Tarkett rüstet auf
500 Mio. EUR Investitionen in den nächsten drei Jahren
Nach einer kleinen Umsatzdelle im Jahr zuvor hat Tarkett 2004 wieder Fahrt aufgenommen und den Umsatz um 3% auf knapp 1,44 Mrd. EUR angehoben. Dabei gelang es trotz eines verminderten EBITAs den Nettogewinn wieder zu steigern. Auch Deutschland, lange Zeit Sorgenkind, hat sich erholt. In den nächsten drei Jahren will Vorstandschef Marc Assa massiv die Globalisierung des Geschäfts und die Stärkung der Kernaktivitäten vorantreiben; insgesamt 500 Mio. EUR fließen vor allem in Laminat, aber auch in die Produktion homogener Beläge und eine dritte CV-Anlage in Russland.
Insgesamt "gut abgeschnitten" hat Tarkett im Jahr 2004, wie Vorstandsvorsitzender Marc Assa auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz des Konzerns konstatierte. Bei "nicht einfachen Ausgangsbedingungen" gelang es, den Umsatz um 3% (zu aktuellen Wechselkursen) auf knapp 1,44 Mrd. EUR anzuheben. Zwar litt das EBITA, sprich das operative Ergebnis, unter dem scharfen Wettbewerb und den höheren Rohstoffkosten, dennoch konnte der Nettogewinn bei 42,5 Mio. EUR (2003: 42,3) stabilisiert werden. Nicht ohne Stolz merkte Assa an, daß Tarkett per Dezember 2004 beim Verhältnis EBITA/Nettoumsatz auf 7% kam und damit Wettbewerber wie Armstrong Flooring (-0,1%), Forbo Flooring (5,7%) und Congoleum (6%) hinter sich lässt. Nur Mohawk ist mit 10,8% deutlich besser, allerdings ist dort die Handelsspanne integriert, da die Amerikaner über ein logistisches Netz verfügen, das ihnen ermöglicht, weitgehend ohne Distributeure am Markt zu agieren.
Der Umsatzzuwachs von 3,6% bei elastischen Belägen reflektiert laut Assa "erste Anzeichen einer Erholung", wobei Objektbeläge leicht überproportional zulegten. Bei Holz musste eine kleiner Rückgang von -1,2% auf 269,5 Mio. EUR hingenommen werden, der aus dem schwierigen Geschäft in Nordamerika resultiert. Ungebrochen dagegen der Aufwärtstrend bei Laminat, das mit 88,5 Mio. EUR inzwischen 6% zum Umsatz beiträgt und eins der wichtigsten strategischen Produkte für die Zukunft ist.
Die positive Entwicklung des Vorjahres nicht nur fortgesetzt, sondern beschleunigt hat Westeuropa mit einem Umsatzplus von 3,5% auf 803,9 Mio. EUR. Einziger negativer Ausreißer waren die nordischen Länder mit -2,5%, ansonsten ging es überall voran, in Großbritannien und Irland sogar zweistellig. "Endlich die ersehnten Schritte vorwärts" kam Tarkett in Deutschland, wo sich die Investitionen in den Markt offenbar ausgezahlt haben: In beiden Vertriebsschienen nahmen die Erlöse zu - in der Summe ergaben sich hier +3,1% auf 114,3 Mio. EUR - und was noch viel wichtiger ist: beide erwirtschafteten Gewinn. In Osteuropa hielt der Höhenflug weiter an, wohl mit etwas vermindertem Drive, aber immer noch einer deutlich zweistelligen Steigerung von + 21,2% auf 211,5 Mio. EUR. Sorgenkind war 2004 klar Nordamerika. Dort sei das Geschäft komplexer, erklärt Assa, speziell bei den Handelsbelägen und bei Holz. "Wir sind dort mit Holz gut gestartet", blickt der Konzernchef zurück, aber dann habe der Konkurrenzdruck zugenommen und "wir hatten auch nicht die Produkte, die wir gebraucht hätten", scheut er sich nicht vor Selbstkritik. Die Folge: Umsatz und Rendite ließen zu wünschen übrig. Die ersten Gegenmaßnahmen sind bereits ergriffen: "Wir haben die Restrukturierung in USA in Angriff genommen", ließ Assa verlauten und verweist dabei auf grundlegende Änderungen im Vertrieb - in beiden Sparten. Darüber hinaus wurde in eine Glasvliesproduktion in USA investiert.
Das erste Quartal 2005 hat Tarkett mit einem Umsatzanstieg von 4,7% auf 357,5 Mio. EUR abgeschlossen, wobei erstmalig der Zukauf Marley Floors konsolidiert ist. Um die Akquisition bereinigt, verbleiben immerhin +3,5%. Dabei hinkten elastische Objektbeläge hinter dem Vorjahr hinterher (-4,1%), das Handelsgeschäft zog an (+3,4%), Holz verlor weiter an Boden (-3,9%) während Laminat mit +52,2% geradezu nach oben schoss.
