Forbo wieder mit voller Kraft voraus
"Wir wollen die Position als Weltmarktführer Linoleum ausbauen"
Bei Forbo werden nach dem gescheiterten Übernahmeversuch durch die britische Investmentgesellschaft CVC und und den Wachwechsel in Verwaltungsrat und Management jetzt alle Kräfte darauf konzentriert, die durch das Auktionsverfahren unterbrochene Restrukturierung fortzusetzen und den Konzern gleichzeitig auf die Zukunft auszurichten. CEO This E. Schneider kündigte in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung massive Expansion an und schloss auch Übernahmen nicht aus. Deutschland-Geschäftsführer Martin Thewes erläuterte gegenüber BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Weidt-Steinert die Strategie, die Forbo bei Bodenbelägen und vor allem speziell als Marktführer bei Linoleum fährt.
Der 29. April 2005 ist ein wichtiges Datum in der Firmengeschichte von Forbo: Auf der Generalversammlung an diesem Tag wurde endgültig der Schlussstrich unter das unerfreuliche Kapitel Übernahme gezogen und der neue Verwaltungsrat inthronisiert. Bereits einen Monat zuvor war This E. Schneider zurück an die Konzernspitze geholt worden. Seitdem haben die Schweizer wieder den Vorwärtsgang eingelegt, die durch die Turbulenzen des Auktionsverfahrens unterbrochene Restrukturierung fortgesetzt und sind in allen Geschäftsbereichen und auf allen Ebenen dabei, das Unternehmen auf die Zukunft auszurichten. Nachdem nicht mehr das Damoklesschwert eines möglichen Verkaufs über der Mannschaft schwebt, kann sie auch wieder befreiter agieren. Zugleich haben Verwaltungsrat und Management den Weg dafür frei gemacht, sich für den immer schwieriger werdenden Markt und den Wettbewerb zu rüsten.
"Die Branche wird sich noch weiter konsolidieren", ist Deutschland-Geschäftsführer Martin Thewes sicher, "und wir wollen aktiv daran teilhaben." Nachdem der Konzern in den Jahren zuvor "nur gemolken worden sei", würden jetzt auch Investitonen für eine Expansion bereit gestellt - "in Produkte, Werke und auch Akquisitionen". Und Forbo habe "gute Ideen und Projekte in der Pipeline", versichert Thewes. Vier Zielrichtungen würden verfolgt, mit denen man profitables Wachstum generieren will: Erstens strebt Forbo führende Position bei elastischen Objektbelägen in Europa an - und denkt zu diesem Zweck auch über eine Ergänzung des Produktportfolios mit Homogen-Belägen nach - "das könnte in Form einer Übernahme geschehen, eines Joint Ventures oder einer strategischen Allianz", heißt es im schweizerischen Baar, wohin die Zentrale inzwischen von Eglisau umgezogen ist. Zweitens will man sich in Westeuropa bei hochwertigen CV-Belägen an der Spitze behaupten und diese Stellung möglichst noch festigen. Drittens will man den Linoleum-Markt in Nordamerika und Asien auf- und ausbauen und ihn auch anführen und viertens will man im privaten Wohnbereich mit Linoleum noch stärker Fuß fassen.
Linoleum kommt also in der Strategie von Forbo eine ganz wichtige Rolle zu. Nicht nur, weil die Gruppe hier mit einem Marktanteil von 65% weltweit Marktführer ist, sondern auch, weil man in diesem Produkt noch viel Potenzial sieht - beispielsweise in den USA, wo der Absatz mit derzeit 3 Mio. qm noch deutlich ausbaufähig erscheint. "Wir glauben daran, dass wir ihn in fünf Jahren verdoppeln können." In Westeuropa sei der Markt dagegen weitgehend gesättigt, "hier können wir nur Marktanteile vom Wettbewerb oder von anderen Bodenbelägen gewinnen", weiß Thewes. Weitere Chancen sieht er in der Erschließung neuer Segmente wie Hotellerie, Gastronomie und Büros. "Wenn wir nur bei den herkömmlichen Einsatzbereichen bleiben, kommen wir nicht weiter."
Auf Produktionsseite sind bereits alle Voraussetzungen für eine Expansion bei Linoleum geschaffen worden, die beiden Werke befinden sich auf dem neuesten technischen Stand. Im schottischen Nairn hat man zwar die Fertigung von CV-Belägen eingestellt, Linoleum wird dort jedoch unverändert weiter hergestellt. Erst vor kurzem wurden neue Öfen in Betrieb genommen, damit sind es insgesamt zwanzig und ein Kalander. Während Nairn weitgehend auf Nischenprodukte wie Linoleum-Fliesen, fertige Bordüren, die mit Aquajet geschnitten werden oder die Duval Collection spezialisiert ist, laufen im niederländischen Krommenie auf drei Kalandern die Mengenprodukte wie Marmoleum, Artoleum und Uni Walton. Außerdem sind hier zentrale Funktionen wie Design, R&D, Einkauf, Qualitätssicherung und Supply Chain sowie das neue, leistungsfähige, vollautomatisierte Zentrallager untergebracht, das 100.000 Rollen fasst und indem bereits auch 80% der Nairn-Produktion eingelagert sind. Damit könne eine Lieferfähigkeit von 99,7% garantiert werden, sagt Paul de Ruiter, Operations Director Linoleum.
