BEB-Sachverständigentagung in Nürnberg
Spannende Vorträge über aktuelle Themen der Fußbodentechnik
Die BEB-Sachverständigentagung präsentierte sich wieder einmal als eine der interessantesten Fachveranstaltungen der Fußbodenbranche. Ein bunter Mix heißer Themen wie Bemessung von Betonbodenplatten, Schäden an Beschichtungen durch Osmose oder die Einordnung von Wärme- und Trittschallstoffen für Fußbodenkonstruktionen in die neue Dämmstoffnorm bildeten die Grundlage für ausgedehnte, lebendige Diskussionen.
Eine Fachveranstaltung wird umso interessanter, je mehr Praktiker anwesend sind und je mehr Zeit für Diskussionen zur Verfügung steht. Diese Erfahrung bestätigte sich wieder einmal beim jährlichen Sachverständigentreffen in Nürnberg.
Mehr als 140 Fußbodenexperten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren der Einladung des BEB-Arbeitskreises "Sachverständige" gefolgt, um sich über neue Erkenntnisse aus Forschung, Normung und Praxis zu informieren.
Zahlreiche Gutachter für das Estrichleger-, Bodenleger-, Parkettleger-, Fliesenleger und Industriebodengewerbe nahmen teil. Genauso wie Inhaber und Bauleiter namhafter Fachbetriebe, Vertreter des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) und des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik (ZPF) sowie Anwendungstechniker aus der Zulieferindustrie. Arbeitskreis-Obmann und Tagungsleiter Heinz-Dieter Altmann hatte erneut einen bunten Mix spannender und aktueler Vortragsthemen zusammengestellt und ausreichend Spielraum für lebendige Diskussionen eingeplant. Letztere drehten sich in diesem Jahr unter anderem um folgende Fragen:
- Bemessung von Betonbodenplatten
- Harstoffestriche, Hartstoffeinstreuungen, zementäre Beschichtungen
- Schäden an Beschichtungen durch Osmose
- Einordnung von Wärme- und Trittschallstoffen für Fubodenkonstruktionen in die neue Dämmstoffnorm
- Anforderungen an Ausgleichsschüttungen zur Erfüllung der Anforderungen der DIN 18560
- Allgemeine Anforderungen an den Estrich
- Anforderungen aus der Sicht des Parkettlegers
- Anforderungen aus der Sicht des Fliesenlegers
Betonböden im Industriebodenbau
Im ersten Themenkomplex lag der Schwerpunkt auf Industrieböden. Dipl.-Ing. Joachim Schäfer, früherer Mitarbeiter der Bauberatung Zement, referierte zum Thema Bemessung von Betonbodenplatten.
Betonböden im Industriebau sind in erster Linie Verkehrsflächen und gehören fachlich gesehen in den Regelungsbereich des Straßenbaus und sollten wie Betonautobahnen unbewehrt ausgeführt werden. Es gibt jedoch Besonderheiten, die zu beachten sind. Das sind im Normalfall die höhere Einzellastbeanspruchung, häufig die höhere Beanspruchung durch Abrieb und die erhöhten Ebenheitsanforderungen.
Ein Betonboden besteht im Regelfall aus drei in ihrer Tragfähigkeit aufeinander abzustimmenden Schichten; dem anstehenden Erdreich, der Tragschicht und der Fahrbahnplatte. Die Tragfähigkeit des Erdreiches und der Tragschicht sind über den Verformungsmodul Ev2 gemäß Plattendruckversuch nach DIN 18134 zu planen. Auf der Baustelle sind die geforderten Werte durch die Qualitätssicherung nachzuweisen, bevor der Beton eingebaut wird.
Sind der anstehende Boden oder die eingebaute Tragschicht nicht ausreichend tragfähig, kann auch der Betonboden seine Aufgaben nicht dauerhaft erfüllen, bewehrt oder unbewehrt. Eine nachträgliche Instandsetzung ist äußerst kompliziert. Die Betonzusammensetzung (max. w/z-Wert, Mindestzementgehalt, Mindestdruckfestigkeitsklasse) wird definiert über die zu beachtenden Expositionsklassen gemäß DIN EN 206/DIN 1045-2, die der planende Ingenieur festzulegen hat.
Hartstoffestriche und Hartstoffeinstreuungen
Hartstoffe, die für Estriche oder zementäre Beschichtungen verwendet werden, müssen bestimmte Schleifverschleißwerte erfüllen, führte Dr. Rolf Diemer aus. Dabei kommt es nicht darauf an, wie hart das verwendete Hartstoffkorn ist, sondern wie fest das Hartstoffkorn in die Zementmatrix eingebunden ist. Wenn beispielsweise das Hartstoffkorn in eine schlechte Zementmatrix eingebunden ist, wird es beim Schleifverschleiß einfach herausgerissen. Genau das passiert auch bei der technischen Nutzung von Industrieböden, wenn z.B. eine Metallgitterbox über den Boden geschoben wird. Deshalb gibt die entsprechende Norm DIN 1100 auch den Wasser-Zement-Wert als Kriterium bezogen auf den Zementgehalt an. In einem Versuchsaufbau (Böhmsche Scheibe) lässt sich der Schleifverschleiß nachempfinden und so im Vorwege die Eigenschaften verschiedener Hartstoffe definieren.
Neue EU-Normen für Dämmstoffe
Der zweite Themenkomplex beschäftigte sich mit "Dämmstoffen und Ausgleichen". Dr. Franz-Josef Kasper von Saint Gobain Isover stellte die neuen EU-Normen für Dämmstoffe vor. Im Februar 2003 endete die Koexistenzphase für die Kennzeichnung von Dämmstoffen. Seit März 2003 müssen die Normen auf der Grundlage des Bauproduktengesetzes mit der CE-Kennzeichnung nach europäischen Normen gekennzeichnet sein. Sie können bis Ende 2003 wie davor auf der Grundlage der Musterbauordnung mit dem Ü-Zeichen nach bisherigen alten Normen zusätzlich gekennzeichnet werden.
