Der Holzring Handelsgesellschaft mbH für Holz, Platten und Baustoffe
Holzring-Geschäftsführer Rützel: "Auch Lieferanten sind Kunden"
Neben vielen aktuellen Aufgaben hat der Holzring auch die Zukunft im Visier: Neue Vertriebsformen rücken vor, der Wettbewerb wird schwieriger. Um im Wettbewerb zu bestehen, müsse der Großhandel wachsen, erklärte Geschäftsführer Olaf Rützel beim Holzring-Forum 2006 in Bremen. Aber das allein genüge nicht: Es gehe auch um mehr Attraktivität, sowohl gegenüber den Abnehmern als auch gegenüber den Lieferanten.
In seiner Einleitung brachte es Rützel auf den Punkt: "Auch Lieferanten sind Kunden." Nachfolgend seine weiteren Ausführungen weitgehend im Wortlaut:
"In der klassischen Lehre wird der Großhandel vornehmlich als Spezialist zur Senkung von Transaktionskosten gesehen. Obwohl dieser Ansatz heute grundsätzlich nichts an Aktualität verloren hat, lässt sich die Funktion von Großhändlern speziell in der Holzbranche nicht mehr auf diesen alleinigen Aspekt reduzieren. Die Rahmenbedingungen für den deutschen und natürlich auch europäischen Großhandel ändern sich rasant. Die Komplexität von neuen Technologien, Produkten und Märkten nimmt zu und die neuen Möglichkeiten der Kommunikations- und Informationstechnologie erhöhen die Preis- und Leistungstransparenz.
Neue Zielgruppen
Unabhängig von den neuen Anbietern aus anderen Branchen oder Vertriebsfeldern ändert sich auch die Abnehmerstruktur des Holzgroßhandels rapide. Neue Zielgruppen (werkstattlose Handwerker, Bodenbelagshandel, Trockenbau und im Prinzip alle bauverwandten Gewerke bis hin zum Maler) fordern eine teilweise neue Ausrichtung des Holzgroßhandels, die eben nicht mehr nur mit der Spezialisierung zur Senkung von Transaktionskosten beschrieben werden kann.
Aufgabenerweiterung bis zur Industriefähigkeit
Es gibt heute keine Funktion mehr, die der Holzgroßhändler "besitzt", sondern es gibt nur die Bündelung von Aufgaben auf dem Weg der Ware vom Produzenten zum Endabnehmer. Welche Unternehmen künftig diese Funktion erfüllen, ist völlig offen. Alle konkurrieren mit allen, und nur die Leistung im Wettbewerb entscheidet.
Insbesondere in einer Handelskooperation wie dem Holzring, in dem traditionell sehr große Holzhändler zusammengeschlossen sind, diskutiert man seit längerem die Eignung zur Industriefähigkeit. Industriefähigkeit kann heute sowohl als wesentlicher Aspekt im Beschaffungsmarketing, aber auch für das Absatzmarketing in Anspruch genommen werden. Industriefähigkeit auf der Beschaffungsseite bedeutet, Aufgaben in den Bereichen Logistik, Transport, Vordisposition, Lagerhaltung, Einkaufsbündelung und Finanzierung so zu gestalten, dass für den Lieferanten mehr nachhaltiger Nutzen bzw. Wert geschaffen wird als es dieser alleine oder über alternative Vertriebskanäle könnte. Auch für Lieferanten sind das Image des Wiederverkäufers, das erworbene Vertrauen, die Zuverlässigkeit sowie kostengünstige und wertschaffende Dienstleistungen von großer Bedeutung. In diesen Punkten manifestiert sich die Attraktivität des Holzgroßhandels gegenüber der Industrie. Hier definiert sich Industriefähigkeit.
Industriefähigkeit bedeutet auch, dass ein Großhändler in seinem Marktgebiet (auch überregional) eine möglichst hohe Marktdurchdringung für die Produkte, Dienstleistungen und Sortimente seiner Lieferanten erzielt. Wichtig ist dabei eine ausgewogene Markenpolitik zwischen Herstellermarke und Eigenmarke.
