19. TKB-Fachtagung - Echter Pflichttermin für Fussbodenfachleute
Hoher Informationswert dank durchgängigem Praxisbezug
Wie aussagekräftig sind CM-Messungen? Kann man Bodenbeläge direkt auf die Betonplatte kleben? Sind PO-Beläge unverlegbar? Müssen Fließestriche gespachtelt werden? Sind unter Holzbelägen spezielle Parkettspachtelmassen nötig? Wo liegen die Grenzen von Dispersions-Parkettklebern? Was verlangen Verbraucherschützer von der Industrie? Diese ebenso aktuellen wie spannenden Themen verliehen der diesjährige TKB-Fachtagung einen hohen Nutzwert und sorgten für lebhafte Diskussionen, die einen etwas mit nach Hause nehmen ließen.
Mit der 19. Auflage der jährlichen Frankfurter Fachtagung "Klebstoffe in der Fußbodentechnik" traf die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) den Nerv der Zielgruppe. Ein durchgängiger Praxisbezug in der Themenauswahl und eine verständliche Präsentation der einzelnen Referate, ohne jede Werbelastigkeit, sorgte für einen hohen Informationswert. Wenn auch manche Erkenntnis vielleicht nicht mehr ganz neu war, lohnte unterm Strich dennoch der Besuch und insbesondere die Beteiligung an den ebenso sachlichen wie spannenden Diskussionen im Saal der Industrie- und Handelskammer.
Schade nur, dass gerade einmal 13 % der Teilnehmer aus dem verarbeitenden Handwerk stammten. Sicher wird der Zeit- und Kostenaufwand für die berufliche Fortbildung gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders kritisch geprüft. Aber gerade in solchen Zeiten ist es eigentlich auch besonders wichtig, auf dem Stand der Technik zu bleiben. Mit einem Anteil von 11 % sorgten immerhin die Sachverständigen doch noch für eine angemessene Zahl an baustellenerprobten Praktikern. Auch insgesamt war die Tagung mit 181 Teilnehmern sehr gut besucht, wobei allerdings erneut die Vertreter der Verlegewerkstoff- und Belagindustrie mit einem Anteil von 45 % bzw. 15 % dominierten. Hinzu kamen die Rohstoffindustrie mit 9 %.
Lebhafte Diskussionen über Untergrundvorbereitung und Verlegebedingungen
Als unverständlich bezeichnete Tagungsleiter Dr. Roland Krieger, dass erstmals kein Vertreter der Estrichindustrie nach Frankfurt gekommen war. Schließlich machte gerade die Diskussion zu seinem Vortrag über die Frage, ob Calciumsulfat-Fließestriche gespachtelt werden müssen, deutlich, dass an der Schnittstelle Estrich/Verlegewerkstoff noch erheblicher Abstimmungsbedarf besteht. Hier hätten sich wohl alle Anwesenden eine Stellungnahme von Seiten der einschlägigen Wertrocken- und Werkfrischmörtel-Hersteller gewünscht.
Gleiches galt für die anhaltenden Diskussionen zu den Neuregelungen des BEB-Merkblatts "Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen" vom vergangenen Frühjahr, zumal das angekündigte TKB-Merkblatt zum gleichen Thema immer noch in der Bearbeitung ist. Einzelne Referenten-Aussagen in Frankfurt ließen nämlich durchblicken, dass letzteres wohl nicht in allen Punkten den Empfehlungen des Bundesverbandes Estrich und Belag folgen wird - insbesondere im Bereich der maximal zulässigen Raumluftfeuchte. Auch hier ist also noch Abstimmung gefragt. Vorgelegt wurde von der TKB ein neues Merkblatt zum Thema "Verlegen von PVC-Bodenbelägen".
Neben den spannenden Diskussionen am Rande der Tagung griff auch das Vortragsprogramm einige "heiße Eisen" auf. Die Themen im Einzelnen:
- Die Bestimmung der Restfeuchte mit dem CM-Gerät - Werte und ihre Interpretation
- Direktverlegung von Belägen auf Betonkonstruktionen
- Polyolefinbeläge - die Zukunft?
- Spachtelmassen für Parkett - was ist besonders?
- Müssen Fließestriche gespachtelt werden?
- Dispersions-Parkettklebstoffe - Möglichkeiten, Grenzen und Weiterentwicklung
- Was Verbrauchern stinkt - Forderungen von Verbraucherschützern an die Industrie
Wie aussagekräftig ist die CM-Messung?
