Interview mit Luc de Clerck und Darko Perván

Berry: "Wir haben das beste Produkt und werden gewinnen"

Nach außen hin scheint es um die Patentstreitigkeiten in der Laminatbranche etwas ruhiger geworden zu sein, nach innen schwelt der Kampf aber immer noch. Berry-Inhaber Luc de Clerck und Välinge-Chef Darko Perván geben sich selbstbewusst und optimistisch. BTH sprach mit ihnen über neue Lock-Techniken, die die Verlegung von Laminatböden revolutionieren sollen, Patente und Perspektiven.

BTH: Die Bodenbelagsbranche leidet unter der Konsumflaute. Nach einem unbefriedigenden Jahr 2001 hat sich ein noch schwierigeres Jahr 2002 angeschlossen. Wie steht die Berry-Gruppe da?

Luc de Clerck: Wir sind gewachsen. Mehr im Holzbereich als bei textilen Belägen. 2001 haben wir einen konsolidierten Umsatz von rund 430 Mio. EUR erzielt. Der Januar 2002 war ruhig, aber der Februar schon besser.

BTH: Sicher ist Ihnen dabei zu Gute gekommen, dass Sie nicht nur im Produktbereich, sondern auch geografisch breit gefächert arbeiten.

De Clerck: Ja, wir haben unsere Anstrengungen strategisch verteilt. Unsere wichtigsten Märkte sind Frankreich, die Benelux-Länder und England. Deutschland macht im Bodenbelagsbereich etwa 10 % Anteil aus.

BTH: Und Deutschland?

De Clerck: Deutschland macht im Bodenbelagsbereich für Berry etwa 10 % Anteil aus. Aber der Markt ist schwierig: Die Konsumlage ist schlecht - das gilt für alle Bodenbeläge -, Folge ist ein Verdrängungsmarkt. Viele Einzelhändler werden schließen. Die Konsumenten halten sich zurück und sparen.

BTH: Sie haben Mitte der 90er über Ihr angestammtes Textilgeschäft hinaus zunächst in Parkett und dann in Laminat investiert. Sind Sie mit der Entwicklung der beiden Sparten zufrieden? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

De Clerck: In der Parkettbranche gibt es nur wenige Große. Da wollen wir abwarten, wie sich unser Produkt entwicklt. Kommt hinzu, dass wir viel in Laminat investiert und Parkett deswegen weniger forciert haben. Aber jetzt werden wir eine neue Maschine installieren, wobei es uns nicht um erhöhte Kapazität, sondern um technische Optimierung geht. Bis zur nächsten Domotex wollen wir unser Angebot über den 3 Stab-Schiffsboden hinaus erweitern. Geplant sind ein 2-Stab-Parkett und eine Landhausdiele.

BTH: Und Laminat? Während alle konzentrieren, fahren Sie hier mit Berry Floor und Alloc zweigleisig. Warum? Wie lässt sich das wirtschaftlich darstellen?

De Clerck: Die Übernahme von Alloc hat sich für uns gelohnt, weil wir damit in das leimfreie Geschäft gekommen sind. Vor drei Jahren wurden wir von Kunden immer wieder nach Klicksystemen gefragt. Weil wir uns nicht auf rechtlich unsicheres Eis begeben wollten, haben wir auf Alloc gesetzt.

Immerhin ist Berry in den vergangenen zwei Jahren zu den Weltmarktführern im Laminatboden aufgestiegen. 1999 haben 6 Mio. qm verkauft, 2000 waren es 18 Mio. qm und 2001 sogar 21 Mio. qm.

Auf jeden Fall werden wir mit Alloc den Preiskampf im deutschen Markt nicht mitmachen. Alloc Commercial ist nach unserer Überzeugung das beste Produkt und kann deswegen zu einem guten Preis verkauft werden.

BTH: Wie wird sich der Laminatmarkt weiter entwickeln? In Deutschland, vielleicht sogar in ganz Westeuropa scheint der Absatz den Zenit erreicht zu haben.

Darko Perván: Es stimmt, dass der Markt zunächst gesättigt scheint, aber es gibt noch Chancen. Bisher ist Laminat aufgrund technischer Vorteile gepriesen worden. Wir denken, dass künftig der Dekoraspekt wichtiger wird. Die Verbraucher werden Laminat kaufen, weil es gut aussieht. Das könnte Zuwachsraten bis 20 % bringen.

BTH: Sie arbeiten aber nicht nur an neuen Dekoren, sondern auch neuen technischen Entwicklungen. Welchen?

De Clerck: Wir haben viele neue Sachen in der Schublade, wollen aber erst darüber reden, wenn sie fertig sind.

Perván: In Schweden haben wir für 5 Mio. EUR ein Entwicklungscenter mit einer kompletten Fertigungsstraße gebaut. Homag hat uns mit neuester Technik ausgestattet.

Die Maschine besitzt 17 Antriebe und einen Vorschub von 200 m/min. Dort arbeiten wir an Neuentwicklungen: Wir produzieren 1 Stunde und dann analysieren wir 10 Stunden. Auf diese Weise haben wir 50 neue Bodenprodukte getestet, die in Maßen, Materialien und Oberflächen variieren. 25 davon sind fast marktreif. Wir können sie unseren Kunden zur Probe anbieten.

