Interview mit Angelique Renkhoff-Mücke, Warema
"Wir sehen uns als Problemlöser, der alles aus einer Hand bietet"
Neue Ideen realisieren und sich auf wandelnde Marktbedingungen einstellen war immer ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Sonnenschutz-Hersteller Warema. BTH Heimtex-Redakteurin Petra Lepp-Arnold sprach mit Angelique Renkhoff-Mücke, Vorsitzende des Vorstandes der Warema Renkhoff Holding, über anvisierte Exportaktivitäten, Strategien in der Produkt- und Markenpolitik sowie Zukunftsvisionen.
BTH Heimtex: Frau Renkhoff-Mücke, Ihr Vater hat Warema vor 50 Jahren gegründet, in den Zeiten des so genannten deutschen Wirtschaftwunders. Wie steht das Familienunternehmen im Jubiläumsjahr 2005 da?
Angelique Renkhoff-Mücke: Konsequente Kundenorientierung, einzigartige Wertschöpfungstiefe und -breite, hohe Qualitätsstandards sowie eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit haben uns als Komplettanbieter bei stetigem Wachstum an die europäische Spitze gebracht. Wir sehen uns als Problemlöser, der alles aus einer Hand bieten kann; verknüpft mit einer sehr hohen Flexibilität, die sich durch unsere Wertschöpfungstiefe sicherstellen lässt. Und wir haben eine Mannschaft von Mitarbeitern, die mit ihrem jahrzehntelang erworbenen Know-how den Kunden kompetent zur Seite stehen können.
Gleichwohl stellt das Jubiläumsjahr 2005 eine große Herausforderung für die Warema Gruppe dar. Der Markt in Deutschland ist im Moment sehr schwierig, weil wir seit etwa zehn Jahren rückläufige Zahlen in der Baukonjunktur haben. Das schlägt sich auch im Sonnenschutzmarkt nieder. Verstärkt wird das Ganze durch die Konsumzurückhaltung und Verunsicherung der Endkunden, so dass wir in vielen Produktbereichen von einem schrumpfenden Markt sprechen können. Das hat zur Folge, dass das vorhandene Marktvolumen heißer umkämpft wird denn je, was in manchen Segmenten zu einem extremen Preisverfall führt.
In den letzten Jahren gingen Wettbewerber im Außensonnenschutz insolvent, haben aber aus der Insolvenz heraus fortbestanden. Dadurch ist keine Marktbereinigung eingetreten. Es sind drei große Unternehmen, die extrem kämpfen, um im schrumpfenden Markt wieder Fuß zu fassen. Das erschwert natürlich die ganze Situation.
BTH Heimtex: Soll die neu gegründete Gesellschaft Warema International als Plattform für die Abwicklung von Auslandsaktivitäten unter Umständen aus dem Dilemma führen?
Renkhoff-Mücke: Ja, denn der anhaltend stagnierende Inlandsmarkt liefert nach meiner Einschätzung in den nächsten Jahre nicht das nötige Wachstumspotenzial, das wir brauchen. So müssen wir immer mehr dazu übergehen, das Wachstum in den Exportmärkten zu generieren. Um letztendlich eine Risiko-Minimierung zu betreiben, haben wir Warema International als Basis für künftige Auslandsgesellschaften gegründet. Neben den europäischen Märkten wollen wir unsere Exportaktivitäten auch auf ferne Länder ausdehnen. Im Moment sind wir dabei, die Märkte in den USA und Asien, speziell China und Dubai, näher zu untersuchen. Das sind jedoch Länder, die eher langfristig angedacht sind, weil man dort nicht innerhalb von kurzen Zeitphasen den Einstieg erlangen kann. Der Schwerpunkt unseres Betätigungsfeldes liegt nach wie vor ganz klar in Europa. In unserem größten Exportmarkt Österreich planen wir die Gründung einer eigenen Gesellschaft. Auch in der Schweiz ist Warema sehr stark vertreten. Präsent sind wir außerdem in Frankreich, Spanien, den Benelux-Ländern, den angrenzenden osteuropäischen Ländern und Nordeuropa.
BTH Heimtex: Viele Hersteller in der Sonnenschutz-Branche lassen ihre Produkte inzwischen kostengünstig in Osteuropa oder Asien fertigen. Haben Sie Warema International auch deshalb gegründet, weil eine Verlagerung der Produktion ins Ausland geplant ist?
Renkhoff-Mücke: Nein, wir beabsichtigen auf jeden Fall grundsätzlich die Produktion an unseren Standorten Marktheidenfeld und Limbach zu behalten und von hier aus auch die Absatzmärkte im europäischen Ausland zu beliefern.
BTH Heimtex: Einmal abgesehen von der Ausweitung Ihrer Exportaktivitäten - denken Sie auch über externes Wachstum durch Akquisitionen nach?
Renkhoff-Mücke: Wir sind immer aus eigener Kraft gewachsen und das wird auch in Zukunft unsere Strategie sein. Man kooperiert natürlich lose mit dem einen oder anderen Unternehmen. Allianzen waren beispielsweise ein Thema mit dem Fassadenhersteller Wicona, um sich gegenseitig abzustimmen. Die Fassade und der Sonnenschutz sind in modernen Gebäuden untrennbar miteinander verbunden und müssen harmonieren.
