Maison & Objet in Paris
Mut zu Dekoration und Luxus
Das ist vorbildlich: Für die Pariser Fachmesse Maison & Objet arbeiten Organisatoren, Stadt und Touristikamt eng zusammen. Über die zweimal jährlich stattfindende Veranstaltung wird in TV und Presse berichtet, Designer geben Trendprognosen zum Thema Wohnen und Einrichten ab, auf der Messe gibt es vielfältige Ideen und Anregungen zu sehen. Auffällig in diesem September: die starke Präsenz moderner abgepasster Teppiche, die in Colorierung und Dessinierung oftmals die 60er und 70er wieder aufleben lassen.
Elixier Messe? Ja - sofern sie in Paris veranstaltet wird und Maison & Objet heißt. Die hochgesteckten Erwartungen von Messedirektor Etienne Cochet zur September-Veranstaltung wurden trotz der schwierigen Wirtschaftslage nicht enttäuscht: Rund 3.000 Aussteller nahmen an der Messe teil und trafen dort auf knapp 67.000 hochkarätige Einkäufer aus aller Welt, die in Paris dekorative und funktionale Produkte für das Wohnen und als Geschenk im mittleren bis gehobenen Genre suchen.
Auffallend war der stark gestiegene Auslands-Anteil unter den Besuchern (+13%). Besonders aus Osteuropa war ein immens verstärktes Interesse zu spüren (+58%), aber auch aus Spanien (+38%), Deutschland (+37%), Großbritannien (+23%), Nordamerika (+10%) und Asien (+7%). Der Besuch aus dem heimischen Frankreich blieb stabil (+1%).
Paris, Capitale de la Création (frei übersetzt: Paris, Hauptstadt der (Wohn-)Mode) - dieses Logo für die Zusammenarbeit von Messe, der Stadt Paris und dem Touristikamt besteht seit Januar 2003 und wird auch praktisch umgesetzt. Trendscouts und Designer geben Trendprognosen ab und griffen in TV und Presse einem breiten Publikum gegenüber aktuelle Themen rund um Wohnen und Einrichtung auf. Für sie bestand kein Zweifel: Objekte, die Sinnlichkeit und Überraschung bergen, wecken Kauflust und Wünsche. Man solle sich bewusst mit Dingen umgeben, die nicht nur der Funktion dienen - also Mut zu Dekoration und Überfluss. Diesem Aufruf zu Üppigkeit und Luxus war denn auch die Mehrzahl der Aussteller gefolgt.
Wobei sich Luxus auch in der Beschränkung auf Weniges, aber Anspruchsvolles manifestieren kann. Gerade im textilen Bereich machte sich der Eindruck breit, dass die Anbieter auf klare, durchgängige Konzepte achten - egal, ob bei einer japanisch inspirierten minimalistischen Linie, materialbetont in zurückhaltenden Farben oder bei einer fantasievollen, opulenten Auffassung mit edlen Velouren, Taften, Seiden, und Organzas mit Gold-, Silber-, Kupfer- oder Bronzeglanz, Perlenschimmer und in intensiven Farben wie Rot, Purpur, Violett, Gelb, Grün und Blau.
Skandinavisch inspiriert wirken feines Leinen und Baumwolle in Weiß, Elfenbein, Sand, Pfingstrose und Türkis, handwerklich bestickt oder mit Ziernähten aufgewertet, aber auch kontrastreich kombiniert mit Streifen, die weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Früchte und Pflanzen bestimmen nicht nur die farbliche Aussage - Anis, Granat, Minze, Mandel, Safran, Geranie, Flieder, Lavendel -, sondern tauchen auch als Druckmotive auf, mit romantischer Tendenz, aber modern stilisiert und nicht nostalgisch Vorbildern nacheifernd.
Absolut "à la mode" waren in Paris Fertigschals mit Schlaufen oder Ösen in - optisch - luxuriösen, pflegeleichten Materialien und mit verschiedenen Stangen oder Halterungen leicht zu variieren. Selbst Traditionsfirmen wie Lelièvre, Boussac Fadini und Kenzo Maison greifen dieses Thema auf und ergänzen damit ihr Angebot an Meterware.
Größer geworden ist auch das Angebot an Coordinates, sprich abgestimmtem Fensterkleid, Tapeten und Polstermöbeln.
Moderne Teppiche stark gefragt
Moderne abgepasste Teppiche waren in diesem September deutlich stärker vertreten. Gerade deutsche Einkäufer - so schien es - ließen sich in Paris gern von den Gestaltungsmöglichkeiten mit trendigen Teppichen (bestes Beispiel: Arte Espina) inspirieren, wie etwa der lebhafte Besuch auf dem völlig neu gestalteten, thematisch gut gegliederten Stand von Limited Edition aus Belgien bewies. In Frankreich bekannte Anbieter wie Toulemonde Bochart, France Tapis, Sam Laik oder Serge Lesage arbeiten in der Regel mit externen Designern, deren Namen sie auch durchaus in den Vordergrund stellen und unterhalten alle Showrooms - oder sogar eigene Läden in Paris. Daher sind sie sehr dicht am Markt und an den Verbraucherwünschen.
Bei den Dessinierungen fiel auf, dass sie ruhiger und stark strukturbetont werden, obwohl gerade für den Export nach Übersee Farbkraft und Dessinreichtum geschätzt werden.
Impulse durch neue Materialien und Formen
Impulse durch neue Materialien und Formen finden sich auf der Maison & Objet im Bereich "Now! Design à vivre". Hier war übrigens auch Faserhersteller Invista, vormals Du Pont Textiles & Interiors mit seiner Antron Innovate-Kampagne präsent. Als Anregung für Raumgestaltung gruppierten Designer um das Lebenselixier Wasser Objekte, die dem Vergnügen, der Hygiene, der Unterhaltung oder der Außendekoration dienen.
Für "Talente à la carte" bietet jede Maison & Objet die Plattform zum Start auf internationalen Märkten. Im diesjährigen September machten sich sechs aufstrebende Newcomer aus Russland mit Möbeln, Zierkissen, Keramik, Tellern und Taschen als Designer oder Hersteller bekannt.
Maison & Objet éditeur
Die nächste Maison & Objet in Paris/Villepinte findet statt vom 23. bis 27. Januar 2004. Anbieter von Deko- und Möbelstoffen haben zeitlich fast parallel - vom 22. bis 25. Januar - die Gelegenheit, sich im Palais de Congrès an der Porte Maillot zu präsentieren. Shuttle-Busse zum Messegelände in Villepinte sind vorgesehen. Die Teilnahme an dieser Maison & Objet éditeur zugesagt haben bereits Boussac Fadini, Lelièvre, Houlès, Texdecor, C&C aus Italien, Becara aus Spanien und AP Brinkman aus den Niederlanden.
aus
BTH Heimtex 11/03
(Wirtschaft)