Schon mit dem Auftaktthema "CM-Messung" stand ein Dauerbrenner auf der Tagesordnung. Die Genauigkeit der Messergebnisse ist in den vergangenen Jahren immer wieder von verschiedenster Seite in Frage gestellt worden - und damit auch ihre Aussagekraft hinsichtlich der Belegreifeprüfung von Estrichen. Dr. Thomas Brokamp wies in seinem Vortrag anhand vergleichender Messungen ebenfalls nach, dass die CM-Methode nicht gerade Daten mit wissenschaftlicher Exaktheit liefert.
Insbesondere bei Zementestrichen sei die Aussagekraft aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungen deutlich eingeschränkt. Bei calciumsulfatgebundenen Estrichen ließen sich "zumindest Größenordnungen hinsichtlich des Feuchtegehaltes von Baustoffen bestimmen", erklärte Brokamp. Bei zementären Systemen müsse man dafür wenigstens die jeweilige Bindemittelkomposition berücksichtigen. Korrelationen mit den Vergleichswerten aus der grundsätzlich genaueren Darr-Prüfung seinen dennoch schwer zu finden.
Hilft eine zusätzliche Luftfeuchtemessung weiter?
Der Bona-Entwicklungschef schlug zur Verbesserung der Aussagekraft von CM-Prüfungen eine parallele Messung der korrespondierenden Luftfeuchtigkeit vor. Diese könnte "bei unbekannten oder zweifelhaften Estrichmaterialien eine Einstufung als feucht oder trocken erleichtern". Er empfahl ein vergleichsweise einfaches Verfahren: Neben der Estrichprobe für die CM-Messung wird eine zweite Probe in einen verschließbaren Becher gegeben, durch dessen Deckel man dann den Luftfeuchtesensor eines gewerbeüblichen elektronischen Feuchtemessgerätes steckt. Von diesem liest man schließlich den Luftfeuchtegehalt ab.
Das durchaus praktikable Verfahren stieß im Plenum dennoch auf Skepsis: Was nützen dem Handwerker die zusätzlichen Messdaten zur korrespondierenden Luftfeuchte, wenn er deren genauen Auswirkungen auf das CM-Messergebnis nicht kennt. Sicher stehen beide Werte zueinander in Korrelation - aber in welcher? Gibt es darüber überhaupt genaue und gesicherte Erkenntnisse? Wenn nein, schafft die parallel Luftfeuchtemessung nur zusätzliche Unsicherheiten, mahnten insbesondere die Vertreter des Handwerks in Frankfurt an. Werner Schnell brachte es auf den Punkt: "Das CM-Verfahren hat sich über viele Jahre erfolgreich bewährt und sollte jetzt nicht durch Verunsicherungen in Frage gestellt werden, zumal es keine praxisgerechte Alternative gibt."
Zwar räumte auch der ehemalige Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung in Troisdorf ein, dass die CM-Prüfung keine Methode mit wissenschaftlicher Genauigkeit ist. "Das hat aber auch nie jemand behauptet", betonte Schnell. "Es braucht eben die nötige Erfahrung des Nutzers, die Ergebnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen richtig zu interpretieren."
Kann man Bodenbeläge direkt auf der Betonplatte verlegen?
Mit dem Thema des anschließenden Vortrags von Günther Hermann konnten auf den ersten Blick wohl nur wenige Tagungsteilnehmer etwas anfangen: "Direktverlegung von Bodenbelägen auf Betonkonstruktionen" - wer würde denn so etwas machen? Das kann doch gar nicht funktionieren - oder etwa doch? Der Schönox-Entwicklungschef weiß, wovon er spricht: In der skandinavischen Heimat der Muttergesellschaft seines Unternehmens werden Bodenbeläge sogar überwiegend direkt auf Betonkonstruktionen verlegt - und das bereits seit vielen Jahren ohne größere Probleme.
Auch in Deutschland mehren sich in jüngster Zeit entsprechende Anfragen, begründete Hermann seine Untersuchungen zum Thema: "In den meisten Fällen hat sich der Planer im Vorfeld zu wenig Gedanken gemacht oder der Besitzer möchte kurzfristig eine Nutzungsänderung durchführen". Bei solchen Anfragen sei allerdings immer größte Vorsicht geboten: "Erst vor kurzem wurden wir mit einem aktuellen Schadensfall konfrontiert, bei dem ein Bodenleger verurteilt worden ist, weil er nicht rechtzeitig Bedenken angemeldet hat."