BTH Heimtex: Als Vollsortimenter bieten Sie die komplette Palette außen- und innenliegender Sonnenschutz-Systeme. Mit welchen Schwierigkeiten haben Sie als Allrounder zu kämpfen? Gibt es Produktgruppen, die auf dem Prüfstand stehen?
Renkhoff-Mücke: Warema muss sich in all diesen einzelnen Produktbereichen immer mit Spezial-Herstellern messen, die sich ausschließlich auf ein Produkt konzentrieren können. Ob das im Markisenbereich oder innenliegenden Sonnenschutz ist - unsere Wettbewerber sind immer Spezialanbieter. Dadurch sind die Anforderungen, denen wir uns tagtäglich stellen müssen, wesentlich höher. Das kann natürlich zur Folge haben, dass man nicht jeden Produktbereich mit der gleichen Intensität forcieren kann. Man muss stets wechselnde Prioritäten setzen. Wir überprüfen ab und an unser Produktportfolio. Aber so, wie es sich momentan darstellt, werden wir daran festhalten. Es gibt keine Überlegungen, irgendeinen Bereich einzustellen.
BTH: Wie haben sich denn die einzelnen Produktgruppen bei Warema entwickelt? Gibt es Gewinner und Verlierer?
Renkhoff-Mücke: Es gibt bei uns zwei Produktgruppen, die miteinander im Wettbewerb liegen. Das ist der textile Fassadensonnenschutz und der außenliegende Sonnenschutz mit Raffstoren und Außenjalousien. Beide Gruppen werden zu einem großen Teil in Objekte eingebaut und es hängt von der Mode der Architekten ab, ob gerade der textile Sonnenschutz oder der Raffstore bevorzugt wird. Derzeit gibt es eine stärkere Phase beim Raffstore, auch in Bezug auf das Thema Tageslichtnutzung und Beschattung von Bildschirmarbeits-plätzen.
Der Markisenbereich ist sehr wetterabhängig. Das letzte Jahr verlief durchwachsen während der heiße Sommer 2003 für alle ein Bomben-Markisenjahr war. Ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen wir in der Rollladen-Sparte, bei Insektenschutz und im Innensonnenschutz-Bereich. Hier haben sich die einzelnen Produktgruppen in den letzten Jahren generell verschoben. Faltstore kommt im Moment stärker, während Vertikallamellen eher schwächer werden. Die Jalousie ist auf einem stabilen Level.
BTH Heimtex: Die Kernkompetenz von Warema ist der technische Sonnenschutz. Demzufolge werden Sie in der Branche eher als Spezialist für Außenbeschattungs-Systeme wahrgenommen. Zuvor erwähnten Sie, dass Warema im Bereich innenliegender Sonnenschutz gewachsen ist. Konnten Sie davon profitieren, dass bedeutende Innensonnenschutz-Hersteller vom Markt verschwunden sind, sei es durch Insolvenzen oder Schließungen?
Renkhoff-Mücke: Der Markt im innenliegenden Sonnenschutz-Bereich ist anspruchsvoll und es besteht nach wie vor eine harte Wettbewerbssituation. Aber man kann sich durch Leistung, Qualität und einem entsprechenden Sortiment behaupten. Der Preis ist freilich auch hier ein ganz wichtiges Thema. In der preisaggressiven Schiene gibt es einen starken Druck durch osteuropäische Hersteller.
Wir haben unser Innensonnenschutz-Programm in Zusammenarbeit mit der Designerin Mara Michel deutlich attraktiver und designorientierter gestaltet, um dem Fachhandel und Innenausstatter ein wettbewerbsfähiges Angebot zu bieten. Wenn Sie die Darstellung unserer jetzigen Kollektion mit der der Aufmachung vor vier, fünf Jahren vergleichen, dann gibt es schon eine Abweichung vom eher sachlichen Erscheinungsbild, das mehr auf unsere Kernzielgruppe Handwerk ausgerichtet war. Das neue Sortiment präsentiert sich emotionaler, ästhetischer und stellt die Produkte im Kontext von Farb- und Wohnwelten dar.
BTH Heimtex: Ist Markenpolitik für Sie ein Thema?
Renkhoff-Mücke: Wir haben eine Gesamtmarke, eine Unternehmensmarke. In der Branche technischer Sonnenschutz, bei Architekten und Planern ist Warema sehr wohl eine Marke. Da sind wir Marktführer und stehen für Qualität, guten Service und sehr viel Leistung.
Beim Endkunden versuchen wir die Marke nur als unterstützendes Element für den Fachhändler aufzubauen. Wer eine Marke beim Endverbraucher etablieren will, braucht einen riesengroßen Etat. Warema tritt ja nicht direkt an den Endkunden heran, sondern vermarktet sein Sortiment über den Fachhändler. Demnach muss es immer eine Kombination sein zwischen dem Placement des Fachhändlers als Partner des Endkunden und dem Produkt Warema.
BTH Heimtex: Wo soll Warema in 5 Jahren stehen?
Renkhoff-Mücke: Zielsetzung ist ganz klar, das Unternehmen in den nächsten Jahren weiter wachsen zu lassen und es noch internationaler aufzustellen. Der Anteil des Exportumsatzes soll in fünf Jahren deutlich über einem Viertel des Umsatzes liegen.
aus
BTH Heimtex 09/05
(Wirtschaft)