KaDeWe zog Erfolgsbilanz
Marktoffensive hat sich in jeder Hinsicht gelohnt
Jeden Monat möchte er das nicht mit machen, betonte Gottfried Niesner, Abteilungsleiter und Einkäufer für Teppiche im KaDeWe, dem Nobelwarenhaus des Karstadt-Konzerns in Berlin. Er sprach von der Mitte März zu Ende gegangenen großen Verkaufsaktion und Sonderausstellung "Orient-Kunst - geknüpfte Kostbarkeiten und moderne Skulpturen", die weit über die Grenzen der deutschen Hauptstadt hinaus für Aufsehen gesorgt hatten (siehe Heimtex - Orient-Teppich Februar/März 1/2003). Die in ihrer Größenordnung und Aufmachung für die Orientteppich-Branche bisher in Deutschland wohl einmalige Schau war mit einem enormen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden, den sich nur ein Haus dieser Größenordnung mit einem Konzern im Rücken hatte erlauben können. Doch selbst da gab es auf der Führungsebene Bedenken und es musste abgespeckt und immer wieder neu organisiert werden. Doch im Endeffekt habe sich der persönliche Einsatz aller Beteiligten, der bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit ging, in jeder Hinsicht gelohnt, stellte Niesner befriedigt fest.
Die Aktion "Orient-Kunst - geknüpfte Kostbarkeiten und moderne Skulpturen", auf die fünf Wochen lang in den meist beachteten KaDeWe-Schaufenstern aufmerksam gemacht und für die erstmals über die Hauptstadt hinaus auch im Bundesgebiet in der Tagespresse geworben wurde und die vier Wochen lang die große Einganghalle mit der riesigen Kuppel und darüber hinaus zwei angrenzende Lichthöfe mit insgesamt rund 1.000 qm Verkaufsfläche belegte, war nicht nur für die Teppichabteilung ein finanzieller Erfolg, sondern belebte den Umsatz im ganzen Warenhaus deutlich. Auch andere Abteilungen, speziell auch aus dem Inneneinrichtungsbereich, profitierten spürbar von der allgemein gewachsenen Kundenfrequenz und insbesondere von der hohen Zahl an Teppich-Interessenten.
Gleichzeitig konnte das KaDeWe insgesamt sein Image als Tempel der Schönheit, des Luxus und der Wertigkeit aufpolieren. Teppiche wurden hier ganz im Gegensatz zu den Branchengepflogenheiten im Einzelhandel ohne jeden durchgestrichenen Preis präsentiert. Die bundesweite Anzeigenwerbung zum Beispiel zeigte ein wertvolles Stück für 110.000 Euro und der besondere Blickfang der Ausstellung, ein extrem feiner persischer Seiden-Teppich mit dem Bild von Kaiser Wilhelm II. wurde für 49.000 Euro angeboten.
Die Preise wurden akzeptiert, da sich hier Schönheit und Wertigkeit zu einer außergewöhnlichen Schau vereinigten, die auch dem Verbraucher außergewöhnliche Ausgaben plausibel machten. So nahm ein amerikanischer Tourist spontan einen feinen persischen Täbriz als außergewöhnliches Souvenir für knapp 50.000 Euro im Flugzeug mit in die Staaten. Insgesamt hatte Gottfried Niesner wertvolle Teppiche im Verkaufswert von rund 5 Mill. Euro für die Aktion zusammen getragen.
Mit dem normalen Bestand des KaDeWe an hochwertigen Teppichen konnten die Kunden hier etwa 6 Mio. Euro ausgeben. Ein Besorgnis erregendes Überlager ist nach Worten des Abteilungsleiters davon nicht übrig geblieben, zumal das KaDeWe nach der Aktion auch auf eine Langzeitwirkung setzt und mit weiteren Kaufentscheidungen rechnet, da sich das Haus im Bewusstsein der Berliner Kunden jetzt als führendes Teppichfachgeschäft der Hauptstadt und als Anlaufstelle auch für touristische Teppich-Interessenten eingestuft sieht.
Darüber hinaus aber konnte sich das KaDeWe auch neue Kundenkreise erschließen. Da die Schau klassischer Orientteppiche mit einer Ausstellung moderner Skulpturen von Joachim Schmettau und Rob Krier gekoppelt war, kamen auch viele Kunst-Interessierte in den bisweilen verpönten Konsum-Tempel und konnten feststellen, dass auch hier Kultur zu finden ist.
Außerdem sorgte der Event-Charakter, weitgehend Neuland für das Berliner Kaufhaus, für rege Frequenz informationshungriger Besucher. Ob es sich um Information über asiatische Tee-Zubereitung oder Fachvorträge zur Teppich-Pflege oder über die Teppich-Kultur handelte, es herrschte reges Interesse, sobald Informationen vermittelt wurden. Hier hatte die Firma Mantex aus Hamburg, als kompetenter Dienstleister für derartige Branchenveranstaltungen umfassend in die gesamte Gestaltung der Aktion eingebunden, dafür gesorgt, dass die "Orient-Kunst" zum Leben erweckt wurde.
Es blieb nicht bei einer "toten" Schau, sondern es war fast permanent Action angesagt. Schon allein die "Magic Daylight Screen"-Shows, die der Fotograf Klaus Bieber mit Unterstützung der Ludwig Wissenbach GmbH erstellt hat und die permanent nachhaltige Eindrücke aus den verschiedenen Knüpfländern vermitteln, belebten ständig die Szenerie.
Aber nicht nur das KaDeWe selbst, das künftige weitere aktive Sonderschauen auch mit anderen Abteilungen plant und im nächsten Jahr wieder eine große Teppich-Aktion starten will, hat von diesem vierwöchigen Dauer-Event profitiert, sondern die Teppich-Branche insgesamt. Tausende von Besuchern konnten in Berlin die Schönheit von handgeknüpften Teppichen unter idealen Präsentationsvoraussetzungen erleben und erkennen, dass Teppiche hochwertiges Kunsthandwerk mit langer Tradition, kulturellem Background und hoher Wertigkeit sind.
Die zahlenreichen Neugierigen aus der Orientteppich-Szene registrierten mit Erstaunen, dass sich handgefertigte Teppiche nicht nur mit durchgestrichenen Preisen, sondern viel besser in einem Umfeld mit Erlebnischarakter verkaufen lassen. Sicher wird der mittelständische Einzelhandel niemals eine Schau in dieser Dimension auf die Beine stellen können. Aber es wurde doch deutlich, dass der Rahmen des Außer- und Ungewöhnlichen ausreicht, um Kunden anzulocken und um das Geschäft zu beleben. Dafür können an kleineren Standorten auch kleinere Maßstäbe angelegt werden.
Für Gottfried Niesner selbst hatte seine Orient-Schau auch noch einen ganz persönlichen Nutzeffekt. Seinen Verkäufern in seiner Abteilung haben die Schau und vor allem auch die hochwertigen neuen Teppiche trotz aller Arbeitsbelastung sehr viel Spaß gemacht. Die Freude an wirklich schöner Ware hat zu einer neuen Motivation geführt. Niesner: "Es ist etwa ganz anderes, neue hochwertige und schöne Teppiche zu verkaufen, als immer vor den gleichen Teppichstapeln zu stehen. Die Verkäufer sind selbst begeistert und dieser Funke springt über und macht den Verkauf zum Erfolg."
aus
Heimtex Orient 02/03
(Marketing)