De Clerck: Versuche dieser Art kann sich nicht jedes Unternehmen leisten. Wir zeigen damit die Innovationskraft von Berry.

BTH: Was ist denn so geheimnisvoll an Ihren Neuentwicklungen?

Perván: Wir haben hier den vierten Schritt in der modernen Laminatproduktion eingeleitet. Die ersten drei waren die Einführung von Laminat, die leimfreie Verlegung mit Aluminium und die Klick-Verbindung.

BTH: Und was kommt jetzt?

Perván: Die Dauer vom Entwicklungsstart eines neuen Produktes bis zur Marktreife beträgt kaum noch zwei Monate.

BTH: Schneiden Sie sich mit einem so schnellem Produktwechsel nicht ins eigene Fleisch?

Perván: Irgendwann ist immer ein Sättigungsgrad erreicht. Dann muss man neue Anreize setzen. Das haben wir schon vor Jahren erkannt. Deswegen können wir ja jetzt den Markt mit 25 verschiedenen neuen Objektlaminaten füttern.

BTH: Aber das ist doch nicht alles. Die spannendste Innovation ist eine andere . . .

Perván: Na gut. Wir arbeiten an einem sehr kosteneffizienten, automatischen Verlegesystem.

BTH: Was ist daran anders als an den bekannten?

Perván: Es gibt viele Möglichkeiten, in vertikaler oder horizontaler Form neue Verbindungen zu entwickeln. Unser Ansatz ist ein innovatives Lock-System, das mit sehr hoher Geschwindigkeit operiert. Mehr will ich dazu nicht sagen.

BTH: Das wird also vermutlich wieder ein neues Patent geben.

Stichwort Patent: Im Rechtsstreit mit anderen Herstellern vor der International Trade Commission in den USA haben Sie die erste Runde verloren . . .

De Clerck: Damit haben wir kein Problem. Zwar konnten wir die fremden Importe zunächst nicht stoppen, aber nun gehen wir vor den Federal Court in die Berufung. Dort sitzen Spezialisten in Patentsachen.

Perván: Ein Sieg in der ersten Instanz hätte uns nicht sicherer gemacht. Alle wichtigen Entscheidungen werden immer in die Berufung durchgereicht. Dort werden wir gewinnen.

BTH: Das kostet alles viel Geld. Lohnt sich das? Die Mittel könnten Sie doch anders investieren.

De Clerck: Wir setzen immerhin eigenes Geld ein und sind keine fremden Manager, die mit den Einlagen der Aktionäre spielen.

Außerdem geht es um's Prinzip. Wenn die Patentverletzung in den USA nicht als solche beurteilt wird, dann braucht man in Zukunft auch keine Patente mehr aufzulegen.

Und nicht zu vergessen: Wenn wir den Prozess gewinnen, haben die anderen ein großes Problem. Dann müssen sie rückwirkend bis auf die Patentgewährung für jeden abgesetzten Quadratmeter Laminatboden Strafe bezahlen.

BTH: Der Wettbewerb kennt also keine Gnade.

De Clerck: Ich mag keine Leute, die ohne eigene Entwicklungskosten und Lizenzen auf unserem Rücken ihre Geschäfte machen.

Abgesehen davon hätten wir sogar Luft, unsere Marge in den USA zu verringern - und auch Luft genug, das durchzuhalten. Wenn dann in Amerika die Preise sinken, werde einige Unternehmen Probleme bekommen. Der Verbraucher kann von dem Wettbewerb nur profitieren.

Perván: Wir wollen Leute nicht verklagen, sondern lieber mit ihnen reden. Die Wettbewerber sollten dankbar sein, dass jemand überhaupt die leimlose Idee entwickelt hat. Aber Patente müssen natürlich rechtlich verteidigt werden, sonst machen sie keinen Sinn.Und wir wollen natürlich die Innovationsführerschaft zu halten. Sonst hätten wir nicht 5 Mio. EUR in unser Entwicklungscneter gesteckt.

Välinge hat schon 1996 das erste Lock-System vorgestellt und natürlich immer weiter daran gearbeitet. Unsere dritte Generation ist technisch so anders, dass der Patentfall eigentlich um ein überholtes Produkt geht.

BTH: Ist der Patentstreit also gar nicht mehr so entscheidend?

De Clerck: Unsere Anwälte sagen schon, dass wir einen sicheren Fall haben. Aber ganz gleich, ob wir gewinnen oder verlieren: Alloc Commercial ist in den USA sehr gut eingeführt. Wir werden auf Wachstumskurs bleiben.

Perván: Man darf seine Strategie nicht auf bestimmte Patente aufbauen und sich jahrelang darauf verlassen. Ohne Weiterentwicklungen ist man raus aus dem Geschäft.

Aber die Formel "Nur, wenn man Patente besitzt, ist man erfolgreich" stimmt auch nicht. Wenn andere etwas Besseres entwickeln, wären wir jederzeit bereit, diese Lizenz zu übernehmen.
aus BTH Heimtex 07/02 (Wirtschaft)