Nach internen Umstrukturierungen in den letzten Jahren, bei denen die Vertriebs- und Produktionseinheiten entflochten wurden, ist das Werk inzwischen autark. Die einzelnen Vertriebsgesellschaften wie die von Thewes geführte deutsche Tochter kaufen ihre Sortimente dort ein, sind aber durchaus in die Entwicklung der Produkte und Kollektionen eingebunden, um Markt- und Kundennähe zu gewährleisten.
Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist etwa das neue, Forbo-eigene Topshield-Finish, dass eine Einpflege überflüssig macht, die Unterhaltskosten reduziert und Linoleum damit ein ähnliches Reinigungs- und Pflegeverhalten wie PU-beschichtetem PVC verleiht. Innovativ auch der Multicolor-Schmelzdraht, ebenfalls ein bislang auf dem Markt einzigartiges Produkt. Davon erhofft man sich kräftige Impulse. Erste Erfolge zeichnen sich schon ab.
Überhaupt habe Forbo bei Linoleum noch einiges in der Schublade, lässt Willem J.F. Burmanje, Direktor Flooring Marketing, durchblicken. "Schließlich müssen wir unserer Verantwortung als Marktführer gerecht werden". So kündigte er "weitere innovative Ausrüstungen" an, außerdem sei die neue Artoleum-Kollektion in Arbeit, die 2007 auf den Markt kommen soll.
Obgleich ein gesättigter, übersetzter Markt, von Konjunkturproblemen im Allgemeinen und strukturellen Problemen im Besonderen geplagt, bleibt Deutschland auch künftig einer der Schlüsselmärkte. Für den Handelsbereich heißen die Kernpunkte "mit Neuentwicklungen wachsen" und "klare Konzentration auf den Fachhandel". "Unsere bekannten Marken Novilon, Novilux und Marmoleum bleiben ausschließlich dem Fachhandel vorbehalten", betont Thewes, "es gibt keinerlei Markenaktivitäten im DIY-Bereich mehr." Forbo hatte sich vor einiger Zeit mit CV-Belägen in dieser Richtung vorgetastet, nach eingehender Analyse jedoch wieder den Rückzug angetreten. "Wir konzentrieren uns lieber auf unsere Stärken: Qualitativ hochwertige Produkte für den Fachhandel und den Fachhandwerker und die Unterstützung des Großhandels bei wertorientierter Verkaufsförderung".
Bei den Neuentwicklungen liegt im Handelsbereich ein Schwerpunkt auf Linoleum. Hier bringt Forbo mit Marmoleum Easyloc einen weiteren, leimfrei zu verlegenden Linoleum-Fertigboden, der preislich unter Marmoleum Click angesiedelt ist und damit neue Käuferschichten erschließen soll. Marmoleum Easyloc ist mit dem Alloc-Klickmechanismus ausgestattet, als Paneel in 9 Farben im Palettenbezug erhältlich und bewegt sich im VK-Preis um 30 EUR. Außerdem wird das Thema Parkett wieder forciert. Thewes realistisch: "Wir werden mit Parkett keine großen Volumina bewegen, sind aber überzeugt, dass wir mit unserer Mannschaft die nach wie vor größte Außendienst-Mannschaft im Bereich Handwerk und Fachhandel ist, genügend Aufmerksamkeit für das Produkt wecken können."
Im Objektbereich steht die jüngst eingeführte neue Linoleum-Kollektion Marmoleum Global 2 im Focus, für deren Vermarktung die Ansprache von Architekten intensiviert wird, um so die Großhandels- und Objekteurs-Kunden zu unterstützen. Dafür wurde extra eine Road-Show quer durch Deutschland organisiert, bei der bei sechs Veranstaltungen über 2.000 Architekten das "in Design und Farben breiteste Linoleum-Programm" nahegebracht wurde. Und dann befindet sich die Designbelags-Kollektion in den Startlöchern, die Anfang 2006 offiziell Premiere feiern soll.....
