Interview: Per Ericsson & Sebastian Wendel von Tarkett Sommer Holzböden Europa

"Unser Ziel ist 50 % Wachstum in 3 Jahren"

Tarkett Sommer will mit Macht seinen fußlahmen Geschäftsbereich Holzböden Europa auf Vordermann bringen. Dazu wurde das Management neu besetzt, ein Programm zur Besserung von Produktivität und Kundenservice gestartet und in Innovationen investiert. Das Ziel: 50 %. Wachstum in drei Jahren. BTH-Chefredakteur Claudia Steinert sprach mit General Manager Per Ericsson und Deutschland-Vertriebsleiter Sebastian Wendel darüber, wie sie diese ehrgeizige Marke erreichen wollen.

BTH: Der Geschäftsbereich Holzböden Europa ist eine der Schwachstellen von Tarkett Sommer. In den letzten Jahren haben Sie klar Markanteile verloren und die Profitabilität lässt auch zu wünschen übrig. Wo stehen Sie heute überhaupt in Europa?

Per Ericsson: Sicher besser als Sie glauben. In Skandinavien behaupten wir einen Marktanteil von 30 %. In der Region Europa 1, in der wir die mitteleuropäischen Märkte wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammenfassen, kommen wir auf 5 %, in Europa 2, das heißt den restlichen zentral- und den südeuropäischen Märkten, auf 6 %.

Unsere Prioritäten in den kommenden drei Jahren liegen zum einen auf Skandinavien, wo wir unsere sehr starke Position festigen und auch noch weiter ausbauen wollen und zugleich an einer Gewinnoptimierung durch Kostenreduzierung und organisatorische Anpassungen arbeiten. Zum anderen müssen wir Marktanteile in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zurückgewinnen und wollen zudem in Spanien und Portugal zulegen.

BTH: Warum müssen Sie in Skandinavien am Ergebnis arbeiten? Haben Sie dort rote Zahlen geschrieben?

Ericsson: Nein, keinesfalls. Aber der Cash-Flow kann schon noch besser werden.

Wir werden uns natürlich auch auf Osteuropa konzentrieren und focussieren. Denn das sind die Märkte, die in den letzten Jahren klar gewachsen sind und weiter wachsen werden. Hauptmarkt ist Russland, aber auch die Ukraine, die baltischen Staaten, Polen, Tschechien und die Slowakei haben ein gutes Potenzial. Weitere Möglichkeiten sehen wir darüber hinaus in Fernost, vor allem China und Japan.

BTH: Stichwort Osteuropa. Mit elastischen Belägen haben Sie dort gerade mit Sintelon ein Joint-Venture gegründet. Wäre vor dem Hintergrund der Rohstoff-Situation nicht auch eine Holzproduktion in Osteuropa sinnvoll?

Ericsson: Das ist zu früh, so weit sind wir noch nicht. Was wir hoffentlich so schnell wie möglich realisieren können sind vertriebliche Vorteile, da wir über das Joint-Venture direkten Zugang zum Markt haben.

BTH: Sie sprachen eben das Potenzial in Fernost an. Da gibt es aber inzwischen eine ganze Reihe heimischer Produzenten und die dortigen Kapazitäten werden stetig weiter aufgebaut. Mit deren Preisen dürften Sie kaum mithalten können. Wo sehen Sie also Ihre Marktchancen?

Ericsson: In unseren Innovationen. In Japan zum Beispiel gibt es gute Möglichkeiten für leimfreie Produkte - auch im mittel- bis hochpreisigen Bereich. Wir werden den Markt bzw. die einzelnen Marktsegmente gezielt mit einer konsequenten Markenstrategie und entsprechend differenzierten Produktangeboten angehen - ohne Abstriche an unseren Qualitätsanspruch und unser Preisniveau zu machen. Das gilt natürlich nicht nur für Fernost, sondern generell.

Wir bieten höchste Qualität mit bemerkbaren Vorteilen im Mittel- bis Hochpreissegment und bedienen die unterschiedlichen Distributionskanäle mit verschiedenen Marken und Sortimenten. Auch im Kundenservice werden wir differenzieren: A-Kunden bekommen künftig A-Service.

Dazu haben wir in Produktivität und Innovativität investiert. Beides ist eine Grundvoraussetzung für dauerhaften Erfolg und eine gewisse Preisstabilität oder sogar positive Preisentwicklung.

BTH: Hatten Sie Nachholbedarf bei der Produktivität? Wie bewerten Sie sie im Vergleich zu großen Wettbewerbern?

Ericsson: Sie ist sicher vergleichbar, in einigen Bereichen sogar höher.

BTH: In welchen?