Mehrwert schaffen für Lieferanten und Kunden
Kunden des Großhandels sind Lieferanten und Abnehmer gleichermaßen. Die Lieferanten sind Kunden für seine Vertriebsdienstleistung und die Abnehmer sind Kunden für seine Marktleistungen. Nur wenn es gelingt, sowohl für die Lieferanten als auch für die Abnehmer und natürlich auch für sich selbst einen genügenden Mehrwert zu schaffen, kann der Holzgroßhandel auf Dauer erfolgreich sein. Das heißt: Für die Kunden (Lieferanten und Abnehmer) müssen die Leistungen permanent spürbar verbessert und die Kosten gesenkt werden.
Der Holzgroßhandel muss sich dem härteren Wettbewerb stellen und überlegen, wie er für Abnehmer und Lieferanten bleibende Werte schaffen kann. Hier ein Großraster für sein Vorgehen:
- Unter Einbeziehung von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und auch externen Beratern sind zuerst die Stärken und Schwächen des Unternehmens möglichst objektiv analysieren und beurteilen. Die Unternehmensanalyse ist die Basis für Entscheidungsfindungen.
- Der nächste Schritt ist das kritische Hinterfragen der eigenen Wertschöpfung. Stimmt für die erbrachte Marktleistung noch das Kosten-Nutzen-Verhältnis und beinhaltet die heutige Tätigkeit auch zukünftiges Wertschöpfungspotenzial? Besteht für die angebotenen Leistungen auch zukünftig ein Bedarf bei Abnehmern und Lieferanten? Reicht der für Abnehmer und Lieferanten erarbeitete Mehrwert, um in Zukunft einen akzeptablen Ertrag zu erwirtschaften und wettbewerbsfähig zu bleiben?
- Neben der internen Analyse ist es wichtig, auch Kundenbedürfnisse richtig zu erkennen. Muss in komplexe Problemlösungen investiert werden, müssen neue Märkte erschlossen werden oder soll es ein Zurückbesinnen auf die Kernkompetenzen geben?
- Enorm wichtig ist für den Holzgroßhändler, sich mit seinen Leistungen gegenüber Abnehmern und Lieferanten eindeutig zu profilieren. Nur mit Angeboten, die bei Mitbewerbern schwer zu finden sind, lässt sich ein langfristig sicherer Ertrag realisieren. Vergleichbare Produkte und Dienstleistungen tendieren in der Umsatzrendite gegen Null.
Der Generalist, der von allem ein bisschen anbietet, wird es künftig schwer haben. Mehr Erfolg verspricht die Spezialisierung auf bestimmte Dienstleistungen und Sortimente, ausgerichtet auf die besonderen Bedürfnisse der entsprechenden Zielgruppe.
Spezialisierung mit einer hauseigenen Marke, die ergänzend zur Herstellermarke für bestimmte Marktsegmente eingesetzt wird, stärkt das eigene Unternehmensprofil und die Ertragskraft. Auch hier muss ein Holzgroßhändler industriefähig sein.
Holzgroßhändler müssen sich heute auch fragen, ob sie sich über das Internet an ihre Abnehmer wenden wollen oder ob sie dieses Feld Konkurrenten oder Lieferanten überlassen.
Aufgrund der vorhandenen immensen Substanz im deutschen Holzgroßhandel wird sich nicht jeder Händler dem betriebswirtschaftlichen Veränderungsdruck beugen und sich neu orientieren. Doch der Druck auf bewährte Strukturen wird nicht nachlassen. Der moderne Holzgroßhändler ist auf dem Weg vom Vermittler zum Problemlöser, vom Händler zum integralen Dienstleister und vom Warenverteiler zum Logistiker. Die zukünftige Herausforderung besteht darin, traditionelle Tätigkeiten zu erweitern und zukunftsträchtige Funktionen sowie neue Aufgabengebiete zu integrieren. Der Holzgroßhändler muss sowohl seinen Abnehmern als auch seinen Lieferanten eine eindeutige positive Identität vermitteln. Er muss Kundenmanagement für Abnehmer und Lieferanten betreiben."
aus
Parkett Magazin 06/06
(Marketing)