Öffentliches Kaufangebot an freie Anteilseigner

Mehrheitsaktionär Sommer will Tarkett Sommer ganz übernehmen

Tarkett Sommer-Mehrheitsaktionär Sommer hat den außenstehenden Anteilseignern ein öffentliches Kaufangebot gemacht: Für jede auf den Inhaber laufende Stückaktie werden 6,50 EUR geboten. Sommer selbst hatte seinen Anteil in den letzten Jahren bereits von 60 auf 82,47 % aufgestockt. Die Sommer-Gesellschafter reagieren damit auf den geringen free float, das Desinteresse von Investoren und die negative Kursentwicklung des Papiers - trotz steigender Ergebnisse und sinkender Verschuldung. Der Aktienmarkt gebe keine befriedigende Antwort auf den Kapitalbedarf, deshalb wolle man sich unabhängiger davon machen.

So wie die Börse einst die Start-ups vom Neuen Markt überbewerteten, fühlt sich Tarkett Sommer unterbewertet: "Seit vier Jahren haben wir kontinuierlich das Ergebnis verbessert und die Verschuldung kontinuierlich und drastisch abgebaut, aber der Kapitalmarkt hat davon keine Notiz genommen", sagte Vorstandschef Marc Assa enttäuscht vor der Fach- und Wirtschaftspresse bei der Bekanntgabe des öffentlichen Kaufangebotes. Im Gegenteil - die Tarkett Sommer-Aktie tendiere dauerhaft nach unten. Ohnehin fänden Bauwerte und Baunebenwerte an der Börse wenig Anklang, zudem mache der geringe free float das Papier für Investoren nicht sehr attraktiv. "Unsere Aktie ist aus dem Blickfeld des Interesses gerückt". Die Folge: "Tarkett Sommer hat keine Möglichkeiten, den strategischen Kurs der Internationalisierung aus eigener Kraft über den Kapitalmarkt zu finanzieren."

Deshalb ziehe Mutter Sommer die Konsequenzen und wolle ihre Tochter unabhängiger vom Kapitalmarkt machen. Dazu wollen die Franzosen die 17,6 % in Streubesitz befindlichen Aktien aufkaufen. Für jede auf den Inhaber lautende Stückaktie wird eine Barabfindung von 6,50 EUR geboten. Sollten alle außenstehende Anteilseigner das Angebot annehmen, müsste Sommer nach einer Rechnung der Börsenzeitung rund 43 Mio. EUR aufwenden. Der Preis übersteige den umsatzgewichteten Börsenkurs der letzten drei Monate um 40,2 %, den der letzten sechs Monate immerhin noch um fast 24 % - "eine attraktive Prämie", argumentiert Assa.

Die Anleger sehen das allerdings anders; viele sind unmittelbar nach dem spektakulären Fall der Aktie 1998 zu einem damals interessanten, aus heutiger Sicht viel zu hohem Kurs zwischen 16 und 21 DM eingestiegen, nachdem das Papier in Bestzeiten über 70 DM kostete. Auch am Buchwert gemessen erscheint ein Preis von 6,50 EUR pro Aktie nicht eben üppig: gemäß Geschäftsbericht 2001 beträgt das stichtagsbezogene Kapital von Tarkett Sommer 324,5 Mio. EUR. Dies entspricht einem Betrag von 8,48 EUR je ausgegebener Aktie. Das Angebot von Sommer von 6,50 EUR je Aktie liegt damit um rund ein Viertel unterhalb des Buchwertes. Wobei wir einräumen müssen, dass angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes viele Unternehmen an der Börse teilweise deutlich unter Buchwert notieren.

Tarkett Sommer selbst kam zuletzt an der Börse nur auf eine Marktkapitalisierung von 154,89 Mio. EUR. Nach der offiziellen Verlautbarung sprang der Kurs um 50 % auf das Niveau des Angebotspreises und trieb den im SDAX notierten Wert auf 250 Mio.EUR.

Bietergesellschaft ist die luxemburgische Sommer S.A., eine 100 %-Tochter der gleichnamigen französischen Dachgesellschaft mit 151,9 Mio. EUR Grundkapital. Sommer SA wiederum ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Nanterre nahe Paris und einem Grundkapital von 287,4 Mio. EUR.

Mehrheitsaktionär ist mit 65% die Familie Deconinck, die auch bestimmend im Aufsichtsrat ist, 14,7 % bzw. 7 % liegen bei den französischen Banken Sociéte Générale und BNP Paribas, die restlichen Anteile verteilen sich auf Finanzinvestoren.

Tarkett Sommer-Vorstandschef Marc Assa und Finanzvorstand Michel Cognet sind in gleicher Funktion auch bei Sommer aktiv. Als "graue Eminenz" wirkt Aufsichtsratsvorsitzender Bernard Deconinck, der dynamische Patriarch, dem man seine 82 Jahre weder ansieht, noch anmerkt.

Für Sommer ist Tarkett Sommer mit 1,45 Mrd. EUR Umsatz (2001) das Kerngeschäft. Daneben halten die Franzosen 50 % an dem Verpackungsprodzenten Qualipac, der mit 120 Mio. EUR aber eine relativ kleine Einheit darstellt und 100 % an der Immobiliengesellschaft Setepp, die vor allem das Verwaltungsgebäude in Nanterre besitzt und betreibt.

Das Angebot gilt bis 31. Januar 2003. Ein Squeeze-out der Minderheitsaktionäre sei in absehbarer Zeit nicht geplant, versicherte Assa, verwies aber gleichzeitig auf mögliche Auswirkungen, wenn die ooferte nicht angenommen wird: "Es droht eine anhaltende Illiquidität des Handels der Aktie, das Papier verliert aufgrund der sehr geringen Streuung für den Kapitalmarkt weiter an Attraktivität und es ist ungewiss, wie sich der Kurs der Aktie weiter entwickelt."

Gleichzeitig unterstrich Assa, dass das öffentliche Barangebot keinerlei Änderungen beim operativen Geschäft mit sich bringe. "Die Sommer SA beabsichtigt nicht, Sitz oder Standort wesentlicher Unternehmensteile von Tarkett Sommer zu ändern." Ebensowenig seien Änderungen für die Arbeitnehmer oder die Zusammenarbeit mit den Kunden angedacht.

Investieren würde er gern im Raum Asien/Pazifik. In dieser Region erwirtschaftet Tarkett Sommer aktuell gerade mal 5 % vom Gesamtumsatz. In Europa und den USA sieht er den Konzern im Handelsbereich gut aufgestellt, "im Objektgeschäft könnten wir in einigen Ländern noch zulegen" - das heißt auch, noch zukaufen.
aus BTH Heimtex 11/02 (Wirtschaft)