Ericsson: Bei leimfreien Produkten. Hier erwarten wir durch die neue focussierte, integrierte Vertriebsorganisation weitere Impulse. Die engere Vernetzung von Produktion und Vertrieb sorgt für eine bessere Kommunikation und einen besseren Informationsfluss vom Rohstoff bis zum Markt.

Dann versprechen wir uns auch klare Wettbewerbsvorteile von unserer Innovationskraft. Wir haben noch nie so viele Neuentwicklungen in so kurzer Zeit auf den Markt gebracht, wie noch in diesem und im nächsten Jahr kommen werden:
- ein umfassendes Ultraloc-Angebot in 8,5, 11,5 und 14 mm,
- distressed Wood, bei dem die Oberfläche mechanisch besonders bearbeitet wird, so dass ein Patina-Effekt entsteht,
- eine Akustik-Lösung in Verbindung mit leimfreien Produkten
- ein neues Landhausdielen-Konzept mit neuen Oberflächen, die den Holzcharakter verstärken
- neue Farben auf Naturbasis
- neue Längen, die sich an die Fahrstuhlnormen anpassen, so dass wir leichter in den Objektbereich hineinkommen
- ein neues Fräsverfahren ohne abfallende Lackkanten
- einen modularen Sportboden und natürlich auch
- neue Designs in 1-, 2-, 3-, und 4-Stab-Oberflächen.

BTH: Das ist ja ein strammes Programm. Ist Ihr Angebot damit komplett oder sehen Sie noch Lücken?

Ericsson: Nein, mit unserem Sortiment und den Innovationen, die ich eben genannt habe, decken wir den Hauptmarkt ab.

BTH: Auch der Massivparkett-Bereich lockt Sie nicht?

Ericsson: Nein, zumal wir die Möglichkeit hätten, in unserem Werk in Frankreich Massivparkett zu produzieren, wenn wir wollten. Ich denke auch, dass Mehrschichtparkett sich künftig besser entwickeln wird als Massivparkett.

Wir fühlen uns insgesamt gut gerüstet und haben uns für die nächsten drei Jahre ein Wachstum von 50 % zum Ziel gesetzt.

BTH: Das ist sehr ehrgeizig - zumal die Konkurrenz auch nicht schläft. Wo sehen Sie denn Ihre Stärken gegenüber den anderen großen europäischen Parkettanbietern?

Ericsson: In unserer Vertriebsorganisation. Im Vertrieb haben wir klare Stärken durch unsere breite Präsenz im Markt. Ich denke, dass wir durch unsere Verbindung zu anderen Bodenbelägen auch produktionstechnische Vorteile haben, zum Beispiel bei Versiegelungen, Färben, Oberflächenbehandlungen usw.

BTH: Kommen wir zum deutschen Markt. Herr Wendel, den haben Sie genau im Blick. Wie hat er sich entwickelt?

Sebastian Wendel: Der deutsche Markt ist extrem fragmentiert. Es gibt vier, fünf große Hersteller, die zusammen 30 % Anteil am Gesamtmarkt halten und dazu viele kleinere. Das macht den deutschen Markt zu einer Spielwiese für ausländische oder branchenfremde Anbieter, die alle etwas von dem Kuchen abhaben wollen.

Sehen Sie sich zum Beispiel die Situation in den Baumärkten an: Das Volumengeschäft dort wird schon von den Importeuren aus Osteuropa beherrscht. Das ist aber nicht unser Geschäft. Wir sind klar auf das Mittel- und Hochpreissegment ausgerichtet und da ist die Menge eben begrenzt.

BTH: Wie definieren Sie mittel- bis hochpreisig? Wo liegt Ihre Einstiegspreislage?

Wendel: Die Einstiegspreislage bei Furnierböden bewegt sich um 28 bis 29 EUR, bei Fertigparkett fangen wir um 40 EUR an, wobei man sagen muss, dass es sich dabei um empfohlene VK-Preise handelt und die Händler zum Teil aufgrund ihrer Wettbewerbssituation andere Preise setzen - zumal der Markt im letzten Jahr nach Aussagen von Euwid um 10 % geschrumpft ist.

BTH: Ja, der Kampf wird härter. Welche Unternehmen haben dabei aus Ihrer Sicht die besten Chancen, welche bleiben auf der Strecke?

Wendel: Die, die sich nur auf den deutschen Markt konzentrieren oder einen Großteil ihres Volumens auf dem deutschen Markt realisieren.

Aber auch wir als Tarkett Sommer dürfen uns sicher nicht zurücklehnen - im Gegenteil, wir müssen aktiv werden. Wobei die Situation nur die deutsche Vertriebsorganisation bedroht, das andere Geschäft ist stabil.

BTH: Wie hoch schätzen Sie Ihren Marktanteil in Deutschland?

Wendel: Zur Zeit auf 6 %.

BTH: Und wo soll er sich mittelfristig hin entwickeln?