Wie bestimmt man den Feuchtegehalt einer Betonplatte?
Knackpunkte gibt es bei der Direktverlegung auf Betonkonstruktionen massenweise - wobei das Hauptproblem im Messen der Untergrundfeuchte besteht. Eine CM-Prüfung scheidet schon aus praktischen Gründen aus - wie will man hier eine Stemmgutprobe entnehmen, die sich zudem durch alleiniges Schütteln der Flasche nicht ausreichend zerkleinern ließe. Hinzu kommt der grobe Zuschlag von oft 32 mm. Die üblicherweise vorgeschlagene Darrprobe erfordert ebenfalls eine praktikable Probenentnahme. Bei erdberührenden Konstruktionen stellt sich außerdem ein Feuchtegradient ein - hier kann es also trotz Messung unter Umständen zu Feuchteschäden kommen.
"Meldet der Bodenleger dann schriftlich Bedenken an, läuft er Gefahr, den Auftrag zu verlieren. Macht er dies nicht, kommen im Schadenfall nicht abschätzbare Regressansprüche auf ihn zu", beschrieb Hermann das Dilemma für den Handwerker. Dann doch lieber den klassischen Aufbau mit Feuchtigkeitssperre, Schall- und Wärmedämmung sowie einem schwimmenden Estrich? Aber was ist, wenn die erforderliche Bauhöhe und/oder Bauzeit fehlt?
Funktioniert nur bei entsprechender Vorplanung
Der Diplom-Ingenieur aus Rosendahl zeigte an einem Konstruktionsbeispiel aus Schweden, dass es auch bei Direktverlegungen auf Betonplatten Möglichkeiten gibt, "alles richtig zu machen". "Dort werden allerdings die Anforderungen bezüglich der Betonqualität, Trocknungszeit und Feuchtemessung schon bei der Planung berücksichtigt und durch unabhängige Institute währende der Ausführung überwacht", betonte Hermann.
Für die Feuchtemessung habe sich in Schweden die Protimeter-Methode bewährt, die ebenfalls durch ein unabhängiges Institut durchgeführt wird. Bei erdberührenden Konstruktionen sind unter dem bewehrten Beton außerdem oft Feuchtigkeitssperre und Dämmung vorgesehen. Der Beton wird dann vor der Bodenbelagverlegung lediglich gefräst, mit einer zweikomponentigen EP-Grundierung versehen und gespachtelt. Dann folgt bereits der Belag. Das alles funktioniere jedoch nur, wenn "der Planer von Beginn an eine Direktverlegung berücksichtigt", gab Hermann zu Bedenken. Ansonsten seien die bekannten Probleme vorprogrammiert.
Sind Polyolefinbeläge unverlegbar?
Ein spontanes "Finger weg" entfährt vielen Bodenlegern auch, wenn sie im Alltagsgeschäft auf Polyolefinbeläge angesprochen werden - dem Thema des nachfolgenden Referats von Torsten Grotjohann von der IFF-Gutachter-Sozietät. Während diese relativ junge Belagart bei vielen Verbrauchern und auch Architekten als chlor- und weichmacherfreie Alternative zu den bewährten, strapazierfähigen PVC-Bodenbelägen auf großes Interesse stößt, wird sie im Handwerk eher als "schadensanfällig", "Glücksspiel", oder schlicht "unverlegbar" charakterisiert. Ist diese Einschätzung berechtigt?
Der Berufssachverständige stieß bei seiner wertneutralen Analyse der Eigenschaften von PO-Belägen neben zahlreichen positiven Umwelt- und Nutzungseigenschaften jedenfalls auch auf technische Problempunkte - insbesondere:
- das Quellen bei Feuchtigkeits- oder Lösemitteleinfluss (Kleber),
- die hohen Maßänderungen bei Wärmebelastung,
- erhebliche Wickelspannungen,
- und die "schlechte Klebbarkeit" von Polyolefin.
Letztere bildet den entscheidenden Hintergrund für die vom Handwerk reklamierte Schadensanfälligkeit des Belags: Wie auch Grotjohann in Laboruntersuchungen nachwies, stellen PO-Beläge aufgrund der eingeschränkten Dimensionsstabilität sehr hohe Anforderungen an die Klebstoffverbindung - vor allem an deren Scherfestigkeit. Hier sind demnach Festigkeiten erforderlich, die weit über den geltenden Normanforderungen liegen. Gleichzeitig gilt das Material aber "von Haus aus" als praktisch nicht klebbar - ein unlösbarer Widerspruch?