Rückschläge mußte das Unternehmen in Frankreich (-6,5%) und noch stärker in Großbritannien (-11%) hinnehmen, dafür legten Südeuropa und die Benelux-Länder zu (+8,5%), wie auch die deutschsprachigen Länder (+4,8%), was an den neuen CV-Kollektionen liegen mag. In Osteuropa standen die Ampeln weiter auf Grün (+ 19,3%), in Nordamerika verminderte sich der Umsatz aufgrund der ungünstigen Währungsparität um -3,4%.
Weniger erfreulich als der Umsatzverlauf stellt sich die Ertragssituation dar: Hier wirkten die anhaltenden Rohstoffverteuerungen als "starke Bremse" und drosselten das EBITA auf 16,4 Mio. EUR, 33% weniger als im Berichtszeitraum des Vorjahres. Entsprechend schrumpfte auch das Netto-Ergebnis um 19% auf 8,6 Mio. EUR. Vor diesem Hintergrund habe sich Tarkett gezwungen zu sehen, die Preise bereits Anfang des Jahres anzuheben, warb Assa um Verständnis bei den Kunden und ließ zugleich durchblicken, dass im Handelsbereich im Juni/Juli eine zweite Preisrunde eingeläutet werden müsste.
Bereits 2004 war zu erkennen - und wurde vom Vorstand auch gar nicht verhehlt -, dass Tarkett sich für die Zukunft rüstet. Der Verkauf der Nadelfilzproduktion in Baisieux an die De Sadeleir-Gruppe, der Erwerb von Marley Floors, die Errichtung eines eigenen Parkettwerks und jetzt der Squeeze Out der Tarkett AG - der im übrigen keinen Einfluss auf das operative Geschäft in Deutschland haben soll - sind die Vorboten einer massiven Expansionsstrategie mit der Globalisierung einerseits und der bewussten Konzentration auf die Kernaktivitäten andererseits, die jetzt mit Macht forciert werden soll. Der Aufsichtsrat hat dem Vorstand für die nächsten drei Jahre ein Investitionsbudget von 500 Mio. EUR genehmigt.
Ein Großteil davon, sprich 150 bis 200 Mio. EUR, sollen in den Laminatbereich fließen, wo Tarkett in nicht allzu ferner Zukunft weltweit ganz vorne mitspielen will. Dazu will sich Assa in allen wichtigen Märkten vor Ort mit einer eigenen Produktion verankern, denn: "Wir wollen konsequent in die Märkte gehen und das ganze Volumen, was wir dort verkaufen, auch dort herstellen" - eine Maxime, die im übrigen nicht nur für Laminat, sondern auch für die anderen Segmente gilt.
Bei Laminat hat Tarkett schon ein Joint-Venture in Nordamerika mit dem chilenischen Platten-Hersteller Aconcagua Timber unterzeichnet. Dabei soll das 50:50-Gemeinschaftsunternehmen ein bestehendes MDF-Werk der Chilenen in Clarion im US-Bundesstaat Pennsylvania für Laminat und MDF-Leisten ausbauen. Der operationelle Start ist für die erste Hälfte 2006 geplant. Weil Assa unbedingt rückwärts integrieren und selbst in die Trägerplattenfertigung einsteigen will, sieht auch die Zusammenarbeit mit Egger dem Ende entgegen, wo Tarkett nur an der reinen Laminatbodenproduktion in Wismar beteiligt war. Stattdessen wird hier ein neues Joint Venture mit Standbeinen sowohl in Westeuropa wie auch in Osteuropa angestrebt. Die Verhandlungen sind relativ weit fortgestritten, so dass günstigstensfalls schon im Sommer mit der Unterschrift der Vertragspartner zu rechnen ist.
Für elastische Beläge sind weitere 150 Mio. EUR vorgesehen. Jüngst beschlossen wurde die Installation einer dritten CV-Anlage - 4 m breit - in Otradny, mit der die Kapazitäten auf 75 Mio. qm erhöht werden, außerdem wird am gleichen Standort eine Produktion für homogenes PVC für das vielversprechende Objektgeschäft errichtet. "Höchstwahrscheinlich" wird Tarkett darüber hinaus in der Ukraine heterogene PVC-Beläge herstellen.
40 bis 50 Mio. EUR sind für die Holz-Sparte veranschlagt. Die Restrukturierung in Schweden ist abgeschlossen, die Produktion wandert in Richtung Osten. Soll heißen: die Fertigung in Polen wird vervollständigt, für das neue Werk in Serbien (BTH Heimtex hat darüber schon berichtet) hat Tarkett bei Maschinenbauer Bürkle eine neue Anlage für 1,8 Mio. qm Mehrschichtparkett in Auftrag gegeben. Sie soll noch im vierten Quartal dieses Jahres an den Start gehen.
Bleiben noch 100 Mio. EUR übrig, die gezielt in den Vertrieb in verschiedenen Schlüsselmärkten investiert werden sollen; hauptsächlich in den Objektbereich, wo es oft leichter ist, Marktanteile zu kaufen als aus eigener Kraft hinzu zu gewinnen ...
aus
BTH Heimtex 04/05
(Wirtschaft)