Wendel: In Richtung 9 %.

BTH: Und wie wollen Sie diese 9 % erreichen?

Wendel: Das Hauptziel für mich ist, die Verbindung zu unseren angestammten Kunden zu intensivieren und neue, große hinzuzugewinnen. Gerade mit dem Thema Ultraloc (das ist das leimfreie Verlegesystem von Tarkett Sommer, Anm. der Redaktion) sind wir hier auf einem sehr guten Weg und haben einerseits viele neue Kontakte knüpfen und andererseits die Position bei angestammten Kunden stärken können.

Dabei kommt uns zu Gute, dass durch die neue Leimlos-Generation der Markt teilweise neu verteilt wird - das heißt, die Kunden suchen neue Lieferanten und gehen dabei sehr gezielt vor. Noch nie wurde so viel verglichen, noch nie sind die Produkte so genau unter die Lupe genommen worden, wie das momentan der Fall ist. Das ist eine interessante und für uns durchaus positive Entwicklung, weil wir uns mit unseren Leimlos-Produkten jedem Vergleich stellen können.

Wobei sich im Markt zwei Strömungen bilden, was die Akzeptanz der Klick-Produkte angeht: Absolute Befürworter, die am liebsten komplett auf leimfrei umstellen würden und "Abwarter", die sich höchstens über eine Kommission an das Thema herantasten.

BTH: Was für ein Potenzial haben die Leimlos-Systeme? Was für einen Marktanteil könnten sie mittelfristig erreichen?

Wendel: Bis zu 70 %. Die meisten Kunden glauben - selbst, wenn sie zur Zeit noch vorsichtig sind -, dass sich die Marktbedeutung ähnlich wie bei Laminat entwickeln wird. Sicher ist die leimlose Verlegung ein Thema, das momentan in Deutschland am meisten Fuß fasst, bzw. in den deutschsprachigen Ländern. In den anderen europäischen Ländern sind wir noch lange nicht so weit wie hierzulande.

Wobei wir beide Strömungen unterstützen. Wir bieten nach wie vor auch unser komplettes Leimsortment an, das heißt, der Kunde hat bei uns die freie Wahl und kann sogar unsere Ultraloc-Produkte traditionell verleimen.

BTH: Wieviel teurer sind die Leimlos-Produkte als herkömmliche?

Wendel: Da kann ich nur für Tarkett Sommer reden. Wir haben bei den Hauptprodukten die Preisgestaltung fast gleich gegenüber der Leimware gehalten, nur bei einigen Artikeln gibt es geringfügige Unterschiede.

BTH: Wo ist die Wertschöpfung besser?

Wendel: Bei den Leimprodukten. Aber man muss natürlich den Produktmix insgesamt sehen, denn im Leimbereich haben wir bestimmte Produkte in großen Mengen verkauft, die weniger rentabel sind als das neue Ultraloc-Sortiment.

Wobei der Preisverfall bei den klassischen Leimprodukten schon bedenklich ist. Und unserer Meinung nach auch nicht gerechtfertigt, weil das Produkt keine Verschlechterung erfahren hat.

BTH: Aber der Preisverfall resultiert doch nicht allein aus dem Aufstieg der leimfreien Systeme, sondern ist auch ein Problem der Überkapazitäten.

Wendel: Bei uns nicht. Deshalb können wir diese mangelnde Preisdisziplin auch nicht nachvollziehen. Wir haben uns kapazitätstechnisch sehr gut auf die Marktlage ausgerichtet, haben auch kein überfülltes Lager - im Gegenteil: wir müssen schauen, dass wir mit der Produktion nachkommen.

BTH: Vor gar nicht so langer Zeit waren Ihre Kapazitäten offenbar nicht so gut austariert. Da hatten Sie arge Lieferprobleme...

Wendel: Das stimmt, das waren vor allem Lieferprobleme im Bereich Ahorn und auch aufgrund von Produktionsengpässen. Das ist aber längst behoben. Wir haben neue Kapazitäten geschaffen, die auch noch Reserven bieten

BTH: Wie hoch sind Ihre Kapazitäten denn jetzt?

Ericsson: Wir kommen auf ein Gesamtvolumen von 6 bis 6,5 Mio. qm und könnten dies leicht noch um 30 bis 40 % steigern.

BTH: Sie haben vorhin kurz den A-Service für A-Kunden angesprochen. Was muss ich mir darunter vorstellen?

Wendel: Wir haben hier in Deutschland mit unserer kompakten Organisation den Vorteil, dass wir sehr beweglich und sehr schnell agieren können und die Informationen kurzfristig vom Markt und zum Markt transportieren können. Auch pflegen wir einen kurzen Draht zum Kunden, können ihn intensiver betreuen und pflegen und uns mehr Zeit für unsere strategischen Partner nehmen, ohne die anderen aus den Augen zu verlieren.