Warum wird der Primer nicht werkseitig eingefärbt?
Abhilfe soll der sogenannte Primer schaffen - die spezielle werkseitige Rückenbeschichtung von PO-Belägen. Grotjohann hat in seinen Untersuchungen jedoch festgestellt, dass auch dieser seine Grenzen hat: "Grundsätzlich ist es trotz Primer schwer, eine optimale Benetzung der Belagrückseite zu erreichen." Sie ist allerdings die Voraussetzung für eine funktionierende Verklebung. Außerdem träfe man immer wieder auf Belagchargen, die nur einen unzureichenden Primerauftrag aufweisen würden. Der Bodenleger könne solche Materialfehler jedoch vor der Verlegung nicht erkennen. "Hier könnte ein werkseitiges Einfärben des Primers eine praktikable Lösung darstellen", regte Grotjohann an. Stellt sich die Frage, warum diese nicht längst praktiziert wird.
In seinem Fazit hob der Gutachter noch einmal hervor, dass die Branche solche "alternativen Produkte" durchaus brauche, forderte aber ebenso "offen dargelegte Anforderungsprofile und eine offene Aufklärung der Industrie" ein, sowie "eine fachgerechte und verantwortungsvolle Verarbeitung durch den Verleger". Die anwesenden Vertreter des bodenlegenden Handwerks sahen sich durch die vorgelegten Erkenntnisse jedoch eher in ihren Vorbehalten gegenüber dieser Belagart bestärkt: "Ich kann sehr viel besser schlafen, seit ich versuche, jedem Kunden dieses Produkt auszureden", bemerkte Karsten Krause, Bundesfachgruppenleiter Bodenleger im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, unter zustimmendem Beifall seiner Kollegen. Von den ebenfalls anwesenden Herstellervertretern erfolgte erstaunlicherweise kein Widerspruch.
Was ist das Besondere an speziellen Parkettspachtelmassen?
Dr. Udo F. Windhövel befasste sich in seinem Vortrag mit den Besonderheiten von Parkettspachtelmassen und wies anhand von Laborversuchen nach, dass diese Produkte gegenüber Standardmassen tatsächlich einige wichtige technische Vorteile aufweisen - vor allem höhere Haftzug- und Scherfestigkeiten. Nun könnten aber viele Parkettleger entgegnen, dass sie seit Jahrzehnten auch ohne Spachtelung gute Ergebnisse erzielt haben - denn das Spachteln gehört unter Holzbelägen traditionell nicht unbedingt zu den Standard-Arbeitsgängen. Der Henkel-Entwicklungschef legte jedoch über die Ergebnisse von Systemprüfungen dar, dass bei der Entscheidung über den Einsatz einer Spachtelmasse auch der verwendete Klebstoff eine entscheidende Rolle spielt.
Demnach lassen sich mit Dispersions-Parkettklebstoffen auf Parkettspachtelmassen "Verbundfestigkeiten auf einem Niveau erreichen, wie wir es von Polyurethanklebstoffen kennen". Standardspachtelmassen stoßen hier hingegen an ihre Grenzen: "Die ohnehin geringeren Scherfestigkeiten gehen im Verbund mit Dispersionsklebstoffen noch einmal um mehr als ein Drittel auf 2 bis 3 N/qmm zurück. Das ist nach unserer Ansicht für Parkett zu wenig", erklärte Windhövel.
Das Fazit lautet demzufolge: Spezielle Parkettspachtelmassen eignen sich im Vergleich zu Standardmassen eben auch für den Einsatz von Dispersionsklebstoffen - sie sollten hier aufgrund der verbesserten Festigkeitsentwicklung sogar obligatorisch sein. Und Dispersionsklebstoffe sind unter Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutzaspekten schon heute den klassischen Lösemittel-Kunstharzklebern vorzuziehen - auch unter Gewährleistungsaspekten, wenn man an mögliche Reklamationen in Verbindung mit Geruchsbelästigungen oder gar gesundheitlichen Beeinträchtigungen denkt.