Forbo in Zahlen und Fakten
Forbo International SA
Lindenstrasse 8
Postfach 1041
CH-6341 Baar
Telefon +41 58 787 25 25
Fax +41 58 787 20 25
E-mail info@forbo.com
www.forbo.com
Vorstand: This E. Schneider, Vorsitz und Delegierter des Verwaltungsrates; Gerold Zenger, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Corporate Services; Matthias Huenerwadel, Transportbänder; Tom Kaiser, Bodenbeläge; Michel Riva, Klebstoffe; Jörg Riboni, CFO
Mitarbeiter: 5.540
Netto-Umsatz 2004: 1,05 Mrd. EUR (2003: 1,051)
EBITDA (Operatives Ergebnis): 92,7 Mio. EUR vor Sonderabschreibungen (103,0), 81,7 Mio. EUR nach Sonderabschreibungen
EBIT: 36,2 Mio. EUR vor Sonderabschreibungen (39,7), -28,8 Mio. EUR nach Sonderabschreibungen
Konsolidierter Verlust: -101,9 Mio. EUR (10,6)
freier Cash-Flow: 27,9 Mio. EUR
Eigenkapitalquote: 38,2 % (36,6%)
Umsatz nach Regionen:
Deuschland: 137,8 Mio. EUR = 13,1%
Benelux: 131 Mio. EUR = 12,5%
Frankreich: 116,8 Mio. EUR = 11,1 %
Restliches Europa: 329,9 Mio. EUR = 31,4%
Nord-,Zentral- und Südamerika: 251,8 Mio. EUR = 23,9%
Asien, Australien, Afrika: 83,2 Mio. EUR = 8%
Geschäftsbereiche
Bodenbeläge: Einer der drei weltweit größten Hersteller elastischer Beläge, präsent in Objekt- und -Wohnbereich, in Europa, Nordamerika, Asien, Weltmarktführer bei Linoleum mit 65% Marktanteil
Klebstoffe: Einer der zehn weltweit größten Hersteller, präsent in Europa, Nordamerika
Transportbänder: Einer der drei weltweit größten Hersteller, präsent in Europa, Nordamerika, Asien
Forbo ist weltweit präsent in 31 Ländern 30 Produktionsstätten und 46 Marketingorganisationen
Der Geschäftsbereich Bodenbeläge
Umsatz 2004: 477,7 Mio. EUR (489,5)
EBITDA vor Sonderabschreibungen: 51,2 Mio. EUR
EBIT vor Sonderabschreibungen: 27,5 Mio. EUR
Mitarbeiter: 2.468
Werke und Vertriebs-gesellschaften: 26
Produktionsstätten:
Forbo Nairn, Schottland: Linoleum;
Forbo Parquet, Tibro, Schweden: Parkett;
Forbo Project Vinyl, Göteborg, Schweden: PVC-Objektbeläge Smaragd, Step
Forbo Novilon, Coevorden, Niederlande: CV-Beläge Novilon, Novilux, Noviflor, Kalanderbelag Eternal
Forbo Linoleum, Krommenie, Niederlande: Linoleum;
Forbo Sarlino, Reims, Frankreich: PVC-Objektbelag Sarlon, Nadelfilz Titan, Robust
Forbo Giubasco, Schweiz: PVC-Objektbelag Colorex
Forbo in Deutschland
Forbo Flooring GmbH
Steubenstraße 27
33100 Paderborn
Tel.: 0 52 51/18 03 - 0
Fax.: 0 52 51/18 03 - 2 00
info.germany@forbo.com
www.forbo-flooring.de
Geschäftsführung: Martin Thewes
Umsatz 2004: 60 Mio. EUR
Mitarbeiter: 87
Marketingleitung: Ralf Kunat
Verkaufsleitung Innendienst: Ulrich Manuel
Rechnungswesen: Clemens Bakalana
Regionalverkaufsleiter: Karl-Otto Glockmann, Handel Süd; Barbara Prib, Handel Ost, Objekt Ost; Detlef Rilling: Objekt Süd; Norbert Wurth, Objekt Nord, Handel Nord
Segmentmanager Colorex: Jürgen Fuchs
Segmentmanager Health Care: Hansjörg Langenbach
Segmentmanager OEM/Shops: Bernd Neumann
Leiter Anwendungstechnik: Bernhard Grewing
Umsatzanteil pro
Distributionskanal:
- Großhandel 52,7 %
- Direktkunden (Objekteure, Fachhandel etc): 32,9%
- Industrie: 8,1%
- Märkte: 5,1%
- Sonstige: 1,2%
Schienen
- Objekt: 53%
Zielgruppen: Großhandel, Objekteure, Entscheider
Segmente: Gesundheitswesen, Bildungswesen, Öffentliche Gebäude, Industrie, Ladenbau, OEM
Produkte: Linoleum, Project Vinyl
- Handel/Wohnbereich: 39%
Zielgruppen: Großhandel, Filialisten
Produkte: CV-Beläge (Novilon, Novilux, non branded), Marmoleum Click, Marmoleum Easyloc, Parkett
- Industrie: 8%
aus
BTH Heimtex 11/05
(Wirtschaft)