Die DIN 18165 Teile 1 und 2 "Faserdämmstoffe für das Bauwesen" wurde ersetzt durch die Produkt-Norm DIN EN 13162 und die Anwendungsnorm DIN EN V 4108, Teil 10: Die DIN EN 13162 legt die Anforderungen für werkmäßig hergestellte Produkte aus Mineralwolle fest, die für die Wärmedämmung von Gebäuden benutzt werden. Die Anwendungsnorm DIN EN V 4108, Teil 10 legt anfwendungsbezogene Anforderungen an werkmäßig hergestellte Wärmedämmstoffe für Gebäude fest. Sie ordnet den Wärmedämmstoffen Anwendungsgebiete zu, die durch Kurzzeichen gekennzeichnet sind.
Anforderungen an Ausgleichsschüttungen
Wie wird man den Anforderungen an Ausgleichsschüttungen bezüglich der DIN 18560 gerecht? Zu diesem Thema referierte Heike Oberst. Ihr Fazit: Die Vielzahl von Komobinationsmöglichkeiten von Rohstoffen und Einsatzbereichen und den angebotenen Produkten ist beachtlich.
Die derzeitige Situation zur Beurteilung und Prüfung für den Sachverständigen ist unübersichtlich, da es keine einheitliche Anforderung oder Regelung gibt. Für gebundene Ausgleichsschichten liegen keine abgestimmten genormten Prüfrichtlinien vor.
Die Prüfungen erfolgen deshalb in Anlehnung an bestehende Prüfrichtlinien. Den Herstellerangaben kommt daher eine besondere Beachtung zu. Im Arbeitskreis "Leichtmörtel" des BEB wird derzeit ein gemeinsam mit Industrievertretern an einem Hinweisblatt gearbeitet.
Allgemeine Anforderungen an den Estrich
Der dritte Themenkomplex war mit der "Schnittstelle Estrich/Oberbelag überschrieben. Tagungsleiter Heinz-Dieter Altmann erläuterte die allgemeinen Anforderungen an einen Estrich. Dazu bedurfte es einer Übersicht der entsprechenden Normen:
- DIN EN 13318 "Estrichmörtel und Estriche - Begriffe"
- DIN EN 13813 "Estrichmörtel und Estrichmassen - Eigenschaften und Anforderungen" und
- DIN 18560 "Estriche im Bauwesen", neuester Entwurf
Heinz-Dieter Altmann kam zu dem Schluss, dass es den Estrich, der alles gleichzeitig kann, nicht gibt. Es sei deshalb seitens der Planung notwendig, eine Fußbodenkonstruktion von der Bauwerkabdichtung bis hin zum fertigen Oberboden in seinen Eigenschaften so abzustimmen, dass eine schadensfreie Nutzung gesichert werden könne. Es sei bereits bei der Ausschreibung erforderlich, besondere Anforderungen an den Estrich zu formulieren, wenn sich diese aus Einbaubedingungen oder Anforderungen aus dem Oberbelag ergeben.
Gesamtgewerk "Fußbodenbau" stärken
Joachim Barth, Bundesinnungsmeister des Zentralverbandes Parkett- und Fußbodentechnik, rief die Estrichleger dazu auf, dass das Hauptaugenmerk der Parkettleger immer in erster Linie auf dem Thema Feuchtigkeit läge. "Wir wollen von den Estrichlegern nur wissen, bei welcher Feuchtigkeit wir das Parkett einbauen können", so Barth. Außerdem rief er dazu auf, Estrichleger gewerkübergreifend zu den Parkett-Tagungen einzuladen, um den "Fußbodenbau" als gesamtes Gewerk zu stärken. Barth: "Auf der Baustelle könnten wir uns so alle viel besser durchsetzen."
Anforderungen aus der Sicht des Fliesenlegers
Referent Erich Zanocco beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Schnittstelle Estrichleger/Fliesenleger. Zanocco wies darauf hin, dass jeder sich einschleichende planerische, konstruktive und handwerkliche Ausführungsfehler bei starren Oberbelägen zu Schäden führen könne, deren Beseitigung im Regelfalle mit hohen Kosten verbunden seien.
Für ihn sei nicht erklärbar, weshalb die einzelnen Gewerke mit Architekten und Fachplanern erst bei eingetretenen Schadensfällen ins Gespräch kämen. Zanoccos Lösungsvorschlag beinhaltet die Schnittstellenkoordination: "Schadens- und mängelfreie Konstruktionen sind nur dann erreichbar, wenn alle Beteiligten vom Auftraggeber, über Fachplaner, Heizungsbauer, Estrichleger und Fliesenleger zur Zusammenarbeit bereit sind."
Voraus-Blick ins nächste Jahr: Die nächste BEB-Sachverständigentagung findet vom 19. bis 20.11.2004 erneut im Arvena Park Hotel in Nürnberg statt. Neu sein wird der Zusatz "Internationale" BEB-Sachverständigentagung. Tagungsleiter Heinz-Dieter Altmann verriet: "Nächstes Jahr soll die Veranstaltung noch mehr auf die Nachbargewerke ausgeweitet werden." Es sollen beispielsweise Klebstoffhersteller und Vertreter der Fußbodenbranche im Ausland gezielt eingeladen werden.
FussbodenTechnik wird die interessanten Themen der Fachtagung in den kommenden Ausgaben noch einmal ausführlich aufgreifen.
aus
FussbodenTechnik 06/03
(Wirtschaft)