Dispersions-Parkettklebstoffe haben noch Verbesserungspotential
Im Parkettlegergewerbe herrschen allerdings immer noch Zweifel, ob Dispersionsklebstoffe technisch überhaupt zur Verlegung von Holzbelägen geeignet sind. Dr. Frank Gahlmann griff diese Frage in seinen Ausführungen auf der Frankfurter Klebstofftagung auf und musste tatsächlich eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten gegenüber herkömmlichen Klebstoffen einräumen:
- Verlängerung der Einlegezeit für bessere Benetzung
- Verbesserung der Rheologie (höhere Standfestigkeit bei gleichzeitig befriedigender Streichbarkeit) zur Erhöhung der Anfangsfixierung und Hohlstellenüberbrückung
- Erhöhung der Köhäsion in flüssiger Phase und Riefenstandsverbesserung
- Verbesserung der Untergrundhaftung von Dispersionsgrundierungen
- Reduzierung der Holzquellung
- verbesserte Spannungsreduktion (elastische oder thermoplastische Kleberfuge)
In einigen dieser Bereiche seinen bei neueren Produkten bereits "deutliche Verbesserungen" eingearbeitet worden, betonte Gahlmann - insbesondere in punkto Verarbeitungs- und mechanischer Eigenschaften sowie in Sachen Holzquellung. Optimierungsbedarf sieht der Leiter der Entwicklungsabteilung bei Stauf vor allem noch bei der Hohlstellenüberbrückung. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob diese Eigenschaft angesichts der bei Dispersionsklebstoffen sowieso nötigen Spachtelung überhaupt so wichtig ist.
Unterm Strich sprach Gahlmann dieser Klebstoffart durchaus Potential zu: "Aufgrund der zahlreichen und zukunftsträchtigen positiven Eigenschaften von Dispersions-Verlegewerkstoffen für Parkett ist es für die Klebstoffindustrie in enger Zusammenarbeit mit dem Handwerk lohnenswert, Innovationen zu testen und weiter voran zu treiben."
Müssen Calciumsulfat-Fließestriche gespachtelt werden?
Dr. Roland Krieger, TKB-Vorsitzender und Technik-Vorstand bei Uzin, zitierte zum Einstieg in sein Thema die FussbodenTechnik. Es ging um unseren Bericht über das BEB-Sachverständigen-Treffen in Nürnberg in Ausgabe 6/2002, wo Peter Giffinger von der Arbeitsgemeinschaft Estrich der österreichischen Wirtschaftskammer eine neue Planungs- und Ausführungsrichtlinie für Calciumsulfat-Fließestriche (CSFE) vorgestellt hatte. Der Stein des Anstoßes für die Verlegewerkstoffindustrie: Die darin enthaltenen Aufbauempfehlungen für Bodenbelagsverlegungen auf CSFE enthalten in der Zeile "Spachteln" jeweils ein "nein". Kurz: In Österreich können - oder vielmehr: "sollen" - Bodenbeläge bis auf wenige Ausnahmen ohne Spachtelung direkt auf den Estrich geklebt werden.
Krieger hatte schon in Nürnberg deutlich gemacht, dass dieser Vorstoß nicht seine Zustimmung findet: "Wir werden auch künftig nicht bei Reklamationen eintreten, wenn entgegen unserer Herstellerempfehlung nicht gespachtelt wurde." Dabei hatte die österreichische Klebstoffindustrie einschließlich der dortigen Uzin-Tochtergesellschaft an dem Papier laut Impressum aktiv mitgearbeitet, wie wir bereits in der betreffenden Ausgabe bemerkt hatten. Anlass für Krieger, seinen Vortrag mit dem Untertitel "Wie verbindlich sind Aufbauempfehlungen?" zu versehen.
Er machte in Frankfurt noch einmal deutlich, dass er weiterhin uneingeschränkt für ein Spachteln von CSFE eintritt und sein Unternehmen bei Missachtung entsprechender Aufbauempfehlungen im Schadensfall alle Regressforderungen von sich weisen wird. Darüber hinaus sei die Mitarbeit der Klebstoffindustrie bei der Erstellung der Richtlinie nur "sehr formaler Natur" gewesen: "Tatsächlich hatte kaum eine der Herstellerfirmen überhaupt Kenntnis davon."