BTH: Wie viele A-Kunden streben Sie in Deutschland an?

Wendel: Maximal 100.

BTH: Denken Sie dabei auch ein Leit- oder Stützpunkthändler-Konzept?

Wendel: Nein. Es hat in der Vergangenheit einzelne Ansätze gegeben, die wir nicht verändern, aber auch nicht ausbauen wollen. Wobei wir selbstverständlich darauf achten, dass es nicht zu viele geographische Überschneidungen gibt.


Tarkett Sommer - die Holzboden-Aktivitäten Europa

Umsatz in Deutschland 2001: 24,2 Mio. EURO
Umsatz Holzböden Europa gesamt 2001: 152 Mio. EURO
General Manager: Per Ericsson
Vertriebsleitung Deutschland: Sebastian Wendel
Verkaufsleitung: Jürgen Seif, Heinz Wilhelmi
Sortiment: Mehrschichtparkett Schiffsboden und Landhausdielen, zweischichtige Einzelstäbe, Designparkett, Furnierböden, Sportparkett
Vertrieb in Deutschland über:
Tarkett Sommer Vertriebs GmbH & Co. KG
- Bereich Handel -
Tel: 0 62 33 / 810
Fax:06233/811618
www.tarkett-sommer.com

Vertrieb in Deutschland: Marke Tarkett über traditionellen Handel - Bodenbelagsgroßhandel, Holzgroßhandel, Holzfachhandel. Marke Sommer über
sogenannte moderne Vertriebsformen wie Ketten, Baumärkte, Discounter
Werke: 5 in Schweden, Frankreich und Polen
Hanaskog, Schweden: Zentrale der europäischen Parkettaktivitäten, Produktion 14, 20 und 22 mm Mehrschichtparkett
Broby, Schweden: Produktion 10, 11,5 und14 mm Mehrschichtparkett, Furnierböden
Näsum, Schweden: Sägewerk,Produkte hauptsächlich Eiche und Buche
Joinville, Frankreich: Produktion zweischichtige Parkettstäbe
Orzechowo, Polen: Produktion Nutzschichten


Tarkett Sommer - das Sortiment

1. Furnierboden Viva

Stärken: 8,5 und 11,5 mm
Aufbau: 0,6 mm Furnier bzw. 2,2 mm Edelholz-
Nutzschicht, HDF-Mittellage, Holz-Unterschicht
Format: 190 x 1.220 mm
Oberfläche: wahlweise endversiegelt mit lösemittelfreiem Proteco-Lack oder endgeölt mit Proteco Natur-Öl
Verlegung: leimfrei mit Ultraloc-Verriegelungssystem
Holzarten: bei 8,5 mm 10, bei 11,5 mm 4

2. Fertig-/ Mehrschichtparkett Tarkett

Stärken:
- 10 mm mit 2,2 mm Nutzschicht: Schiffsboden
- 14 mm mit 3,6 mm Nutzschicht: Schiffsboden, Landhausdiele und Landhausdiele 2-Stab
- 20 mm mit 6 mm Nutzschicht:Schiffsboden
- 22 mm: Schiffsboden
Aufbau: Edelholz-Nutzschicht, Mittellage und Unterschicht Fichte/Tanne
Formate: Diverse
Oberfläche: wahlweise endversiegelt mit lösemittelfreiem Proteco-Lack oder endgeölt mit Proteco Natur-Öl
Verlegung: schwimmend, voll verkleben, zum Teil leimfrei mit Ultraloc-Verriegelungssystem
Holzarten: 10 in 4 Sortierungen

3. Designparkett Tarkett

Stärken: 14 mm
Aufbau: Edelholz-Nutzschicht, Mittellage und Unterschicht Fichte/Tanne
- Quadratische Tafeln
- Viertellängen
- Rahmen, Streifenrahmen
Oberfläche: endversiegelt mit lösemittelfreiem Proteco-Lack
Verlegung: voll verkleben
Holzarten: 4

4. Zweischicht-Einzelstab-Parkett Livonett und Excellence

Stärken: Livonett 10 und 11 mm; Excellence 11 mm
Aufbau: Livonett 3,6 bzw. 5 mm Nutzschicht, Träger 5 lagiges Multiplex-Birkensperrholz, Excellence 3,6 mm Nutzschicht
Format: Livonett 70 x 490 mm, 70 x 700 mm; Excellence 90 x 1.000 mm
Oberfläche: endversiegelt mit lösemittelfreiem Proteco-Lack
Verlegung: voll verkleben
Holzarten: Livonett 7 in 3 Sortierungen; Excellence 7 Holzarten in 2 Sortierungen
aus BTH Heimtex 05/02 (Wirtschaft)