mit den damit verbundenen finanziellen Vorleistungen kaum gewachsen sind und zudem vielfach das Risiko mit unbekannten Abnehmern aus dem Ausland scheuen. Stoßseufzer eines Betroffenen: "Was helfen mir die Interessenten aus Australien, wenn die Kunden aus Pforzheim nicht kommen?"
Klassischer Teppichhandel fehlte
In der Tat fehlten viele Inhaber und Einkäufer kleinerer und mittlerer Teppichfachgeschäfte vor allem aus dem süddeutschen Raum, während Kauf- und Warenhäuser sowie Einrichtungshäuser mit Teppichabteilungen, die Filialketten und die Versender komplett präsent waren. Sie schrieben zwar in den seltensten Fällen Großaufträge, bestückten ihre Geschäfte oder Kataloge aber doch so, dass mit einem minimalen finanziellen Aufwand dem Verbraucher der Reiz des Neuen geboten werden kann. Vielfach wurden auch nur Termine zur Vorlage in den eigenen Einkaufszentralen vereinbart. Das reichte aber vielen Ausstellern schon aus, die die Teilnahme an der Messe als Marketingmaßnahme gesehen hatten und Marktpräsenz zeigen wollten.
Gute Noten für Handtuft und Maschinenwebteppiche
Als ein absoluter Renner in den Ordergesprächen auf der diesjährigen Domotex erwies sich Handtuft sowohl in sehr modischer Aufmachung in Acryl als auch in dezenterer Farb- und Designgebung in Wolle. Einige Aussteller zeigten sich hier geradezu euphorisch über die Verkaufserfolge.
Überraschend stark liefen auch maschinell hergestellte Webteppiche, besonders wenn sie die Optik von Handarbeit aufweisen konnten. Dabei kam es weniger auf den Preisunterschied zwischen der Maschinenware und der echten Handarbeit an, als vielmehr auf die Liefergeschwindigkeit und die Lieferzuverlässigkeit.
Preise spielten in allen Verkaufsgesprächen nur eine untergeordnete Rolle. Der Einzelhandel suchte Qualität in einem vernünftigen Preis-/Leistungsverhältnis, vor allem aber schnelle Lieferung und Lagerservice. Dementsprechend versuchten auch die Importeure von handgeknüpften Nepal-Teppichen, die einen Individualservice mit Wunschteppichen nach Maß anbieten, ihre Lieferzeiten nach unten zu drücken. Fertigungszeiten von drei Monaten und mehr für handgeknüpfte Teppiche mit Wunschdessin, Wunschfarbe und individueller Größe werden zwar nach wie vor von einer anspruchsvollen Verbraucherschicht akzeptiert. Die Individualteppiche sind aber offensichtlich im Einzelhandel als Serviceleistung nicht mehr der große Renner. Die Zeiten sind noch schnelllebiger geworden.
Dennoch zeigten sich auch die Anbieter von handgeknüpften Nepal-Teppichen zumeist mit dem Messeergebnis zufrieden. Besonders Nepal-Teppiche mit Seide verstanden es, die Knüpfteppiche vom Rande des Himalaya wieder aus der absoluten Talsohle zu reißen. Vor allem die Aussteller in dem neu geschaffenen
Floorforum in der Messehalle 3, das anspruchsvolle Spitzenprodukte in Qualität und Design sowohl bei abgepassten Teppichen als auch bei textilen Bodenbelägen, erlebten eine starke Besucherfrequenz, die sich letztlich auch in Aufträgen niederschlug.
Weniger stark unmittelbar auf den Verkaufserfolg ausgewirkt hat sich die zweite Sonderschau im Bereich der abgepassten Teppiche, die Carpet Performance im Lichthof zwischen Halle 15 und 16. Sie wurde nur einfach als schön und informativ angesehen, lud zum Verweilen und zum Entspannen ein. Sie brachte die Atmosphäre und Stimmung, die zum Kaufen anregen konnte.
aus
BTH Heimtex 02/03
(Wirtschaft)