Klebstoffindustrie hält Spachtelung weiterhin für sinnvoll
Außerdem gibt es für Krieger auch auf CSFE nach wie vor gute Gründe für eine Spachtelung - selbst unter Ebenheitsgesichtspunkten: "Mit der Ebenheit von CSFE ist es gar nicht so weit her, wie viele Hersteller behaupten". Hinzu kommen weitere wichtige technische Funktionen der Spachtelung - unter anderem:
- Regulierung der Saugfähigkeit
- Verbesserung der Festigkeit
- Lastverteilung
- Optimierung der Oberflächenstruktur
- Puffer- und Sperrwirkung
- Herstellung einer gleichmäßigen Fläche
- unerlässliche Systemkomponente
Vor allem der Punkt "Saugfähigkeit" wird nach Kriegers Auffassung oft unterschätzt: "Es gibt sowohl saugfähige als auch nicht saugfähige Fließestriche". Die Grundierung setze die Saugfähigkeit zwar grundsätzlich herab - es bliebe aber eben bei den Unterschieden. "Mit einer Spachtelmasse lässt sich die benötigte Saugfähigkeit gezielt herstellen", betonte der Uzin-Entwicklungsleiter. Eine optimal eingestellte Saugfähigkeit würde wiederum die Anfangshaftung des Klebers verbessern, was sich vor allem bei störrischen Belägen auszahlt.
Außerdem könne eine gut ausgeführte Spachtelmasse Punktlasten besser auf die Fläche verteilen, was die Strapazierfähigkeit des Gesamtaufbaus verbessert. Darüber hinaus hob Krieger die Pufferwirkung von Spachtelmassen hervor, "die das Wasser aus dem Klebstoff vom wasserlöslichen Gipsestrich abhalten". Vor dem Hintergrund dieser wichtigen technischen Funktionen bezeichnete Krieger das österreichische Merkblatt als "kontraproduktiv" - ebenso wie entsprechende Empfehlungen der Estrichindustrie: "Es ist nicht tolerierbar, wenn Estrichhersteller ihr Angebot dadurch attraktiver machen, indem sie Systemkomponenten anderer Verantwortungsbereiche für überflüssig erklären."
Leider war von den Angesprochenen keiner in Frankfurt anwesend. Dieter Altmann, Sachverständiger und CSFE-Experte, wies in der anschließenden Diskussion allerdings noch einmal darauf hin, dass die Anwendungsrichtlinie in Österreich wirklich praktiziert wird - ohne dass man bislang von spektakulären Schadenshäufungen gehört hat.
Was fordern Verbraucherschützer von der Klebstoffindustrie?
Den Abschluss bildete ein mutiger Vorstoß, wenn man bedenkt, dass die TKB als Veranstalter der Frankfurter Klebstofftagung von der Industrie dominiert wird: Man hatte Dr. Andrea Mayer-Figge von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen eingeladen, die den Teilnehmern mitteilen sollte "Was Verbrauchern stinkt" - so der Titel ihres Vortrags über die Forderungen von Verbraucherschützern an die Klebstoffindustrie. "Eine ganze Menge", scheint eine treffende Antwort zu lauten, denn Mayer-Figge legte eine Umfrage vor, nach der die meisten Verbraucher-Fragen zu belasteten Bauprodukten den Teppichboden betreffen. Bodenverlegewerkstoffe stehen als Nummer 3 ebenfalls ganz oben auf der "Hitliste".
Die Verbraucherschützerin berichtete, dass die "vermeintliche Zuordnung" von potentiellen Gefahren oder gesundheitlichen Beschwerden in Verbindung mit dem Einsatz von Bauprodukten bei Endverbrauchern meistens über Gerüche erfolgt: "Chemiker haben Detektoren - Verbrauchern bleibt als einziges Analysegerät die Nase." Dabei stelle sich jedoch dass Problem, dass Gerüche als Indikator für mögliche Gesundheitsgefahren "nur bedingt geeignet" sind. Hier könnten daher nur entsprechende Produktklassifizierungen helfen: "Es müssen verbindliche, gesundheits- und umweltbezogene Hygienestandards für den gewerblichen Einsatz in Innenräumen definiert werden", forderte Mayer-Figge in Frankfurt.
Sie bezeichnete das von der Gemeinschaft emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe (GEV) geschaffene Emicode-Klassifizierungssystem als Schritt in die richtige Richtung. In den einschlägigen Broschüren der Verbraucherzentrale NRW wird ausdrücklich auf Produkte mit Emicode EC1 hingewiesen. Die vom Umweltbundesamt vorgesehene Einführung eines stattlichen Umweltzeichens "Blauer Engel" für Bodenbelagsklebstoffe sieht sie als "belebende Konkurrenz zum Nutzen des Verbrauchers": "Ob der Blaue Engel tatsächlich mehr Sicherheit bieten wird als der Emicode, muss sich in der Praxis zeigen", erklärte Mayer-Figge in der Abschlussdiskussion.
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FussbodenTechnik 02/03
(Wirtschaft)